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Claudia Heine
Der Hang zum Zwang
Im Porträt: Elizabeth II.
Nicht nur Elizabeth II. schickt sich an, Rekorde zu brechen.
Seit nunmehr 52 Jahren im Amt, zwingt sie auch ihren ältesten
Sohn Prinz Charles dazu. Denn genauso lange ist er schon
amtierender Thronfolger im Vereinigten Königreich - und wird
es wahrscheinlich noch einige Zeit bleiben. Aber kann man in ihrem
Fall überhaupt von Zwang reden? Man kann. Auch wenn sie
natürlich auf den ersten Blick freiwillig den Thron bestieg,
so führt Elizabeth II. ihre Rolle in einem Verständnis,
zu dem sehr viel Zwanghaftigkeit gehört. Milder formuliert
könnte man von Pflichtbewusstsein sprechen. Als "Verpflichtung
zu lebenslangem Dienst" bezeichnete sie das Amt anlässlich
ihres 50. Thronjubiläums im Jahre 2002. Während etliche
adelige Kollegen oder auch Politiker sich in den letzten
Jahrzehnten um ein "menschliches" Image bemühten und
bemühen: Sich als Person hinter der offiziellen Maske zu
erkennen zu geben, scheint für eine Königin eine der
ältesten und konservativsten Monarchien der Welt
undenkbar.
Die oder zumindest eine Erklärung dafür findet sich in
den Umständen ihrer Krönung - eigentlich ein "Zufall" -,
war sie doch bei ihrer Geburt 1926 nur die Tochter eines Bruders
des künftigen Königs Edward VIII. Als dieser dann 1936
abdankte, weil ihm die Heirat mit einer geschiedenen,
bürgerlichen Frau untersagt worden war, hatte die englische
Monarchie ernst-hafte Schwierigkeiten, diese Vertrauenskrise
unbeschadet zu überstehen. Nun war der Weg frei für Georg
VI. - und für die künftige Elizabeth II. Wohin es
führt, Gefühle über die Pflicht der Krone zu
stellen, hatte sie erlebt. Für sie selbst galt fortan also das
Gegenteil. Aber auch damit kann die Monarchie, wenn nicht ernsthaft
ins Wanken, so doch erheblich beschädigt werden. Vor dem
Hintergrund der gescheiterten Ehen ihrer vier Kinder wurden vor
allem in den 90er-Jahren in der britischen Öffentlichkeit ihre
Erziehungsqualitäten angezweifelt, und es wurde über die
Vernachlässigung ihrer Mutterrolle gegenüber ihren
Repräsentationspflichten spekuliert. Ihre Vorliebe für
Pferderennen, mittlerweile schon sprichwörtlich, rundeten
dieses Bild auf der anderen Seite und nicht zu ihrem Vorteil
ab.
Verkehrte Welt: Die Frau, die als Sinnbild für Steifheit
und Pflege überholter königlicher Etikette bezeichnet
werden kann, musste sich hauptsächlich wiederfinden auf jenen
"menschelnden" Seiten der Boulevard-Presse. Entgegen dem
Vorbildcharakter einer königlichen Familie stand eben jene nun
für eine Zerrüttung, wie sie überall in der
Gesellschaft zu finden ist. Auf diesem Umweg wurden die Windsors
also doch noch "wie du und ich". Ließe man den finanziellen
Hintergrund beiseite: Elizabeth II. galt lange als reichste Frau
der Welt. Schätzungen ihres Privatvermögens bewegen sich
zwischen fünf und 15 Milliarden Pfund, Spekulationen, denen
das Königshaus immer wieder entgegentrat. Von den Medien wurde
sie deshalb auch schon als "teuerster Sozialrentner der Nation"
beschimpft.
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