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Im Untergeschoss des Reichstagsgebäudes befindet sich das „Archiv der Deutschen Abgeordneten“, ein Kunstwerk des Franzosen Christian Boltanski. Das symbolische Archiv besteht aus ungefähr 5.000 Metallkästen. Sie sind mit den Namen jener Abgeordneten beschriftet, die von 1919 bis 1999 demokratisch ins Parlament gewählt wurden. Blickpunkt Bundestag stellt in loser Folge einige Parlamentarier vor.
Helene Weber (1881 bis 1962) ist gleich zwei Mal eine Parlamentarierin der ersten Stunde. Sie war eine der wenigen Frauen, die 1919 in die Verfassunggebende Nationalversammlung und 1949 in den ersten Deutschen Bundestag einzogen. Als Mitglied des Parlamentarischen Rates, der 1948/49 eine Verfassung für das demokratische Nachkriegsdeutschland schuf, ist sie zudem eine der „Mütter“ des Grundgesetzes. Doch auch in der Sozialarbeit leistete sie als zentrale Figur der katholischen Frauenbewegung Pionierarbeit.
Weber arbeitete zunächst als Volksschullehrerin und unterrichtete nach einem Studium in Bochum und Köln. 1916 ließ sie sich vom Schuldienst beurlauben und gründete den Verein der katholischen Sozialbeamtinnen und die Soziale Frauenschule des Katholischen Deutschen Frauenbundes.
1919 wurde Weber für die Zentrumspartei in die Nationalversammlung gewählt. Man berief sie als erste Ministerialrätin in das Preußische Ministerium für Volkswohlfahrt. Von 1922 bis 1924 saß sie außerdem im Preußischen Landtag und wurde anschließend Reichstagsabgeordnete der deutschen Zentrumspartei. Ihr politisches Wirken wurde 1933 von den Nationalsozialisten wegen „politischer Unzuverlässigkeit“ zunächst beendet. Sie übernahm in dieser Zeit Aufgaben in der freien Wohlfahrtspflege.
Bereits 1946 wurde sie Abgeordnete der CDU im nordrhein-westfälischen Landtag und von 1946 bis 1948 Mitglied des britischen Zonenbeirates. Der Kreis ihres politischen Lebens schloss sich, als sie 1948 in den Parlamentarischen Rat berufen und 1949 in den Bundestag gewählt wurde, dem sie bis zu ihrem Tod angehörte.
Nach dem Krieg widmete sich Helene Weber dem Wiederaufbau demokratischer Verbände im Bereich der Fürsorge. Für ihr soziales Engagement erhielt sie 1956 unter anderem das große Bundesverdienstkreuz. Die Demokratin der ersten Stunde, die überzeugt war, dass „der Glaube an eine unverwüstliche und nie versiegende Kraft des Volkes uns Frauen über Gegensätze hinweg in eine neue Zukunft trägt“, starb 1962 im Alter von 81 Jahren.
Text: Georgia Rauer
Fotos: studio kohlmeier, picture-alliance
Erschienen am 18. Oktober 2004