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Oktober 08/1999
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RENTENREFORM UNERLÄSSLICH

Nur der Weg ist strittig

Die Zukunft der Renten aus der Sicht der im Bundestag vertretenen Fraktionen

Es gibt eine breite politische Übereinstimmung darüber, die Rentenbeiträge auf Dauer stabil zu halten, um die finanziellen Risiken der Rentenversicherung nicht einseitig der jüngeren Generation aufzubürden.

Rentner in Deutschland

Diese Risiken sind ebenso gravierend wie absehbar: So bringt die demographische Entwicklung die Rentenversicherung gleich doppelt in Bedrängnis. Seit 1960 steigt die Lebenserwartung erfreulicherweise stetig an. Das bedeutet: Die Renten müssen länger bezahlt werden. Von 1960 an stieg die durchschnittliche Rentenbezugsdauer bei Männern um vier auf 13,6, bei Frauen um acht auf 18,5 Jahre.

Rentner in Deutschland: Ihre Zahl wächst, weil die Menschen immer älter werden. Diese eigentlich positive Entwicklung macht der Rentenversicherung schwer zu schaffen.
Rentner in Deutschland: Ihre Zahl wächst, weil die Menschen immer älter werden. Diese eigentlich positive Entwicklung macht der Rentenversicherung schwer zu schaffen.

Hinzu kommen die negativen Folgen des Geburtenrückgangs: Künftig werden immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen, weil die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter sinkt, während gleichzeitig der Anteil älterer Menschen zunimmt. Müssen heute 1.000 Beitragszahler die Renten für 425 Rentner aufbringen, sind es im Jahr 2030 bereits 606 Rentner, die im Umlageverfahren von 1.000 Beitragszahlern finanziert werden müssen.

Auch die hohe Arbeitslosigkeit gefährdet die Stabilität der Rentenversicherung. Denn zum einen bedeutet das niedrigere Einnahmen, zum anderen Mehrausgaben aufgrund politischer und betrieblicher Entscheidungen.

Nachdem die rot-grüne Regierung die Rentenreform?99 der Regierung Kohl ausgesetzt hat, hat sie für eine eigene Reform folgende Eckpunkte vorgelegt:

1. Eckpunkt: Niedrigere Rentenanpassungen 2000/01

In den Jahren 2000 und 2001 sollen die Renten nur so stark erhöht werden, wie die Lebenshaltungskosten im jeweils vorangegangenen Jahr angestiegen sind. Im Jahre 2000 würden die Renten demnach um 0,7 Prozent und im Jahre 2001 um 1,6 Prozent steigen. Damit wird die nettolohnbezogene Rentenanpassung für zwei Jahre außer Kraft gesetzt. Anschließend soll sie unverändert weiter gelten. Diese "realen Nullrunden" für die Rentner senken indirekt auch den Bundeszuschuss und sonstige Zahlungen des Bundes an die Rentenversicherung. Deshalb ist dieser Teil der geplanten Reform Teil des sogenannten "30-Milliarden-Sparpakets". Das Programm sieht außerdem eine Senkung der Rentenbeiträge für die Bezieher von Arbeitslosenhilfe vor. Sie sollen künftig nach der Höhe der (vom Bund bezahlten) Arbeitslosenhilfe und nicht mehr nach 80 Prozent des früheren Lohnes berechnet werden. Das mindert dann auch die späteren Rentenansprüche der Arbeitslosenhilfebezieher.

2. Eckpunkt: Steuerfinanzierte Grundsicherung u. Ökosteuer

Die rot-grüne Regierung plant ferner eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung in Höhe der Sozialhilfe. Sie soll von der Rentenversicherung nach vorheriger Prüfung der Bedürftigkeit gewährt, aus dem Bundeshaushalt bezahlt (gut 2 Milliarden DM jährlich) werden und für alle Personen ab dem 65. Lebensjahr gelten sowie für (aus medizinischen Gründen) dauerhaft Erwerbsunfähige unabhängig vom Bezug einer Rente.

