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Hartmut Hausmamn
EVP nimmt an der Abstimmung wegen Nennung
Italiens nicht teil
EU-Parlament fordert Gewährleistung des
Medienpluralismus
Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und
Informationsfreiheit verlangt freie und pluralistische Medien. Wenn
die Mitgliedstaaten der EU dafür nicht ausreichend die
Voraussetzungen schaffen, habe die Europäische Union im Rahmen
ihrer Zuständigkeit die politische und rechtliche
Verpflichtung dafür zu sorgen, dass der Medienpluralismus
respektiert wird. Diese Forderung ist die zentrale Aussage eines am
22. April verabschiedeten Initiativberichts des Europäischen
Parlaments zu den Gefahren der Verletzung des Rechts auf freie
Meinungsäußerung und Informationsfreiheit in der EU - vor
allem in Italien.
Die Aufnahme des Hinweises auf Italien schon im Titel des
Berichts, was sicherlich auch wegen des bevorstehenden
Europawahlkampfs erfolgte, hatte die ganze Woche immer wieder zu
scharfen Auseinandersetzungen zwischen der EVP, in der die
Abgeordneten von Berlusconis Partei Forza Italia vertreten sind,
und praktisch allen anderen Fraktionen geführt. Der EVP wurde
vorgeworfen, durch immer neue Änderungsanträge die
Verabschiedung des Berichts verhindern zu wollen, was
schließlich dazu führte, dass Präsident Cox nach
mehreren Vermittlungsversuchen die Zustimmung dazu erhielt, keinen
der rund 600 Änderungsanträge zur Abstimmung zu stellen.
Die christdemokratische EVP, mit 232 Abgeordneten größte
Fraktion, drohte daraufhin, bei der Abstimmung den Saal zu
verlassen, blieb dann aber doch, beteiligte sich aber nicht an der
Abstimmung. Das Votum fiel dementsprechend mit 237 gegen 24 Stimmen
besonders deutlich aus.
In dem Bericht wird die EU-Kommission aufgefordert, die
Situation in den einzelnen Ländern zu überprüfen und
eine Richtlinie zum Schutz des Medienpluralismus in Europa
vorzubereiten. Der Schutz der Medienvielfalt müsse zu einer
der Prioritäten des EU-Wettbewerbsrechts erhoben werden. Eine
beherrschende Stellung eines Medienunternehmens müsse als ein
Hindernis für den Medienpluralismus in der EU angesehen werden
und Gegenmaßnahmen bewirken. So müsse es durch
EU-Gesetzgebung für unvereinbar erklärt werden, dass
Politiker unmittelbare wirtschaftliche Interessen in den Medien
verfolgten. Hier sei eine zu große Gefahr für den
politischen Missbrauch dieser Macht gegeben.
Der Bericht der niederländischen Liberalen Johanna
Boogerd-Quaak wird durch eine Studie des Europäischen
Medieninstituts untermauert, wonach es in jedem von acht
untersuchten Ländern Hinweise gibt, die eine weitere
Überprüfung erforderlich machen. Diese Länder waren
Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Niederlande, Polen,
Schweden und Großbritannien. In der Debatte wurde aber auch
auf deutliche Gefahren in Belgien hingewiesen. Immer mehr Medien
befänden sind nach Fusionen, Übernahmen und Querbesitz in
immer weniger Händen. Europa sei dabei, den USA, wo ein halbes
Dutzend Unternehmen den Medienmarkt kontrollieren,
nachzueifern.
So wird unter anderem beanstandet, dass in Spanien der Druck der
Regierung auf den Fernsehsender TVE dazu geführt habe, dass
Ermittlungsergebnisse bei der Suche nach den Tätern der
Anschläge vom 11. März unterdrückt wurden. Bei
Italien wird auf die eindeutige Gefahr schwerer und lang
anhaltender Verstöße gegen das Recht auf freie
Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit
hingewiesen. Die Besonderheit des italienischen Systems der
Zusammenballung von wirtschaftlicher, politischer und Medienmacht
in den Händen von Silvio Berlusconi sei einzigartig. Das
Beispiel könnte ohne Gegenmaßnahmen dazu anregen, dass
ähnliche Situationen auch in anderen Mitgliedstaaten auftreten
könnten, wenn Medienmogule wie Rupert Murdoch politisch
tätig würden. H. H.
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