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Debatte
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Wortlaut der Reden, die zu Protokoll gegeben wurden

Ulrich Irmer, FDP Claus Jäger, CDU/CSU >>

Als Bonn Bundeshauptstadt wurde, war ich zehn Jahre alt. Seit ich fähig war, politische Dinge zu erfassen, hat die Bundesrepublik Deutschland mein Bewußtsein geprägt. Ich bin ein Kind dieser Republik und dadurch auch zum überzeugten, ja leidenschaftlichen Europäer geworden.

Den großen politischen Gestalten der Nachkriegszeit bin ich persönlich nicht mehr begegnet, aber sie stehen mir deutlich vor Augen, die Theodor Heuß, Konrad Adenauer, Kurt Schumacher, Ernst Reuter und Thomas Dehler, um nur einige zu nennen. Über alle Parteigrenzen hinweg hatten sie eines gemeinsam: ihren unerschütterlichen Glauben daran, daß Deutschland eines Tages vereint und seine Hauptstadt wieder Berlin sein würde. Alle ihre politischen Nachfahren bis zum heutigen Tag, nein, teilweise leider nur bis zum Fall der Mauer, wurden nicht müde, sich immer und immer wieder zu Berlin zu bekennen. Da gab es fast keine Ausnahme. Und heute soll das alles nicht wahr gewesen sein?

Ich bin nicht dazu bereit, alle Repräsentanten unseres Staates von Anfang an, alle diejenigen, die in der Bundesrepublik und für die Bundesrepublik über die Jahrzehnte hinweg Politik gestaltet haben, im nachhinein zu Lügnern zu stempeln. Ich will Reinhold Maier nicht wortbrüchig machen, nicht Ludwig Erhard, nicht Herbert Wehner und auch nicht all die anderen. Gerade weil ich ein Kind der alten Bundesrepublik Deutschland bin, muß ich mich für Berlin entscheiden. Denn nach den verbrecherischen Lügen der Nazi-Zeit kam es uns doch auch darauf entscheidend an, wieder ehrlich zu werden und vertrauenswürdig zu sein. Können wir wirklich das Leben im vereinigten Deutschland damit beginnen, daß wir in einem wesentlichen Element die Staatsraison der alten Bundesrepublik auf den Müllhaufen der Geschichte werfen? Ich meine: Nein.

Unsere Bürger sind skeptisch geworden. Schon bei geringfügigerem Anlaß ist man mit dem Vorwurf der Lüge schnell bei der Hand. Da hatten wir die Rentenlüge und unlängst die Steuerlüge. Wollen wir die gesamte Geschichte dieser Republik jetzt unter den Makel der Hauptstadtlüge stellen?

Wer soll denn irgendeinem Politiker irgend etwas überhaupt noch glauben, wenn wir die Schwüre von gestern mit leichter Hand brechen und heute erklären, das sei ja alles nur Symbolik gewesen, wir hätten halt heute die bessere Einsicht? Gilt dann später einmal das gleiche für das, was wir heute beteuern? Für unsere Bekenntnisse zum Frieden und zu Europa zum Beispiel, für unseren Willen zur Aussöhnung mit den polnischen Nachbarn und zur Solidarität mit der Dritten Welt?

Und dann das listige Argument, Berlin sei ja schon Hauptstadt, das Parlament könne getrost woanders sein. Was ist denn die Hauptstadt ohne Funktion?

Nein, meine Kollegen, man wird uns nicht mehr glauben, wenn wir jetzt die Bekenntnisse von Jahrzehnten verraten. Gerade als Kind der alten Bundesrepublik, gerade als Kind dieses Bonner Staates kann ich nur für die eine Hauptstadt sein, und die heißt Berlin.

Claus Jäger, CDU/CSU >>
Quelle: http://www.bundestag.de/bau_kunst/berlin/debatte/bdr_138
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