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Juli 06/1999
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SCHIRMHERR DER ERLASSJAHR­KAMPAGNE IN BONN

Bischof Rodriguez: Kreditvergabe muß transparent gemacht werden

(mr) Die internationale und bilaterale Kreditvergabe sollte transparent und öffentlich erfolgen, so daß die Öffentlichkeit in den Empfängerländern selbst zum Kontrolleur und Korrektiv werden kann.

Das betonte der honduranische Erzbischof und Vorsitzende der Lateinamerikanischen Bischofskonferenz, Oscar A. Rodriguez, am 16. Juni im Ausschuß für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Rodriguez, der auch Schirmherr der Kampagne "Erlaßjahr 2000" ist, erklärte, die letzte Dekade sei für die Länder Lateinamerikas ein "verlorenes Jahrzehnt" gewesen. Der Schuldendienst sei für sein Land und andere arme Länder der Welt eine neue Art der "Kolonialherrschaft". Statt Tribute müsse man Zinsen zahlen. Die Gläubigerländer hätten, ohne nach der Legitimation zu fragen, Diktaturen und korrupten Regimen Kredite gewährt, die auf Kosten der Bevölkerung nun zurückgezahlt werden müßten.

Die Frage des Schuldendienstes und der Zurückzahlung der Gelder sei aber auch eine Frage der Menschenrechte. Durch die Auflagen der internationalen Finanzinstitutionen seien die Länder gezwungen, die knappen Finanzmittel für den Schuldendienst und nicht für die Grundbedürfnisse und die Bildung der Menschen auszugeben. Neben einem umfassenden Schuldenerlaß forderte der Erzbischof deshalb auch einen Internationalen Strafgerichtshof für Wirtschaftsverbrechen, ähnlich dem Haager Tribunal für Kriegsverbrechen, und ein internationales Insolvenzrecht. An die Industrieländer richtete er die Forderung, vor allem für landwirtschaftliche Produkte mehr zu bezahlen. Dann könnten sich die Länder auch besser entwickeln.

Auch die Sozialdemokraten betonten, ohne Bildung und mehr soziale Gerechtigkeit werde sich der Demokratisierungsprozeß in Lateinamerika nicht verstärken. Das deutsche Parlament und die Bundesregierung hätten die Bereitschaft, eine tragbare Lösung zu finden. Die CDU/CSU verwies auf die Rolle der Banken und die bereits in Indien erfolgreich praktizierte Methode, Kleinstkredite zu niedrigen Zinsen an Frauen zu vergeben. Bündnis 90/Die Grünen erklärten, wichtig sei, daß die Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit in den letzten Jahren bereits einen großen Schritt vorangekommen sei. Dabei habe auch die Verhaftung General Pinochets von Chile eine Rolle gespielt.

Die PDS wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß ein Großteil der Schulden der armen Länder von Diktaturen aufgenommen worden seien, mit dem Ziel, das Volk weiter zu unterdrücken. Deshalb sei es ungerecht, wenn nun das Volk für den Schuldendienst aufkommen müsse.

Die Liberalen äußerten sich skeptisch mit Blick auf einen Internationalen Strafgerichtshof für Wirtschaftsverbrechen. Es sei kaum vorstellbar, daß sich viele Länder einem solchen Strafgerichtshof anschließen würden. Der Bischof solle seine Erwartungen nicht auf etwas richten, "was in sehr, sehr weiter Ferne ist". Rodriguez räumte ein, daß er mit seiner Forderung nach einem Internationalen Strafgerichtshof für Wirtschaftsverbrechen zwar nur ein "kleiner Rufer in der Wüste" sei, aber allein die Thematisierung einer solchen Forderung mache "gewisse Leute schon nervös".

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9906/9906026a
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