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Debatte
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Wortlaut der Reden

Dr. Jürgen Schmude, SPD Dr. Rita Süssmuth, CDU/CSU >>

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Entscheidung, die wir heute zu treffen haben, treffen wir in einer wichtigen Beziehung über die künftige Gestaltung Deutschlands. Wir haben sie vor allen unseren Wählern zu verantworten.

Aber natürlich empfinden wir dabei Loyalitätsverpflichtungen und einen Pflichtenkonflikt gegenüber den beiden Städten, um die es geht. Keine dieser Städte soll zu untragbarem Schaden kommen. Ein Ausweg freilich, der einen Kompromiß darin sieht, daß Bundesorgane aufgesplittert werden, würde unsere Arbeitsfähigkeit als Parlament auf Dauer in unerträglicher Weise belasten. Es wäre ein Schaden für die Funktionsfähigkeit der Demokratie.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Deshalb sind wir gehalten, eine eindeutige Entscheidung zu treffen. Für mich ist es die Entscheidung für Berlin, bei der ich in dem Antrag der Berlin-Befürworter die Belange Bonns weitestmöglich beachtet sehe, so daß auch diese Entscheidung für Bonn erträglich sein kann.

Diese Entscheidung für Berlin ist für mich nicht eine Entscheidung für eine neue Machtmetropole. Die anderen großen Städte der Bundesrepublik, die hier genannt worden sind, haben einen starken Vorlauf; sie brauchen um ihr Gewicht wahrlich nicht zu fürchten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Es ist keine Entscheidung für eine erneuerte Reichshauptstadt. Die wollen wir nicht, die will Berlin selbst nicht. Berlin war bisher nicht Hauptstadt im Wartestand, sondern hat einen eigenständigen Weg genommen. Sonst hätte es nicht überlebt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Insofern ist es, positiv gesprochen, eine Entscheidung für das moderne Berlin, das in Jahren demokratischer Entwicklung nach dem Krieg gereift ist. Dieses Berlin hat in seinem Westen unter größtem äußeren Druck seine innere und äußere Freiheit behauptet. Es hat Liberalität und Weltoffenheit mit Festigkeit und Sicherheit verbunden, und es hat exemplarisch immer wieder Konflikte und Entwicklungen vorweggenommen, die danach in der alten Bundesrepublik ausgetragen wurden und stattfanden. Wir alle haben in dieser Weise in der Vergangenheit von Berlin gelernt. Berlin hat die Entwicklung der ganzen Bundesrepublik mit geprägt.

Es ist auch eine Entscheidung für ein Berlin, das in seinem Osten für uns aus der früheren Bundesrepublik die offene Tür zu den Menschen in der DDR gewesen ist, das der Ort der Begegnung gewesen ist, an dem wir die Einheit Deutschlands auch in der Zeit der Trennung erhalten und pflegen konnten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Diese Entscheidung für Berlin ist nicht die Wahl des einfacheren Weges, wahrlich nicht. Wir gehen in eine Stadt mit Problemen und Sorgen, eine Stadt mit Unruhe und Herausforderungen, Herausforderungen zumal durch die Sorgen und Bedürfnisse der neuen Länder, die dort nicht weit entfernt sind, sondern vor der Tür liegen. Aber trotz des Zeitbedarfs der Umsetzung: Unsere Entscheidung bereits wäre ein Signal der Zuwendung, das mit der getroffenen Entscheidung wirksam würde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Und schließlich: Diese Entscheidung für Berlin ist nicht vergangenheitsorientiert, sie bezieht sich auf unsere Zukunft. Im Fall einer Ablehnung würden wir das an dem Eindruck erkennen, den die Bürger behalten würden, wenn Einzelbegründungen, die wir heute vortragen, schon lange vergessen wären, wenn wir für unvorhergesehene Zwecke bereits ein Mehrfaches der Ausgaben getätigt haben würden, von denen heute im Zusammenhang mit den Umzugskosten die Rede ist, einem Eindruck, der auch nicht durch noch so intelligentes Bezweifeln der Geschäftsgrundlage ausgeräumt werden kann, nämlich daß diese Politiker in Bonn anders handeln, als sie jahrzehntelang geredet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE)

So groß ist unser Konto an Glaubwürdigkeit nicht, daß wir es in dieser schweren Weise zusätzlich belasten sollten. Bedenken wir bitte auch diesen Schaden, der uns da droht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE)

Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat die Frau Abgeordnete Professor Dr. Rita Süssmuth.

Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_048
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