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05/2002
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DREI ANTRÄGE DER FRAKTIONEN ZUM EU-KONVENT

Europa demokratischer organisieren und Zuständigkeiten stärker abgrenzen

(eu) Die Etablierung eines EU-Konvents zur Vorbereitung einer europäischen Verfassung vom 28. Februar haben die Fraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, der FDP sowie der PDS zum Anlass genommen, um ihre Vorstellungen über die Aufgabenstellung des Konvents und die Zukunft Europas in drei Anträgen (14/9047, 14/9044 und14/9046) darzulegen. Die Anträge wurden am 16. Mai an den Europaausschuss überwiesen.

Nach Auffassung der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/9047) muss sich der Europäische Verfassungskonvent auf drei Reformprioritäten konzentrieren: auf eine stärkere Demokratisierung, auf eine Reform der europäischen Institutionen, bei der die Ausübung von Macht demokratischer, transparenter und effizienter organisiert wird, und letztlich auf eine klare Aufgabenzuweisung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten.

Wendepunkt der Geschichte

Wie sie in ihrem Antrag erklären, steht die EU 50 Jahre nach ihrer Gründung an einem entscheidenden Wendepunkt in ihrer Geschichte. So sei die Einigung Europas und damit die endgültige Überwindung der künstlichen Teilung des Kontinents als Folge des Zweiten Weltkriegs in greifbare Nähe gerückt. Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen soll die Zivilgesellschaft unterstützt und an einer breit angelegten Debatte über die Zukunft der EU und ihrer Verfassung beteiligt werden. Damit die neue EU-Verfassung auch von den Bürgern als dauerhaftes Fundament der Europäischen Union akzeptiert wird, sollen diese per Volksentscheid über die Annahme der Europäischen Verfassung entscheiden. Die Abgeordneten fordern auch den Konvent dazu auf, sich in seinem Abschlussdokument über eine entsprechende Einbeziehung der Bürger Europas zu äußern. Ferner begrüßen sie die Einrichtung des Forums der Zivilgesellschaft und die Einberufung eines Jugendkonvents als wichtige Schritte, durch die die Bürgerinnen und Bürger ihre Vorstellungen in die Verfassungsgebung einfließen lassen können.

In ähnlicher Weise spricht sich auch die PDS-Fraktion in einem Antrag (14/9046) dafür aus, dass die EU mittels Referendum über die Annahme der Verfassung abstimmen lässt. Sie bringt ihre Erwartung zum Ausdruck, dass bereits vergemeinschaftete Politikbereiche nicht renationalisiert oder regionalisiert werden. Ferner dringen die Abgeordneten darauf, dass der Konvent einen einheitlichen Text zur Vertragsreform als Ergebnis seiner Tätigkeit vorlegt und er das Gremium bleibt, in dem die Vorschläge für die Reform der EU diskutiert und ausgearbeitet werden. Auch soll nach dem Willen der PDS die anschließend tagende Regierungskonferenz den demokratisch und öffentlich erarbeiteten Vorschlag des Konvents nicht einseitig abändern.

Für ein solidarisches Europa

Ihr Bedauern spricht die PDS darüber aus, dass lediglich fünf Frauen Mitglieder des Konvents sind. Die Fraktion hält eine paritätische Besetzung dieses Gremiums für erforderlich. Aus ihrer Sicht geht es auch darum, dass die verlorene politische Handlungsfähigkeit der Europäischen Union gegenüber der neoliberalen Globalisierungsstrategie zurückzugewinnen ist. Insofern setzen sich die Abgeordneten mit Blick auf den Verfassungstext für ein solidarisches, demokratisches und ziviles Europa ein. Weitere Prioritäten beim Verfassungsgebungsprozess sollten nach Ansicht der PDS eine Friedens- und Antifaschismusklausel, ein sozialer Gemeinschaftsauftrag für die Institutionen der EU, die Finanzhoheit für die Europäische Union sowie die Festschreibung des Prinzips der Gewaltenteilung in der EU sein.

Die FDP setzt sich in ihrer Initiative (14/9044) dafür ein, dass das Europäische Parlament mit vollen parlamentarischen Rechten, insbesondere der vollen Budgethoheit und umfassenden Mitentscheidungsrechten in allen Rechtsetzungsbereichen, ausgestattet wird. Außerdem sei von ihm der Kommissionspräsident zu wählen.

Flexibler Rahmen

Auch dringt sie darauf, in den Text für eine europäische Verfassung Abgrenzungen der Zuständigkeiten zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten sowie den europäischen Institutionen untereinander aufzunehmen. In diesem Zusammenhang plädiert die Fraktion dafür, die Zuständigkeiten nicht in Form eines "enumerativen Kompetenzkatalogs" zu ordnen, sondern einen flexiblen Rahmen der Kompetenzzuordnung festzulegen. Des Weiteren spricht sie sich für eine Beibehaltung des Subsidiaritätsprinzips aus. Über die Einhaltung dieses Grundsatzes sollten die Gerichte wachen.

Im Weiteren zeigen sich die Parlamentarier davon überzeugt, dass zur Handlungsfähigkeit der Europäischen Union eine Mehrheitsabstimmung im Rat eingeführt werden muss. Auch für neue flexiblere Formen der EU-Präsidentschaft spricht sie sich aus. Insbesondere der Europäische Rat sei von der Fülle der in den Ministerräten ungelösten Detailfragen zu entlasten. Wie die Liberalen weiter darlegen, habe sich der Allgemeine Rat wieder auf seine Koordinierungsaufgaben zu konzentrieren. Auch sehen sie Bedarf für eine starke, schlanke Kommission, damit diese die Aufgaben einer europäischen Exekutive übernehmen könne.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2002/bp0205/0205057a
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