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15. Wahlperiode
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   178. Sitzung

   Berlin, Donnerstag, den 2. Juni 2005

   Beginn: 9.00 Uhr

* * * * * * * * V O R A B - V E R Ö F F E N T L I C H U N G * * * * * * * *

* * * * * DER NACH § 117 GOBT AUTORISIERTEN FASSUNG * * * * *

* * * * * * * * VOR DER ENDGÜLTIGEN DRUCKLEGUNG * * * * * * * *

Präsident Wolfgang Thierse:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sitzung ist eröffnet.

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Tagesordnung um die folgende Zusatzpunktliste zu erweitern:

ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU: Absichten der Koalition, die Beweisaufnahme des 2. Untersuchungsausschusses – Visa – vorzeitig zu beenden

ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Verfahren

(Ergänzung zu TOP 30)

a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes (Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG)

– Drucksache 15/5576 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Rechtsausschuss Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz – BDBOSG)

– Drucksache 15/5575 –

Überweisungsvorschlag:Innenausschuss (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorganisation der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze

– Drucksache 15/5573 –

Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss (f)InnenausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

d) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch

– Drucksache 15/5574 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung

– Drucksache 15/5523 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Straffung der Umweltstatistik

– Drucksache 15/5538 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zweckvermögen des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank und zur Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank

– Drucksache 15/5566 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f)Finanzausschuss

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sören Bartol, Ludwig Stiegler, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Car-Sharing als innovative Verkehrsdienstleistung im Umweltverbund fördern

– Drucksache 15/5586 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Finanzierung der Künstlersozialversicherung sichern

– Drucksache 15/5476 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Bildung, Forschung und TechnikfolgenabschätzungAusschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Kauch, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Selbstbestimmungsrecht und Autonomie von nichteinwilligungsfähigen Patienten stärken

– Drucksache 15/3505 –

Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss (f)Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

ZP 3 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Schwerer Störfall in der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield

ZP 4 Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (17. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Ulrike Flach, Christoph Hartmann (Homburg), Cornelia Pieper, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Bildungsarmut in Deutschland feststellen und bekämpfen

– Drucksachen 15/3356, 15/4587 –

Berichterstattung:Abgeordnete Ulrike Flach Gesine Multhaupt Werner Lensing Grietje Bettin

ZP 5 Erste Beratung des von den Abgeordneten Rainer Funke, Rainer Brüderle, Daniel Bahr (Münster), weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Stärkung der Eigentümerrechte einer Aktiengesellschaft (1. Eigentümerrechte-Stärkungsgesetz – EigStärkG)

– Drucksache 15/5582 –

Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Annette Faße, Renate Gradistanac, Bettina Hagedorn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Werner Schulz (Berlin), Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Öffnungszeiten der Außengastronomie während der Fußball-WM 2006 flexibel handhaben

– Drucksache 15/5585 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Tourismus (f)Sportausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

ZP 7 Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)

– Drucksache 15/4493 –

(Erste Beratung 149. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss)

– Drucksache 15/5606 –

Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Michael Bürsch Beatrix Philipp Silke Stokar von Neuforn Dr. Max Stadler

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 15/5610 –

Berichterstattung:Abgeordnete Susanne Jaffke Klaus Hagemann Alexander Bonde Otto Fricke

Von der Frist für den Beginn der Beratung soll, soweit erforderlich, abgewichen werden.

Die Tagesordnungspunkte 16 und 17 sollen getauscht, der Tagesordnungspunkt 26 – Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften – abgesetzt werden. Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 a und 3 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen

– Drucksachen 15/5554, 15/5601 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss gem. § 96 GO

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge

– Drucksachen 15/5555, 15/5603 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendHaushaltsausschuss gem. § 96 GO

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Bundesminister Hans Eichel das Wort.

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Es klatscht schon gar niemand mehr! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zu Recht! – Hans Michelbach (CDU/CSU): Das ist die Abschiedsrede!)

Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Michelbach, Ihre Besetzung ist auch relativ dürftig!

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Wir sind da!)

Wie stark ist denn Ihr Interesse an diesem Thema? Wenn ich mir überlege, wie das im Bundesrat gewesen ist,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

wäre ich da an Ihrer Stelle außerordentlich vorsichtig.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Wir sind mehr Leute als Sie!)

Wir haben heute zwei Gesetzentwürfe zu behandeln: erstens das Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen, zweitens das Gesetz zur Sicherung der Unternehmensnachfolge – beides Gesetze, in denen Ergebnisse des Jobgipfels und der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 17. März dieses Jahres umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Im ersten Gesetzentwurf geht es um eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 19 Prozent und die Erhöhung des Anrechnungsfaktors bei der Gewerbesteuer von 1,8 auf 2,0 – bei kompletter Gegenfinanzierung im Unternehmensbereich.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage das mit allem Nachdruck, damit auch hier die Verhältnisse klar sind. Dies ist ein Element in einer Perspektive der weiteren Umgestaltung der Unternehmensbesteuerung, die ja – das ist jedenfalls die Position der Bundesregierung – zur rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung hinführen muss. Dies muss finanzierungsneutral erfolgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich darf Sie übrigens darauf hinweisen, dass die Bundesregierung bereits mit der Unternehmensteuerreform, die wir im Jahr 2000 beschlossen haben, genau diesen Weg vorgeschlagen hatte. Wir wollten schon damals Rechtsformneutralität. Das heißt nichts anderes, als die Personengesellschaften dem System der Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Wir hatten damals das Optionsmodell vorgeschlagen, damit die Personengesellschaften genau dies tun können. Damit würden wir uns in den europäischen Geleitzug einordnen. Sie haben das damals abgelehnt. Jetzt lese ich in der Zeitung als Vorschlag zum Beispiel von Herrn Kollegen Stratthaus, genau das müsse man jetzt tun: Man müsse das Optionsmodell – das Sie damals abgelehnt haben – einführen. Ein bisschen spät gemerkt, kann ich dazu nur sagen!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Aber nicht so, wie Sie es gemacht haben!)

Die Entwicklung ist ein Stück weiter gegangen: Es gibt in der Zwischenzeit einfachere und bessere Modelle. Deswegen sage ich: Das ist die Perspektive. Auf dem Weg dahin gehen wir einen ersten Schritt.

Dieser erste Schritt – das muss klar sein – hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie wir uns im europäischen Umfeld bewegen. Da sind die Entwicklungen, nachdem wir eine Reihe von Schritten gegangen sind, inzwischen wieder weitergegangen: Wir haben in vielen Ländern der Europäischen Union niedrigere Körperschaftsteuersätze, allerdings in sehr vielen Fällen mit breiterer Bemessungsgrundlage als bei uns.

Deswegen ist es richtig, den Weg in diese Richtung zu gehen, nämlich auf der einen Seite die Steuersätze bei uns zu senken und auf der anderen Seite die Gegenfinanzierung im Unternehmensteuerbereich zu suchen. Weil es nicht sein kann, dass es einen Steuersenkungswettlauf in Europa gibt – das macht für niemanden einen Sinn –, müssen wir allerdings auch zu einer Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union kommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Bundesregierung hat als ersten Schritt dahin diese Initiative gestartet, um zu einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer zu gelangen. Das wird inzwischen von ungefähr 20 der 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union als richtiges Ziel anerkannt. Auch die Kommission hat das an die Spitze ihrer Arbeit in diesem Bereich der Lissabon-Agenda gesetzt. Ich denke, das ist auch richtig.

In diesem Zusammenhang will ich aber ausdrücklich deutlich machen, dass wir weiter gehen müssen. Damit bin ich bereits bei der Gegenfinanzierung. Wer die Verlagerung des Steuersubstrats in Europa von einem Standort zum anderen verhindern will – es geht also darum, dass der Gewinn nicht mehr an einem anderen Ort als dem versteuert wird, an dem er entstanden ist –, der kann das schlussendlich nicht mit einem irrsinnigen Kontrollaufwand erreichen – das würden wir nie schaffen –, sondern nur dadurch, dass es die steuerlichen Anreize für die Verlagerung von Steuersubstraten nicht mehr gibt. Das ist die eiserne Logik dieser Entwicklung.

Wie gesagt, hiermit bin ich bei dem streitigen Punkt der Gegenfinanzierung. Das Prinzip ist übrigens nicht streitig; das ist auch von allen anerkannt worden. In dem Augenblick, in dem man mit der Körperschaftsteuer heruntergeht, wird der Anreiz, das Steuersubstrat zu verlagern, kleiner. Die einzige Frage ist, wie hoch man das ansetzt. Wir haben das aus meiner Sicht sehr vorsichtig angesetzt. Deswegen stehe ich dazu, dass dies aufkommensneutral geschieht. Wir gehen davon aus, dass ein Gewinn von 50 Milliarden Euro, der in Deutschland entsteht, hier nicht versteuert wird. Wir rechnen damit, dass künftig etwa 6,5 Milliarden Euro aufgrund dieser Steuersatzsenkung in Deutschland verbleiben. Die steuerliche Gesamtbelastung nach dem neuen System, nach den neuen Steuersätzen, wird ein Drittel betragen. Somit werden etwa 2,2 Milliarden Euro an Steuern anfallen.

Bei dieser Gelegenheit will ich noch auf etwas anderes hinweisen, weil von angeblichen Luftbuchungen die Rede war.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Immer! – Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Doppelte Luftbuchungen!)

