Kommunen enttäuscht vom Regierungsentwurf zu den Gemeindefinanzen
Berlin: (hib/VOM) Mit Enttäuschung haben Vertreter der kommunalen Spitzenverbände am Dienstagnachmittag auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Gewerbesteuer ( 15/1517) reagiert. So sieht der Deutsche Städtetag darin keinen Kompromiss oder Mittelweg zwischen den Interessen der Kommunen und der Interessen der Wirtschaft, vielmehr seien eher die Vorstellungen der Wirtschaft verwirklicht. Der Ausschuss befasste sich daneben auch mit einem Entwurf des Bundesrates für ein Soforthilfegesetz für die Gemeinden ( 15/1470), mit einem Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des Grundgesetzes im Sinne einer kommunalen Finanzreform ( 15/1247) und einem Antrag der CDU/CSU, die Finanzkraft der Kommunen zu stärken ( 15/1217). Nach Meinung des Städtetages würden die Kapitalgesellschaften zum Aufkommen der von der Regierung geplanten Gemeindewirtschaftssteuer weniger beitragen als bisher zur Gewerbesteuer. Lediglich durch die Einbeziehung der Freiberufler in die Steuerpflicht wäre das bisherige Aufkommen zu halten. Der ausschließliche Bezug auf den Gewinn würde die kommunalen Einnahmen destabilisieren. Die Regierung plant, die Gemeindewirtschaftssteuer auf den objektiven Ertrag des Betriebs zu erheben. Ein Betriebsausgabenabzug bei der Bemessungsgrundlage selbst sowie bei der Einkommen- und der Körperschaftsteuer soll es künftig nicht mehr geben. Zusätzlich sollen solche Schuldzinsen hinzugerechnet werden, die an Gesellschafter oder ihnen nahestehende Personen gezahlt werden. Schließlich ist geplant, die bisherige Messzahlenstaffelung aufzugeben und die kommunalen Steuereinnahmen durch die Anhebung des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer von 2,2 auf 3,6 Prozent zu verbessern.
Professor Lorenz Jarass aus Wiesbaden wies darauf hin, dass damit die Wirtschaft nur noch zu einem Drittel und nicht mehr zur Hälfte zu den kommunalen Steuern beitragen würde. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erinnerte daran, dass die schlechter gewordene kommunale Infrastruktur auch Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort gehabt habe. Städte und Gemeinden hätten ihre Investitionen in den letzten zehn Jahren um etwa ein Drittel reduziert. Sie warteten darauf, nun wieder investieren zu können. Wenn zur Wahl stehe, die Umsatzsteuerbeteiligung der Kommunen zu erhöhen oder die Gewerbesteuerumlage zu senken, wäre nach
Meinung des kommunalen Spitzenverbands die Senkung der Umlage vorzuziehen. In Anbetracht des Regierungsentwurfs könnte sogar die bisherige Gesetzeslage in Verbindung mit einer Senkung der Gewerbesteuerumlage überlegenswert sein. Der Stuttgarter Bürgermeister Klaus-Peter Murawski nannte die Senkung der Umlage eine "bare Selbstverständlichkeit". Für den städtischen Mittelstand sei die Investitionstätigkeit der Kommunen lebenswichtig. Ähnlich argumentierte der Wetzlarer Oberbürgermeister Wolfram Dette. Für die Kommunen komme es auf die Stetigkeit der Einnahmen, auf Verlässlichkeit und ein angemessenes Volumen an. Der Regierungsentwurf schaffe mit der Gemeindewirtschaftssteuer jedoch nur eine neue Ertragssteuer, die längerfristig keinen Bestand haben werde.
Professor Peter Bareis von der Universität Hohenheim schlug vor, einen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer zu erheben. Den Regierungsentwurf bezeichnete er als halbherzig, die Vorschläge der Opposition seien besser geeignet, die Probleme zu lösen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnte davor, zu einer ertragsunabhängigen Bemessungsgrundlage für die Steuer zu kommen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland sprach von einer verheerenden Wirkung einer Substanzbesteuerung. Damit würden Unternehmen auch dann belastet, wenn sie keine Gewinne hätten, was sich auf die Investitionstätigkeit negativ auswirke. Letztlich führe dies zu einer höheren Konkursanfälligkeit und zunehmender Unattraktivität des Standortes Deutschland.