Interview mit Peter Lewandowski
Entscheidender Vorteil: Prinzessinnen sind
Prominente auf Lebenszeit
Interview mit Peter Lewandowski, dem
Chefredakteur der People-Zeitschrift "Gala" über das Interesse
am Klatsch aus den Königshäusern
Peter Lewandowski ist seit 2002 Chefredakteur
der Illustrierten "Gala", die mit einer Auflage von rund 360.000
Exemplaren wöchentlich über Stars, Prominente und
Blaublütler berichtet.
Das Parlament: Wer ist Ihr
Lieblingsmonarch?
Peter Lewandowski: Der spanische
König.
Das Parlament: Warum?
Peter Lewandowski: Weil er sich auf
ungewöhnliche Art und Weise in seiner Rolle als König
emanzipiert hat, weil er sie sehr politisch begriffen hat und weil
er in der Vergangenheit für Spanien die Demokratie gerettet
hat.
Das Parlament: Ihr Blatt berichtet
über Prominente. Wieviel Platz wird dabei
Königshäusern eingeräumt?
Peter Lewandowski: Etwa 20 bis 25
Prozent, mit leicht steigender Tendenz. Der Grund: Lange hat man
die Berichterstattung über die Royals mit altbacken und
vermufft gleichgesetzt. Aber dadurch, dass neue - bürgerliche
- Figuren ins Spiel gekommen sind, haben sich auch die Geschichten
verändert und dadurch einen neuen Stellenwert
bekommen.
Das Parlament: Wer liest die Berichte
vom Hofe? Sind das nur ältere Damen auf der Suche nach dem
perfekten Schwiegersohn?
Peter Lewandowski: Laut unserer
begleitenden Marktforschung werden diese Artikel vor allem von
jungen Frauen gelesen. Es geht ja oft auch um junge Frauen aus den
Königshäusern, etwa Mette-Marit in Norwegen, Maxima in
den Niederlanden, Letizia in Spanien. Diese Prinzessinnen schreiben
auf den ersten Blick ein Stück modernes Märchen:
Aschenputtel lernt Märchenprinzen kennen mit allen
schönen Folgen. Aber sie bringen auch einen Schuss Frische
rein, weil sie ein neues, modernes Frauenbild verkörpern. Die
Leser möchten wissen, wie sich diese Damen kleiden, welche
Gewohnheiten sie haben, wo sie herkommen. Letizia ist in Spanien
innerhalb von zwei Monaten zur Stilikone geworden: Die jungen
Spanierinnen möchten so herumlaufen wie sie. Diese jungen
Frauen setzen Trends.
Das Parlament: Den Leserinnen geht es
also nicht mehr so sehr um die Sehnsucht nach einer heilen
Märchenwelt, sondern sie sehen die Prinzessinnen als
Vorbilder, denen man nacheifert und mit denen man sogar - in
gewisser Hinsicht - gleichziehen kann?
Peter Lewandowski: Früher hat man
gesagt: Denen - den Blaublütigen - geht es ja auch nicht
besser; deswegen ergötze ich mich daran. Diese
Klatsch-Berichterstattung, also der Blick durch's
Schlüsselloch mit einer Fokussierung auf negative Nachrichten,
das machen zwar noch viele Blätter, aber mit sinkendem Erfolg.
Wir versuchen, die positiven Seiten dieser Welt aufzuzeigen, was
Prominente angeht. Das mögen die Leser, denn in schwierigen
politischen und sozialen Zeiten hören sie gerne gute
Nachrichten. Das sind dann keine Märchengeschichten, sondern
es ist die Realität. Da nimmt man auch ein Stück der
negativen Geschichten mit, wie etwa Mette-Marits Schwierigkeiten,
sich am Hof einzufinden. Aber der Leser ist ganz froh, wenn er
mitkriegt, dass die Prinzessinnen das alles ganz gut hinkriegen und
ihre Ehe zum Teil auch als Job ansehen. Das ist es nämlich
auch: Sich den Leibwächtern und der Etikette zu unterstellen,
ist hart. Im Grund aber ist der Dauerbrenner, zu erfahren: Welche
Probleme haben die, und wie lösen die das?
