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174/1999
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Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung (Anhörung)

VERSICHERUNGSVERTRETER KÖNNEN SELBST VORSORGE TREFFEN

Berlin: (hib/KER-as) Handelsvertreter und insbesondere Versicherungsvertreter bedürfen des Schutzes der Gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Der Versicherungsvertreter befasse sich hauptberuflich mit Altersvorsorge und sei deshalb prädestiniert, für sein Alter selbst Vorsorge zu treffen, betonte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in seiner Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Basis der Anhörung vom Mittwochnachmittag war der Antrag der CDU/CSU "630-DM-Gesetz und Neuregelung der Scheinselbstständigkeit zurücknehmen” ( 14/1005). Die Versicherungswirtschaft stellte sich hinter das Anliegen der Oppositionsfraktion und erklärte, dem Handelsvertreter sei zumindest die jederzeitige Wahlmöglichkeit einzuräumen, ob er eine gesetzliche oder private Altersversorgung haben wolle. Zudem seien Familienangehörige als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzuerkennen, da viele Handelsvertreter ihr Gewerbe als Familienunternehmen führten.

Der Beirat für Selbstständige in der Gesellschaft für Informatik (GI) konstatierte in seiner Stellungnahme ebenfalls negative Auswirkungen des gültigen Gesetzes. Die vom Gesetzgeber festgelegten Kriterien zur Feststellung einer vermuteten Scheinselbstständigkeit träfen die IT-Branche bedingt durch die Form der Tätigkeit in besonderem Maße. Die Auftraggeber hätten fast alle reagiert, zum Teil, indem sie sich von den IT-Selbstständigen getrennt hätten. Im Übrigen gehe es nicht darum, ob die Kriterien im Einzelfall tatsächlich greifen oder nicht, sondern vielmehr darum, dass diese Kriterien als "Damoklesschwert” über den Verträgen "schweben”. Problematisch sei ferner die Haftung der Auftraggeber, da diese drei der vier Kriterien (keine Angestellten, nur ein Auftraggeber, Marktauftritt) kaum selbst beeinflussen und nicht sicher überprüfen können. Rechtsabteilungen warnten deshalb pauschal vor der Beschäftigung von Einzel- und Kleinstunternehmen. In dieselbe Richtung argumentierte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), der ausführte, erste Erfahrungen zeigten, dass sich Auftraggeber im Zweifel für den größeren Auftragnehmer entscheiden werden, bei dem sie sicher seien, keine Probleme mit Scheinselbstständigkeit einzugehen. Das Gesetz sei daher ein "Schlag gegen kleine Unternehmer und Unternehmensgründungen”. Der Deutsche Sportbund (DSB) äußerte sich hauptsächlich zum 630-DM-Gesetz. Eine Vielzahl von Vereinen sei gezwungen, Beitragssätze anzuheben, um die finanzielle Mehrbelastung zu kompensieren. Ganz besonders negativ habe sich in den Vereinen vor allem der zusätzliche Verwaltungsaufwand ausgewirkt. Die beste Lösung, so der DSB, wäre eine Rückkehr zu den alten Strukturen. Im Sportbereich gehe es nicht darum, hauptamtliche Tätigkeiten umzuwandeln, sondern darum, ehrenamtlichen Einsatz im Hinblick auf den damit verknüpften hohen Aufwand "in bescheidenem Umfang” zu honorieren.

Gegen eine Änderung der gültigen Gesetze sprachen sich hingegen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Deutsche Angestellten Gewerkschaft (DAG), die Gewerkschaften für Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) und Handel, Banken und Versicherungen (HBV) sowie die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen aus. Die Gewerkschaften betonten, die Bundesregierung habe mit der Neuregelung der geringfügigen Beschäftigung einen "längst überfälligen Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit getan”. Dort, wo geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wegfallen, entstünden nach dem Eindruck der NGG versicherungspflichtige Teilzeitarbeitsverhältnisse. Die bisherigen zur Verfügung stehenden Daten bestärkten die NGG in der Auffassung, dass die neuen Gesetze angefangen hätten "zu greifen”. Die HBV betonte, sie wolle keine echten Existenzgründungen verhindern, sondern lediglich den Missbrauch durch Scheinselbstständigkeit vermeiden. Die neue Gesetzeslage sei deshalb zu begrüßen, für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh. Die Befürchtung der CDU/CSU, es drohe der Verlust von zigtausenden Arbeitsplätzen, teilten die Gewerkschaften nicht.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen legten dar, sie seien auf die mit dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse einhergehenden Beitragseinnahmen angewiesen. Der Schätzerkreis der Spitzenverbände der Krankenkassen und des Bundesversicherungsamtes erwartet auf Grund einer Hochrechnung der bis August 1999 gemeldeten Pauschalbeiträge für versicherungsfreie geringfügig Beschäftigte für das Jahr 1999 Einnahmen von rund 1,3 Milliarden DM. Die zusätzlich anfallenden Pflichtbeiträge für Personen mit Nebenbeschäftigungen könnten nicht beziffert werden. Die Kassen plädierten allerdings dafür, auf das Kriterium der wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden zu verzichten, weil die Entgeltgrenze von 630 DM bereits im Regelfall eine geringere Wochenstundenzahl impliziere. Durch den Verzicht werde den Betrieben und Versicherungsträgern die versicherungsrechtliche Beurteilung mehrerer nebeneinander ausgeübter und für sich allein betrachtet geringfügiger Beschäftigungen erleichtert.



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Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/1999/9917403
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