Zur Finanzierung soll ein Teil des Öko-steueraufkommens eingesetzt werden. Der weitaus größere Teil der Einnahmen aus der vierstufigen Ökosteuer dient der Senkung des Rentenbeitrags und damit der Senkung der Lohnnebenkosten. In der ersten Stufe machte die Verminderung des Beitrags 0,8 Prozentpunkte aus.

3. Eckpunkt: Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten

Die von der früheren Bundesregierung beschlossenen Abschläge bei den Erwerbsunfähigkeitsrenten sollen abgemildert und pauschal aus der Ökosteuer finanziert werden. Wer bei Inkrafttreten der Reform das 40. Lebensjahr vollendet hat, soll wieder eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Anspruch nehmen können.

4. Eckpunkt: Eigenständige Alterssicherung der Frauen

Ehegatten, deren Ehe nach Inkrafttreten der Reform geschlossen wird, sollen künftig zwischen drei Modellen wählen können:

• Partnerschaftsmodell:

Während der Ehezeiten erworbene Rentenansprüche werden schon zu Lebzeiten gesplittet. Bei Tod eines Partners erhält der Hinterbliebene 100 Prozent seiner Rentenansprüche aus der Zeit vor der Ehe und 75 Prozent der gemeinsam erworbenen Rentenansprüche. Nichteheliche Lebensgemeinschaften können dasselbe auf Antrag vertraglich vereinbaren.

• Teilhabemodell:

Zu Lebzeiten bekommt jeder seine eigene Rente. Beim Tod erhält der Hinterbliebene 70 Prozent aller gemeinsam erworbenen Rentenansprüche.

• Unterhaltsmodell:

Jeder Ehegatte erhält beim Tod des Partners seine eigene Rente zuzüglich 60 Prozent Hinterbliebenenrente, die allerdings bis auf 630 Mark mit eigenem Einkommen verrechnet wird.

Für Hinterbliebene, die vor Inkrafttreten der Reform geheiratet haben, soll es bei der bisherigen Witwen-/Witwerversorgung bleiben.

5. Eckpunkt: Zusätzliche private Altersvorsorge

Da die Maßnahmen insgesamt zu einem Sinken des durchschnittlichen Rentenni-veaus von derzeit 70 Prozent (des Nettoeinkommens) führen, ist zur langfristigen Sicherung des Lebensstandards für viele Menschen eine zusätzliche private Altersvorsorge erforderlich. Dafür soll im Bündnis für Arbeit möglichst eine tarifliche Lösung gefunden werden. Sie könnte durch steuerliche oder sonstige staatliche Förderung flankiert werden.

Kernbegriffe in der Rentendiskussion

• Der demographische Faktor ist ein Abschlag von den Rentenerhöhungen, der die finanziellen Auswirkungen der veränderten Bevölkerungsstruktur ganz oder teilweise auf die Rentner umlegt. Er verteilt die Belastungen aus der Bevölkerungsentwick-lung auf Jung und Alt: Steigt die Lebenserwartung, wachsen die Renten langsamer.

Konkret wird in die komplizierte Formel zur Berechnung der Rente (Rentenwert) ein Faktor eingefügt, der die Veränderung der durchschnittlichen Lebenserwartung der 65-jährigen ausdrückt. Nach dem von der früheren Bundesregierung eingeführten Demografiefaktor wurde allerdings die steigende Lebenserwartung nur zur Hälfte berücksichtigt. Außerdem waren Klauseln vorgesehen, die verhindern sollten, dass bei Anwendung des demografischen Faktors die Renten sinken oder das Rentenniveau auf unter 64 Prozent des Durchschnittseinkommens der Arbeitnehmer fällt.

• Der Generationenvertrag besagt, dass die jeweils arbeitende Generation für die aktuellen Renten aufkommt. Das geschieht im so genannten Umlageverfahren: die Rentenversicherungsbeiträge werden von Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingezogen und als Rente an die Sozialrentner weitergeleitet. Hinzu kommt noch ein erheblicher Bundeszuschuss, den alle Steuerzahler finanzieren. Es wird also kein Kapital angesammelt, das dann im Alter ausgezahlt wird, wie es etwa bei privaten Rentenversicherungen der Fall ist.