Ich hatte die Höhe der Steuersenkungen – hören Sie genau zu – aufgrund der Steuersatzsenkung von 25 auf 19 Prozent mit 6,2 Milliarden Euro angesetzt. Die bayerische Rechnung ergab 5,2 Milliarden Euro. Nur so viel möchte ich zu der Frage sagen, ob hier Luftbuchungen enthalten sind oder nicht.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Eine Milliarde Euro! Das sind doch keine Peanuts!)

Eine nächste Bemerkung, die ich in diesem Zusammenhang machen will: Als ob das in Ihren Reihen nicht abgestimmt war, gab es in der Union eine Diskussion darüber, dass hier die Konzerne wieder begünstigt würden und der Mittelstand wieder benachteiligt sei.

Erstens war das noch nie der Fall. Um das zu erkennen, müssen Sie sich nur die Gutachten des Sachverständigenrates, der Deutschen Bundesbank und von Arthur Andersen für das „Handelsblatt“ anschauen. Dann erkennen Sie, dass die Steuerreform genau das Gegenteil beinhaltete, dass der Mittelstand und die Personengesellschaften dabei nämlich deutlich besser weggekommen sind als die Kapitalgesellschaften.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens ist es auch falsch, zu behaupten, Kapitalgesellschaften seien die Großen und Personengesellschaften seien die Kleinen. Von den 15 Prozent Kapitalgesellschaften sind nämlich über 90 Prozent Mittelständler und von den 85 Prozent Personengesellschaften sind 20 Prozent GmbH & Co. KGs. Sie wechseln von einem Steuerregime ins andere, je nachdem, wie es für sie günstiger ist. Auch insofern ist die Debatte, die an dieser Stelle geführt wird, unsinnig.

(Beifall bei der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): Wo wollen sie denn da wechseln?)

Ich hatte Herrn Kollegen Faltlhauser gesagt, worüber man reden kann. Wenn man mit einzelnen Elementen der Gegenfinanzierung nicht einverstanden ist, sollte man sich daran erinnern, dass der Bundeskanzler am 17. März 2005 an dieser Stelle gesagt hat, dass angesichts der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auch eine Erhöhung der Dividendenbesteuerung als ein Finanzierungsinstrument erwogen werden könne.

Wir stehen nun vor folgender Situation: Sie sagen zwar zum wiederholten Male – so haben Sie sich ja die ganze Wahlperiode verhalten –, was Ihnen nicht passt, Sie ziehen aber nie die Konsequenz aus Ihrem Teil der Verantwortung, die Sie deshalb tragen, weil Sie den Bundesrat mit einer Mehrheit dominieren. Sie sagen nicht, was Sie an dieser Stelle wollen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Da sind Sie aber nicht hier gewesen! Steuerkonzept 21, Erbschaftsteuerrecht! Unmöglich!)

Damit werden Sie übrigens nicht mehr lange durchkommen, wenn es nach Ihrer Strategie geht. Sie fallen jetzt nämlich aufgrund Ihrer eigenen Fesseln. Nach Ihrer Strategie gewinnen Sie im Herbst Neuwahlen. Ich sage ausdrücklich „nach Ihrer“. Da werden Sie sich aber noch wundern.

(Lachen bei der CDU/CSU – Elke Wülfing (CDU/CSU): Wer will denn Neuwahlen? Damit ist doch der Bundeskanzler gekommen!)

Wenn das so sein sollte, dann könnten Sie nicht nur die Hälfte der Verantwortung übernehmen. Vielmehr müssten Sie dann endlich sagen, was Sie selber wollen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie aber im Herbst in der Lage sein wollen, deutlich zu machen, was Sie selber wollen, dann können Sie doch schon in diesem Sommer wenigstens die Hälfte der Verantwortung, die Sie zurzeit haben, wahrnehmen. Um diesen Sachverhalt geht es.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU – Elke Wülfing (CDU/CSU): Ich schicke Ihnen die Drucksache!)

So ist es auch bei dem zweiten Gesetzesvorhaben. Dabei war hinsichtlich der Regelung zur Sicherung der Unternehmensnachfolge verabredet, dass der bayerische Entwurf eingebracht wird. Die Bundesregierung hatte sich, wenn das gewünscht würde, bereit erklärt, ihrerseits diesen Entwurf einzubringen. Was habe ich bekommen? Einen Entwurf von Herrn Faltlhauser, der, so hat er mir erklärt, im Kabinett noch gar nicht beraten wurde.

(Zuruf von der SPD: Wo ist der überhaupt? – Elke Wülfing (CDU/CSU): Das stimmt doch gar nicht! Das ist doch peinlich! Der Bundesrat hat es beschlossen!)

Meine Nachfrage, ob dies der Entwurf ist, hinter dem die Union steht, wurde nie beantwortet. Auch meine zweite Frage nach der Gegenfinanzierung wurde nicht beantwortet. Wir haben dann einen Entwurf eingebracht, woraufhin Bayern sehr schnell reagiert hat. Was ist in diesem Entwurf als Gegenfinanzierung vorgesehen? Sie wollen eine Landessteuer senken und dies mit Einnahmen aus einer Gemeinschaftsteuer finanzieren. Das ist – oh Wunder – genau das, was der Bundeskanzler, wenn es bei der Gegenfinanzierung für die Absenkung des Körperschaftsteuersatzes noch Probleme geben sollte, für uns erklärt hatte, nämlich zur Finanzierung dieser Senkung die Dividendenbesteuerung zu erhöhen. Meine Damen und Herren, merken Sie denn gar nicht, wie lächerlich Sie sich mit einem solchen Vorschlag machen?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)

Damit sind wir bei dem Grundproblem. Angeblich haben Sie den Jobgipfel gewollt. Man hat jedoch schon Tage vorher lesen können, dass Sie über die Einladung des Bundeskanzlers zu diesem Gipfel eher unglücklich waren. Sie wussten nämlich nicht, was Sie auf diesem Jobgipfel umsetzen wollten.

(Zustimmung bei der SPD)

Genau so haben Sie sich hinterher verhalten. Die Einsetzung einer Arbeitsgruppe mit einem Finanzminister eines sozialdemokratisch geführten Landes, einem Finanzminister eines unionsregierten Landes und mir war verabredet. Ich habe Wochen gebraucht, um herauszufinden, wer denn mein Gesprächspartner war.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das liegt aber an Ihnen!)

Das war dann Herr Faltlhauser. Als wir uns das erste und einzige Mal getroffen haben, hat er uns erklärt, dass er erstens kein Verhandlungsmandat habe und es zweitens keine Arbeitsgruppe gebe. So gehen Sie mit den Ergebnissen des Jobgipfels um! Deswegen sind wir jetzt in der Situation, dass wir diese Fragen im offenen parlamentarischen Verfahren angehen müssen.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Das ist aber etwas Besonderes, Gesetze im Parlament zu beschließen!)

Ich hoffe, dass jetzt eines aufhört – damit werden Sie nicht durchkommen; denn das werden wir in dem anstehenden Wahlkampf in aller Deutlichkeit sagen –: Diese Art destruktiver Politik, alles abzulehnen und nicht zu erklären, was Sie selber wollen, hat unser Land in eine schwere Krise geführt. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen; darüber reden wir noch in der nächsten Debatte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Wer regiert hier eigentlich?)

Wenn Sie – das finde ich als Finanzminister wunderbar, weil ich das genauso sehe – auf einer vollen Gegenfinanzierung bestehen, dann sagen Sie einmal Herrn Kauder – er ist jetzt nicht da –, dass die Sache mit dem Selbstfinanzierungseffekt nicht funktioniert. Hier geht es nur darum, ob ein vorhandenes Steuersubstrat im Lande bleibt. Ich habe nämlich gelesen, die von der CDU/CSU geplante Absenkung der Steuersätze in ihrem Konzept könne unter anderem durch ein Anziehen des Wirtschaftswachstums und durch mehr Beschäftigung finanziert werden. – Meine Damen und Herren, damit fallen Sie auf Positionen zurück, die Sie zuletzt im Jahre 2000 vertreten und seither die ganze Zeit dementiert haben, die Sie aber jetzt, um dem Volk Sand in die Augen zu streuen, wieder ausgraben.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Bei Ihnen gibt es kein Wachstum und keine Beschäftigung!)

Das ist das genaue Gegenteil von dem, mit dem Sie gegenwärtig gegen diese beiden Gesetzentwürfe argumentieren. Bei Ihnen passt nichts zusammen. So kann man zu keinem gedeihlichen Ergebnis kommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Sie wollen doch gar nicht mehr regieren!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Heinz Seiffert, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Heinz Seiffert (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Herr Minister Eichel, diese Vorstellung war eines Finanzministers, der in Deutschland seit sieben Jahren Verantwortung trägt, nicht würdig; das will ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nur die Opposition zu beschimpfen und für alles Unheil, das man selbst angerichtet hat, verantwortlich zu machen ist schäbig und billig.

(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU))

Dabei haben Sie mit Ihrer Politik die Lage in Deutschland, die äußerst schwierig ist, ganz maßgeblich mit verursacht.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das gilt für das schwache Wachstum, den Arbeitsmarkt, die öffentlichen Haushalte, die sich in einer desaströsen Situation befinden, und die sozialen Sicherungssysteme.

