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Claudia Heine
Editorial
Eine Publikation wie "Das Parlament", herausgegeben vom
Deutschen Bundestag, widmet eine ganze Ausgabe den Monarchien in
Europa? Nein, das ist kein Scherz, sondern absoluter Ernst, denn
irgendwas muss ja dran sein am Glanz, den diese Könige und
Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen immer noch in aller Welt
- und über Europas Grenzen hinaus - verströmen. Einst die
vorherrschende Staatsform der Welt, wurde sie, meist unfreiwillig,
abgelöst durch demokratische Republiken. Aber Totgesagte leben
länger, und so sind die meisten europäischen
Bevölkerungen, in denen ein König oder eine Königin
als Staatsoberhaupt fungiert, ganz und gar nicht unglücklich
darüber. Kein Wunder, könnte man meinen, erfüllt
doch dieses meist nur noch repräsentative Funktionen in einem
ansonsten demokratischen System (sieht man von den
Fürstentümern Liechtenstein und Monaco mit ihren
absolutistischen Zügen einmal ab). Als Begründung allein
reicht das natürlich nicht aus, denn niemand glänzt nur
durch seine Abwesenheit. Das wissen auch die Monarchen, weshalb sie
sehr wohl präsent sind, nur eben auf einer anderen Bühne.
Ohne die Medien, so formuliert es Barbara Schweizerhof zugespitzt,
gäbe es sie vielleicht gar nicht mehr. Sie inszenieren sich
und werden inszeniert - ein Kreislauf mit teilweise dramatischen
Folgen. Europas Königshäuser: das ist meist das, was wir
in der Boulevard-Presse oder unter der Rubrik "Vermischtes" auch in
anderen Medien vorgeführt bekommen. Auf den Alltag in
Deutschland hat das alles jedoch keinen direkten Einfluss mehr:
hier wurde die Monarchie 1918 abgeschafft (wie, das erklärt
Martin Kohlrausch in seinem Text), hier konzentriert sich der
Streit um verschwendete Steuergelder nicht auf die Finanzierung
einer Apanage für einen Königspalast. Worin liegt also
die Faszination solcher Berichte? Ist es die Sehnsucht nach einer
untergegangenen heilen Welt? Ist es der Vorbildcharakter, den diese
Familien vorgeben, zu erfüllen und es dann doch nicht tun? Wie
kommt es auf der anderen Seite, dass Dänen, Norweger, Schweden
oder Holländer - um einige Beispiele herauszugreifen -, die in
bestimmten gesellschaftlichen Bereichen sehr liberal organisiert
sind (Beispiel Sterbehilfe in den Niederlanden), gar nicht daran
denken, ihre Monarchie abzuschaffen? Worin besteht für sie,
die direkt Betroffenen, der Vorteil? Wofür "lieben" sie ihre
Monarchen? Einmal eine Kronprinzenhochzeit live mitzuerleben, wenn
auch nur als Zaungast, kann es nicht sein. Was verkörpern die
Kronprinzenpaare wirklich hinter ihren luxuriösen
Gewändern? Müssen die künftigen Frauen auf dem Thron
wirklich nur schön sein, oder sind sie nicht vor allem deshalb
beliebt, weil sie sind, wie die meisten: gebildet und beruflich
mitten im Leben stehend. Herrscherinnen - die aktuellen
Monarchinnen, allen voran Elizabeth II. in Großbritannien
beweisen es, - sind keine Seltenheit. Sie hatten jedoch, wie der
Beitrag von Pauline Puppel über solche Frauen im Europa der
frühen Neuzeit darstellt, mit den gleichen männlichen
Vorurteilen zu kämpfen wie ehrgeizige Frauen von heute. Auch
wenn die Bilder bunt sind, denn so zeigen sich die modernen
Monarchien der Öffentlichkeit, ist es nicht Ziel dieser
Themenausgabe, einen Beitrag zum weltweiten Königsklatsch zu
liefern. Es geht um den Versuch, ein Phänomen zu analysieren
und zu beschreiben, das von vielen als unzeitgemäß
empfunden wird, aber anscheinend genug Legitimation besitzt, um zu
existieren. Historische Besonderheiten, wie das komplexe
Verwandtschaftssystem mit politischer Bedeutung, sollen mit den
Beschreibungen der Gegenwart kombiniert werden. Welche
gesellschaftliche oder politische Funktion erfüllen die
Königshäuser heute tatsächlich? Zahlreiche
Auslandskorrespondenten werden davon berichten, aus London, Madrid
oder Stockholm.
Die Autorin arbeitet als Journalistin in Berlin.
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