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155/2002
Stand: 12.06.2002
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"Unwürdiges Verhalten" in der Antisemitismus-Debatte angesprochen

Innenausschuss/

Berlin: (hib/WOL) Als "unwürdiges Verhalten" hat die SPD am Mittwochvormittag im Innenausschuss das Vorgehen der Freien Demokraten bezeichnet, einen Wort für Wort von der Vorlage der Koalitionsfraktionen (14/9226) abgeschriebenen "eigenen" Antrag zu stellen (14/9261) und darüber getrennt abstimmen zu lassen. In den beiden Anträgen war das Parlament aufgefordert worden, den Antisemitismus zu ächten und den Zusammenhalt in Deutschland zu stärken. Unter anderem seien die demokratischen Parteien in Deutschland aufzufordern, Wahlkämpfe nicht auf dem Rücken von Menschen jüdischen Glaubens zu führen. Zu verurteilen seien alle Versuche, das antisemitische Argument wieder aufleben zu lassen, die Juden seien selbst schuld am Antisemitismus. Im Plenum müsse zum Ausdruck kommen, es werde dafür gesorgt, dass Juden in Deutschland sicher leben können und - wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger - "Anspruch auf ein Leben ohne Angst" haben. Die SPD kritisierte, das Vorgehen der FDP sei der Würde des Deutschen Bundestages nicht zuträglich. Wenn die Liberalen der Mahnung an die besondere Verantwortung für Politiker in der Antisemitismusfrage zustimmen wollten, wie dies in Absatz 5 der Koalitionsinitiative dargestellt sei, so sollten sie dem Koalitionsantrag zustimmen und damit auch die Kritik von SPD und Bündnis 90/Die Grünen an den Aussagen bestimmter Politiker dokumentieren. Angemessen wäre es, dem Koalitionsantrag zuzustimmen und eigenen wortgleichen Antrag als erledigt zu erklären. Ein "Auseinanderdividieren" durch die Fraktionen schade nur der Sache, argumentierten die Koalitionsfraktionen.

Die FDP hat dagegen betont, SPD und Bündnisgrünen hätten die FDP aus Wahlkampfgründen mit ihrer Antisemitismus-Initiative bewusst ausgrenzen wollen. Man habe daher den FDP-Antrag wortgleich abgefasst und werde ihn auch nicht als erledigt erklären, sich jedoch bei der Abstimmung über die Koalitionsinitiative der Stimme enthalten. Die Liberalen wiesen darauf hin, es würde zu einem widersprüchlichen Verhalten der Koalition führen, wenn diese dem eigenen Antrag zustimme, den wortgleichen FDP-Antrag aber ablehne. Die CDU/CSU hatte bedauert, dass es keinen fraktionsübergreifenden Antrag in dieser Frage gegeben habe, in den auch der bereits früher gestellte Unionsantrag (14/4245) hätte einbezogen werden können. Sie werde deshalb für den eigenen Antrag stimmen und sich bei den Initiativen der Koalition und der FDP enthalten. Die Bündnisgrünen hatten die Position der Koalition unterstrichen und ihrerseits bedauert, dass die Union sich nicht habe entschließen können, dem neueren Antrag zuzustimmen. Wie die SPD dargelegt habe, werde der Unionsantrag in der Wortwahl wie bei der Faktendarstellung auch nach Ansicht von Historikern und Antisemitismusforschern den Gegebenheiten nicht gerecht. So sei etwa von jüdischen "Mitbürgern" statt von jüdischen Bürgern die Rede, was zumindest verbal eine andere Haltung zum Miteinander zum Ausdruck bringe. Die PDS hatte erklärt, sie werde sich bei den Anträgen von CDU/CSU und FDP der Stimme enthalten und dem Koalitionsantrag zustimmen. Gleichzeitig werde sie aber darauf schauen, dass den wortreichen Erklärungen im Haushaltsansatz eine entsprechende Umsetzung folge. Dem widersprach die Regierung mit der Feststellung, es sei seit 50 Jahren ablesbar, dass innerhalb verschiedener Gremien und zahlreicher Initiativen tatkräftig die Bekämpfung des Antisemitismus gefördert werde. Es sei nicht korrekt, wenn die PDS den Eindruck vermitteln wolle, hier werde "nichts" getan.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_155/02
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