Wir haben die Bundesregierung zum Handeln drängen müssen.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Ja! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Auf dem großen Jobgipfel am 17. März, der prächtig inszeniert worden ist,

(Dr. Uwe Küster (SPD): Lächerlich, diese Behauptungen!)

wurde die Senkung der Körperschaftsteuer auf 19 Prozent sowie die Vereinfachung der Unternehmensnachfolge bei voller Gegenfinanzierung beschlossen. Wir stehen nach wie vor zu diesen Plänen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Herr Minister Eichel, heute, am 2. Juni, 77 Tage nach diesem Jobgipfel, legen Sie endlich Gesetzentwürfe vor, die offenbar in den rot-grünen Reihen heftig umstritten sind. Warum haben Sie denn die Vorlage aus eigenen Stücken um drei Wochen verzögert? Doch nicht wegen uns!

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Richtig!)

Nun bleiben dem Parlament zur geplanten Verabschiedung am 1. Juli ganze 29 Tage. Ein angemessenes, geregeltes Verfahren ist in dieser knappen Zeit kaum möglich. Wie man hört, wollen Sie angesichts der Streitereien in Ihren Reihen gar keinen Abschluss im Bundestag. Laut einer dpa-Meldung vom 31. Mai sind die Vorsitzenden von Rot-Grün, also Frau Roth und Herr Müntefering, sehr skeptisch, dass es vor den Neuwahlen noch zu einem Abschluss des Verfahrens kommt. Auch der bedeutende Finanzpolitiker Kollege Poß hat dies heute Morgen im Frühstücksfernsehen bestätigt.

(Joachim Poß (SPD): Wegen Ihres Verhaltens! – Dr. Uwe Küster (SPD): Weil Sie blockieren! – Lachen bei der CDU/CSU)

Offenbar hat die rot-grüne Koalition beschlossen, die Gesetze im Bundestag nur einzubringen und in den Ausschüssen zu beraten. Sie sind nicht wirklich an einem Abschluss interessiert. Sie wollen sich über die Zeit retten und der Opposition den Blockadevorwurf anhängen.

(Zuruf von der SPD: Der ist berechtigt!)

So wollen Sie von Ihren Problemen ablenken, meine Damen und Herren von Rot-Grün.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das verwundert ja auch nicht. Im „Handelsblatt“ vom 31. Mai lehnt die SPD-Linke die Gesetzentwürfe ab. Entweder wollen Sie diesen Streit verdecken oder der Bundeskanzler will gar die Vertrauensfrage an diese Gesetze knüpfen. Sollen diese für den Wirtschaftsstandort und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe so wichtigen Gesetze zum Spielball Ihrer politischen Interessen werden? Wieso beraten wir heute den Gesetzentwurf, wenn die Spitzen der Koalition offenbar gar nicht die Absicht haben, dieses Gesetz in das Gesetzblatt zu bringen? Wie stellen Sie sich unter solchen Umständen eine Anhörung vor? Die Sachverständigen werden sich doch missbraucht und verschaukelt fühlen, und zwar völlig zu Recht.

(Beifall der Abg. Elke Wülfing (CDU/CSU))

Wie ernst ist es Ihnen mit der Senkung der Körperschaftsteuersätze und mit der Reform der Unternehmensübergaben wirklich? Haben Sie noch die politische Kraft, das, was der Bundeskanzler beim Jobgipfel angekündigt und versprochen hat, umzusetzen?

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Nein!)

Sie kommen mir vor wie ein Boxer in der zwölften Runde, der sich stehend k. o. nach dem Schlussgong sehnt und noch einige Luftlöcher schlägt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele (FDP))

So können Sie dieses wichtige Thema doch nicht verbraten, meine Damen und Herren von Rot-Grün.

Ich stelle für die Unionsfraktion noch einmal fest: Wir wollen die Unternehmensteuerreform nicht nur anberaten, sondern wir wollen sie in das Gesetzblatt bringen. Wir werden wie immer konstruktiv mitarbeiten.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Wir werden selbst das enge und chaotische Verfahren in 29 Tagen mitmachen, wenn wir so für den Wirtschaftsstandort Deutschland ein wichtiges Signal setzen können; denn mit dem Jobgipfel sind sowohl bei den Kapitalgesellschaften als auch beim Mittelstand große Erwartungen geweckt worden.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das stimmt!)

Wir haben – Herr Eichel, das sage ich noch einmal – unsere Hausaufgaben gemacht.

(Zurufe von der SPD: Wo denn? – Lächerlich!)

Wir haben einen Gesetzentwurf – den hat das Land Bayern erarbeitet – über die Erbschaftsteuerreform vorgelegt, und zwar mit voller Gegenfinanzierung. Bei Ihrem Gesetzentwurf zur Senkung der Körperschaftsteuer ist die vorgeschlagene Gegenfinanzierung jedoch unzureichend, und zwar sowohl was die Maßnahmen als auch was die Höhe betrifft. Hier müssen Sie, Herr Eichel, schleunigst nachbessern, damit wir diese für den Wirtschaftsstandort so wichtigen Gesetze möglichst schnell in Kraft treten lassen können.

In der Tat sind unsere Steuersätze im europäischen Vergleich nicht konkurrenzfähig. Sie haben Recht: Die Bemessungsgrundlagen müssen innerhalb Europas dringend harmonisiert werden.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Da hättet ihr längst mitmachen können!)

Das Steuerrecht ist zu bürokratisch und zu kompliziert. Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen ins Ausland abwandern oder aufgeben müssen. In den letzten Jahren mussten jeweils 40 000 Unternehmen Insolvenz anmelden. Im letzten Jahr wurden täglich 1 500 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. So kann es und darf es doch nicht weitergehen. Unsere Kinder und Kindeskinder müssen doch in Deutschland auch im produzierenden Gewerbe noch Ausbildungs- und Arbeitsplätze finden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dazu gehört auch, dass wir Unternehmensübergaben erleichtern müssen. Allein in diesem Jahr werden über 60 000 Unternehmen an die nächste Generation übergeben. Es darf nicht sein, dass der Erbfall zum Substanzverlust führt. Wenn das Unternehmen fortgeführt wird, darf nicht der Neid gegenüber den Erben im Vordergrund stehen; vorrangig ist vielmehr der Erhalt der Arbeitsplätze. Hierbei darf die Erbschaftsteuer keine erdrosselnde Wirkung entfalten. Deshalb muss die Reform – wie vorgeschlagen – gelingen. Besonders der Mittelstand mit seiner oft dünnen Kapitaldecke wartet dringend auf eine Lösung.

Die beiden Gesetzentwürfe sind insofern vom Grundsatz her zu begrüßen. Sie entsprechen den Zielsetzungen und Ergebnissen des Jobgipfels. Die Stundung der Erbschaftsteuer bei Unternehmensübergaben und die Senkung der Körperschaftsteuer auf 19 Prozent sind grundsätzlich richtig. Die Maßnahmen müssen jedoch – so lautet auch die Vereinbarung – voll gegenfinanziert und aufkommensneutral gestaltet werden.

In diesem Zusammenhang frage ich Sie noch einmal: Wo bleiben Ihre Finanzierungsvorschläge, Herr Eichel? Diese vorzulegen war Ihre Aufgabe.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei der Senkung der Körperschaftsteuer verzichten Sie zu einem guten Teil auf die Gegenfinanzierung und bauen auf das Prinzip Hoffnung. Eine sorgfältige aufkommensneutrale Gegenfinanzierung wird nicht nur von uns als Opposition, sondern auch von den Grünen und mittlerweile sogar von Teilen der SPD-Fraktion gefordert.

Sie, Herr Minister Eichel, rechnen mit erheblichen Mehreinnahmen durch das zusätzlich in Deutschland zu versteuernde Gewinnsubstrat. Wenn es denn so einfach wäre, die Gewinne dorthin zu verschieben, wohin man gerade will!

(Widerspruch des Bundesministers Eichel)

So einfach ist das aber nicht. Wenn es so einfach wäre, dann hätten Sie längst die Finanzbehörden anweisen müssen, dies erneut zu regeln.

Tatsache ist aber, Herr Eichel: Auch die Regierungskoalition glaubt mittlerweile Ihren Prognosen nicht mehr. Sie haben mit Ihren verfehlten Prognosen alle Glaubwürdigkeit verspielt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele (FDP))

Sie bauen Ihre gesamte Haushalts- und Finanzplanung allein auf das Prinzip Hoffnung. Wohin uns das geführt hat, sehen wir jetzt.

Im Übrigen schadet es dem Wirtschaftswachstum und dem Standort, wenn Sie die Senkung des Körperschaftsteuersatzes an Maßnahmen koppeln, die die um das Überleben kämpfenden Mittelständler weiter belasten. Ich denke dabei zum Beispiel an die Erhöhung der Mindestbesteuerung, die systematisch und wirtschaftlich falsch ist. Deshalb können wir eine solche Maßnahme nicht mittragen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Die Ergebnisse des Jobgipfels sind vernünftige Einzelbausteine, die es rasch umzusetzen gilt. Dabei ist auf eine seriöse und aufkommensneutrale Gegenfinanzierung zu achten. Alles andere ist angesichts der desolaten Haushaltslage des Bundes und der Länder nicht zu verantworten. Darin sind wir uns hoffentlich einig.

Die Senkung der Körperschaftsteuer und die unternehmensfreundliche Reform der Erbschaftsteuer sind wichtige Schritte zu einem besseren und gerechteren Steuerrecht. Aber sie reichen längst nicht aus. Auch darin sind wir uns sicherlich einig.

Angesichts eines dümpelnden Wirtschaftswachstums sowie von 5 Millionen arbeitslosen Menschen brauchen wir mehr, nämlich mutige Strukturreformen in allen Bereichen. Ich bin mir sicher, dass Sie von Rot-Grün diese nicht mehr schaffen. Dazu fehlen Ihnen der Wille und die Kraft.

