Sachverständige fordern bessere Vernetzung von Wissenschaft und Industrie
Berlin: (hib/BES) Einen stärkeren Austausch zwischen Forschung und Industrie im Bereich der so genannten Schlüsseltechnologien und eine bessere Förderung von wissenschaftlichen Nachwuchskräften haben Sachverständige anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Montagmittag gefordert. In der Grundlagenforschung sei zwar Deutschland nach wie vor stark. Doch in der Umsetzung der Forschungsergebnisse gebe es Defizite, die nach Meinung der Experten unter anderem auf verkrustete und unflexible Strukturen und mangelnde Förderung zurückzuführen sind. Angesichts der globalen Rahmenbedingungen seien die Schlüsseltechnologien auf eine Bündelung von Kräften und einen schnelleren Transfer zwischen Wissenschaft und praktischer Anwendung angewiesen. Ein guter Weg für eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie ist nach Ansicht von Professor Gerd Litfin, Vorstandsvorsitzender der Linos AG, die Projektförderung als das einzige Förderinstrument mit Marktelementen. Diese ermögliche eine erfolgreiche und rasche Umsetzung neuer Technologien in Produkte. Bedenklich sei jedoch, dass dieser Bereich immer mehr zurückgefahren werde. Er sehe es als "absolut kritisch" an, wenn hier Einsparungen vorgenommen werden. Auch für den Geschäftsführer der Fujitsu Enabling Technologies GmbH, Günter Merbeth, ist die projektbezogene Förderung der Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie eine Chance für eine engere Verknüpfung von Theorie und Praxis.
Für eine verstärkte Förderung des Mittelstandes in der Umsetzung der Schlüsseltechnologien plädierte Professor Helmut Schmidt, Direktor des Instituts für Neue Materialien. Dies sei notwendig, "wenn wir die Reise in die Zukunft gewinnen wollen". Als Beispiel für eine erfolgreiche Nutzung der flexiblen Strukturen des Mittelstandes bei der Umsetzung moderner Technologien führte er die Nanotechnologie an.
Kritisch über den Zustand der Nachwuchsförderung in Wissenschaft und Forschung äußerte sich Professor Karl Leo von der Technischen Universität Dresden. Er habe generell den Eindruck, dass die gesetzliche Regulierungsdichte in diesem Bereich in Deutschland zunimmt. Dagegen flexibilisieren andere Länder ihre Förderung von Spitzenkräften. Besonders das neue Hochschulrahmengesetz behindere die Arbeit der Hochschulen "massiv". Auch die Ausstattung der Hochschulen sei nicht mehr ausreichend. Problematisch für den Forschungsstandort sei darüber hinaus, dass ausländische Spitzenkräfte sich in Deutschland nicht dauerhaft niederlassen können. Dies erweise sich als ein Wettbewerbsnachteil: Hochqualifizierte Ausländer wandern "früher oder später" in die USA ab. Der Experte forderte in diesem Zusammenhang die Politik auf, den Hochschulen größere Freiheiten bei der Auswahl der Studienbewerber und der Einkommensgestaltung des Personals zu gewähren. Nach Ansicht von Professor Friedrich Herberg von der Universität Kassel fehlten in Deutschland vor allem Wirtschaftswissenschafter. Das interdisziplinäre Arbeiten gestalte sich daher schwer hierzulande. Großen Fachkräftebedarf machte der Einzelsachverständige Merbeth insbesondere in der IT-Branche aus.