Vorbereitung durch die Fraktionen
Nach der Verteilung beschäftigen sich zunächst die Fraktionen mit der Vorlage. Auch sie sind fachlich gegliedert in Arbeitskreise und Arbeitsgruppen für verschiedene Bereiche - allerdings etwas anders zugeschnitten als die Ministerien der Bundesregierung - so dass dieser Entwurf in den Fraktionen vor allem von den Abgeordneten zunächst behandelt wurde, die sich auf die Bereiche Inneres und Recht spezialisiert haben. Diese Spezialisierung ist notwendig, weil gleichzeitig mit diesem Entwurf zahlreiche andere Vorlagen auf völlig anderen Gebieten ebenfalls behandelt werden mussten und müssen, so dass es zeitlich ganz undenkbar wäre, jedes spezielle Gesetz von sämtlichen Abgeordneten gleichzeitig bearbeiten zu lassen. Der Bundestag hat keine andere Wahl, als sich der Spezialisierung der Regierung in ihren verschiedenen Ministerien anzupassen und ebenfalls parallel in verschiedenen "Ressorts" vorzugehen. Das gilt für die Fachausschüsse des Bundestages ebenso wie für die Arbeitskreise der Fraktionen.
Zunächst werden also die Fraktionen zu einer Einschätzung kommen wollen, welche Haltung sie zu der Vorlage einnehmen, ob sie sehr oder weniger eilbedürftig ist, wann sie also im Plenum in erster Lesung beraten werden und wer von der Fraktion dazu etwa eine Rede halten soll, wer die Berichterstattung im Ausschuss übernehmen könnte u.a.m. Nach der ersten Meinungsbildung in den Fraktionen wird im Ältestenrat des Bundestages vereinbart, an welchem Tag der Entwurf im Plenum in erster Lesung beraten werden soll. Der Ältestenrat ist ein sehr wichtiges Lenkungsgremium für den Bundestag (siehe auch S. 22 ff.). Er setzt sich grundsätzlich nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zusammen. Größere Fraktionen haben also mehr Mitglieder im Ältestenrat als kleinere, so dass sich die politischen Mehrheitsverhältnisse des Bundestages auch im Ältestenrat - so wie in allen anderen Ausschüssen, Kommissionen und Gremien des Bundestages - in verkleinerter Form widerspiegeln. Das heißt aber nicht, dass dort mit Mehrheit beschlossen werden könnte, dass etwa ein Regierungsentwurf sofort, ein Oppositionsentwurf später oder gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden solle. Vielmehr bestimmt die Geschäftsordnung des Bundestages ausdrücklich, dass der Ältestenrat in diesen Fragen kein Beschlussorgan ist, hier also nicht mit Mehrheit entschieden wird, sondern eine allen Fraktionen akzeptable Lösung gefunden werden muss. Zwar unterbreitet der Ältestenrat insoweit nur Vorschläge, die im Plenum des Bundestages abgelehnt und durch andere Entscheidungen ersetzt werden können; normalerweise werden die Vereinbarungen im Ältestenrat aber vom Bundestag akzeptiert, weil alle politischen Gruppierungen dort beteiligt sind und dadurch ihre Interessen gewahrt sehen. Die Geschäftsordnung sorgt zusätzlich durch ein Minderheitsrecht dafür, dass jede Fraktion, die einen Gesetzentwurf einbringt, auch einen Anspruch darauf hat, dass er innerhalb von drei Wochen auf die Tagesordnung gesetzt und beraten wird.