(Widerspruch bei der SPD)

Bei den vorliegenden Gesetzentwürfen sollten Sie sich aber noch einmal zusammenreißen. Dazu fordere ich Sie auf. Zumindest bis September dieses Jahres sind Sie gewählt und stehen in der Verantwortung.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Richtig!)

Deshalb ist es Ihre Pflicht, diese beiden Gesetzentwürfe nicht nur anzuberaten und Legenden zu bilden, sondern sie ins Gesetzblatt zu bringen. Sie sollten sich Ihrer Verantwortung bewusst werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß (SPD): Heuchler!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile Kollegin Christine Scheel, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Jetzt werden wir mal die Pirouetten beobachten!)

Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Herr Seiffert, Ihre Äußerung, dass die Union bereit ist, die Unternehmensteuerreform und auch die vorgesehenen Änderungen in der Erbschaftsteuer ins Gesetzblatt zu bringen, ist durchaus ehrenwert. Aber wenn Sie zu den Vorschlägen des Jobgipfels stehen

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das tun wir!)

und der Meinung sind, dass dabei eine vernünftige Gegenfinanzierung notwendig ist,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Wie Sie auch!)

dann frage ich mich, warum Sie fast alle Vorschläge zur Gegenfinanzierung, die von Rot-Grün und vom Minister bislang vorgelegt wurden, ablehnen, aber bis heute keinen einzigen eigenen Vorschlag eingebracht haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Der Bundesrat hat mit der Mehrheit der unionsregierten Länder das Gesetz in einer ersten Stellungnahme als unzureichend finanziert beurteilt.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Die haben das Gesetz beschlossen! – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Wie Sie auch!)

Die Länder haben im Bundesrat keinen einzigen Vorschlag für die Umsetzung der Vereinbarungen des Jobgipfels unterbreitet.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie reden hier immer anders als in der Öffentlichkeit! Das ist das Problem!)

Das gilt auch für Ihre Länder.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Die haben es doch am Freitag beschlossen!)

Vonseiten Ihrer Ministerpräsidenten gibt es in der Debatte über dieses Thema die unterschiedlichsten Vorschläge. Der eine sagt: Die Eigenheimzulage muss jetzt doch abgeschafft werden. Der Zweite sagt: Die Pendlerpauschale wird reduziert. Der Dritte sagt: Die Sonntags- und Nachtarbeitszuschläge werden in Zukunft nicht mehr steuerfrei gestellt.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Konzept 21! Nicht einmal das haben Sie gelesen! Da steht alles drin!)

Der Vierte sagt: Wir müssen den Sparerfreibetrag abschaffen. Der Fünfte sagt: Die Mehrwertsteuer muss um 4 Prozent angehoben werden. So wird die Debatte in den unionsregierten Ländern geführt,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

aber es wird keine ernsthafte Debatte darüber geführt, wie die Unternehmensteuerreform ins Gesetzblatt kommen kann. Das ist die Wahrheit! Also muss man jetzt auch einmal klipp und klar sagen: Stehen Sie als Union zu diesen Vorschlägen und sorgen Sie im parlamentarischen Verfahren dafür – alle Menschen in diesem Land wissen doch, dass die Vorschläge nur mit Zustimmung des Bundesrates umgesetzt werden können –, dass die Mehrheit im Bundesrat die Ergebnisse der Beratungen hier im Deutschen Bundestag auch mittragen wird.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Der Bundestag braucht erst einmal eine Mehrheit! – Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Sie brauchen erst einmal eine Mehrheit!)

Sie wissen alle – auch Sie, Herr Thiele, obwohl ich manchmal denke, Ihr Gedächtnis ist verdammt kurz –, dass wir uns keine weiteren Steuerausfälle erlauben können, und zwar weder der Bund noch die Länder. Wir müssen doch sehen, dass sich hier wirklich niemand aus der Verantwortung stehlen kann.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Sagen Sie das mal Ihrem Bundeskanzler!)

Sie haben im Bundesrat – der Minister hat es zu Recht angesprochen – den Subventionsabbau in Höhe von 17 Milliarden Euro pro Jahr blockiert und Sie wissen ganz genau, dass wir die derzeitigen Probleme in den Haushalten des Bundes und der Länder nicht hätten, wenn Sie sich in den letzten Jahren steuer- und finanzpolitisch konstruktiv und verantwortlich verhalten hätten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Also ist die Opposition schuld! Die Opposition muss zurücktreten!)

Das weiß mittlerweile jeder in diesem Land.

Ich möchte noch etwas sagen zur Steuerbelastungssituation in der Bundesrepublik Deutschland, die von der FDP immer so aufgeblasen wird. Die Steuerquote, also die Summe der insgesamt gezahlten Steuern im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt, ist in Deutschland im Vergleich mit allen Ländern, mit denen wir uns in Europa zu vergleichen haben, und auch im Vergleich mit den USA, Kanada und Japan mit die niedrigste.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist der falsche Vergleich! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Rechnen Sie doch mal das Kindergeld und die Eigenheimzulage mit rein! Alles Märchenstunde!)

Wir haben eine historisch niedrige Steuerquote und stehen im internationalen Vergleich sehr gut da.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das stimmt so nicht!)

Da zeigt sich, dass die Steuerpolitik von Rot-Grün in den letzten sieben Jahren, die vor allen Dingen die Entlastung der kleinen und mittelständischen Unternehmen

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das Land jubelt! – Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Fragen Sie die mal!)

und die Entlastung der Familien und der kleinen Einkommen zum Ziel hatte, aufgegangen ist und dass eine erhebliche steuerliche Entlastung auch wirklich stattgefunden hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Lesen Sie mal den Armutsbericht! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Das Land jubelt! Sie können sich vor Dankbarkeit gar nicht mehr retten!)

Jetzt geht es um Strukturverbesserungen in unserem Steuersystem und um mehr Transparenz und Vereinfachung.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das machen wir jetzt! Beschließen wir das Gesetz!)

Wir müssen unsere Steuersätze bei den Unternehmen, die sich international messen lassen müssen, auf ein Niveau setzen, das die internationale Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet. Hier müssen wir feststellen, dass die Steuersätze – es geht nicht um die Steuerbelastung, sondern um die Steuersätze, um die Optik – für die Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland leider sehr hoch sind. Deshalb sagen wir zu Recht: Wir müssen mit diesem Gesetz den Körperschaftsteuersatz auf 19 Prozent senken – die Gewerbesteuer und der Solidaritätszuschlag kommen noch hinzu –, damit wir ins westeuropäische Mittelfeld rücken.

Diese Entscheidung zugunsten des Standortes und der Arbeitsplätze in Deutschland ist richtig und notwendig, und zwar nicht nur vor dem Hintergrund des Standortwettbewerbs, sondern auch im Hinblick auf die Erhöhung des Anreizes für Unternehmen, ihre Gewinne hier zu versteuern.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Machen Sie das!)

Darauf hat der Minister bereits hingewiesen.

Das Ziel der Senkung der Unternehmensteuern ist also, Unternehmen, die bereits Gewinne am deutschen Fiskus vorbei ins Ausland transferieren oder darüber nachdenken, weil andere Länder ihre Steuersätze senken, in Deutschland zu veranlagen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Finanzierung dieser Reform auf eine solide Grundlage gestellt wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Trauen Sie sich! Nur Mut!)

Sie haben sich ebenfalls dazu bekannt und gesagt, dass Sie sich daran beteiligen werden. Frau Merkel hat aber gesagt, die Unternehmensteuerreform gefalle ihr nicht.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Sie wollen doch nur von Ihrer eigenen Zerrissenheit ablenken!)

Wir bräuchten stattdessen eine Senkung des Spitzensteuersatzes auf 39 Prozent und diese Senkung solle mit einer Anhebung der Mehrwertsteuer finanziert werden. Das akzeptieren wir nicht. Das wird mit uns nicht zu machen sein. Das muss man an dieser Stelle ganz klipp und klar sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Elke Wülfing (CDU/CSU): Der ehemalige Finanzminister von Schleswig-Holstein findet das richtig!)

Wir wollen mehr Anreize für Arbeitsplätze und Investitionen am Standort Deutschland.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Das glaubt Ihnen niemand mehr!)

Wir Grüne haben Vorschläge gemacht, aus denen hervorgeht, wie man in steuerlicher Hinsicht auf die Problematik der Arbeitsplatzverlagerung reagieren sollte. Wir befinden uns im Finanzausschuss in der Diskussion darüber.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Nicht im Finanzausschuss! Bisher nicht!)

Ich gehe davon aus, dass sich Union und FDP daran konstruktiv beteiligen werden.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Wir kennen aber keine Vorschläge von Ihnen im Finanzausschuss!)

– Herr Thiele, wenn Sie behaupten, dass Sie keine Vorschläge von uns kennen, dann kann ich nur sagen: Wir sind gerade am Anfang der Beratungen. Wir lesen heute den Gesetzentwurf zum ersten Mal.

Morgen wird der Finanzausschuss erstmalig darüber beraten. Danach werden wir im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens – ich hoffe: gemeinsam – für eine vernünftige Finanzierung sorgen. Wenn Sie sich hier aufblasen und sagen, Sie seien bereit, das Gesetz in Kraft treten zu lassen, dann bitte ich auch um Vorschläge Ihrerseits. Sie können nicht nur ständig das, was Rot-Grün vorschlägt, ablehnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Wir hätten viel weiter sein können, wenn Sie nicht gewesen wären!)

