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Axel Hofmann, dpa
Bagdad sucht den Superstar
Radio aus Berlin für den Irak
Im Irak gibt es nur zwei Gruppen von Radiosendern", erzählt
Klaas Glenewinkel von "Telephone FM": Auslandssender wie BBC World
und zahlreiche Stationen, die von politischen und religiösen
Gruppen betrieben werden. Doch gerade diese ideologisch motivierten
Programme senden an den Interessen der irakischen Jugend vorbei,
wie er feststellen musste, als er im Sommer 2003 einen Freund in
Bagdad besuchte. Damals entstand der Traum, einen eigenen
Radiosender aufzubauen - jetzt wird er Realität: Am 10. Juli
geht "Telephone FM" auf Sendung.
"Mittelfristig geht es um den Aufbau einer Station vor Ort",
erklärt Anja Wollenberg, die nach verschiedenen
Medien-Projekten gemeinsam mit Glenewinkel "Telephone FM" an den
Start gebracht hat. Vorerst kommt das arabischsprachige Programm
aber aus einem kleinen Studio in Berlin, denn das Auswärtige
Amt, das den Sender mit 83.000 Euro unterstützt, hatte sich
aus Sicherheitsbedenken gegen einen Sendebetrieb in Bagdad
ausgesprochen.
Deswegen werden die Sendungen jetzt in Berlin vorproduziert, per
MP3 über das Internet nach Bagdad geschickt und dort jeden
Nachmittag für 90 Minuten auf der Frequenz des örtlichen
Privatsenders "Hot FM" ausgestrahlt. Diese Station ist allerdings
nur im Raum Bagdad zu empfangen. Man sei zwar noch mit einem Sender
in Basra im Gespräch, sagte Glenewinkel am 29. Juni in Berlin,
aber alle Nicht-Bagdader könnten die Sendungen über das
Internet anhören.
Gefährdete Moderatoren
Obwohl aus Berlin gesendet wird, kommen die Moderatoren aus dem
Irak. Zwei Männer und eine Frau waren vor Ort "gecastet"
worden und hatten vor allem zwei Bedingungen zu erfüllen: Sie
mussten Radioerfahrung nachweisen und - um die jugendliche
Zielgruppe anzusprechen - unter 30 sein. Seit zwei Wochen seien die
Moderatoren schon in Berlin, doch von Fernsehkameras und Fotografen
halte man sie auf eigenen Wunsch fern, erzählte Glenewinkel.
Wegen ihrer Zusammenarbeit mit Deutschland könnte es für
sie "gefährlich" werden, wenn sie wieder in der Irak
zurückkehren und dort erkannt werden.
Vor Ort ist derzeit lediglich ein freier Mitarbeiter unterwegs,
der per Handy Kontakt nach Berlin hält und auf der Suche nach
Gesprächspartnern ist. Telefoninterviews mit jungen Irakern
sollen einen Großteil der Sendezeit füllen - daher auch
der Name "Telephone FM". Durch diese Gespräche wolle man "die
Vielfalt aufzeigen, wie man Dinge machen und denken kann",
beschreibt Wollenberg das selbstgesteckte Ziel. Doch da es sich um
einen Jugendsender handelt, darf auch die Musik nicht zu kurz
kommen. Geplant ist eine Mischung aus arabischer Musik und
westlichem Mainstream, und die Bagdader Heavy-Metal-Szene soll
ebenso vertreten sein wie die zahlreichen irakischen DJ's. Auch
eine Sendung namens "Bagdad sucht den Superstar" steht auf dem
Programm. Per Internet-Voting können die Hörer wie in
einer klassischen Chart- Show den Song des Tages und den Hit der
Woche bestimmen.
Vorerst ist "Telephone FM" aber nur ein sechswöchiges
Pilotprojekt. Da der Werbemarkt in Bagdad noch begrenzt ist, werde
man nach dieser Zeit weiter auf öffentliche Förderung
angewiesen sein, musste Glenewinkel einräumen. Noch ist
unklar, ob das Auswärtige Amt weiter finanzielle Mittel
für das ambitionierte Vorhaben zuschießt oder ob die
Friedrich-Ebert- Stiftung aushilft, die das Projekt derzeit
ebenfalls unterstützt. Aber zunächst einmal will
Glenewinkel seine Station zu einem Erfolg machen: "Wir hoffen, dass
der Irak mit diesem Radiosender besser ist als ohne ihn."
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