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Keyvan Dahesch
Das Internet ist nicht grenzenlos
Online-Zeitungen enthalten viele Barrieren
für behinderte Menschen
Wie gut können Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen
die Internetseiten der Behörden, Firmen und Medien nutzen?
Seit zwei Jahren beschäftigt sich das vom
Bundessozialministerium geförderte Projekt "Barrierefrei
Informieren und Kommunizieren (BIK)" mit dieser Frage. Dabei
prüfen Fachleute mit und ohne Behinderungen die Webseiten und
beraten nach international einschlägigen Richtlinien die
Webdesigner bei der Beseitigung von Hindernissen. In April und Mai
testeten die BIK-Experten die Internetangebote von 14 großen
Tageszeitungen und Nachrichtenmagazinen.
Die Ergebnisse sind enttäuschend. "Nur wenige Angebote
sorgen dafür, dass sie für alle zugänglich sind",
lautet das Fazit. Geprüft wurden sieben überregionale
Tageszeitungen, zwei Wirtschaftszeitungen, drei Magazine und zwei
Zeitungen aus den deutschsprachigen Nachbarländern. Als Basis
des Testverfahrens diente die BITV, die für Webauftritte des
Bundes verbindliche Verordnung zur Barrierefreiheit. Danach ist
keiner der untersuchten Webauftritte befriedigend. Der "Stern" ist
nah an dieser Grenze, alle anderen liegen deutlich darunter. Doch
da die BITV-Anforderungen zum Teil recht hoch seien, "sind die
relativ gut bewerteten Webauftritte sehr viel besser
zugänglich als die Kandidaten im unteren Bereich des
Testfeldes", heißt es im Bericht.
Mit 84,5 von 100 erreichbaren Punkten hat der "Stern" nur knapp
ein befriedigendes Gesamtergebnis verfehlt und ist dennoch Sieger
geworden. Der Abstand zur zweitplatzierten "Frankfurter Rundschau"
(FR), die 79,5 Punkte bekam, ist deutlich. Dem Webauftritt des
"Stern" liegt ein modernes, standardorientiertes Design zugrunde.
Inhalt und Layout sind durchgängig voneinander geschieden, die
Gestaltung lässt sich so leicht ändern und an
individuelle Bedürfnisse anpassen. Das kommt auch behinderten
Besuchern zugute. Blinde Besucher können FR Online gut nutzen.
Grafische Bedienelemente und andere informative Grafiken sind mit
Alternativtexten versehen, die Seiten können auch gut mit der
Tastatur bedient werden. Kontraste sind in Ordnung, Grafiken
können vor wechselnden Hintergründen wahrgenommen werden.
Auch auf den Einsatz von für Sehbehinderte problematischen
Schriftgrafiken wird verzichtet. Auf dem dritten Platz folgt mit 79
Punkten die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ). Hier sind
Alternativtexte vorhanden, die Seiten können gut mit der
Tastatur bedient werden. Kontraste sind in Ordnung, Grafiken
können vor wechselnden Hintergründen wahrgenommen werden.
"Die drei ausgezeichneten Angebote sind zwar nicht frei von
Mängeln. Gut abgeschnitten haben sie aber im Vergleich mit den
Publikationen im unteren Bereich der Ergebnisliste", sagt
BIK-Koordinator Karsten Warnke und fährt fort: "Da finden sich
Webangebote, die nicht nur aus Sicht der anspruchsvollen BITV
erhebliche Mängel aufweisen. Behinderte Besucher stoßen
auf nicht zu überwindende Hindernisse."
In Sachen Standardorientierung sind fast alle Webauftritte
schlecht. Nur der "Stern" trennt Inhalt und Layout,
Strukturelemente für Überschriften und Listen werden nur
sehr eingeschränkt verwendet, Sprachwechsel werden nicht
ausgezeichnet, dafür fast überall veraltete Elemente.
Für blinde Benutzer oder für Benutzer von einfachen
Textbrowsern sind Grafiken nicht zugänglich. Auch für den
PDA (Personal Digital Assistent) oder ähnliche Geräte mit
sehr kleinem Bildschirm sind Grafiken problematisch. Die Seiten
sollen also auch ohne Bilder zu nutzen sein. Die Bedeutung von
Bildern und grafischen Bedienelementen soll klar sein. Dafür
wird der Alternativtext gebraucht. Er soll die Grafik ersetzen.
Alternativtexte für informative Grafiken sind bei FR Online
und NZZ vorhanden. Bei allen anderen fehlen sie oder werden
für Zusatzinfos zum Bild zweckentfremdet. Besucher, die mit
Bildern nichts anfangen können, werden nicht oder schlecht
unterstützt. Ein ebenso trauriges Kapitel sei - so das Urteil
der Tester - der Einsatz von leeren Alt-Attributen für
Layoutgrafiken. "Nur Stern und FR Online erfüllen diese
für die praktische Nutzung wichtige Anforderung ohne
Einschränkung."
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