Ein weiteres Gesetz, das wir sehr positiv betrachten, betrifft die Regelung der Unternehmensnachfolge. Es ist richtig, die Unternehmensnachfolge vor allen Dingen in mittelständischen Familienbetrieben zu erleichtern. Der Vorschlag, nach zehn Jahren Betriebsfortführung die Erbschaftsteuer auf das betriebliche Vermögen – gestaffelt – entfallen zu lassen, ist richtig. Das ist für den Standort und die Planungssicherheit der Unternehmen sehr wichtig.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Das war doch unser Vorschlag!)

Für uns ist entscheidend, dass der Betriebsübergang für kleine und mittlere Unternehmen erleichtert wird, dass Arbeitsplätze dadurch langfristig gesichert werden, dass es in diesem Zusammenhang keine neuen Steuersparmodelle gibt und dass die Finanzierung dieser Reform auf eine solide Basis gestellt wird. Dazu wird es im Gesetzgebungsverfahren noch Vorschläge geben.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Dann fordern Sie den Finanzminister auf, nachzubessern, genauso wie ich es gemacht habe!)

Ich sage an die Adresse der Union: Wenn Sie sich gegen die Umsetzung unserer Vorschläge nicht sperren und wenn es Ihnen wirklich Ernst ist,

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Uns ist es Ernst!)

dass wir die Ergebnisse des Jobgipfels noch vor der Sommerpause in Gesetze umsetzen – Sie wissen, dass wir die Zustimmung des Bundesrates brauchen –,

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Sie haben doch in den eigenen Reihen keine Mehrheit!)

dann kommt es nun darauf an, dass Sie im Bundestag nicht nur die Backen aufblasen, sondern die unionsgeführten Länder dazu motivieren, sich an einer soliden Finanzierung zu beteiligen.

Wir brauchen klare Signale aus den Ländern; sonst kommt dieser Gesetzentwurf nicht ins Bundesgesetzblatt. Das wissen Sie ganz genau. Wir warten auf Ihre Vorschläge.

Ich bin sehr heiser. Meine Stimme war heute leider nicht so, wie sie sonst ist. Ich bitte um Entschuldigung.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Noch lauter brauchte sie wirklich nicht zu sein! Zum Rumeiern hat die Stimme gereicht!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Carl-Ludwig Thiele, FDP-Fraktion.

Carl-Ludwig Thiele (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister Eichel, wenn Ihre Politik wirklich so fantastisch ist, wie Sie sie hier dargestellt haben, warum wollen Sie dann eigentlich Neuwahlen

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

und warum droht der Bundeskanzler damit, die Vertrauensfrage zu stellen? Das passt doch überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Frau Kollegin Scheel, nachdem Sie sämtliche von Rot-Grün vorgenommenen Entlastungen hier vorgetragen haben, frage ich Sie: Wer zahlt eigentlich die Ökosteuer? Das sind doch die Leute, die Strom und Heizenergie verbrauchen und die tanken müssen. Das müssen Sie doch zumindest bei der Steuerbelastung berücksichtigen.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Aber EEG und KWK sind viel schlimmer! – Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was wollen Sie denn mit der Rente machen?)

Die Gesetzentwürfe, die wir heute beraten – die Senkung der Körperschaftsteuer und die Verbesserung bei der Übergabe von Familienunternehmen –, sollten eigentlich dazu beitragen, die Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung in unserem Lande zu verbessern. Als Ausfluss der Regierungserklärung vom 17. März und als Ausfluss des so genannten Jobgipfels sollte mit diesen Gesetzen eine Aufbruchstimmung erzeugt werden. Wir haben aber festgestellt: Durch die Ankündigung dieser Gesetze haben wir das bisher nicht erreicht. Allerdings hat sich eines grundlegend geändert: Es wird eine Aufbruchstimmung geben, weil sich abzeichnet, dass die rot-grüne Lähmung unseres Landes zu Ende geht. Wir nähern uns Neuwahlen und wir haben die Chance auf einen Politikwechsel in Deutschland.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wir diskutieren diese Gesetze in einer Stimmung, die vom Ende der rot-grünen Regierung geprägt ist. Die Wähler in Nordrhein-Westfalen haben die letzte rot-grüne Regierung abgewählt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

RotGrün ist kein Modell für Deutschland mehr. Das rotgrüne Reformprojekt ist gescheitert und die Partner zerlegen sich: Der Bundeskanzler will Neuwahlen; die Grünen sind dagegen. Die Grünen sind nicht gefragt worden; sie sind auch nicht einbezogen worden. Das hat allerdings seine Gründe: Die Grünen sind in keiner einzigen Landesregierung mehr vertreten. Damit haben sie über den Bundesrat in unserem Lande keinerlei Gestaltungsspielraum mehr.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Und das ist gut so!)

Die Bürger in unserem Lande wollen, dass die zentralen Probleme Deutschlands gelöst werden und dass man sich nicht nur mit Orchideenthemen beschäftigt. Die Bürger wollen, dass ihre Sorgen ernst genommen werden. Wir als Politiker haben angesichts 5 Millionen registrierter Arbeitsloser die Aufgabe, die Weichen für mehr Arbeitsplätze in unserem Land zu stellen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Rekordarbeitslosigkeit ist die Folge rot-grüner Politik. Wenn die Politik die Probleme nicht löst, dann suchen sich die Probleme selbst ihre Lösungen. Der Weg zu Neuwahlen und zu neuen Mehrheiten im Deutschen Bundestag ist deshalb richtig.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Herr Finanzminister Eichel, die FDP war nicht Gegenstand der von Ihnen geäußerten Kritik. Sie konnten die FDP auch nicht kritisieren, weil wir unsere Konzepte immer vorgelegt haben. Ich erinnere an unseren ausformulierten Steuerentwurf. In anderen Bereichen haben wir für unsere Ideen sehr konkret geworben. Wir als Opposition haben auch dann konstruktiv gearbeitet, wenn unsere Ideen nicht aufgegriffen wurden. RotGrün hat Ignoranz demonstriert; daher haben Sie das Scheitern dieser Politik zu verantworten und nicht die FDP.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Und wir auch nicht!)

– Auch die Union nicht, Herr Kollege Seiffert.

Wir werden uns dafür einsetzen, dass alles getan wird, damit in unserem Lande mehr Arbeitsplätze entstehen, und dass alles unterlassen wird, was Arbeitsplätze gefährdet.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Die Grünen erst mal weg!)

Diese Gesetzentwürfe sollten zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen und eine Aufbruchstimmung erzeugen. Heute haben wir aber eine ganz andere politische Situation. Diese Gesetzentwürfe erweisen sich als letztes müdes Aufbäumen einer abgewirtschafteten Koalition, die den Schein einer Reformpolitik wahren will. Deshalb werden wir im Finanzausschuss, insbesondere was Rot-Grün angeht, keine ernsthaften politischen Beratungen, sondern nur Gesichtswahrungsübungen erleben.

Bis zum 1. Juli will kein Abgeordneter von Rot-Grün Gefahr laufen, als Meuchelmörder des Bundeskanzlers und der rot-grünen Koalition zu erscheinen.

Keiner will den Dolch im Gewande führen. Sie, Frau Scheel, haben dazu beigetragen, dass es zu den Gesetzen keine Fraktionsentwürfe gibt. Diese hätten wir eigentlich benötigt. Wir hätten schon vor drei Wochen die erste Lesung haben können. Dann wären wir heute weiter.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen jetzt schon: Sie werden einknicken. Sie werden alles schlucken, was im Gesetzentwurf steht; denn das Gesetzgebungsverfahren wird einfach von der Suche nach einem verfassungsgemäßen Weg zu Neuwahlen überlagert.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Wie kommen sie hier raus?)

Der Bundeskanzler hat erklärt, dass er die Wundertüte, aus der er einen verfassungsgemäßen Weg zu Neuwahlen zaubern will, erst am 1. Juli öffnen wird.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Aus Respekt vor dem Parlament!)

– Aus Respekt vor dem Parlament. – Bis dahin dürfen Herr Müntefering und Herr Fischer einmal in die Wundertüte schauen. Der Rest der Abgeordneten wird vom Bundeskanzler offiziell für dumm verkauft; denn er sagt, dass die Abgeordneten die Ersten sein sollen, die erfahren, auf welchem Weg er Neuwahlen herbeiführen will.

Das Ziel des Bundeskanzlers – vorgezogene Neuwahlen – ist richtig; der Weg dahin ist schon jetzt skandalös und an Frechheit und Dreistigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Uwe Küster (SPD): Was ist eigentlich das Thema?)

Die sauberste Möglichkeit, Neuwahlen zu erlangen, wäre ein Rücktritt des Bundeskanzlers. Diesen Weg wünschen wir uns. Das wäre der richtige Weg, um zu Neuwahlen zu kommen.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Das wäre wenigstens ein bisschen ehrlich!)

Zu den Gesetzentwürfen. Mit dem Entwurf des Gesetzes zur Absenkung der Körperschaftsteuer zeigt die Koalition, dass wir Reformen brauchen und dass wir international wettbewerbsfähiger werden müssen. Aber der vorliegende Gesetzentwurf ist zu kurz gesprungen. Dazu drei Punkte: Erstens. Da ausschließlich die Körperschaftsteuer gesenkt werden soll, vergrößert sich die Kluft zu den Personenunternehmen; das ist die logische Folge. Deshalb ist dieses Konzept ordnungspolitisch verfehlt.

