Deutscher Bundestag
English    | Français   
 |  Home  |  Sitemap  |  Kontakt  |  Fragen/FAQ
Druckversion  |       
Startseite > PARLAMENT > Interparlamentarische Gremien > Parlamentarische Versammlung des Europarates >
15. Wahlperiode
[ Übersicht ]   [ weiter ]

Grußwort des Delegationsleiters

Rudolf Bindig, SPD Rudolf Bindig, SPD, Delegationsleiter der Parlamentarischen Versammlung des Europarats

Vor mehr als 50 Jahren, am 5. Mai 1949, haben in London zehn Staaten den Europarat gegründet. Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1950 zunächst als assoziiertes, 1951 als Vollmitglied aufgenommen. Diese Entscheidung war damals in der deutschen Öffentlichkeit nicht unumstritten. Einige fürchteten, die Mitgliedschaft im Europarat könnte die Einheit Deutschlands erschweren. Der Eintritt in den Europarat – der erste Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu einer internationalen politischen Organisation nach dem Zweiten Weltkrieg – machte aber den Weg frei für die verantwortliche Mitwirkung und Einbindung der Bundesrepublik bei der politischen Gestaltung eines freiheitlichen und demokratischen Europas. Der Europarat ist heute eine gesamteuropäische Organisation mit 46 Mitgliedstaaten, die nicht nur durch gemeinsame Werte, sondern auch durch ein eigenes Vertragsnetz miteinander verbunden sind. Voraussetzung für die Mitgliedschaft eines Landes im Europarat sind die Zeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Beitritt zu weiteren wichtigen europäischen Übereinkommen, wie z.B. das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ("Antifolterkonvention").

Als "Motor" des Europarates gilt häufig die Parlamentarische Versammlung, in der insgesamt 315 Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten der Mitgliedsländer (zwischen 2 und 18 Vertreter pro Land, je nach Bevölkerungszahl) ein Spiegelbild der europäischen Demokratien sind. Die Mitglieder der deutschen Delegation vertreten als Bundestagsabgeordnete zugleich das deutsche Volk im "Forum der Nation", dem Deutschen Bundestag in Berlin, wie auch in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg. Im Plenarsaal in Straßburg sitzen wir in alphabetischer Reihenfolge nebeneinander, also nicht nach Länderdelegationen oder politischen Gruppen geordnet. Die Fraktionen spielen jedoch auch dort eine wichtige Rolle für die politische Willensbildung. In der Versammlung gibt es bislang fünf Fraktionen: die Sozialistische bzw. Sozialdemokratische Gruppe (SOC), die Gruppe der Europäischen Volkspartei (EVP), die Europäische Demokratische Gruppe bzw. die Konservativen (EDG), die Gruppe der Liberalen, Demokraten und Reformer und die Gruppe der Vereinigten Europäischen Linken (UEL). Einige Abgeordnete sind fraktionslos.

Auf der Tagesordnung unserer Plenarsitzungen in Straßburg stehen Debatten über europäische und internationale Ereignisse und ganz allgemein über Angelegenheiten, die europaweites Handeln erfordern. Die von uns verabschiedeten Texte geben dem Ministerkomitee, den nationalen Regierungen, Parlamenten und politischen Parteien wichtige Orientierungshilfen. Unsere Initiativen haben auch zu einer Reihe von europäischen Übereinkommen geführt. Das Protokoll Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention betreffend die Abschaffung der Todesstrafe ist übrigens eines der Ergebnisse von Initiativen unserer Versammlung. Konventionsentwürfe werden vor ihrer Annahme durch das Ministerkomitee grundsätzlich der Versammlung zur Stellungnahme vorgelegt. Die Versammlung ist aber auch ein Diskussionsforum für andere internationale Organisationen, wie z.B. die OECD, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder die Europäische Weltraumagentur.

Über die eigentliche parlamentarische Arbeit hinaus hat die Versammlung auch die Aufgabe, den Generalsekretär des Europarates und seinen Stellvertreter zu wählen sowie den Menschenrechtskommissar des Europarates und die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Letzteres ist kein bloßes "Absegnen", sondern eine tatsächliche Überprüfung der nominierten Kandidaten: So hat die Versammlung z.B. in Bezug auf ein großes Mitgliedsland die "Wahl" eines Richters zunächst abgelehnt, weil entgegen den Bestimmungen nur ein Kandidat nominiert und dieser zur Anhörung mit den Parlamentariern nicht erschienen war. Das Amt konnte erst verspätet besetzt werden.

Unterschrift Rudolf Bindig

Rudolf Bindig (SPD)
Leiter der deutschen Delegation und
Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Quelle: http://www.bundestag.de/parlament/internat/europarat/gruss
Seitenanfang [TOP]
Druckversion Druckversion