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Das Parlament
Nr. 28 / 05.07.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Axel Hofmann, dpa

Bagdad sucht den Superstar

Radio aus Berlin für den Irak

Im Irak gibt es nur zwei Gruppen von Radiosendern", erzählt Klaas Glenewinkel von "Telephone FM": Auslandssender wie BBC World und zahlreiche Stationen, die von politischen und religiösen Gruppen betrieben werden. Doch gerade diese ideologisch motivierten Programme senden an den Interessen der irakischen Jugend vorbei, wie er feststellen musste, als er im Sommer 2003 einen Freund in Bagdad besuchte. Damals entstand der Traum, einen eigenen Radiosender aufzubauen - jetzt wird er Realität: Am 10. Juli geht "Telephone FM" auf Sendung.

"Mittelfristig geht es um den Aufbau einer Station vor Ort", erklärt Anja Wollenberg, die nach verschiedenen Medien-Projekten gemeinsam mit Glenewinkel "Telephone FM" an den Start gebracht hat. Vorerst kommt das arabischsprachige Programm aber aus einem kleinen Studio in Berlin, denn das Auswärtige Amt, das den Sender mit 83.000 Euro unterstützt, hatte sich aus Sicherheitsbedenken gegen einen Sendebetrieb in Bagdad ausgesprochen.

Deswegen werden die Sendungen jetzt in Berlin vorproduziert, per MP3 über das Internet nach Bagdad geschickt und dort jeden Nachmittag für 90 Minuten auf der Frequenz des örtlichen Privatsenders "Hot FM" ausgestrahlt. Diese Station ist allerdings nur im Raum Bagdad zu empfangen. Man sei zwar noch mit einem Sender in Basra im Gespräch, sagte Glenewinkel am 29. Juni in Berlin, aber alle Nicht-Bagdader könnten die Sendungen über das Internet anhören.

Gefährdete Moderatoren

Obwohl aus Berlin gesendet wird, kommen die Moderatoren aus dem Irak. Zwei Männer und eine Frau waren vor Ort "gecastet" worden und hatten vor allem zwei Bedingungen zu erfüllen: Sie mussten Radioerfahrung nachweisen und - um die jugendliche Zielgruppe anzusprechen - unter 30 sein. Seit zwei Wochen seien die Moderatoren schon in Berlin, doch von Fernsehkameras und Fotografen halte man sie auf eigenen Wunsch fern, erzählte Glenewinkel. Wegen ihrer Zusammenarbeit mit Deutschland könnte es für sie "gefährlich" werden, wenn sie wieder in der Irak zurückkehren und dort erkannt werden.

Vor Ort ist derzeit lediglich ein freier Mitarbeiter unterwegs, der per Handy Kontakt nach Berlin hält und auf der Suche nach Gesprächspartnern ist. Telefoninterviews mit jungen Irakern sollen einen Großteil der Sendezeit füllen - daher auch der Name "Telephone FM". Durch diese Gespräche wolle man "die Vielfalt aufzeigen, wie man Dinge machen und denken kann", beschreibt Wollenberg das selbstgesteckte Ziel. Doch da es sich um einen Jugendsender handelt, darf auch die Musik nicht zu kurz kommen. Geplant ist eine Mischung aus arabischer Musik und westlichem Mainstream, und die Bagdader Heavy-Metal-Szene soll ebenso vertreten sein wie die zahlreichen irakischen DJ's. Auch eine Sendung namens "Bagdad sucht den Superstar" steht auf dem Programm. Per Internet-Voting können die Hörer wie in einer klassischen Chart- Show den Song des Tages und den Hit der Woche bestimmen.

Vorerst ist "Telephone FM" aber nur ein sechswöchiges Pilotprojekt. Da der Werbemarkt in Bagdad noch begrenzt ist, werde man nach dieser Zeit weiter auf öffentliche Förderung angewiesen sein, musste Glenewinkel einräumen. Noch ist unklar, ob das Auswärtige Amt weiter finanzielle Mittel für das ambitionierte Vorhaben zuschießt oder ob die Friedrich-Ebert- Stiftung aushilft, die das Projekt derzeit ebenfalls unterstützt. Aber zunächst einmal will Glenewinkel seine Station zu einem Erfolg machen: "Wir hoffen, dass der Irak mit diesem Radiosender besser ist als ohne ihn."

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