• Die nettolohnbezogene Rentenanpassung wurde mit der Rentenreform ?92 eingeführt. Bis dahin stiegen die Renten so stark wie die Bruttoeinkommen. Da Arbeitnehmer aber von ihren Lohn- und Gehaltserhöhungen Steuern und Sozialabgaben zahlen müssen, wuchsen die Renten deutlich schneller als die Nettoeinkommen. Deshalb ging man zur nettolohnbezogenen Rentenformel über. Seitdem steigen die Renten – mit einem Jahr Verzögerung – genauso stark wie die Nettolöhne. Senkt der Staat die Steuern, erhöht er das Kindergeld oder sinken die Sozialbeiträge, dann steigen die Nettoeinkommen stärker. Davon profitieren dann auch die Rentner.

Rechenbeispiele zur Hinterbliebenenrente:

Ein Ehepaar hat folgende Rentenansprüche erworben:
Mann vor der Ehe: 500 DM, während der Ehe 1.500 DM
Frau vor der Ehe: 300 DM, während der Ehe 700 DM

• Partnerschaftsmodell:

Danach erhalten die Eheleute als Rentner ihre eigenen Rentenansprüche aus der Zeit vor der Ehe und die Hälfte der gemeinsamen Rentenansprüche aus der Ehezeit. Der Mann bekommt also 1.600 DM, die Frau 1.400 DM. Stirbt der Mann, bekommt die Frau die eigenen Anwartschaften vor der Ehe plus 75 Prozent der gemeinsamen Anwartschaften während der Ehe: 1.950 DM. Stirbt die Frau, erhält der Mann 2.150 DM.

• Teilhabemodell:

Zu Lebzeiten erhält jeder die eigene Rente: Der Mann 2.000 DM, die Frau 1.000 DM. Stirbt ein Partner, gibt es für den Hinterbliebenen 2.100 DM (70 Prozent aller gemeinsamen Rentenansprüche).

• Unterhaltsmodell:

Jeder bekommt seine eigene Rente – also 2.000 DM für den Mann und 1.000 DM für die Frau. Im Hinterbliebenfall gibt es 60 Prozent der Rente des verstorbenen Partners obendrauf. Sie wird allerdings bis auf 630 DM mit eigenem Einkommen verrechnet. Der Mann bekäme also beim Tod der Frau 2.000 DM eigene Rente und 600 DM Hinterbliebenenrente. Insgesamt also beträgt seine Rente 2.600 DM.

Stirbt der Mann, erhält die Frau zusätzlich 60 Prozent seiner Rente, also 1.200 DM. Hier wird verrechnet, so dass nur 630 DM ausgezahlt werden und eine Gesamtrente von 2.030 DM herauskommt.

Infos

zu beziehen bei:
Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
Rochusstr. 1, 53123 Bonn
Telefon: 01888-527-0 oder

Jägerstr. 9, 10117 Berlin
Telefon: 030/2014-1830
Internet: www.bma.bund.de

Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA)
10704 Berlin

kostenloses Servicetelefon: 0800/3331919
Internet: www.bfa-berlin.de
und alle Landesversicherungsanstalten

Ulla Schmidt, SPD
Ulla Schmidt, SPD

Rente wird armutsfest und zukunftssicher

Die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung gehört zu den zentralen sozialpolitischen Zielen der Bundesregierung und der SPD-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung hat nach ihrem Amtsantritt unverzüglich ihr Wahlversprechen eingelöst: in dem wir die Verschlechterungen der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrente sowie den willkürlich gesetzten demografischen Faktor ausgesetzt haben. Wäre es nach dem Rezept der alten Bundesregierung gegangen, dann würde das Nettorentenniveau dauerhaft auf 64 Prozent abgesenkt werden.

