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Das Parlament
Nr. 47 / 15.11.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Johanna Metz

Aufgekehrt...

George Orwells Vision aus seinem Überwachungsroman "1984" ist Realität. Der große Bruder ist jederzeit überall, und er sieht alles. An jeder Ecke werden unbescholtende Bürger Opfer fieser "Datenkraken", die vorsätzlich die Privatsphäre verletzen. So jedenfalls sieht es der Bielefelder Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs, kurz und genauso kryptisch FoeBuD. Die FoeBuDler sagen den Lauschern und Lauerern des Landes den Kampf an und ehren alljährlich die "größten Verdienste um die nachhaltigste Verletzung der Privatsphäre in Deutschland". Mit Justizministerin Brigitte Zypries und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die sich über jeweils einen "BigBrotherAward" des Vereins freuen dürfen, hat diesmal die Bundesregierung richtig abgesahnt. Klar haben es die zwei verdient, Gewinner zu sein, nicht nur wegen des großen Lauschangriffs oder des GKV-Modernisierungsgesetzes. Doch besonders hart und ehrlich erarbeitet hat sich ein großer Supermarkt-Discounter seine BigBrother-Statuette. Dank FoeBuD wissen wir jetzt, dass der seine Mitarbeiter offenbar mit Hilfe von Babyphones und Kofferraumkontrollen malträtiert. Vor einer saarländischen Filiale habe schon gelegentlich ein Auto geparkt, von dem aus Gespräche der Mitarbeiter abgehört worden sein könnten - bääh! Doch eine richtig feine Idee soll das Unternehmen in Tschechien gehabt haben. Toilettengänge während der Arbeitszeit sollen dort verboten worden sein. Frauen, die ihre Tage haben, dürften natürlich aufs Klo, auch die Konzern-Bosse sind ja keine Unmenschen, allerdings müssten sie dafür gut sichtbar während der Dienstzeit ein Stirnband tragen. Nun kann man das diskriminierend finden, tatsächlich aber eröffnet diese, ja sagen wir, unkonventionelle Kennzeichnung der physischen und psychischen Konstitution von Mitarbeiterinnen doch neue Möglichkeiten in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Farblich variierende Kopfbedeckungen als Befindlichkeits-Barometer, wie praktisch! Da könnte ein grellrotes Stirnband zum Beispiel davor warnen, den Träger am heutigen Tage anzusprechen. Bei manchen Zeitgenossen wäre das hilfreich. Auch die gewählten Volksvertreter könnten bei Abstimmungen im Bundestag je nach Abstimmungsverhalten einfach blaue, gelbe oder rosa Mützen tragen. Der Hammelsprung wäre dann endgültig überflüssig. Und wie wäre es, wenn sich Gerhard Schröder auf der nächsten Kabinettssitzung eine Pudelmütze überziehen würde, klare Botschaft: "Für Euch mach ich mich nicht mehr zum Clown"? Angela Merkel, in brombeerfarbenem Dreieckstuch gewandet, würde jeden Zweifel ausräumen: "Die Herren haben wohl 'nen Stich, Kanzlerin, die werd' nur ich!" Also, herzliche Glückwünsche an die Preisträger der BigBrotherAwards 2004! Wir ziehen den Hut (!) vor so viel Erfindungsreichtum deutscher Unternehmer! Schließlich wird jede Idee, die das Land voranbringt, im Innovationsjahr 2004 dringend gebraucht.

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