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Klaus Brandner, SPD
Familien vorrangig finanziell zu unterstützen, reicht nicht aus. Dies zeigt sich beim Blick ins europäische Ausland. Obwohl der Bund im letzten Jahr rund 60 Milliarden Euro für Familien ausgegeben hat, ist Deutschland bei der Geburtenrate im Europavergleich weit abgeschlagen.
Deshalb setzen wir den Schwerpunkt unserer Familienpolitik heute auf den Ausbau von familienfreundlichen Strukturen. Nachdem wir den Ausbau von Ganztagsschulen mit vier Milliarden Euro unterstützt haben, wird nun in einem zweiten Schritt das Betreuungsangebot für Kleinkinder in Westdeutschland deutlich erweitert und das gute Angebot im Osten der Republik erhalten. Damit erfüllen wir die Forderungen der OECD, verstärkt in frühkindliche Bildung zu investieren.
Ein gutes Betreuungsangebot ist auch gut für die Eltern. Denn so lassen sich Familie und Beruf besser vereinbaren. Gerade hoch qualifizierte Frauen können nach einer kurzen Babypause schneller zurück ins Berufsleben. Deutschland kann es sich auch im Wettbewerb mit anderen Ländern nicht leisten, auf das Know-how weiblicher Spitzenkräfte zu verzichten. Wir wollen eine nachhaltige Familienpolitik. Deshalb setzen wir zusätzliche finanzielle Schwerpunkte. Familien mit geringem Einkommen erhalten zusätzlich zum Kindergeld bis zu 140 Euro pro Kind im Monat. Alleinerziehende profitieren vom neuen steuerlichen Freibetrag in Höhe von 1.308 Euro, den wir im Januar 2004 eingeführt haben.
Wenn wir in Deutschland ein entsprechendes bedarfsgerechtes Angebot an (Klein-)Kinderbetreuung erreicht haben, kann ich mir vorstellen, auch über neue Formen finanzieller Unterstützung für Familien nachzudenken. In Schweden stieg mit der Einführung eines Elterngeldes die Kinderzahl deutlich an. Außerdem nehmen dort mehr Väter eine berufliche „Auszeit“ und kümmern sich um die Familienarbeit. Solch eine Entwicklung wäre auch hier zu Lande zu begrüßen.
Das Gesetz zur Europäischen Gesellschaft und die Fusionsrichtlinie haben die Debatte um die Mitbestimmung belebt. Mit der in der Europäischen Gesellschaft gefundenen Kombination aus Verhandlungslösung und flankierender Auffangregelung ist ein entscheidender Schritt zu einem sozialen Europa gelungen. Diese Mitbestimmungsregelung sollte auch in der Fusionsrichtlinie übernommen werden. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich für die Arbeitnehmermitbestimmung national und international ein.
Arbeitnehmer sind eine der wichtigsten Ressourcen für Unternehmen. Engagierte, verantwortlich denkende und handelnde Mitarbeiter zu haben, sollte daher das oberste Ziel einer Unternehmensführung sein. Die Beteiligung der Beschäftigten ist weder unverfroren noch ein großer Irrtum. Wie will man die Mitverantwortung und die Motivation der Beschäftigten fördern, wenn man den Beschäftigten die Beteiligungsrechte nimmt? Statt die Mitbestimmung abzuschaffen, muss sie modernisiert und an die Herausforderungen der Internationalisierung angepasst werden. Wir alle – auch die Gewerkschaften – müssen uns bewegen. Die Mitbestimmung ist einer der grundlegenden Erfolgsfaktoren des deutschen Wirtschafts- und Sozialsystems und ein Garant für sozialen Frieden. Sie ist ein Standortvorteil Deutschlands und hat sich als ein hervorragendes Instrument des Konfliktmanagements erwiesen. Motivation, Mitbestimmung als Teilhabe und Stabilität in den Betrieben sind entscheidend für die Produktivität der Mitarbeiter. Bei der Flexibilisierungsdebatte muss berücksichtigt werden, wie sehr sie zur Verunsicherung der Menschen führt und damit letztlich hemmend wirken kann.
Wir werden alles tun, damit die Mitbestimmung unter veränderten Rahmenbedingungen ein Win-Win-Thema bleibt. Die Form der Mitbestimmung wird entsprechend der gesamteuropäischen Verantwortung mit dem Ziel einer noch besseren Teilhabe angepasst werden. Eine klare gesetzliche Basis ist hierfür unabdingbar.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 15. Dezember 2004
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klaus.brandner@bundestag.de
Internet:
www.klausbrandner.de