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01/2002
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ANHÖRUNG

Sachverständige sind unterschiedlicher Meinung über die Zukunft der Sozialhilfe

Der Reformbedarf der Sozialhilfe wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Dies geht aus den Stellungnahmen hervor, die Sachverständige für eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vorgelegt haben, die am 28. Januar stattfand. Aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA) ist das wichtigste und vordringlichste arbeitsmarktpolitische Gesetzgebungsprojekt, die beiden für die Gruppe der Langzeitarbeitslosen relevanten Transfersysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenzulegen.

Eine einheitliche Transferleistung vom Prinzip der Aktivierung der Hilfe zur Selbsthilfe müsse für erwerbsfähige Hilfeempfänger geschaffen werden. Der Verband geht davon aus, dass die allein geeignete Basis für ein solches Transfersystem die Sozialhilfe sei. Zu dem Themenkomplex Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe hatten Koalition (14/7280,14/7293), CDU/CSU (14/7443), FDP (14/5982, 14/5983,14/6951) und PDS (14/7294,14/7298) Initiativen vorgelegt.

"Jährliche Diskussion" beklagt

Die Vereinte Dienstleistungsgesellschaft ver.di hält es angesichts der ökonomischen Entwicklung für "beschämend", jährlich über die Anpassung der Sozialhilfe zu diskutieren. Im Zentrum der Debatte stehe jene Gruppe der Sozialhilfebezieher, die erwerbsfähig sei. Von diesen 900.000 Personen übten bereits 16 Prozent eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung aus, gut 12 Prozent würden an Maßnahmen der Aus- oder Fortbildung teilnehmen und rund ein Drittel befinde sich in beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Damit übten knapp zwei Drittel dieses Kreises eine Beschäftigung aus oder befänden sich auf dem Wege der Integration in den Arbeitsmarkt. Nach Auffassung der Gewerkschaft wird somit deutlich, dass das vorhandene Instrumentarium der Arbeitsförderung ausreicht, um erwerbsfähige Sozialhilfebezieher in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Für den Zentralverband des Deutschen Handwerks besteht in diesem Themenbereich ein "Reformstau", dessen Überwindung nicht weiter in die Zukunft verschoben werden dürfe. Um Sozialhilfebedürftigkeit zielgerecht zu überwinden, müssten die aktivierenden Instrumente und Leistungen der Sozialhilfe verbessert werden.

Nach Überzeugung des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes hat sich das nunmehr fast vierzig Jahre geltende Bundessozialhilfegesetz "durchaus bewährt". Dies gelte insbesondere für den Grundsatz der individuellen Bedarfsdeckung. Die Hilfe zum Lebensunterhalt sei in den letzten drei Jahrzehnten allerdings überstrapaziert worden, da gesamtgesellschaftliche Entwicklungen auf sie abgewälzt worden seien. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsmarktproblematik und den "unzureichenden Familienlastenausgleich".

Leistungen pauschalieren

Auch der Deutsche Städtetag und der Städte- und Gemeidebund fordern eine Reform der Sozialhilfe. Zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung müssten die Sozialhilfeleistungen weitgehend pauschaliert werden. Auch sei es nötig, die allseits geforderte Reform der Regelsätze zügig umzusetzen. Entlastungen der Sozialhilfehaushalte seien nur möglich, indem die vorgelagerten Sicherungssysteme gestärkt würden. Dazu sei es nötig, den Familienleistungsausgleich zu verbessern, um Kindersozialhilfe unabhängig zu machen. Weiter tritt der Städtetag dafür ein, bedarfsdeckende Leistungen der Arbeitslosenversicherung sicherzustellen, um ergänzende Leistungen der Sozialhilfe auszuschließen.

In seiner Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (14/8010) tritt der Bundesrat dafür ein, Landesregierungen in die Lage versetzen, für die Erhöhung der Sozialhilfe regionale Mindestregelsätze zu bestimmen. Der Regierungsentwurf ist wortgleich mit einem bereits von der Koalition vorgelegten Entwurf (14/7280). Danach sollen die Sozialhilferegelsätze in den nächsten drei Jahren – wie auch in den vergangenen Jahren – in gleicher Höhe wie die Renten angehoben werden. Mit ihrem Gesetzentwurf wollen SPD und Bündnis 90/Die Grünen mehrere Übergangsregelungen im Bundessozialhilfegesetz noch einmal befristet verlängern, bis sie künftig durch neue Dauerlösungen abgelöst werden.

Die Länderkammer schreibt, die Übergangsregelung zur jährlichen Neufestsetzung der Regelsätze habe für Länder, die bereits Mindestregelsätze festgelegt haben, "nachteilige Konsequenzen". So könne durch die bundeseinheitliche Fortschreibung in Bayern nicht mehr das Ziel verfolgt werden, die Regelsätze anzugleichen.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2002/bp0201/0201035a
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