Das Parlament: Damit ist ein Teil des
Glamours, der die Königshäuser umgab, weg. Die Leser
stehen den Prinzessinnen in Augenhöhe
gegenüber?
Peter Lewandowski: Das kann man so
sehen. Und das ist ja im Grunde auch der Trick eines
People-Magazins. Ein Magazin umgibt sich mit der Aura von Glamour
und versucht trotzdem im Heft ein Stück auf Augenhöhe der
Stars zu sein, oder ihnen zumindest sehr nahe zu kommen.
Das Parlament: Was unterscheidet dann
einen König oder seine Tochter noch von einem "normalen"
Promi, wie zum Beispiel Boris Becker?
Peter Lewandowski: Normale Promis
haben eine größere Fallhöhe. Einer macht fünf
schlechte Filme hintereinander, dann ist er weg. Eine Prinzessin
ist Prominente auf Lebenszeit. Sie steht unter ständiger
Beobachtung, vor allem im eigenen Land.
Das Parlament: Und was ist der
Unterschied für die Leser?
Peter Lewandowski: Grundsätzlich
erst einmal der, dass man damit rechnet, dass die Königskinder
immer wieder auftauchen werden - was sie auch tun durch ihre
öffentlichen Auftritte. Die sind viel länger haltbar. Und
zweitens, dass viel mehr im zwischenmenschlichen Bereich passiert:
erstes, zweites, drittes, viertes Kind, oder auch Scheidung. Zudem
gibt es diesen Aha-Effekt im Ausland. Bringen Sie einen
Mette-Marit-Titel irgendwo in Europa und alle wissen, worum es
geht. Diese Frau ist fester Teil der Prominentenwelt.
Das Parlament: Umgibt die
Königshäuser gar keine besondere Aura mehr?
Peter Lewandowski: Die haben sie
trotzdem noch. Sie verstehen, mit viel Pomp zu feiern. Wer die
beiden Hochzeiten in diesem Jahr gesehen hat - vor allem die
dänische, die sehr bürgerlich-familiär, aber
trotzdem prunkvoll war - (stockt), ja, da fühlt man schon die
romantischen Seiten des Lebens. Wir haben die Hochzeit hier in der
Redaktion geschaut - ich habe über 50 Redakteure, zu 80
Prozent Frauen - und ich habe viele viele feuchte Augen gesehen.
Und die Kollegen haben bestimmt nicht geweint, weil sie an diesem
Nachmittag so viel arbeiten mussten.
Das Parlament: Sie haben viel
über positive Meldungen gesprochen. Interessiert sich niemand
mehr für die negativen, reißerischen Berichte - etwa jene
aus dem britischen Königshaus über schwule Diener -, die
fast die Monarchie zum Einsturz bringen?
Peter Lewandowski: Ich persönlich
mache diese Geschichten nicht mehr. Ich habe einmal den Versuch
unternommen, und das hat sich überhaupt nicht verkauft. Das
wollen die Leute gar nicht mehr wissen. Der schwule Diener, das ist
eine Geschichte, mit der man sehr stark in die Intimsphäre
eindringt - das kann man nicht mit gutem Gewissen machen.
Letztendlich hat sich herausgestellt, dass alles erfunden
war.
Das Parlament: Wir Deutsche haben seit
über 80 Jahren kein Königshaus mehr. Fehlt uns das in
emotionaler Hinsicht als Katalysator für gewisse
Gefühle?
Peter Lewandowski: Als
People-Magazin-Macher müsste ich sagen, ja, es fehlt uns, dann
könnte man viel mehr schreiben. Aber wir haben nun mal keins,
und es wurde zu Recht abgeschafft durch den Ersten Weltkrieg. Damit
wurde eine Tradition gebrochen, die sowieso nicht sehr lang war.
Ein Königshaus passt im Grunde auch nicht zu uns.
Das Interview führte Bert
Schulz.
Bert Schulz arbeitet als freier Journalist in
Berlin.
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