Rechtsausschuss (Anhörung)
Berlin: (hib/HAU) Unterschiedlich bewerteten Experten und
Sachverständige den von der Bundesregierung vorgelegten
Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG
-15/1487). Dies wurde im Rahmen einer öffentlichen
Anhörung des Rechtsausschusses am Mittwochnachmittag deutlich.
Ziel des Entwurfes ist es, so die Bundesregierung, dem Verbraucher
den ihm gebührenden Stellenwert in einem modernen
Lauterkeitsrecht zu schaffen. Kernpunkte dabei sind neben dem
vorgesehenen Gewinnabschöpfungsanspruches für
Mehrerlöse, die durch unlautere Wettbewerbshandlungen erzielt
wurden, auch das generelle Verbot von Telefonwerbung. Des Weiteren
ist die Abschaffung der Regelungen über Schlussverkäufe
vorgesehen. Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der
Verbraucherzentralen kritisierte den Entwurf. Zwar seien einige
positive Punkte zu verzeichnen, insgesamt erfülle die Vorlage
ihre eigene Zielsetzung jedoch nicht. So werde an vielen Stellen
nur die ständige Rechtsprechung umgesetzt. Im Bereich der
"Lockvogelwerbung" bleibe man sogar hinter den bisherigen
Regelungen zurück. Positiv zu bewerten sei der
Gewinnabschöpfungsanspruch, der allerdings an so enge
Voraussetzungen gebunden sei, dass er in der Praxis kaum Wirkung
zeigen werde. Gegen diesen Anspruch wandte sich Walter Deuss von
der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe
des Einzelhandels nachdrücklich. Gerade in der derzeitigen
wirtschaftlich schwierigen Phase sei es "desaströs", durch das
Damoklesschwert eines möglichen
Gewinnabschöpfungsanspruches die Unternehmen in ihrem
Werbeverhalten zu hemmen. Auch sei der Anspruch wegen seines
Strafcharakters mit elementaren Rechtsgrundsätzen nicht zu
vereinbaren. Dem widersprach Professor Helmut Köhler von der
Universität München. Die Vorschrift habe keinen
Strafcharakter, sondern solle lediglich zu Unrecht erlangte
Vermögensvorteile "neutralisieren" und dadurch den Anreiz zur
vorsätzlichen Begehung von Wettbewerbsverstößen
nehmen. Die Änderung sei nötig, da das bisherige
Instrument des Unterlassungsanspruches lediglich die Fortsetzung
unlauterer Wettbewerbshandlungen verhindert habe. In der
Zwischenzeit erlangte Gewinne verblieben bisher beim Täter.
Dem solle der Gewinnabschöpfungsanspruch vorbeugen. Dieser
Ansicht schloss sich auch Professor Marian Paschke von der
Universität Hamburg an. Die Gewinnabschöpfung sei
ordnungspolitisch gerechtfertigt und wirtschaftspolitisch
unschädlich, da sie lediglich wettbewerbswidrige Vorteile
rechtswidrig handelnder Unternehmen betreffe. Es sei jedoch zu
überlegen, ob die betroffenen Unternehmen nicht zuvor noch mit
einer Abmahnung auf ihr rechtswidriges Handel hingewiesen werden
sollten.
Gegen ein generelles Verbot des Telefonmarketing sprach sich
Bernd Nauen vom Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft aus.
Dadurch sei ein praktischer Ausgleich zwischen dem Schutzanspruch
vor unerbetenen Anrufen und der Kommunikationsfreiheit von
Unternehmen nicht herbeizuführen. Das Anliegen, Eingriffe in
die Privatsphäre des Anschlussinhabers verhindern zu wollen,
erfordere kein Verbot des Telefonmarketings. Zustimmung erhielt er
von Stefan M. Knoll vom Deutschen Direktmarketing Verband, der dem
Gesetz außerdem eine "arbeitsmarktschädigende" Wirkung
prophezeite. Für Erhard Keller als Mitglied der Arbeitsgruppe
zur Reform des UWG rechtfertigen hingegen die "unzumutbaren"
Belästigungen der Verbraucher durch werbende Anrufe ein
grundsätzliches Verbot durchaus.