Kreis der Beitragszahler wurde größer

Wer die Rente armutsfest und zukunftssicher machen will, muss selbstverständlich auch den Kreis der Beitragszahler erweitern. Auch dieses Wahlversprechen haben wir eingelöst durch die Neuregelung der 630-DM-Jobs, der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen und der Scheinselbstständikeit.

Diese Maßnahmen, verbunden mit den Einnahmen aus der Ökosteuer, tragen sowohl zur Senkung der Lohnnebenkosten bei als auch zur Stabilisierung des Rentenniveaus. Zur Zukunftssicherung der Renten müssen aber alle einen Beitrag leisten. Der Beitrag der Rentnerinnen und Rentner besteht darin, dass die Renten in den Jahren 2000 und 2001 jeweils in Höhe der Preissteigerungsrate des Vorjahres angepasst werden. Die Rentenanpassung im Jahr 2000 beträgt dann 0,7 Prozent statt rund 3,6 Prozent nach der Nettolohnentwicklung und im Jahr 2001 voraussichtlich 1,6 Prozent statt rund 3,4 Prozent. Dies ist nicht viel, aber weit mehr, als die Rentnerinnen und Rentner unter der alten Bundesregierung erhalten haben. Wenn nun die CDU/CSU sich als Rächerin der Enterbten aufspielt, dann verschweigt sie, dass die Renten unter der Kohl-Regierung jedes Jahr gekürzt wurden. Insgesamt hat die CDU die Renten seit 1995 stetig entwertet. 1995 lag die Inflationsrate bei 1,6 Prozent (bezogen auf die alten Bundesländer), die Rentenanpassung betrug aber lediglich 0,50 Prozent; 1996 lag sie bei 1,3 Prozent zu 0,95 Prozent, 1997 bei 1,9 Prozent zu 1,65 Prozent und 1998 bei 0,9 Prozent zu 0,44 Prozent.

Einmaliger Kraftakt stabilisiert die Renten

Wir können dagegen den Rentnerinnen und Rentnern zusichern, dass mit diesem einmaligen Kraftakt ihr Rentenniveau für die nächsten drei Jahrzehnte bei rund 67 Prozent liegt.

Insofern brauchen wir die Solidarität der Älteren mit den Jüngeren. Wir brauchen aber auch die Solidarität der Jüngeren mit den Älteren. Das ist das Prinzip des Generationenvertrages, und daran wollen wir festhalten.

Mit den vom Kabinett beschlossenen Eck-punkten zur Reform der Rentenversicherung verfolgen wir viele Ziele:

  1. Die Beiträge für die Rentenversicherung werden über mehr als zehn Jahre bei rund 19 Prozent liegen und bis zum Jahr 2020 auf nicht über 20 Prozent ansteigen.
  2. Wir werden die Rente armutsfest machen durch die steuerfinanzierte, bedarfsorientierte soziale Grundsicherung. In Zukunft wird keine Rentnerin und kein Rentner mehr zum Sozialamt gehen müssen. Niemand muss mehr befürchten, dass die Kinder und Enkel zum Unterhalt herangezogen werden könnten.
  3. Wir werden die eigenständige Alters-sicherung für Frauen einführen. Für die Ehen, die nach Inkrafttreten der Reform geschlossen werden, gibt es drei Angebote, wie die Rente innerhalb einer Lebensgemeinschaft partnerschaftlich aufgeteilt werden kann.

Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird erstmalig auch die Förderung von Teilzeitarbeit für Eltern, die Kinder unter zehn Jahren erziehen, in unserer Reform mit berücksichtigt. Wir werden aber auch die Erwerbsminderungsrente nicht aus den Augen verlieren. Wir werden sie neu gestalten und so berechnen, als hätten die Menschen bis zum 60. Lebensjahr Beiträge bezahlt. Wer darüber hinaus seinen Lebensstandard im Alter verbessern will, kann dies durch die so genannte zweite Säule bei der Alterssicherung erreichen.