Zweitens. Der Gesetzentwurf ist auch handwerklich – bewusst oder unbewusst – schlecht gemacht. Denn wenn in der Steuerschätzung ein Körperschaftsteueraufkommen von 17 bis 18 Milliarden Euro unterstellt wird und die Körperschaftsteuersätze um 24 Prozent sinken, sinkt das Steueraufkommen um 24 Prozent und damit um 4,3 und eben nicht um 5,3 Milliarden Euro. Sie gaukeln den Bürgern also 1 Milliarde Euro mehr an Entlastungswirkung vor.

(Joachim Poß (SPD): Das ist ja eine abenteuerliche Rechnung!)

Drittens. Die Erhöhung der Mindeststeuer durch eine weitere Einschränkung des Verlustvortrages lehnt die FDP ab. Man kann doch insbesondere investierende Unternehmen mit hohen Anlauf- oder hohen Projektkosten nicht dadurch belasten, dass man Scheingewinne besteuert. Genau das aber geschieht; dies soll verschärft werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Diese Mindeststeuer ist der falsche Weg, Wachstum zu beschleunigen.

Die Befreiung des betrieblich gebundenen Vermögens von der Erbschaftsteuer ist richtig. Das entspricht einer jahrzehntelangen Forderung der FDP, die wir – als einzige Partei – schon im letzten Bundestagswahlkampf in unser Programm aufgenommen hatten. Hier allerdings eine Grenze von 100 Millionen Euro einzuziehen ist eine willkürliche Ungleichbehandlung und deshalb aus unserer Sicht verfassungswidrig.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Sie soll ja noch niedriger sein!)

Wir brauchen im Rahmen der Politik für einen Aufbruch in Deutschland nicht mehr ein Klein-Klein und nicht mehr den Versuch, den Urwald mit einer Nagelschere zu roden. Wir brauchen einen Neuanfang, auch in der Steuerpolitik.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Deshalb sagen wir als Erstes: Die Sondersteuer auf Arbeit, die Gewerbesteuer, muss abgeschafft werden. Außerdem brauchen wir eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge. Dann kann das Bankgeheimnis wieder hergestellt werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Hermann Hesse sagte einmal: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Wir als FDP wollen den Anfang, wir wollen einen grundlegenden Neuanfang für unser Land und eine neue Aufbruchstimmung.

(Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Neuanfang mit Herrn Westerwelle! Juchhe! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen mehr Freiheit für unsere Bürger und unser Land und wir wollen grundlegende Reformen als Voraussetzung für eine neue Aufbruchstimmung. Wir wollen mehr Wachstum und mehr Beschäftigung in unserem Land, damit Deutschland nicht mehr im Bremserhäuschen sitzt, sondern wieder zur Lokomotive für mehr Arbeitsplätze wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Joachim Poß (SPD): Zaubern Sie sich mal weg!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Jochen Poß, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Joachim Poß (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Thiele hat sich heute wieder einmal als exzellenter Vertreter von faulem Zauber bewährt;

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn alles, was er hier geboten hat, hat mit einem jedenfalls nichts zu tun: mit den Zahlen und mit der Wirklichkeit.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die SPD-Bundestagsfraktion steht hinter den von der Bundesregierung beschlossenen steuerlichen Eckpunkten

(Lachen bei der CDU/CSU)

aus der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 17. März 2005.

(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie sind von einer anderen Welt!)

Diese Koalition hat seit der Regierungsübernahme 1998 die Bedingungen für die Unternehmen in Deutschland nachhaltig verbessert. Das wird uns zum Teil vorgeworfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Genau! Aus den eigenen Reihen!)

Wir haben die Bedingungen nachhaltig verbessert. Das gilt für die Personengesellschaften noch mehr als für die Kapitalgesellschaften. Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Wahrheit ist, dass neben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Geringverdienern und Familien mit Kindern die mittelständische Wirtschaft zu den Gewinnern unserer Steuerpolitik zählt. Dazu waren Sie, meine Damen und Herren, bis 1998 nicht in der Lage.

(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Deshalb machen auch 40 000 Betriebe im Jahr zu!)

Gleichwohl müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die Entwicklung in Europa voranschreitet.

Präsident Wolfgang Thierse:

Kollege Poß, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schauerte?

Joachim Poß (SPD):

Aber gerne.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Herr Schaurig ist immer willkommen!)

Hartmut Schauerte (CDU/CSU):

Herr Kollege Poß, wenn das Land so voller Gewinner steckt, wie Sie das gerade beschrieben haben, dann beantworten Sie mir und den Zuschauern doch bitte eine Frage: Warum will der Bundeskanzler nicht mehr weitermachen?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Joachim Poß (SPD):

Der Bundeskanzler und der SPD-Parteivorsitzende haben das sehr deutlich gemacht. Sie haben gesagt: Angesichts der Wahlergebnisse der letzten Jahre suchen wir eine neue politische Legitimation für unseren Kurs, der richtig ist, nämlich Erneuerung in sozialer Verantwortung.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Ihr habt doch eine Mehrheit!)

Der Kurs ist richtig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Wülfing (CDU/CSU): Dann bleiben Sie doch hier!)

Dafür, dass er bestätigt wird, werden wir kämpfen, Herr Schauerte.

Bei dem, was Sie jetzt zu bieten beginnen – Herr Stoiber hat sich gestern im Interview mit der „Zeit“ geäußert –, wird sich noch mancher umgucken, Herr Schauerte. Den Menschen, insbesondere den Arbeitnehmern, die in Nordrhein-Westfalen CDU gewählt haben, werden die Augen aufgehen

(Beifall bei der SPD)

angesichts dessen, was auf sie zukommt, wenn Sie von den vielen Versprechungen nur eines realisieren, nämlich Ihr Konzept des Bierdeckels. Das lautet in erster Linie: Entlastung für wenige durch Senkung des Spitzensteuersatzes

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Warum treten Sie zurück?)

und Mehrwertsteuererhöhung für alle. Das wird die Philosophie sein, mit der Sie steuerpolitisch vorgehen, Herr Schauerte. Das werden wir noch klar machen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Dann lassen Sie doch die Neuwahl!)

Wir machen im europäischen Zusammenhang weiter.

(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

– Ja, wir machen weiter. Sie werden sich noch wundern, meine Damen und Herren.

(Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP): Wir wundern uns jetzt schon! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Ich wundere mich schon die ganze Zeit!)

Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es in Europa einen Standortwettbewerb über Steuersätze gibt. Wir wollen aber keinen ungezügelten Steuersenkungswettlauf. Alle Staaten, die sich daran beteiligen, werden verlieren. Also müssen wir einen ruinösen Wettbewerb bekämpfen. Deshalb ist richtig, was der Bundeskanzler und Chirac vorgeschlagen haben: eine EU-weit einheitliche Bemessungsgrundlage bei der Unternehmensbesteuerung.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Richtig! – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Und was habt ihr in den letzten Jahren dazu beigetragen?)

In diesem Kontext diskutieren wir die Gesetzentwürfe, um die es hier und heute geht.

Das ist für alle Mitgliedstaaten von herausragender Bedeutung. Nur auf dieser Grundlage, die im Übrigen auch durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erzwungen wird, kann ein fairer Steuerwettbewerb stattfinden. Genau dafür steht meine Partei. Die SPD steht für fairen Steuerwettbewerb in Europa.

(Beifall bei der SPD)

Die vom Bundeskanzler vorgeschlagene Steuersatzsenkung ist keine pauschale Steuersenkung, wie überall berichtet wird; es ist eine Senkung des Steuersatzes von 25 auf 19 Prozent, die Deutschland bei der nominalen Belastung ins europäische Mittelfeld, in eine gute Mittelposition führt. Das hat uns übrigens kürzlich im Finanzausschuss auch die OECD empfohlen. Das setzen wir um. Damit sichern wir, technisch gesprochen, Steuersubstrat, weil die international verflochtenen Konzerne dann mehr Gewinne in Deutschland versteuern werden. Die OECD hält die Anreize dafür, dass Unternehmen steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, um ihre Gewinne – nicht die Produktion – ins Ausland zu verlagern, angesichts des derzeit geltenden Regelsteuersatzes für Kapitalgesellschaften in Deutschland für zu groß. Es geht hierbei also um Gewinn-, nicht um Produktionsverlagerung.

Das sage ich auch zu einem Streitpunkt, der uns in den eigenen Reihen beschäftigt. Die OECD widerspricht damit der Behauptung, dass es im deutschen Steuerrecht Anreize für eine Arbeitsplatzverlagerung ins Ausland gibt. Richtig ist aber, dass die in Deutschland erzielten Gewinne nicht ausnahmslos hier versteuert werden. Aus diesem Grund ist der Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen ein richtiger Ansatz und liegt im Interesse einer europäischen Harmonisierung.

Das Gleiche gilt für den Entwurf des Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge. Er greift – das will ich einmal deutlich sagen – einen wichtigen Punkt der Beschlüsse des SPD-Parteitages von Bochum aus dem Jahre 2003 auf.

(Zuruf von der CDU/CSU: Was?)

Dort wurde gefordert, dass durch Freibeträge oder vergleichbare Instrumente bei der Erbschaftsbesteuerung die Fortführung von kleinen und mittleren Unternehmen gesichert werden soll. Ich sage ausdrücklich: Das ist Beschlusslage der SPD.

