khg
Weibliche Probanden stärker beteiligen
Arzneimittelgesetz
Gesundheit und Soziale Sicherung. Die Rolle der
Ethikkommissionen in der Medizin und die Beteiligung
Minderjähriger und nicht einwilligungsfähiger Erwachsener
an wissenschaftlichen Studien standen am 28. Januar im Mittelpunkt
einer Anhörung zur Novelle des Arzneimittelgesetzes.
Über die unzureichende Arbeit der Ethikkommissionen, die
über die Zulässigkeit wissenschaftlicher Studien
entscheiden sollen, klagte der Geschäftsführer der
Ethikkommission an der Berliner Charité, Christian von Dewitz.
Sie litten an Loyalitäts- und Interessenkonflikten und
hätten auch Kompetenzprobleme. Die an der Charité
angesiedelte Kommission habe im vergangenen Jahr 220 Anträge
bearbeitet. Für jeden Antrag sei eine Viertelstunde Zeit
geblieben. Die Hälfte der zwanzig Mitglieder käme nicht
zu den Sitzungen. Obwohl bei manchen Anträgen eigenes Wissen
gefehlt habe, seien keine Gutachten von außen angefordert
worden. Eine Abwägung zwischen Nutzen und Risiko gebe es oft
nicht. Wie abgestimmt worden sei, bleibe vertraulich, das erfahre
nicht der Dekan der Fakultät und nicht die
Öffentlichkeit. Dewitz forderte, die Ethikkommissionen aus dem
Loyalitätsgefüge der Universitäten auszugliedern und
ihre Mitglieder zu professionalisieren, sie auf vielfältige
rechtliche Fragen vorzubereiten.
Bei der Erörterung, wann Minderjährige und nicht
einwilligungsfähige Erwachsene an wissenschaftlichen Studien
beteiligt werden sollten, waren sich alle Interessenvertreter darin
einig, dass für die Probanden ein Nutzen therapeutischer oder
diagnostischer Art entstehen müsse. Der Mensch dürfe in
keiner Weise instrumentalisiert werden, sagte Dietmar Mieth
für das Kommissariat der deutschen (katholischen)
Bischöfe. Es gehe um die Grenzfälle, die nicht eindeutig
geregelt seien.
Sachverständige Ulrike Riedel beklagte, dass der
Gesetzentwurf diese verfassungsrechtlichen Fragen nicht anspreche.
Für den Sachverständigen Bruno Müller-Oerlinghausen
wird das künftige Gesetz zwar einige Studien erschweren, aber
darunter sei auch "eine ganze Menge Schrott" gewesen. Die Aufregung
der Pharmazeutischen Industrie habe sich bereits wieder gelegt.
Hermine Nock vom Bundesverband Herzkranker Kinder widersprach
der Vorstellung, Eltern schwerkranker Kinder lehnten
grundsätzlich Studien an ihren Sprößlingen ab. Bei
richtiger Aufklärung durch Ärzte fühlten sie sich
eher gut betreut. Hansjörg Seyberth (Deutsche Gesellschaft
für Kinderheilkunde) warnte vor einer grundsätzlichen
Ablehnung von Untersuchungen an Kindern. Leukämiestudien
hätten geholfen, die Überlebenschance von 20 auf 70
Prozent zu erhöhen.
Petra Thürmann von der Deutschen Gesellschaft für
Klinische Pharmakologie und Therapie (Berlin) beklagte die geringe
Beteiligung weiblicher Probanden an wissenschaftlichen Studien.
Dabei wisse man längst, die gleichen Medikamente, die bei
Männern Sterblichkeit minderten, können sie bei Frauen
erhöhen. "Frauen sind keine zehn Kilo leichteren Männer!"
Fast alle Medikamente seien auf ihre Wirkung auf Frauen eigens zu
prüfen.
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