Birgit Schnieber-Jastram, CDU/CSU
Birgit Schnieber-Jastram, CDU/CSU

Für Gerechtigkeit zwischen den Generationen

Der Generationenvertrag, auf dem die solidarische Rentenversicherung aufbaut, ist vor allem aus demografischen Gründen in eine Schieflage geraten. In Deutschland werden die künftigen Generationen erheblich stärker mit Abgaben belastet als die gegenwärtige, wenn kein grundlegender Politikwechsel eingeleitet wird. Ziel einer verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Politik muss es daher sein, die Belastungen der nachfolgenden Generationen abzubauen und langfristig eine ausgeglichene Generationenbilanz zu erreichen. Nur so ist Generationengerechtigkeit und damit Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung durch die jüngere Generation zu erreichen.

Die Renten müssen langsamer steigen

Eine Antwort auf die Veränderung der Altersstrukturen ist der "demographische Faktor", wie er im Rentenreformgesetz 1999 enthalten war. Mit seiner Hilfe sollen die Folgen aus steigender Lebenserwartung und längerem Rentenbezug gleichmäßig auf Beitragszahler und Rentner, auf Junge und Alte verteilt werden. Deswegen sinken die Renten nicht, sie steigen nur langsamer. Und langsamer steigen müssen sie, sonst wird gerade die jüngere Generation mit zu hohen Beiträgen belastet. Es war ein großer Fehler der Bundesregierung, den "demographischen Faktor" auszusetzen. Wir fordern die Bundesregierung auf, den "demographischen Faktor" wieder in Kraft zu setzen.

Ein zukunftsfähiges Rentenreformkonzept muss auch die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Die zunehmende Frauenerwerbstätigkeit, neue Familienstrukturen und eine an Gleichstellung orientierte Frauenrolle signalisieren einen gesellschaftlichen Wertewandel, der auch die sozialen Sicherungssysteme erfasst. Gefragt sind dabei vor allem Lösungen, die es erlauben, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu verbessern und diskontinuierliche Erwerbsverläufe abzusichern, und die so zu einer eigenständigen Alterssicherung der Frauen beitragen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird ihr Reformkonzept zur Weiterentwicklung der Alterssicherung der Frau noch in diesem Jahr vorstellen.

Wertewandel in der Gesellschaft berücksichtigen

Zur Stärkung des gesamten Systems der Alterssicherung ist darüber hinaus ein deutlicher und rascher Ausbau der kapitalfundierten Altersvorsorge im bestehenden System der zweiten und dritten Säule der Alterssicherung anzustreben. Den Vorschlag des Bundesarbeitsministers, eine verpflichtende private Altersvorsorge neben der gesetzlichen Rentenversicherung für pflichtversicherte Arbeitnehmer einzuführen, lehnen wir als unsozial ab. Die Umsetzung des Vorschlages würde zu einer verdeckten Beitragserhöhung gerade für Geringverdiener führen, die die Zwangsabgabe besonders belastet. Besserverdienende verfügen in der Regel schon über eine private Altersvorsorge und wären von der Zwangsabgabe befreit. Auch würde die Erhebung der Zwangsabgabe zu einer erheblichen Absenkung des durchschnittlichen Nettoeinkommens und damit zu massiven Leistungskürzungen in der Rentenversicherung führen.

Die Rentenpläne der Bundesregierung sind nicht geeignet, die Zukunftsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern. Das System der Rentenversicherung setzt Stetigkeit, Berechenbarkeit und Planungssicherheit voraus. Die beschlossene Rentenanpassung lediglich nach der Inflationsrate verunsichert dagegen Rentner und Beitragszahler gleichermaßen, weil eine Steigerung der Renten zukünftig nicht mehr berechenbar ist. Wir fordern die Bundesregierung daher auf, ihre unsozialen Rentenpläne sofort zurückzunehmen.

