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Interessenverbände

Schon in diesem Stadium wird die Referatsleitung Organisationen und Gruppen, die von dem Entwurf betroffen sein werden, zu Besprechungen zuziehen und mit ihnen Material und Stellungnahmen austauschen. Dies ist besser, als "am grünen Tisch" eine Regelung zu entwerfen, die dann später, falls sie so erlassen würde, sich als undurchführbar oder als fachlich nicht richtig fundiert erweisen könnte. Das heißt aber auch, dass Interessengruppen schon in diesem frühen Stadium Einfluss auf den Gesetzentwurf nehmen können. Sie treten nicht erst dem eigentlichen Gesetzgeber, dem Bundestag, gegenüber, etwa indem sie bei Anhörungen vor den Ausschüssen ihre Vorstellungen zu Gehör bringen und ihr Fachwissen zur Verfügung stellen, sondern sie erfahren auf diesem Wege oft schon vor den Abgeordneten von dem Entstehen eines Gesetzesvorhabens.

Sicher ist der Einfluss von Interessenverbänden immer ein kritischer Punkt in der Gesetzgebung. Andererseits muss gesehen werden, dass diese Verbände nicht willkürlich und nach den Vorstellungen einiger weniger Personen operieren, sondern im Prinzip berechtigte Interessen von Gruppen der Gesellschaft vertreten. Die einzelne Bürgerin, der einzelne Bürger, sei es als Gewerbetreibende, als Mitglied einer bestimmten Berufsgruppe, als Empfänger staatlicher Leistungen oder einfach für bestimmte Belange engagiert, kann Auffassungen allein, ohne den Zusammenschluss mit Gleichgesinnten, kaum zur Geltung bringen. Wenn sie ihre Anliegen ernst nehmen, werden sie sich einer Partei anschließen, aber auch einschlägigen Verbänden, Organisationen oder Bürgerinitiativen beitreten und dort an der Verwirklichung der gemeinsamen Vorstellungen mitarbeiten. Auf diese Mitwirkung der betroffenen und interessierten Kreise ist der Gesetzgeber auch angewiesen. Zum einen findet er bei ihnen ein erhebliches Maß von Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet, ohne das er schwerlich gerechte und auch geeignete Regelungen entwickeln könnte. Zum anderen ist es legitim und nützlich, wenn er Bedenken und Belange dieser betroffenen Kreise rechtzeitig kennt und gegebenenfalls berücksichtigt, weil auch ein Gesetz normalerweise nicht mit Gewalt durchgeboxt werden kann, sondern darauf angewiesen ist, dass es von den Betroffenen akzeptiert und befolgt wird. Wesentlich ist bei dieser geordneten Berücksichtigung von Interessen nur, dass nicht jeweils nur eine Seite gehört wird, sondern auch andere, die unterschiedliche, vielleicht gegensätzliche Interessen auf dem gleichen Feld haben können. So wird man bei einer arbeitsrechtlichen Regelung nicht nur die Arbeitgeberseite, sondern auch die Gewerkschaften hören, bei einer Vorschrift im Bereich der Produktion bestimmter Waren können sich nicht nur die entsprechenden Branchen, sondern auch Verbraucherorganisationen äußern, und wenn es um Energiepolitik und Industrieproduktion geht, werden seit vielen Jahren regelmäßig die Umweltschutzorganisationen einbezogen und um Stellungnahmen gebeten. Dazu kommen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den entsprechenden Gebieten und insbesondere eine beträchtliche Zahl von wissenschaftlichen Beiräten, die die Bundesregierung gebildet hat und die sie auf praktisch jedem Fachgebiet zusätzlich beraten können - ein Personenkreis von annähernd 6 000 Fachleuten in den verschiedensten Beiräten, Kommissionen und Fachausschüssen.

Auf diese Weise gelingt es, Sachverstand einzubeziehen, Interessen gegeneinander abzuwägen und Zustimmung in den betroffenen Kreisen für ein Gesetzesvorhaben zu gewinnen, ohne dass der Gesetzgeber sich der einen oder anderen Meinung einfach anschließen würde.

Zurück zum Referentenentwurf: Der fertige Text wird anderen fachlich oder politisch beteiligten Ministerien ebenfalls vorgelegt, weil die zu regelnden Gebiete häufig die Zuständigkeit mehrerer Ressorts berühren. Das gilt insbesondere für kostenwirksame Gesetze, die dem Finanzministerium mit vorgelegt werden müssen. Ähnliches gilt für Gesetze, deren Anwendung sich auf den Umweltschutz auswirken könnte, die so genannte Umweltverträglichkeitsprüfung.

Nach Abstimmung des Textes mit den beteiligten Ministerien wird der Entwurf dem Bundesjustizministerium zur Prüfung der Rechtsförmlichkeit zugeleitet. Geprüft wird die Vereinbarkeit mit geltendem Recht, von der Verfassung über benachbarte oder mitbetroffene Gesetze bis zu den Feinheiten der juristischen Sprache inklusive einer mehr und mehr geschlechtsneutralen Formulierung und der Verweisungstechnik. Danach legt der federführende Minister oder die federführende Ministerin den Gesetzentwurf dem Kabinett - das Kollegium der Bundesregierung, bestehend aus dem Bundeskanzler und allen Ministerinnen und Ministern - zur Beschlussfassung vor. Der vom Kabinett beschlossene Text wird vom Bundeskanzler dem Bundesrat zugeleitet.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/gesgeb/04interess
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