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Hartmut Hausmann
Tschetschenien im Chaos
Katastrophale Menschenrechtslage
Während sich der Kampf um Tschetschenien zunehmend von
einem offenen Krieg zu einem eher noch brutalerem Untergrundkrieg
entwickelt, verbunden mit einer Welle von terroristischer
Anschlägen und der Missachtung fundamentaler rechtsstaatlicher
Grundsätze durch russische Sicherheitskräfte, erscheinen
politische Ansätze für eine Lösung des Konflikts
fast aussichtslos.
Trotz dieser bedrückenden Lage versucht der Europarat als
derzeit wohl einzige internationale Organisation Einfluss zu nehmen
und die Suche nach politischen Lösungen trotz aller
Rückschläge fortzusetzen, indem man den Mitgliedsstaat
Russland in die Pflicht nimmt. Auf der Grundlage von drei Berichten
zur Lage der Menschenrechte in Tschetschenien von Rudolf Bindig
(Deutschland), zur Situation der Flüchtlinge in der Region von
Tadeusz Iwinski (Polen) sowie zur politischen Lage von Andreas
Gross (Schweiz) versuchte die Parlamentarische Versammlung des
Europarats am 7. Oktober in Straßburg eine neue
Bestandsaufnahme, verbunden mit Angeboten zur
Konfliktlösungen, vorzunehmen. Der dabei geduldete Auftritt
des neuen Präsident Tschetscheniens, Alu Alkhanov, wirkte
dabei aber eher kontraproduktiv.
Nach Bindigs Analyse, die ausschließlich auf Zeugenaussagen
und Beobachtungen anerkannter internationaler
Menschenrechtsorganisationen beruht, ist die Lage der
Menschenrechte weiterhin katastrophal. Zwar seien die offiziellen
Säuberungsaktionen der russischen Sicherheitskräfte seit
Ende 2003 deutlich zurückgegangen. Ein neuer
beängstigender Trend bestehe dagegen in der Geiselnahme, der
Folterung und auch Ermordung von Verwandten mutmaßlicher
Terroristen, welche so zur Aufgabe gezwungen werden sollen. Ein
weiterer, mit einer Mitgliedschaft im Europarat nicht zu
vereinbarender Trend sei die Bedrohung und Ermordung von Personen,
die sich an den Straßburger Gerichtshof für
Menschenrechte wenden.
Dieses Klima der Rechtlosigkeit belegt Bindig auch mit dem
Hinweis, dass 2003 insgesamt zwar 799 Klagen im Büro des
Militärstaatsanwalt in Grosny registriert wurden, dass aber
nur drei Fälle an die Gerichte überwiesen wurden. Im
Büro des tschetschenischen Zivilstaatsanwalts wurden im
Vorjahr 4.763 Klagen eingereicht. Auch hier ist die
Weiterverfolgungsrate verschwindend gering.
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