Katrin Göring-Eckardt, B'90/Die Grünen
Katrin Göring-Eckardt, B90/Die Grünen

Fairer Ausgleich zwischen Alt und Jung

Die Debatte um die Reform des Rentensystems ist im Zuge des Zukunftsprogramms 2000 der rotgrünen Regierungskoalition eröffnet worden. Auf der Hand liegt, dass so grundlegende Veränderungen der Gesellschaft, wie z. B. die steigende Lebenserwartung und eine Arbeitsgesellschaft mit zunehmend unsteten Erwerbsverläufen, eine Überprüfung und Verbesserung des geltenden Systems dringend erfordern. Die Altersvorsorge muss langfristig verlässlich sein und einen fairen Ausgleich zwischen Jungen und Älteren herstellen. Dazu dürfen die Belastungen durch Beiträge nicht mehr ständig steigen. Auf der anderen Seite haben die Rentnerinnen und Rentner durch ihre Lebensarbeit einen berechtigten Anspruch auf eine angemessene Altersversorgung erworben.

Angesichts dieser Entwicklung muss offen über die Frage debattiert werden, welches Niveau der Teilhabe am Wohlstand wir heute und in Zukunft werden finanzieren können.

Zur Rentenanpassung im Zukunftsprogramm 2000

Den Vereinbarungen zur Rentenanpassung im Zukunftsprogramm 2000 hat die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt. Bislang sind Transferleistungen wie Arbeitslosengeld- und -hilfe oder eben auch die Rente mit einjähriger Verzögerung an das Nettoeinkommen angepasst worden. Insbesondere die Korrekturen bei der Einkommensteuerreform für kleine und mittlere Einkommen und für Familien mit Kindern führten über die Nettolohnerhöhung zu deutlichen Entlastungen. Doch die Entlastung einzelner Gruppen sowie die Senkung der Rentenbeiträge durch die ökologisch-soziale Steuerreform bewirken nach geltendem Recht notwendig eine Erhöhung der Renten. In den kommenden beiden Jahren sollen die Renten deshalb nur auf Basis der Inflationsrate angehoben werden.

Dieser Einschnitt ist einerseits notwendig, weil die Vorgängerregierung die Interessen der alten Rentnergeneration über einen Ausgleich zwischen Jung und Alt gestellt hat. Andererseits ist er aber auch vertretbar, wenn man bedenkt, dass die Rentenerhöhungen sich in den nächsten zwei Jahren über dem Durchschnittsniveau der letzten fünf Jahre bewegen. Dieser Beitrag zur Haushaltskonsolidierung erübrigt aber nicht die Notwendigkeit einer umfassenden Rentenreform.

Private Vorsorge als zusätzliche Säule der Alterssicherung

Die Koalition hat nun in einem entschlossenen Schritt den Anstieg der Renten begrenzt. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass die Beiträge auf längere Sicht stabil bleiben. Auf diese Weise haben die Versicherten auch den finanziellen Spielraum, ergänzend privat für ihr Alter vorzusorgen. Bei der bevorstehenden Rentenreform ist die Förderung privater Vorsorge ein zentrales Element. Hierzu gehört auch, dass die Beiträge zur Rentenversicherung so

gering ausfallen, dass eine zusätzliche Vorsorge auch für kleine Einkommen vertretbar ist. Deshalb wollen wir steuerliche Anreize dafür schaffen, dass private Vorsorge zum festen Bestandteil individueller Altersvorsorge wird. Außerdem soll die Vermögensbildung stärker in die Altersvorsorge integriert werden.

Wenn das Rentenniveau sinkt, hat das für Menschen, die lediglich eine geringe Rente bekommen oder bekommen werden, bedeutendere Auswirkungen als für Menschen mit einem hohen Rentenanspruch. Aus diesem Grund wird im Zuge der Rentenreform eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung eingeführt. Sie soll die beitragsfinanzierte Rente nicht ersetzen, sie soll sie für bestimmte Gruppen ergänzen. Die Rente wird somit auch armutsfest.

Irmgard Schwaetzer, F.D.P.
Irmgard Schwaetzer, F.D.P.

