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Das Parlament
Nr. 35-36 / 23.08.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Astrid Pawassar

Die Bundespolitik bestimmt den Wahlkampf

Sachsen wählt einen neuen Landtag

Völlig gelassen kann in Sachsen eigentlich nur die PDS in den Wahlkampf ziehen. Während sich die Presse mit der Frage beschäftigt, ob Spitzenkandidat Peter Porsch tatsächlich "IM Christoph" war, laufen enttäuschte Menschen zu Tausenden bei den Demonstrationszügen gegen die Hartz IV-Gesetze mit. Nicht nur den eingefleischten PDS-Wählern scheint egal zu sein, ob der plaudernde Professor zu DDR-Zeiten mit oder ohne Stasi-Verpflichtungserklärung Schriftsteller und Westjournalisten in Gefahr gebracht hat. Das alles überlagernde Thema ist auch in Sachsen die befürchtete soziale Schieflage durch die Reformpolitik der Bundesregierung. "Sozial, mit aller Kraft" lautet denn auch ein Wahlkampfslogan der Sozialisten. 25 Prozent der Stimmen könnte die PDS nach den jüngsten Umfragen bei der Landtagswahl am 19. September bekommen. Was sie damit anfangen kann?

Nicht viel, denn ihr potentieller Juniorpartner muss verzweifelt gegen den Abstieg in die Einstelligkeit ankämpfen. Zehn wackelige Prozentpunkte wären derzeit noch für die mehrfach gebeutelte SPD drin. Mit der ungewöhnlichen Wortschöpfung "Sachsengerecht" versucht sie nun, gegen die alles überlagernde Hartz-Verdrossenheit mit landespolitischen Themen wie dem Erhalt von Kita-Plätzen Wahlkampf zu machen. Gleichwohl sieht ihr Spitzenkandidat, Thomas Jurk, auch in der Forderung nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer und Verbesserungsvorschlägen für das Arbeitslosengeld II eine Möglichkeit, beim Wähler zu punkten.

Hartz IV beutelt aber auch die erfolgsverwöhnten Christdemokraten im Freistaat. Ministerpräsident Georg Milbradt muss nun dauernd erklären, wann er welchen Aspekten des Reformversuchs im Bundesrat zugestimmt hat und dass er nun keine arbeitsmarktfördernden Elemente mehr erkennen kann und deshalb für eine Verschiebung des ganzen Unternehmens ist. Sah es im Frühjahr noch so aus, als könne die Sachsen-Union nahezu ohne Verluste an frühere Erfolge unter Kurt Biedenkopf anknüpfen, so muss sie mittlerweile Umfragewerte zur Kenntnis nehmen, die ihr nur noch 45 Prozent der Wählerstimmen in Aussicht stellen. Rückwirkend werden nun die Stimmenverluste für die CDU bei den diesjährigen Kommunal- und Kreistagswahlen als Menetekel gewertet.

Sollte die CDU nach dieser Landtagswahl erstmals auf einen Koalitionspartner angewiesen sein, so steht ein früherer Wunschpartner nicht zur Verfügung. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Antje Hermenau, hat sich gegen eine Zusammenarbeit mit dem "Schwarzen Filz" ausgesprochen.

Die Grünen können sich inzwischen, genauso wie die FDP, Hoffnung auf den Wiedereinzug in den Sächsischen Landtag machen. Beide kleinen Parteien liegen momentan bei sechs Prozent, wobei die Grünen eher auch bei potentiellen PDS-Wählern Stimmen abziehen könnten, sollte sich der Eindruck verfestigen, dass der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde diesmal gelingen kann.

Die Furcht vor Wahlerfolgen der NPD treibt - angesichts der Aufregung um Hartz IV - alle Parteien um, obwohl die NPD zur Zeit nur zwei Prozent der Stimmen bekäme; allerdings könnte aus dem Lager der kleineren Gruppierungen (sechs Prozent laut Umfrage) noch Wählerpotential dorthin überlaufen. Das beste Rezept gegen den Vormarsch extremer Gruppen ist bekanntlich eine hohe Wahlbeteiligung. Und so eint am Ende die viel kritisierte Bundespolitik die sächsischen Parteien in dem Bemühen, gegen den Trend der letzten Jahre eine hohe Wählermobilisierung zu erreichen. So gesehen dürfte dieser Landtagswahlkampf weitaus spannender werden, als die zurückliegenden.

Astrid Pawassar

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