KARTELLAMTSPRÄSIDENT BÖGE
"Fusioniert würden E.on und Ruhrgas den Markt beherrschen"
(wi) Eine Mehrheitsbeteiligung des Energiekonzerns E.on AG an der Ruhrgas AG hätte zu einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Strom- und Gasmarkt geführt. Dies erklärte der Präsident des Bundeskartellamtes, Ulf Böge, am 23. Januar im Wirtschaftsausschuss. Seine Behörde habe beiden Unternehmen mitgeteilt, dass sie das Fusionsvorhaben aus diesem Grund nicht genehmigen könne.
Den Weg, die Untersagung zu verhindern, indem Auflagen erfüllt werden, hätten die Unternehmen nicht beschritten, so Böge. Es wäre auch kaum vorstellbar gewesen, wie das hätte "funktionieren sollen", meinte er. Ruhrgas habe in Deutschland einen Marktanteil von 58 Prozent, das sei eine marktbeherrschende Stellung.
Das Kartellamt hat nach den Worten Böges nicht nur eine regionale Marktbetrachtung angestellt. Nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wäre eine Genehmigung nicht möglich gewesen, betonte der Präsident. Argumente, die im Falle einer Ministererlaubnis (Genehmigung der Fusion durch Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers) eine Rolle spielen könnten, habe seine Behörde nicht zu berücksichtigen gehabt.
"Schwierige Abwägung"
Respekt vor der Entscheidung der Behörde bekundete die CDU/CSU-Fraktion. Kein Verständnis äußerte sie für das Bundeswirtschaftsministerium, welches den Eindruck erweckt habe, "es komme auf das Wettbewerbsrecht nicht an". Unter dem Gesichtspunkt des nationalen Marktes gebe es keine andere Lösung; unter internationalen Gesichtspunkten sei es ein schwieriger Abwägungsprozess. Die Fraktion lege größten Wert darauf, hieß es, dass die Monopolkommission zu dem Vorhaben Stellung nehmen kann. Die Gründe für eine Ministererlaubnis müssten "gewichtig" sein. Der Ausschuss solle politisch beteiligt werden, wenn die Sache "entscheidungsreif" sei. Dagegen plädierte die FDP dafür, dass der Ausschuss nicht "in das Verfahren hineindrängt", um neue Schwierigkeiten zu produzieren.
Bündnis 90/Die Grünen meinten, der Verbraucher hätte unter einer marktbeherrschenden Stellung gelitten. Niemand habe etwas dagegen, wenn sich E.on und Ruhrgas im europäischen Wettbewerb "aufstellten". Dies dürfe aber nicht zu einem zementierten Markt führen. Die PDS erklärte, sie halte nichts davon, so zu tun, als sei die Ministererlaubnis bereits erteilt worden.
Europäische Dimension
Die Union unterstelle, so die SPD, dass die Unternehmen einen Antrag auf Ministererlaubnis stellen würden. Das hätten sie bislang nicht getan. Es sei abzuwarten, welche Begründung der Konzern an das Ministerium herantragen werde. Die Fraktion wies darauf hin, dass man den Gasmarkt nicht ohne die "europäische Dimension" betrachten könne. Ruhrgas habe einen EU-Marktanteil von 13 Prozent, der nicht marktbeherrschend sei.
Der Wirtschaftsausschuss lehnte Anträge der CDU/CSU (14/6634) und der FDP (14/5575) ab und nahm den Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes für 1999/2000 (14/6300) zur Kenntnis. Die Union hatte es als sinnvoll bezeichnet, bei einer Reform des Kartellverfahrensrechts in der EU die so genannte Legalausnahme einzuführen. Damit beabsichtige die EU-Kommission, statt des jetzigen Konzepts eines Kartellverbots mit Erlaubnisvorbehalt künftig auf ein Anmeldungs- und Freistellungsverfahren zu verzichten. Dieser Systemwechsel würde die Wirtschaft von bürokratischem Aufwand entlasten. Die FDP hatte sich dafür eingesetzt, das Bundeskartellamt personell zu verstärken.