pot/mik
Stolpe: Angebot intensiv prüfen
Erneut Diskussionen um Lkw-Maut in
Bundestagsausschüssen
Verkehr und Bauwesen / Haushalt. Das vom
Betreiberkonsortium Toll Collect am 27. Januar vorgelegte
Angebotspaket zur Einführung der Lkw-Maut erfüllt nach
Ansicht von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) einige
wichtige Forderungen der Bundesregierung sowie des Bundestages.
Dies erklärte der Minister am 28. Januar im Verkehrs- und im
Haushaltsausschuss.
So sei Toll Collect den Forderungen nach
einem verbindlichen Starttermin, nach einer Erhöhung der
Vertragsstrafen und Verhandlungen über Schadenersatz für
die Mautausfälle nachgekommen. Ob er das vorliegende Angebot
akzeptieren werde, wollte der Minister jedoch noch nicht sagen - es
bedürfe noch einer intensiven kritischen
Prüfung.
Im Einzelnen sehe das Angebot eine
Einführung der Lkw-Maut in zwei Stufen vor: Zum 31. Dezember
2004 solle der Betrieb zunächst mit eingeschränkter
Funktion erfolgen, in der aber bereits eine Erfassung, Erhebung und
Abrechnung der Maut möglich ist. Das voll
funktionstüchtige System zur Verkehrssteuerung solle dann zum
31. Dezember 2005 in Betrieb gehen. Für beide Ausbaustufen
bestehe zudem die Option, den jeweiligen Start um drei Monate
vorzuziehen.
Bei den Vertragsstrafen habe das Konsortium
angeboten, diese von bisher 7,5 Millionen Euro (ab 1. März 15
Millionen Euro) auf bis zu 65 Millionen Euro pro Monat zu
erhöhen. Zudem habe sich Toll Collect bereit erklärt, die
strittigen Schadenersatzfragen in einem Schiedsgerichtsverfahren zu
klären.
Laut Stolpe hat Toll Collect jedoch dieses
Angebot mit weiteren Elementen verknüpft: Hierzu gehören
unter anderem Vertragsänderungen im Bereich der Anpassung der
Vergütungsregelung, die Beschränkung der Haftung der
Auftragnehmer und der Projektgesellschaft nach der Inbetriebnahme
des Mautsystems, eine Änderung der Kündigungsregelungen
sowie Änderungen von Anforderungen an das technische Konzept.
Insgesamt sieht der Verkehrsminister jedoch die Kernforderungen
seines Ministeriums verbindliche Projektplanung, höhere
Zahlungen, Schiedsgerichtverfahren erfüllt und keine
Notwendigkeit, den Vertrag zum 31. Januar zu
kündigen.
Die CDU/CSU kritisierte im Verkehrsausschuss,
der Minister habe eine wichtige Forderung, nämlich bei der
Frage des Schadenersatzes zu einem Interessenausgleich zu kommen,
zum Teil fallen lassen. Nunmehr gebe er sich damit zufrieden, dass
die Schadensersatzfrage in einem Schiedsgerichtsverfahren
geklärt werden soll. Da das Schiedsgericht nur auf der Basis
des geltenden Vertrages agieren könne, befinde sich der Bund
in einer ungünstigen Ausgangsposition. Nach Ansicht der FDP
zeigt das von Toll Collect unterbreitete Angebot, "auf welcher
Seite die stärkeren Bataillone stehen". Das Hauptproblem
bleibe, dass der Vertrag "grottenschlecht" ausgehandelt worden sei.
Zudem müsse Stolpe endlich konkrete gesetzgeberische
Maßnahmen einleiten, um die Finanzierungslücke von 2,1
Milliarden Euro im Verkehrsetat dieses Jahres zu
schließen.
Der Sprecher der SPD-Fraktion nannte das
Terminangebot des Konsortiums "ärgerlich und
enttäuschend". Grundsätzlich sei man zu einer
stufenweisen Einführung der Lkw-Maut bereit. Dies stelle
jedoch ein vom Vertrag abweichendes Entgegenkommen dar, das Toll
Collect jedoch nicht mit einem angemessenen Angebot beantwortet
habe. Auch für Bündnis 90/Die Grünen sind die
angebotenen Fristen für die Einführung der Lkw-Maut
"vollends enttäuschend". Sie stellten zugleich ein
Eingeständnis dar, dass das Konsortium einen Vertrag mit
"unrealistischen" Terminen zur Einführung der Maut
unterzeichnet habe.
Kritik im Haushaltsausschuss
Der Sprecher der CDU/CSU im
Haushaltsausschuss sah die Kernforderungen nicht erfüllt und
forderte deshalb "harte Verhandlungen" und die Prüfung
alternativer Angebote. Es werde der Eindruck erweckt, als gebe es
gar keinen gültigen Vertrag. Es komme einem so vor, als
hätte der Bund einen Mercedes der S-Klasse bestellt und nun
werde ein Smart geliefert, so ein Unionsabgeordneter. Auch die SPD
war mit dem Angebot "nicht zufrieden". Es sei aber "leider" nicht
einfach, den Vertrag zu lösen. Der Sprecher wies darauf hin,
dass die Bundesregierung bisher gegen keinen Vertrag verstoßen
habe, sondern Toll Collect. Bündnis 90/Die Grünen hielt
es für "skandalös", dass jetzt 28 Monate nach dem
zunächst genannten Termin das System eingeführt werden
solle. Auch für die FDP-Fraktion ist das Terminangebot von
Toll Collect "unbefriedigend spät", und die Höhe der
Zahlung bei Nichteinhaltung der Termine sei "nicht
akzeptabel".
Nach einem Bericht des Finanzministeriums
sind bisher bei der Einführung der streckenbezogenen Lkw-Maut
Kosten von rund 46,2 Millionen Euro entstanden. Der
Netto-Einnahmeverlust durch die Verschiebung beträgt danach
624,5 Millionen Euro. Im Jahr 2004 belaufen sich die
Mindereinnahmen auf netto 180 Millionen Euro.
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