In unserem Parteitagsbeschluss zur Erbschaftsbesteuerung werden aber noch weitere Forderungen aufgestellt, auf die meine Fraktion im weiteren Gesetzgebungsverfahren zurückkommen wird. Sie betreffen die momentan gültige, aber verfassungsrechtlich bedenkliche niedrige Bewertung von Grundvermögen und die Frage der Angemessenheit der Belastung von hohen und höchsten Erbschaften. Diese Maßnahmen bieten über ihre politische Rechtfertigung hinaus auch die Möglichkeit einer Finanzierung der vorgeschlagenen Erleichterung bei Betriebsnachfolgen im System der Erbschaftsteuer selbst.

Der bayerische Gesetzentwurf enthält dagegen einen Finanzierungsvorschlag, der diese Voraussetzung nicht erfüllt. Das muss man hier klar sagen.

(Beifall bei der SPD)

Bayern will eine reine Ländersteuer mit einer Maßnahme finanzieren, die sowohl Bund und Länder als auch Gemeinden betrifft. Das werden wir nicht akzeptieren. Es gibt nämlich vernünftige und sogar verfassungsrechtlich gebotene Alternativen; diese habe ich gerade genannt.

Die CDU/CSU hat entgegen der Zusage von Herrn Stoiber und Frau Merkel beide Gesetzentwürfe der Bundesregierung im Bundesrat abgelehnt – so viel zur Legendenbildung –, obwohl der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung am 17. März nicht nur die Steuererleichterung, sondern auch die von der Union jetzt kritisierten Finanzierungsmaßnahmen beim Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Standortbedingungen schon konkret benannt hat. Die Union bleibt damit ihrer bisherigen Linie treu. Sie fordert ständig eine breitere steuerliche Bemessungsgrundlage. Aber wenn es ernst wird, blockiert sie, weil sie darauf hofft, dass die Leute das komplizierte Zusammenspiel zwischen Bundestag und Bundesrat nicht durchschauen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für Ihre Kritik bezüglich der Rückführung von Steuersubstrat nach Deutschland. Die gängige Formel von CDU/CSU in der Steuerpolitik besagt, dass die Steuersätze nur weit genug gesenkt werden müssen, damit danach die Steuereinnahmen umso stärker fließen. Wird dieser Ansatz dann in einer für die öffentlichen Haushalte vertretbaren und verantwortbaren Weise aufgegriffen, will sie davon nichts mehr wissen. Dabei geht sie bei ihren eigenen Beschlüssen, Herr Seiffert, von einer milliardenschweren Selbstfinanzierung durch angebliche Wachstumseffekte in zweistelliger Höhe aus.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Durch Wirtschaftswachstum!)

10 Milliarden Selbstfinanzierung! Was Sie da machen, ist, vornehm ausgedrückt, Voodoo.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie gaukeln den Menschen ständig etwas vor. Ihre Politik reduziert sich auf die systematische Täuschung von Wählerinnen und Wählern.

Herr Kauder hat zuletzt noch öffentlich behauptet, dass die – unfinanzierbaren – Steuerversprechen der Union trotz der leeren öffentlichen Kassen aufrechterhalten werden können. Frau Merkel kündigt weitere Steuersenkungen an. Meine Damen und Herren, was Sie da veranstalten, ist Wahlschwindel. Das muss man so deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Krista Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Moment überholen sich die Vertreter der Union ja quasi mit Vorschlägen, die Entfernungspauschale oder andere steuerliche Vergünstigungen von Arbeitnehmern wie die Steuerfreiheit von Sonntags- und Schichtzuschlägen einzuschränken oder ganz abzuschaffen.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Es ist noch keine drei Wochen her, dass wir das Konzept besprochen haben!)

Frau Kollegin, die Katze ist jetzt für alle sichtbar aus dem Sack. Die Arbeitnehmer, auch die, die zuletzt in Nordrhein-Westfalen CDU gewählt haben, werden sich – ich habe es schon gesagt – verwundert die Augen reiben, wie schnell auf ihrem Rücken ein höheres Steueraufkommen realisiert werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Ich wiederhole, Herr Schauerte: Das Steuerkonzept der Union ist wieder ganz einfach geworden. Es hat drei Komponenten und passt sogar wieder auf einen Bierdeckel: erstens Mehrwertsteuer für alle herauf, zweitens steuerliche Vergünstigungen für alle Arbeitnehmer weg und drittens Spitzensteuersatz für einige wenige herunter. Das sind mittlerweile die drei simplen steuerpolitischen Leitplanken der Union. Auf diese Bierdeckelsteuerreform wird es hinauslaufen, wenn CDU/CSU und FDP bei einer vorgezogenen Bundestagswahl eine Mehrheit erreichen sollten. Das hat Herr Stoiber gestern in seinem Interview mit der „Zeit“ bestätigt. Klarer als Herr Stoiber kann man das gar nicht auf den Punkt bringen. Für die Klarheit, die er da geschaffen hat, bin ich ihm sehr dankbar.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

Entlarvend ist auch, was Herr Glos in diesem Zusammenhang gesagt hat.

Herr Glos hat gesagt

(Zuruf der Abg. Elke Wülfing (CDU/CSU))

– hören Sie einmal zu, was Herr Glos gesagt hat –, es werde sicher im Wahlprogramm eine Formulierung gefunden, die die Union einerseits ehrlich erscheinen lasse, die andererseits aber den notwendigen Spielraum zur Finanzierung der Staatsfinanzen biete.

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Ja, was denn sonst?)

Das heißt im Klartext:

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Jetzt kommt wieder Ihre falsche Interpretation, die poßsche!)

Sie wollen sich mit Täuschung an die Macht mogeln. Herr Glos hat das hier offen gesagt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vergessen hat Herr Glos nur zu sagen, dass auch ein gewisser Spielraum für eine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes bestehen bleiben müsse. Wenn Herr Glos hinzufügt, dass auf dem Wege der Gesundung die Behandlung auch ein bisschen wehtun könne, dann trifft das sicher für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland zu. Ich kann nur sagen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zieht euch bei diesen Steuerplänen der Union warm an! Aber ich kann auch sagen: Liebe Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihr könnt euch darauf verlassen, dass es mit der SPD weiterhin eine sozial gerechte Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit geben wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist der Verfassungsgrundsatz. Das ist der Grundsatz für die soziale Marktwirtschaft, der Grundsatz für einen Sozialstaat. Diesen garantieren wir. Er wird nicht durch das garantiert, was Sie im Schilde führen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ihr seid gescheitert!)

Auf die Union ist steuerpolitisch jedenfalls kein Verlass, weder bei der Unternehmensbesteuerung, wie sich jetzt angesichts der Absprachen mit dem Bundeskanzler am 17. März zeigt,

(Elke Wülfing (CDU/CSU): Wollen Sie den Steuersenkungen jetzt zustimmen oder lehnen Sie sie ab?)

noch bei der Einkommensbesteuerung, wie Ihre leeren Versprechungen, die Sie seit vielen Monaten in der Steuerpolitik gemacht haben, belegen. Den Wählerinnen und Wählern werden jetzt die Augen geöffnet und sie werden erkennen,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Dass ihr die Besten seid!)

dass eine verlässliche und sozial gerechte Steuerpolitik, ob bei der Besteuerung von Arbeitnehmern oder bei der Besteuerung von Unternehmern, nur mit der SPD und mit dieser Koalition zu haben ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Hans Michelbach, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Hans Michelbach (CDU/CSU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Poß, Sie kommen mir vor wie ein Ertrinkender, der ins tiefe Wasser gesprungen ist und feststellt, dass er gar nicht schwimmen kann. Ich kann nur deutlich sagen: Die Tatsachen müssen noch einmal sachlich festgehalten werden.

(Joachim Poß (SPD): Seit wann reden Sie über Tatsachen? Sie täuschen doch bloß!)

Die Vorsitzenden der CDU und der CSU sind ins Kanzleramt gegangen und haben dem Regierungschef die Hand gereicht, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir in Deutschland mehr Wachstum und Beschäftigung bekommen. Leider ist die dabei beschlossene steuerrechtliche Initiative zu einem rot-grünen Trauerspiel auf dem Rücken von Arbeitnehmern und Unternehmen geworden.

(Elke Wülfing (CDU/CSU): So ist das!)

Was ist in den letzten Wochen passiert, meine Damen und Herren? Vor der NRW-Wahl war sich Rot-Grün plötzlich nicht mehr einig.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Richtig!)

Man hat sich außerstande gesehen, eine geschlossene Haltung herzustellen. Die im Kabinett beschlossenen Steueranträge wurden im Bundestag von der Tagesordnung genommen. Tatsache ist einfach: Die SPD ist innerlich zerrissen zwischen Agenda 2010 und Kapitalismuskritik; hier passt nichts mehr zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Grünen lehnen die Finanzierung von Herrn Eichel als unseriös ab.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Zu Recht!)

– Da haben sie teilweise Recht. – Die SPD-geführten Länder haben im Bundesrat die Verbesserung der Regelungen zur Unternehmensnachfolge abgelehnt. Wie kommen Sie eigentlich dazu, zu sagen, die SPD stehe hinter diesen Steuergesetzen? Im Bundesrat haben Sie diese Steuergesetze abgelehnt.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wir erleben blankes Regierungschaos. Die Linken der SPD und der Grünen fordern heute sogar neue Steuererhöhungen – nicht Steuererleichterungen, sondern Steuererhöhungen! Das ist Tatsache und zeigt, dass bei Ihnen nichts zusammenpasst. Außerdem sollen diese Steuergesetze vielleicht – das ist sehr bedenklich – als Vehikel für eine inszenierte Vertrauensfrage herhalten. Der Bundeskanzler will aber, so scheint es, vor dem 1. Juli mit seinen Abgeordneten nicht darüber sprechen.

