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Helmut Hetzel
Königin Beatrix
Im Porträt:
Seit sie 1980 das höchste Staatsamt der Niederlande von
ihrer Mutter, der inzwischen verstorbenen Juliana übernahm,
hat sich die leidenschaftliche Bildhauerin und Musikliebhaberin in
ihrem Amt profiliert. Königin Beatrix entpuppte sich nach und
nach als eine politische Königin, als eine einflussreiche
Persönlichkeit, die die verfassungsrechtlichen Grenzen, die
ihre Funktion einengen, immer wieder zu testen versucht.
Ein Beispiel: Möglicherweise wäre der von 1994 bis
2002 in Den Haag als Chef einer sozialliberalen Koalition
amtierende sozialdemokratische Haager Premierminister Wim Kok nie
Regierungschef geworden, wenn die Königin ihn nach den
Parlamentswahlen 1994 nicht so schnell mit der Regierungsbildung
beauftragt hätte. Der erhielt seine Chance von einer
Monarchin, der man nachsagt, sie sei ein wenig sozialdemokratisch
und ein wenig grün angehaucht. Dass Beatrix den
Sozialdemokraten Kok 1994 auf den Chefsessel der Regierung hieven
konnten, obwohl jener die Wahl verloren hatte, liegt daran, dass
Königin Beatrix qua Verfassung Mitglied der Haager Regierung
ist und als Staatsoberhaupt das Recht hat, nach einer Neuwahl des
Parlaments den Politiker ihrer Wahl mit der Regierungsbildung zu
beauftragen.
Die Zügel in der Hand
Ihre politischen Präferenzen bringt die Frau, die 1966 den
deutschen Diplomaten Claus von Amsberg heiratete, der im Oktober
2002 starb, vorzugsweise in ihren Reden zum Ausdruck. Ihrem eigenen
Volk hielt sie den Spiegel vor, als sie anlässlich des 50.
Jahrestages des Kriegsendes daran erinnerte, dass nicht alle
Niederländer im Zweiten Weltkrieg Widerstandskämpfer
gegen die Nazi-Besatzer gewesen sind. "Viele", so die Königin
damals zu ihren Landsleuten, "hätten weggeschaut, wenn am
hellichten Tag dunkle Dinge geschahen."
Wenn Königin Beatrix nicht politisiert oder "bis nachts
über Akten brütet", wie ihr ältester Sohn Kronzprinz
Willem Alexander (37) enthüllte, dann modelliert, malt oder
reitet sie gerne.
Königin Beatrix ist eine starke, eine dominante Frau. Am
Hof lässt sie keinen Zweifel darüber entstehen, dass sie
die "Chefin" ist. Ihren fast 400 Mitarbeiter umfassenden Hofstaat
managt sie wie ein modernes Wirtschaftsunternehmen. Effizient,
cool, professionell. Sie versteht es, mit Hilfe des
Informationsamtes "Rijksvoorlichtingsdienst" (RVD) ihre
Privatsphäre gut zu schützen. Ein RVD-Hinweis im Stil
"das ist privat" genügte bis vor einigen Jahren, und nicht
wenige niederländische Journalisten übten in ihrer
Berichterstattung über die Königin Selbstzensur.
Aber seit dem Tod ihres Mannes Prinz Claus, der ihr bester
Ratgeber war, sind dem heute 66-jährigen niederländischen
Staatsoberhaupt die Zügel etwas aus den Händen geglitten.
Eine Affäre jagte die andere. Es begann mit der
Familiengeschichte der heutigen Gattin von Willem-Alexander,
Prinzessin Maxima, deren Vater während der argentinischen
Militärjunta zwischen 1978 und 1983 Landwirtschaftsminister
war. Man fand einen typisch niederländischen Kompromiss: Der
Thronfolger durfte Maxima heiraten, der Vater der aus Argentinien
stammenden Braut aber war zur Hochzeit im Februar 2002 nicht
geladen.
Dann brach 2003 die Margarita-Affäre aus. Prinzessin
Margarita, Patenkind der Köningin, beschuldigte diese
öffentlich des Machtmissbrauchs. Sie und ihr Ehemann Edwin de
Roy van Zuydewijn fühlten sich von der Königin
bespitzelt. Es stellte sich heraus, dass die Königin
tatsächlich ohne Wissen der Haager Regierung und des
Parlaments Informationen über das Ehepaar einholen
ließ.
Die dritte Affäre rankte sich um Mabel Wisse Smit, die
inzwischen mit Prinz Friso verheiratet ist. Mabel unterhielt
während ihrer Studentenzeit eine enge Beziehung mit Hollands
Mafiaboss Klaas Bruinsma. Wie eng diese Beziehung war, das
verheimlichten Prinz Friso und Mabel sowohl gegenüber dem
amtierenden Haager Regierungschef Jan Peter Balkenende als auch
gegenüber der Königin. Die Lüge hatte ihren Preis.
Sie kostete Prinz Friso die Thronfolge und den Titel Prinz der
Niederlanden, da sich der Premierminister weigerte, dem Parlament
ein Zustimmungsgesetz für die Ehe zwischen Prinz Friso und
Mabel Wisse vorzulegen. Diese Affären, die sich in kurzen
Abständen ereigneten, haben das Ansehen des Königshauses
aber nicht ramponiert.
Helmut Hetzel arbeitet als freier Journalist in Den Haag.
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