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Christian Hauck
Nicht nur Nachbarn - auch eine
Schicksalsgemeinschaft
Hamburg und Schleswig-Holstein arbeiten
zusammen
"Gott sei Dank" habe Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von
Beust "nicht die Hochnäsigkeit der alten Pfeffersäcke
geerbt", bemerkte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Kieler Landtag,
Martin Kayenburg, kürzlich vor Journalisten. Auf der
Tagesordnung stand wieder einmal die Zusammenarbeit zwischen
Schleswig-Holstein und Hamburg. Was der Unionspolitiker jovial zum
Ausdruck brachte, beschreibt zutreffend das nicht immer
ungetrübte Verhältnis der beiden nördlichsten
Bundesländer. Nach Jahrzehnten des Stillstandes haben wohl
kaum zwei andere Länder in Deutschland in so kurzer Zeit so
viel Gemeinsames auf den Weg gebracht, wie das ländliche
Schleswig-Holstein und die traditionsreiche Wirtschaftsmetropole
Hamburg.
Über Generationen beschränkten sich die Kontakte
zwischen dem Landeshaus in Kiel und dem Hamburger Senat auf das
Notwendigste, egal welche Couleur jeweils am Ruder war. Trotz
gleicher Parteizugehörigkeit, herrschte zwischen
Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis und dem
früheren Bürgermeister Henning Voscherau Eiszeit. Umso
überraschender ist die Entwicklung, seit in der Hansestadt ein
CDU-geführter Senat regiert. Die neue Freundlichkeit geht
soweit, dass von Beust kürzlich durch ein Zeitungsinterview
bei seinen wahlkämpfenden Parteifreunden im Norden
größte Irritationen auslöste. Das Verhältnis
zum rot-grünen Partner in Kiel könne doch gar nicht
besser sein, teilte der Bürgermeister überzeugend
mit.
Die Liste des bislang Erreichten ist lang. Die Zusammenlegung
der Eichämter war dabei nur ein unbedeutender Einstieg.
Richtig zur Sache ging es, als beide Länder ihre Datenzentren
fusionierten. Seither bekommen die Hamburger ihre Strafzettel aus
Kiel, die Schleswig-Holsteiner ihre Steuerbescheide aus Hamburg.
Kompetenzen bündeln, Doppelstrukturen abbauen, heißt das
Motto jetzt auch bei den laufenden Verhandlungen zwischen den
Universitäten Hamburg und Kiel. Ziel ist eine Arbeitsteilung
der Hochschulen. Dass beide Standorte dabei lieb gewonnene
Traditionen und Institutionen werden opfern müssen, lässt
Widerstände aufkeimen. Doch der Wille beider Regierungen
scheint ungebrochen.
Den bislang wohl größten Erfolg erzielten Kiel und
Hamburg 2003 mit dem Zusammenschluss ihrer Landesbanken zur HSH
Nordbank. Erstmals legten zwei Länder nicht nur ihre
öffentlichen Kreditinstitute zusammen, sondern
überführten sie dabei auch gleich in die Rechtsform der
AG. Seither geht es mit dem "Nischenspieler" im Markt für
Schiffsfinanzierungen steil bergauf. Die Fusion habe nur geklappt,
weil sich beide Partner auf gleicher Augenhöhe begegnet seien,
berichten übereinstimmend Politiker in beiden Städten.
Außerdem, so heißt es im Kieler Kabinett, habe zwischen
dem damaligen Kieler Finanzminister Möller (SPD) und seinem
Hamburger Kollegen Peiner (CDU) "die Chemie ausgezeichnet
gestimmt".
Doch die Erfolge nur auf persönliche Kontakte und das
Verhandlungsgeschick der Partner zurückzuführen,
wäre zu einfach. Wann immer vor allem in Schleswig-Holstein
über die eigene Wirtschafts- und Finanzschwäche geklagt
wird, steht die politische Forderung nach einem Nordstaat schnell
im Raum. Um Befürwortern den Wind aus den Segeln zu nehmen,
brauchen die Verantwortlichen Erfolge durch eine funktionierende
und Kosten sparende Zusammenarbeit. Sogar die CDU, in
Schleswig-Holstein eher konservativ, tritt für eine
möglichst enge Kooperation mit Hamburg bis dicht unterhalb
einer Fusion ein.
Niemand zweifelt daran, dass dieser Prozess fortschreiten wird.
Sowohl in Hamburg als auch in Schleswig-Holstein drängen
Probleme, die letztlich nur gemeinschaftlich zu lösen sind.
Hamburg hat wirtschaftliche Kraft. Es fehlt allerdings an der
Ressource Fläche. Dies wurde besonders deutlich, als für
die Erweiterung des Airbus-Werks ökologische
Ausgleichsflächen benötigt wurden, die nur
Schleswig-Holstein zur Verfügung stellen konnte. Hamburgs
Hafen, Wirtschaftsmotor für die Region, ist auf das Wohlwollen
des Nachbarn angewiesen. Denn für jede Vertiefung der Elbe ist
das Plazet aus Kiel notwendig. Und auch im Hamburger Umland sind
Fragen zu lösen. 1970 gründete Schleswig-Holstein an der
Landesgrenze seine südlichste Stadt. Schon ihr Name
Norderstedt macht deutlich, dass ihr Bezugspunkt Hamburg ist.
Ausgestattet mit der Hamburger Telefonvorwahl 040 hat die 80.000
Einwohner Kommune inzwischen 4.000 Unternehmen mit 35.000
Arbeitsplätzen angelockt. Will Hamburg seinen Flughafen
erweitern, kann nur Norderstedt helfen. Der Airport liegt zum Teil
auf schleswig-holsteinischem Gebiet und ist damit ein Beispiel
für die Schicksalgemeinschaft beider Länder.
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