Reform jetzt dringend erforderlich

Die anhaltende Debatte über die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland macht deutlich, dass eine Rentenreform jetzt dringend erforderlich ist.

Konkrete Vorschläge der Freien Demokraten

Für eine solche Reform legt die F.D.P. konkrete Vorschläge vor:

  1. Steuer- und Rentenpolitik sind systematisch so stark verflochten, dass nur grundlegende Reformen in beiden Bereichen die Stabilität der Alterssicherung in Deutschland nachhaltig gewährleisten. Entlastung von Steuern und Sozialabgaben ist daher Grundvoraussetzung für zusätzlichen finanziellen Spielraum bei der betrieblichen und privaten Altersvorsorge. Dies bedeutet auch, dass die Sozialsysteme nicht über einen immer höheren steuerfinanzierten Anteil saniert werden können. Vielmehr brauchen wir strukturelle Reformen insbesondere in der Rentenversicherung.
  2. Die F.D.P. hält im Kern an den Maßnahmen der Rentenreform 1999 fest. Dies bedeutet, dass der demographische Faktor wieder in die Rentenformel eingeführt werden muss. Dadurch würden die Rentenerhöhungen in den nächsten Jahrzehnten pro Jahr um ca. 0,4 Prozentpunkte geringer ausgfallen als der Anstieg der Nettolöhne. Hierdurch würde das Rentenniveau in Deutschland von heute 70 Prozent des Nettolohnes eines Durchschnittsverdieners innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren auf 64 Prozent gesenkt. Notwendig bleibt auch die von der rot-grünen Koalition ausgesetzte Reform der Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten.
  3. Die F.D.P. fordert eine umfassende Reform der Hinterbliebenenversorgung, die eine stärkere eigenständige Sicherung insbesondere von Frauen und eine bessere Anerkennung der Kindererziehung bringt. Bei Ehepaaren plädiert die F.D.P. für ein Splittingverfahren im Rentenrecht.
  4. Die betriebliche Altersversorgung muss wieder zu einem wesentlichen Bestandteil der Alterssicherung werden. Die F.D.P. schlägt vor, auch für Leistungen aus Pensionskassen oder Direktversicherungen das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung einzuführen, damit der Aufbau eines Vorsorgevermögens ohne steuerliche Belastung möglich ist. Der Rechnungszinsfuß für Pensionsrückstellungen ist mittelfristig und stufenweise von sechs auf vier Prozent abzusenken. Weiterhin fordert die F.D.P. die Zulassung von Pensionsfonds nach angelsächsischem Muster. Diese Pensionsfonds verschaffen dem Arbeitnehmer mehr Flexibilität, weil der Anspruch auf angelegte Mittel bei einem Arbeitsplatzwechsel erhalten bleibt. Das Konkursrisiko der Unternehmen entfällt für den Arbeitnehmer.
  5. Die Forderungen des Bundesarbeitsministers nach einer Anpassung der Renten an die Inflationsrate in den nächsten zwei Jahren lehnt die F.D.P. ab, weil ein solcher Eingriff unsystematisch und willkürlich ist. Auch die Einführung eines Zwangssparens und einer Mindestrente lehnt die F.D.P. ab. So wichtig es ist, das private Sparen für das Alter steuerlich zu unterstützen, so falsch ist es, staatlichen Zwang auszuüben.
  6. Liberale sind zum Konsens bereit

Die demographische Entwicklung erzwingt Reformen im System der Rentenversicherung sowie mehr private und betriebliche Alterssicherung im Wege der Kapitaldeckung. Der internationale Vergleich des deutschen Rentensystems zeigt, dass die aktive Generation in Deutschland überproportional zur Versorgung der älteren Generation herangezogen wird. Fast alle Länder um uns herum haben die Weichen in Richtung Reform des Umlageverfahrens und mehr Kapitaldeckung bereits gestellt. Deutschland ist hier Nachzügler und muss möglichst schnell folgen. Die F.D.P. ist bereit, in einem Rentenkonsens, der dem Erreichen dieser Ziele dient, vermittelnd mitzuwirken.

