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„Tag für die Demokratie“ am 8. Mai

Bild: Schautafeln vor dem Brandenburger Tor
Wie war das damals? Bürger beim "Tag für die Demokratie".

Bild: Pantomime mit weißen Rosen in der Hand


Lebendiges Gedenken an das Kriegsende

Auch die frostige Kälte und das verspätete Aprilwetter hat die Menschen nicht abhalten können, zum Brandenburger Tor zu kommen. Und als dann ein warmer Sonnenstrahl über den fadenfeinen Nieselregen siegt, ist sofort gute Laune da. Die Schirme klappen zu, junge Nachwuchspolitiker verteilen Flyer, auf der Hüpfburg herrscht Hochbetrieb. Tausende sind gekommen – um sich zu erinnern und um zu feiern: Denn vor 60 Jahren endete der Zweite Weltkrieg und damit die nationalsozialistische Schreckensherrschaft in Europa.

Auf der Bühne haben sich Prominente und Zeitzeugen eingefunden, die von dem Ereignis berichten. Da ist etwa Marcel Reich-Ranicki, der erzählt, wie er vor genau 60 Jahren einen Freudenschuss gen Himmel schickte – sein erster und letzter Schuss überhaupt. Andere schlagen die Brücke in die Gegenwart: Herbert Grönemeyer erntet tosenden Applaus mit der Forderung, den Rechtsradikalen in Deutschland keinen Millimeter Platz zu geben. Und Michel Friedman betont, dass noch mehr getan werden müsse, um Tendenzen gegen den Pluralismus in Deutschland zu bekämpfen.

Erinnerung schwindet, wenn sie nicht wach und lebendig gehalten wird. „Immer mehr Leute wissen nicht, was vor 60 Jahren geschehen ist. Rechtsradikale versuchen, diesen Tag für ihre Zwecke zu missbrauchen“, sagt Holger Michel, Organisator des „Tags für die Demokratie“. Um dem entgegenzuwirken, hat der 24-Jährige nicht nur Politiker und Prominente, sondern auch engagierte Musiker ans Brandenburger Tor geholt. So etwa The Titans aus Stuttgart, die einen Song für den „Tag der Demokratie“ geschrieben haben und durch ihre internationale Zusammensetzung selbst ein Bespiel für Pluralismus sind. „Vergessen ist so leicht“, singt Clueso und die Prinzen fordern das Publikum auf, so laut zu singen, „dass sich kein Nazi hertraut“.

Als Erstunterzeichner des „Aufrufs für Demokratie“ finden sich dann auch die Parteivorsitzenden der SPD und der CDU, der FDP, von Bündnis 90/Die Grünen sowie der CSU ein. Zusammen mit den Vorsitzenden großer deutscher Verbände stehen Angela Merkel, Franz Müntefering und Co. auf der Bühne – zum Zeichen dafür, dass man nur gemeinsam an einem weltoffenen und toleranten Deutschland arbeiten kann. Paul Spiegel, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, verweist dabei auf die lebendige Auseinandersetzung in Büchern und Filmen anlässlich des Jahrestages. „Das Interesse wächst und ich bin begeistert, dass so viele Menschen diesen Tag hier heute feiern.“

Als die Rede von Bundespräsident Horst Köhler live aus dem Plenarsaal auf Großbildschirmen übertragen wird, wird es stiller – die Menschen lauschen seinen Worten: „Unser Land ist vielgestaltiger und weltoffener als je zuvor. Wir haben uns als Nation wieder gefunden.“ Allerdings gäbe es auch Unbelehrbare, die zurück wollen zu Antisemitismus und Rechtsextremismus. „Aber sie haben keine Chance!“ Es liege in den Händen der nachrückenden Generationen, das Geschehene wach zu halten und weiterzugeben.

Darüber sind sich die jungen wie die älteren Bürgerinnen und Bürger am Brandenburger Tor einig: Der 8. Mai ist ein Tag der Freude, der in den nächsten Jahren noch mehr ausgebaut werden muss.

Text: Lydia Harder
Fotos: studio kohlmeier
Erschienen am 30. Mai 2005


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