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April 04/2001
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ERSTE LESUNG DES BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZES

Bundesregierung will die Bildung von Betriebsräten erleichtern

(as) Das Wahlrecht in Unternehmen soll entbürokratisiert werden, um die Bildung von Betriebsräten zu erleichtern. In dem von der Bundesregierung anlässlich der ersten Lesung am 5. April vorgelegten Entwurf zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (14/5741) heißt es weiter, eine verlässliche und tragfähige Organisationsgrundlage für den Betriebsrat solle durch eine Kombination aus gesetzlichen und vertraglichen Lösungen geschaffen werden.

In Zukunft soll die Bildung von Betriebsräten auch unternehmensübergreifend möglich sein. Des Weiteren tritt die Regierung dafür ein, auch Leiharbeitnehmer und in Telearbeit Beschäftigte in die Betriebsverfassung einzubeziehen. Ziel des Entwurfs ist es den Angaben zufolge außerdem, die Arbeitsbedingungen des Betriebsrates zu modernisieren. Dies müsse insbesondere durch moderne Techniken und Delegation von Beteiligungsrechten durch den Betriebsrat an Arbeitsgruppen geschehen.

Die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte sollen insbesondere bei Qualifikation und Beschäftigungssicherung gestärkt und die Aufgaben des Betriebsrates im Bereich des Umweltschutzes ausgedehnt werden. Die Regierung plant ferner, den Einzelnen stärker in die Arbeit des Betriebsrates einzubeziehen. Zudem soll der Betriebsrat mehr Möglichkeiten zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern erhalten. Zu den weiteren Vorhaben der Exekutive zählt es, die Jugend- und Ausbildungsvertretung zu stärken und die Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb zu verbessern.

Erste Reform seit 1972

Zur Erläuterung heißt es in dem Gesetzentwurf, das Betriebsverfassungsgesetz aus dem Jahre 1972 sei seit fast drei Jahrzehnten im Wesentlichen unverändert. Die Reform solle die betriebliche Mitbestimmung im Interesse der Beteiligung und Motivation der Arbeitnehmer stärken sowie für Arbeitgeber und Betriebsräte wieder eine zukunftsfähige Grundlage für ihre Zusammenarbeit schaffen. Tief greifende Veränderungen der Arbeits- und Wirtschaftswelt begründeten den Reformbedarf. Die organisationsrechtlichen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes müssten angepasst werden. Diese Entwicklung sowie das komplizierte Wahlrecht seien Gründe dafür, dass die Zahl der Betriebsräte zurückgegangen sei, schreibt die Regierung. Außerdem sei die Stammbelegschaft insbesondere durch Leitarbeitnehmer parziell ersetzt worden, so dass die Erosion der betrieblichen Mitbestimmung weiter zunehme.

Beschäftigung berücksichtigen

Die Beschäftigungssicherung und -gewinnung soll in den Katalog der allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates aufgenommen werden. Die CDU/CSU schreibt in ihrem Antrag (14/5753) zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit und betrieblicher Umstrukturierungen gewinne die Beschäftigungssicherung in der betrieblichen Praxis an Bedeutung. Nach dem Willen der Union soll der Betriebsrat außerdem in Fragen der beruflichen Bildung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Betrieben mit mehr als 300 Arbeitnehmern ein echtes Mitbestimmungsrecht bekommen, soweit dies für den Arbeitgeber nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Weiter heißt es, die organisatorischen Rahmenbedingungen des geltenden Betriebsverfassungsgesetzes hätten sich in der Praxis demgegenüber als zu eng erwiesen. Es sollte daher die Möglichkeit geschaffen werden, tarifvertragliche und betriebliche Vereinbarungen über Struktur und Arbeitsweise der Mitbestimmungsorgane abzuschließen. Damit könne flexibel auf unternehmensspezifische Besonderheiten reagiert werden.

Des Weiteren fordern die Parlamentarier, die Betriebsratsarbeit zu modernisieren. Da viele Arbeitnehmer auf eine reguläre Tätigkeit im Betrieb nicht verzichten wollten, müsse der Anspruch auf Teilfreistellungen bei unveränderten Schwellenwerten gesetzlich fixiert werden. Damit könne die Betriebsratsarbeit mit der beruflichen Tätigkeit verzahnt werden. Die Wettbewerbsfähigkeit müsse gefördert werden, indem die Umsetzung von unternehmerischen Entscheidungen mit Betriebsratsbeteiligung in wirtschaftlich vertretbaren Zeiträumen ermöglicht wird.

Die Parlamentarier erläutern in ihrer Initiative, die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes müsse die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten der Beschäftigten auch in der globalisierten Wirtschaft sichern und dem Zusammenwachsen in den europäischen Wirtschaftsraum Rechnung tragen. Sie müsse sich entsprechend den Bedürfnissen der betrieblichen Praxis weiter entwickeln. Diese Ziele können mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zum Betriebsverfassungsgesetz nach Auffassung der Union nicht erreicht werden. Er sei undemokratisch, bürokratisch, mittelstandsfeindlich, unflexibel und kostentreibend.

Betriebsrat ab 20 Mitarbeitern

In Zukunft soll es erst in Unternehmen ab 20 Beschäftigten möglich sein, einen Betriebsrat zu bilden. Dies fordert die Fraktion der F.D.P. in einem weiteren Antrag (14/5764). Des Weiteren wollen die Abgeordneten für die Betriebsratbildung ein Wahlquorum von mehr als 50 Prozent der wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Bedingung machen. Auch will die Fraktion die Anzahl der Mitglieder im Betriebsrat reduzieren, so dass in Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern die Arbeitnehmervertretung aus einem Mitglied besteht und in Betrieben bis zu 150 zwei Betriebsräte vorhanden sind. Betriebsräte sollen nach dem Willen der Liberalen erst dann freigestellt werden können, wenn ein Unternehmer mehr als 500 Beschäftigte hat.

Die Abgeordneten erläutern, nach fast 30 Jahren sei es nötig, die betriebliche Mitbestimmung zu modernisieren, damit sie der Entwicklung zu mehr Individualisierung, Flexibilisierung, Entbürokratisierung und Betriebsautonomie Rechnung tragen könne. Insbesondere seien die Verfahren und Regelungen der betrieblichen Mitbestimmung an die Leistungsfähigkeit kleinerer und mittlerer Betriebe anzupassen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2001/bp0104/0104025
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