Monika Balt, PDS
Monika Balt, PDS

Vorschläge der Regierung sind nicht akzeptabel

Die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme ist in aller Munde, vor allem die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung. Das folgt aus dem in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebenen Beschluss, noch im Jahr 1999 eine große Rentenreform auf den Weg zu bringen.

Sparpaket schmälert die Rentenkasse

Die Vorschläge der Bundesregierung, die Rentenanpassungen in den Jahren 2000 und 2001 jeweils nach den Inflationsraten des Vorjahres vorzunehmen, sind nicht akzeptabel. Sie haben rentenpolitisch keine systematische Begründung, öffnen daher weiteren Willkürmaßnahmen Tür und Tor. Außerdem können die vorgeschlagenen Anpassungssätze die reale Einkommensposition der Rentner/innen in den Jahren 2000 und 2001 nicht sichern.

Durch das so genannte Sparpaket werden der Rentenversicherung Einnahmen entzogen:

Die PDS lehnt diese Verknüpfung von Sparpaket und Rentenreform ab. Grundsätzlicher Ausgangspunkt der PDS ist, dass das künftige "Rentenmodell" auf den Prinzipien der Solidarität und einer sozial gerechten Lastenverteilung zu beruhen hat. Ich vertrete die Auffassung, dass die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung, was die Finanzierung durch Beiträge betrifft, auch in Zukunft nicht im Wege der Kapitaldeckung, sondern im Umlageverfahren gedeckt werden. Eine Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege der Kapitaldeckung würde wegen des exorbitanten Umfangs des notwendigen Versicherungskapitals Anlagerisiken zur Folge haben, die politisch nicht verantwortet werden können. Gleichzeitig ist die Umlagefinanzierung auf die gesetzliche Rentenpflichtversicherung zu beschränken.

Des Weiteren muss sich die gesetzliche Rentenversicherung nicht nach Grundsätzen des Bedarfsdeckungsprinzips, sondern nach einem modifizierten Äquivalenzprinzips organisieren. Dies bedeutet, dass einem Mehr an Beiträgen grundsätzlich ein Mehr an Leistungen gegenüberstehen soll. Eine Proportionalität von Leistung und Gegenleistung ist jedoch nicht anzustreben, weil im System der gesetzlichen Rentenversicherung soziale Benachteiligungen auch künftig solidarisch ausgeglichen werden sollen.

Auch in Zukunft sollten die Aufwendungen der Rentenpflichtversicherung sowohl aus Beiträgen als auch aus Steuermitteln gedeckt werden. Dabei soll der Anteil der Steuerfinanzierung insbesondere dann zunehmen, wenn sich die Relation zwischen der Zahl der Beitragszahler/innen und der Zahl der Leistungsempfänger/innen zulasten der Beitragszahler/innen verschlechtert.

Arbeitslosigkeit ist die größte Bedrohung

Weniger die demographische Entwick-lung, sondern vielmehr die andauernde hohe Arbeitslosigkeit ist die größte finanzielle Bedrohung der Rentenversicherung. Wir meinen, die Wertschöpfung als neue Bemessungsgrundlage für die Beitragsanteile der Arbeitgeber zöge die Unternehmen entsprechend ihrer Leistungskraft zur Finanzierung der Sozialversicherung heran. Das offensichtlich notwendige höhere Beitragsaufkommen der gesetzlichen Renten- versicherung würde sozial gerechter erhoben: Arbeitsintensive Betriebe wären relativ zu entlasten, kapitalintensivere Betriebe wären absolut höher zu belasten. Ein größeres Fundament der gesetzlichen Rentenversicherung böte vielfältige Chancen, die solidarische, beitrags- und leistungsbezogene Rente nicht nur zu halten, sondern sie auch armutsfester, gerechter und attraktiver zu machen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/1999/bp9908/9908068a
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