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Michael Klein / Ulrich Weidner
Struck verteidigt Standortkonzept
Abzug der Bundeswehr aus 105 Orten als Folge der
geplanten Verkleinerung
"Ich kann guten Gewissens jede dieser Standortschließungen
verantworten." Dies erklärte Bundesverteidigungsminister Peter
Struck (SPD) am 11. November im Haushaltsausschuss des Deutschen
Bundestages, als er die Parlamentarier über sein
Standortkonzept informierte. Danach werden bis 2010 insgesamt 105
Standorte geschlossen. Er beabsichtige nicht, irgendeine
Entscheidung zurückzunehmen, erklärte der Minister. Die
Schließungen seien die "logische Konsequenz" aus den
verteidigungspolitischen Richtlinien, die eine Verkleinerung der
Bundeswehr vorsehen. Bei der Auswahl seien die militärischen
Kriterien konsequent durchgehalten worden.
Während für die Sprecher der SPD und von Bündnis
90/Die Grünen die Reform "in die richtige Richtung" geht und
dafür sorgt, dass die Bundeswehr ihre zukünftigen
Aufgaben effizient angehen kann, kritisierten CDU/CSU und FDP das
Standortkonzept. Sprecher der Union hielten es für "inhaltlich
falsch". Die territoriale Verteidigungsbereitschaft Deutschlands
werde geschwächt und die nationalen Interessen würden
vernachlässigt. Laut Grundgesetz seien internationale
Einsätze nur als Ausnahme zu betrachten. Die internationale
Lage könne sich schnell ändern; es sei keine
Nachhaltigkeit in der Verteidigungspolitik zu erkennen. Weiter
betonte die Union, aus ihrer Sicht seien die Finanzfragen noch
ungeklärt, und die Entscheidung bedeute das Ende der
Wehrpflichtarmee. Die FDP erinnerte an die Fürsorgepflicht,
die der Minister für seine Soldaten und zivilen Angestellten
habe. Außerdem bezweifle man, dass bei den
Standortschließungen alle wirtschaftlichen Aspekte
geprüft worden seien. Der Sprecher der FDP regte an, der
Bundesrechnungshof solle zumindest einige Standorte
überprüfen. Um die Planungssicherheit der betroffenen
Kommunen zu erhalten, müsse schnell entschieden werden, wann
die Standorte geschlossen werden. Struck kündigte an, bis zum
24. März kommenden Jahres eine entsprechende Planung
vorzulegen.
Zwei Anträge der Oppositionsfraktionen lagen am selben Tag
der Plenardebatte zum gleichen Thema zugrunde (15/4029 und
15/1022). Darin geht es um die Hilfe des Bundes für die von
der Schließung betroffenen Kommunen. Peter H. Carstensen von
der Union bestritt zwar nicht die Notwendigkeit von
Strukturänderungen bei der Bundeswehr, wies aber darauf hin,
dass den Einsparungen im Haushalt des Verteidigungsministers
"extreme Belastungen" in manchen strukturschwachen Gebieten
gegenüber stünden. Der Abgeordnete erinnerte an
entsprechende Anträge der SPD von 1991 - auch von Struck
unterschieben - in denen ähnliches gefordert wurde. Ditmar
Staffelt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit, verteidigte dagegen die
Entscheidungen; sie seien "aus militärisch-funktionaler und
betriebswirtschaftlicher Sicht" getroffen worden. Staffelt
erinnerte daran, dass der Bund den Länderanteil am
Umsatzsteueraufkommen im Jahre 1993 von 35 auf 37 Prozent
erhöht habe; diese zusätzlichen Mittel stünden den
Ländern seitdem insbesondere "zur finanziellen Flankierung der
Folgen des Truppenabbaus" zur Verfügung. Dies seien immerhin
rund 300 Millionen Euro pro Jahr.
Für die FDP erklärte die Abgeordnete Helga Daub, man
trage eine "vernünftige, militärisch und
betriebswirtschaftlich begründete Neustrukturierung der
Bundeswehr" mit. Leider müsse die Bundeswehr mit einer zu
geringen finanziellen Ausstattung auskommen. Für den
Verteidigungshaushalt sei jetzt "das Ende der Fahnenstange"
erreicht. Auch müsse den von Schließungen betroffenen
Kommunen geholfen werden. Im Übrigen werde mit den
Standortschließungen ein weiteres Argument für den Erhalt
der Wehrpflicht ad absurdum geführt. Der Abgeordnete Winfried
Nachtwei stellte für Bündnis 90/Die Grünen heraus,
man stehe vor der radikalsten Bundeswehrreform seit ihrer
Gründung, vor einem historischen Auftragswandel. Nachtwei
sprach sich für die Schaffung eines Konversionsbeauftragten
des Bundes aus.
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