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099/2002
Stand: 17.04.2002
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Steuergestalter sind Hauptverlierer des "Karlsruher Entwurfs"

Finanzausschuss/

Berlin: (hib/VOM) Alle, die bisher viele Möglichkeiten der steuerlichen Gestaltung haben, etwa die Verlustzuschreibungsgesellschaften, wären die Hauptverlierer, wenn der so genannte "Karlsruher Entwurf" zur Reform des Einkommensteuergesetzes verwirklicht würde. Der frühere Bundesverfassungsrichter Professor Paul Kirchhof, der mit seinem Arbeitskreis an einer Reform des Einkommensteuergesetzes arbeitet, stellte den weiterentwickelten Karlsruher Entwurf am Mittwochvormittag im Finanzausschuss vor. Die Überlegungen des Arbeitskreises hatten bereits im Mai des vergangenen Jahres im Ausschuss für Aufsehen gesorgt. Von steuerlichen Entlastungen würden am meisten Familien mit Kindern im unterhaltsberechtigten Alter profitieren, so Kirchhof. Das Modell sieht vor, dass jeder Mensch unabhängig vom Alter den gleichen Grundfreibetrag, vorgeschlagen werden 8.000 Euro, erhält. Für Erwerbstätige soll ein "Vereinfachungsfreibetrag" in Höhe von 2.000 Euro hinzukommen, vergleichbar mit der jetzigen Arbeitnehmerpauschale. Die ersten 5.000 Euro oberhalb des Grundfreibetrags sollten nach den Worten Kirchhofs mit 60 Prozent, die nächsten 5.000 Euro mit 80 Prozent besteuert werden, sodass die 100-prozentige Besteuerung mit einem linearen Steuersatz bei 20.000 Euro einsetzen würde. Trotz des linearen Steuersatzes wäre auf Grund dieser gestaffelten Besteuerung im unteren Einkommensbereich, von Kirchhof als "Sozialausgleich" bezeichnet, eine Progressionswirkung gegeben. Die bisherigen außergewöhnlichen Belastungen, die beispielsweise Behinderte beim Finanzamt geltend machen können, empfahl Kirchhof durch staatliche Leistungen auszugleichen, die den Vorteil hätten, progressionsunabhängig zu sein. Kirchhof hielt am bisherigen System des Ehegattensplittings fest und verwies auf das Bundesverfassungsgericht, das wesentliche Änderungen daran als verfassungswidrig betrachten würde. Erste Berechnungen hätten ergeben, dass kinderlose alleinstehende Kleinverdiener mehr Steuern zahlen würden als derzeit. Durch die Einführung des Vereinfachungsfreibetrages würde diese Wirkung jedoch wieder ausgeglichen.

Zum Unternehmensteuerrecht erklärte der Professor, die rechtliche Organisationsform dürfe Belastungsunterschiede nicht rechtfertigen. Der Arbeitskreis spreche sich für eine Gleichbehandlung der Rechtsformen aus. Dazu empfehle man, ein "Steuersubjekt" zu schaffen, unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche Person, eine Mitunternehmerschaft oder eine juristische Person handele. Die Vorstellung sei, dass bei diesem Steuersubjekt die Erträge steuerlich erfasst würden. Was mit den steuerlichen Erträgen weiter geschieht, wäre für das Einkommensteuerrecht unerheblich. Schachtelkonstruktionen hätten dann keine steuerlichen Wirkungen mehr. Weder ein Anrechnungs- noch ein Halbeinkünfteverfahren wären künftig erforderlich, so Kirchhof auf eine Frage aus der Unionsfraktion. Da es angesichts nur einer Einkunftsart künftig auch keine gewerblichen Einkünfte mehr gäbe, würde auch die Gewerbesteuer hinfällig. Um den grundgesetzlichen Anspruch der Kommunen zu befriedigen, hält Kirchhof als Ausgleich einen "Zuschlag zur Einkommensteuer" denkbar.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_099/02
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