Egon C. Heinrich
Kapazitäten für
EU-Militäreinsätze
Schritt zu einer weltweiten
Sicherheitspolitik
Für eine eigenständige europäische Sicherheits-
und Verteidigungspolitik wurden auf der jüngsten Tagung der
Außen- und Verteidigungsminister der EU in Brüssel
bedeutende Beschlüsse gefasst. Die Union hat eine neue Stufe
bei der Schaffung militärischer Fähigkeiten für
Krisenmanagement und Krisenprävention erreicht. Im Rahmen der
Europäischen Sicherheitsstrategie sollen folgende Projekte
realisiert werden:
Ein neues Planziel 2010 für die Schaffung
militärischer Fähigkeiten, die Bildung von
EU-Gefechtsverbänden (Battlegroups), die Einrichtung einer
zivilen und militärischen Planungs- und Führungsstruktur
in Brüssel sowie der Ausbau einer Europäischen
Rüstungsagentur. Mit Hilfe dieser Instrumente soll bis
spätestens 2007 die volle operative Einsatzfähigkeit der
EU beim Kampf gegen globale Bedrohungen und bei Krisen erreicht
werden.
Die 25 Mitgliedstaaten haben sich in Brüssel verpflichtet,
13 zum Teil rein nationale, überwiegend aber multinational
zusammengesetzte Gefechtsverbände mit je etwa 1.500 Soldaten
für die Sicherheitspolitik der EU bereit zu stellen. Die
Bundesrepublik wird sich an vier dieser Verbände beteiligen.
Damit will sich die Europäische Union ein glaubwürdiges,
rasch und allein einsatzfähiges militärisches Instrument
für die Anfangsphase länger dauernder Aktionen zulegen.
Interoperabilität und militärische Effizienz sollen dabei
die entscheidenden Kriterien sein. Gleichzeitig soll zur Planung
und Koordinierung von zivilen und militärischen Missionen der
bereits beim Hohen Vertreter für die Außen- und
Sicherheitspolitik, Javier Solana, bestehende Stab wesentlich
vergrößert werden.
Die Battlegroups sollen komplementär und austauschbar zur
Schnellen Eingreiftruppe der NATO (Rapid Response Force) eingesetzt
werden. Die Mitgliedstaaten haben sich außerdem verpflichtet,
noch vorhandene militärische Schwachstellen zu beseitigen;
diese betreffen vor allem die strategischen
Transportkapazitäten, die Aufklärung und die
Informationsbeschaffung. Der Ausbau der Europäischen
Rüstungsagentur soll dabei eine wichtige Rolle
übernehmen.
Die Minister haben sich auch darauf geeinigt, dass die EU ab dem
2. Dezember dieses Jahres von der NATO die militärische
Verantwortung für den Einsatz der ausländischen
Militärverbände in Bosnien und Herzegowina
übernehmen wird. An die Stelle von SFOR tritt dann EUFOR unter
dem Codewort "Althea". Der Rat der EU bekräftigte auch seine
Bereitschaft, sich an einer integrierten Polizeitruppe in Kinshasa,
der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, zu beteiligen;
diese dient vor allem dem Schutz der dortigen Regierung und ihrer
Einrichtungen. Ein Expertenteam soll prüfen, in welcher Form
die EU den Irak bei Einrichtung einer Polizeitruppe sowie beim
Aufbau von Justiz- und Verwaltungsbehörden unterstützten
kann. Der niederländische Außenminsiter Bernard Bot wies
in seiner Eigenschaft als Ratspräsident darauf hin, dass die
EU derzeit Drittländer mit 5.760 Polizisten, 631
Rechtsexperten und 160 Verwaltungsfachleuten unterstützt.
Am Rande dieser Tagung in Brüssel wurde auch nach
zehnjährigen Verhandlungen der Vertrag zur Schaffung des
Eurocorps und seines Hauptquartiers in Straßburg
unterzeichnet. Für die Bundesrepublik unterschrieben der
Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Walter
Kolbow, und der deutsche EU-Botschafter Wilhelm Schönfelder.
Dem 1992 von Frankreich und Deutschland initiierten Eurocorps
gehören inzwischen auch Belgien, Luxemburg und Spanien an. Im
Endstadium sollen dem Corps rund 60.000 Soldaten zur Verfügung
stehen.
Bisher war das Corps an Einsätzen von SFOR und KFOR
(Kosovo) beteiligt. Das Eurocorps erfüllt inzwischen das
Kriterium der raschen Einsatzfähigkeit innerhalb der NATO,
aber auch für Operationen im Namen der EU. Javier Solana
konnte befriedigt feststellen: "Der Stand der Arbeiten zeigt, dass
wir im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik voran
kommen."
Zurück zur
Übersicht
|