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K. Rüdiger Durth
Reformen guten Klang geben
Synode der Evangelischen Kirche
Die "sehr geehrten geistlichen Würdenträger" geizten
nicht mit Beifall für Bundesfamilienministerin Renate Schmidt
(SPD), die vor der Synode der 26,2 Millionen Mitglieder
zählenden Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom 7. bis
12. November in Magdeburg engagiert die "Agenda 2010" der
Bundesregierung verteidigte und nahtlos eine enge Verbindung
zwischen ihrem Ressort und dem Schwerpunktthema der Synode "Keiner
lebt für sich allein - vom Miteinander der Generationen"
herstellte: "Die Kirchen sind gefordert, den Menschen Antworten auf
grundlegende Sinn- und Lebensfragen anzubieten. Aufgabe der Politik
ist es, dafür zu sorgen, dass Strukturen erhalten bleiben oder
entstehen, die den Wünschen der Menschen nach einem sinnvollen
Leben entsprechen."
Mehr Kinder- und Familienfreundlichkeit in der Gesellschaft ist
nach Renate Schmidt Voraussetzung dafür, dass die Gesellschaft
die vor ihnen liegenden Herausforderungen meistern könne. Die
Bundesregierung hätte sich beispielsweise viel Ärger
ersparen können, wenn sie die sieben Milliarden Euro allein in
der laufenden Legislaturperiode für den Ausbau der
Ganztagsschulen und Kinderbetreuungsmaßnahmen in die
Rentenversicherung gesteckt hätte: "In die Zukunft investiert
hätten wir damit garantiert nicht, denn bei der
Kinderbetreuung sind wir genauso wie bei der Geburtenrate
Schlusslicht in Europa."
Den traditionellen "Bericht des Rates der EKD" stellte Wolfgang
Huber, Vorsitzender des Rates der EKD, unter das Motto "Vertrauen
erneuern". So theologisch der Bericht auch angelegt war, so
klammerte er politische Forderungen nicht aus. Huber zeigte sich
erleichtert, dass der 3. Oktober staatlicher Feiertag bleibe.
Zugleich warnte er mit großem Nachdruck davor, nun einen
kirchlichen Feiertag zu streichen: "Eine positive wirtschaftliche
Entwicklung bejahen wir, eine Ökonomisierung unseres gesamten
Lebens und Denkens dagegen nicht."
Nachdenklich gab Bischof Huber sich im Blick auf einen
EU-Beitritt der Türkei. Zum einen müsse man abwarten, ob
die eingeleiteten Reformen von Dauer seien. Zum anderen lasse die
Religionsfreiheit am Bosporus noch vieles zu wünschen
übrig. Auch sei die Türkei nicht bereit, die Schuld am
armenischen Völkermord zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts
einzugestehen. Damals waren über eine Million Christen
umgekommen. Es handelt sich dabei um die zahlenmäßig
größte Christenverfolgung in der Kirchengeschichte.
Für Huber stellt sich die Frage, ob die (von der CDU/CSU
propagierte) "privilegierte Partnerschaft" nicht der bessere Weg
sei.
Für Huber ist das Schlüsselthema des Jahres 2004 das
des Vertrauens. Dieses komme immer mehr Menschen abhanden und
betreffe so ziemlich alle Verantwortungsbereiche. Das Zutrauen der
Menschen zur Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft sei an einem
Tiefpunkt angelangt. Im Blick auf die Veränderungen in den
Sozialsystemen komme es darauf an, "dem Wort Reform wieder seinen
guten Klang zurück zu geben." Stärker als bisher
müsse auch über Weg und Ziel des Refprmprozesses geredet
werden.
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