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Dirk Klose
Abwanderung aus dem Osten stoppen
Debatte über den Jahresbericht zum Stand
der deutschen Einheit
"Der Aufbau Ost ist noch nicht beendet. Die Zukunft
Ostdeutschlands ist die Zukunft ganz Deutschlands. Betroffen sind
alle Deutschen." Das erklärte Bundesverkehrsminister Manfred
Stolpe (SPD) anlässlich einer Debatte am 11. November im
Bundestag über den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand
der deutschen Einheit 2004 (15/3796). Stolpe weiter: "Der Weg ist
ohne Alternative. Wir müssen den Aufbau Ost konsequent
fortsetzen."
Der Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit ist
traditionell Anlass zu einer Generalaussprache über diese
Thematik. Nach dem Willen aller Fraktionen soll die jährliche
Unterrichtung fortgesetzt werden. Im Mittelpunkt standen diesmal
Fragen des Arbeitsmarktes und der Investitionslenkung in den neuen
Bundesländern. Dabei klang bei allen Rednern Genugtuung
über die Entscheidung der Post an, den Flughafen Leipzig/Halle
zu einem zentralen Logistikdrehkreuz für ganz Europa
auszubauen.
Stolpe nannte für den weiteren Aufbau Ost drei
Hauptaufgaben: "Arbeit schaffen, Abwanderung stoppen und das
Schlechtreden beenden." Er kündigte eine Planungsvereinfachung
bei den Verkehrsträgern für ganz Deutschland an; die
Bundesregierung werde sich ferner auch weiterhin für eine
Vereinfachung investitionshemmender Verwaltungsverfahren einsetzen.
"Absolut vordringlich" sei nach wie vor die Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit.
Der Abgeordnete Peter Hettlich (Bündnis 90/Die Grünen)
kritisierte die "Fehlverwendung der Solidarpaktmittel" in mehreren
neuen Ländern, die statt für Investitionen häufig
nur zur Stopfung von Haushaltslöchern verwendet würden.
Generell sollte überlegt werden, ob der bis zum Jahre 2019
geltende Solidarpakt II nicht dahingehend ergänzt wird, "dass
wir den Ländern eine bessere Planung für die
Mittelverwendung abverlangen, möglicherweise eine
stärkere Kontrolle einführen und gegebenenfalls auch
Sanktionen vereinbaren".
Für die Union bemängelten deren Redner Arnold Vaatz
und Werner Kuhn, dass der Jahresbericht in vielen Punkten zu
unverbindlich und allgemein gehalten sei. Nach den Worten von Vaatz
"beschönigt" der Regierungsbericht eher noch die Lage, "weil
sich die Schere zwischen Ost und West, was die Positionen
Arbeitsplatzdichte, Wachstum, Konsequenzen der demographischen
Entwicklung, Kaufkraftentwicklung angeht, in den letzten Jahren
eben nicht weiter geschlossen, sondern weiter geöffnet hat".
Den Bundesländern müssten generell mehr
Gestaltungsspielräume in Sachen Bürokratieabbau und
Verwaltungsvereinfachung eingeräumt werden. Die Bürger,
so Vaatz, erwarten keine Veränderung von heute auf morgen,
"aber sie erwarten, dass die Tendenz in Richtung Anstieg,
Verbesserung, Normalisierung geht. Leider ist immer noch das
Gegenteil zu verzeichnen".
Der aus Zingst kommende Unionspolitiker Werner Kuhn warf der
Regierung vor, zu wenig für den inneren Zusammenhalt der
Deutschen zu tun: "Es muss auch mental, also in den Köpfen,
klar werden, dass wir ein Volk sind, dass wir die Wiedervereinigung
wollen und dass wir diese schwere Aufgabe gemeinsam schultern
werden." Die vielzitierte Aufholjagd des Ostens sei eigentlich nur
im verarbeitenden Gewerbe tatsächlich feststellbar. Für
die dringend nötige Verbesserung der Auftragslage im
Binnenmarkt sollten "ganz gezielt" Investitionsprogramme aufgelegt
werden.
Der aus Plauen stammende FDP-Abgeordnete Joachim Günther
kritisierte ebenfalls das Fehlen klarer Aussagen insbesondere zu
den von der EU-Erweiterung betroffenen Grenzregionen. Er schlug
vor, in derart strukturschwachen Gebieten "Modellregionen" zu
schaffen, in denen etwa im Arbeits- und Baurecht Sonderregelungen
ermöglicht werden sollten, um die Wirtschaft anzukurbeln und
um die dramatische Abwanderung zu stoppen. Angesichts der
"dramatischen Folgen" der Abwanderung müssten Bund,
Länder und Kommunen jetzt schnell reagieren.
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