Mit seriöser und verantwortungsvoller Politik hat das alles nichts mehr zu tun, meine Damen und Herren. Das ist ein politischer Offenbarungseid. Um mit einer bekannten Parole zu sprechen: Die Flasche ist leer, Sie haben fertig! Abtreten!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie sind ökonomisch gescheitert, aber haben noch nicht einmal genug Charakter für einen sauberen Abgang. Keine Regierungsfähigkeit, keine Abwicklungsfähigkeit – das sind Tatsachen in diesem Lande, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Jetzt wollen die Oberstrategen von Rot-Grün die beim Jobgipfel fest vereinbarten und für die Arbeitsplätze dringend notwendigen Steuergesetze noch manipulieren. Die Bundesregierung legt Gesetzentwürfe vor, weiß aber noch gar nicht, ob sie auch wirklich umgesetzt werden sollen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Die gibt es gar nicht!)

Die Parlamentarier von SPD und Grünen sollen dabei gewissermaßen zur strategischen Verfügungsmasse degradiert werden. Das, was wir hier erleben, ist eine Missachtung des Parlaments und bedeutet einen Schaden in Bezug auf mehr Wachstum und Beschäftigung, für den Standort Deutschland und für die Arbeitsplätze in Deutschland. Das haben Sie zu verantworten.

Die hier vorliegenden Entwürfe der Steuergesetze werden für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeitsplätze dringend benötigt. Die CDU/CSU will Steuererleichterungen noch vor den Neuwahlen durchsetzen. Die Beschäftigungsfrage steht im Mittelpunkt unserer Politik und muss im Mittelpunkt aller Politik stehen. Wir wollen erneut eine Vertrauensbasis für den Standort Deutschland herstellen.

Unsere Leitlinie heißt: Arbeit braucht Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit braucht eben Steuererleichterungen, nicht aber Steuererhöhungen. Für die Menschen muss es jetzt ein Signal für mehr Wachstum und Beschäftigung geben.

Ich lade Sie ein, Herr Eichel: Wenn Teile der SPD und der Grünen nicht mehr wollen, dann setzen Sie die steuerrechtlichen Jobgipfelvereinbarungen im Bundestag mit uns um! Wir sind bereit dazu. So können Sie beweisen, dass Sie gar nicht die Vertrauensfrage damit verbinden wollen, sondern dass es Ihnen um die Sache, um die Arbeitsplätze sowie um Wachstum und Beschäftigung in Deutschland, geht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Selbstblockade einer Bundesregierung kann sich Deutschland einfach nicht mehr leisten. Es ist doch eine Tatsache: Wer im Juni nicht mehr weiter weiß, ist doch im September nicht klüger.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Beim Scheitern im Frühling kann man im Herbst keinen zweiten Frühling erwarten. Das ist doch paradox.

Das Argument, wir könnten uns Steuererleichterungen nicht mehr leisten, kann ich nicht gelten lassen. Wir haben in unseren gesamten Steuerkonzeptionen eine voll durchgerechnete Gegenfinanzierung vorgelegt. Alle Teile unseres Konzeptes 21 wurden vorgelegt. Sie behaupten, das sei nicht finanzierbar.

(Zuruf von der SPD: Luftnummer!)

Das kann ich nicht gelten lassen. Wenn Sie so weitermachen, können wir uns bald gar nichts mehr leisten. Wegen dieser Tatsache müssen wir auf eine neue Gesamtsteuerkonzeption hinarbeiten, die das komplizierte deutsche Steuerrecht als Standortnachteil ersten Ranges letzten Endes abschafft und eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Arbeitsplätze in Deutschland herstellt.

Eine radikale Vereinfachung des Steuersystems mit einem Gesamtkonzept und Rechtsformneutralität ist nun einmal die Grundvoraussetzung für mehr Wachstum und Beschäftigung. Die jetzige Senkung des Körperschaftsteuersatzes und die Anhebung des Gewerbesteueranrechnungsfaktors sowie die erbschaftsteuerlichen Reformvorschläge sind geeignete Zwischenschritte, die dem längerfristigen Ziel einer umfassenden Gesamtsteuerreform mit Unternehmensteuerreform nicht im Wege stehen. Es ist ein wesentlicher Vorteil dieser Konzeption, dass es in eine Gesamtsteuerkonzeption eingepasst werden kann. Die geplante Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 19 Prozent entfaltet schon im Voraus eine Signalwirkung und begünstigt insbesondere die Investitionen. Dies nicht zu machen, entspräche einem Arbeitsplatz- und Investitionsvernichtungsprogramm.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir müssen jetzt handeln. Deswegen wollen wir, dass diese Steuergesetze im Vorgriff auf eine Gesamtsteuerkonzeption hier beschlossen werden, und zwar möglichst schnell, möglichst in diesen Wochen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg-Otto Spiller (SPD): Was tun Sie denn dafür?)

Deutschland würde damit zeigen, dass es den in der globalisierten Welt verschärften Wettbewerb nicht scheut, sondern fähig ist, seine Zukunft als Wirtschaftsstandort aktiv zu gestalten. Vor allem mit Blick auf internationale Investoren ist ein solches Aufbruchssignal dringend erforderlich.

Der Bundesfinanzminister spricht ständig davon, dass er sich letzten Endes vorstellen kann, dass innerhalb der EU in irgendeiner Form eine gemeinsame Bemessungsgrundlage entsteht. Das ist richtig; dafür sind auch wir. Aber man muss doch erst einmal selbst handeln und darf nicht immer wieder warten, bis vielleicht am Sankt-Nimmerleins-Tag eine solche Entwicklung eintritt. Wir brauchen in Deutschland jetzt eigenverantwortliche Lösungen in der Steuerpolitik.

Als aktiver Mittelständler, der viele Arbeitsplätze geschaffen hat und erhält, möchte ich an dieser Stelle die Wichtigkeit einer Generationenbrücke für die Arbeitsplatzsicherung unterstreichen. Familiengeführte Unternehmen sind nun einmal das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Sie stellen mehr als 70 Prozent der Arbeitsplätze und erwirtschaften etwa 65 Prozent des BIP. Die Übergabe der Familienunternehmen an die nächste Generation stellt angesichts von Hunderttausenden Betriebsübergaben in den nächsten Jahren eine der größten Herausforderungen für das zukünftige Wachstum in Deutschland und der europäischen Wirtschaft dar. 4,8 Millionen Arbeitsplätze in deutschen Familienunternehmen können nach meiner Ansicht nur gesichert werden, wenn der in den kommenden fünf Jahren anstehende Generationswechsel erfolgreich bewältigt wird.

Hierzu braucht es dringlich unser Erbschaftsteuermodell.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Da dürfen wir keine Zeit verlieren. Kann die Erbschaftsteuer nicht aus anderen Vermögenswerten bestritten werden, wirkt sie wie eine Substanzsteuer auf das Betriebsvermögen und gefährdet das Unternehmen in seiner Existenz.

Der große Fehler Ihrer Steuerpolitik ist, dass Sie zur Substanzbesteuerung übergegangen sind.

(Hans Eichel, Bundesminister: Wo denn?)

Mit den 50 Steuergesetzen, Herr Eichel, die Sie in den letzten sieben Jahren beschlossen haben, haben Sie das deutsche Steuerrecht wesentlich verwüstet. Es ist zwar herrschendes Recht, aber trotzdem Unrecht, was Sie geschaffen haben, und zwar deshalb, weil Sie im Rahmen der Gegenfinanzierung immer wieder eine Substanz- und Scheingewinnbesteuerung vorgenommen haben. Damit haben Sie kontraproduktiv gearbeitet. Sie haben auf der einen Seite den Tarif gesenkt und sind auf der anderen Seite bei der Gegenfinanzierung kontraproduktiv vorgegangen. Sie sollten sehr viel mehr auf die ökonomische Vernunft und die Effizienz der Steuergesetze achten. Dass Sie das nicht getan haben, ist Ihr Problempunkt.

Meine Damen und Herren, wir von der CDU/CSU wollen jetzt die Senkung der Körperschaftsteuer und die Einführung eines Erbschaftsteuerbetriebserhaltungsmodells. Darauf kommt es jetzt an. Der Standort Deutschland muss wieder attraktiv werden, damit Arbeitsplätze geschaffen und bestehende Arbeitsplätze erhalten werden. Arbeit braucht Wachstum und Wachstum braucht Freiheit. Das ist der richtige Weg, den die CDU/CSU gehen muss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Die ergänzt jetzt den Poß!)

Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Abgeordnete der PDS. Keine Bundesregierung hat die Unternehmensteuern so dramatisch gesenkt wie diese rot-grüne Regierung. Hat der Bundesfinanzminister noch im Jahr 2001 rund 25 Milliarden Euro durch die Körperschaftsteuer eingenommen, musste er ein Jahr später 426 Millionen Euro an die Unternehmen zurückzahlen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf will der Finanzminister die Körperschaftsteuer noch einmal drastisch senken, nämlich von 25 auf 19 Prozent. Man muss sich einmal vorstellen: Das entspricht einem Steuerausfall von rund 25 Milliarden Euro in fünf Jahren.

Bei der Körperschaftsteuer liegen wir hier in Deutschland unter dem EU- und dem OECD-Durchschnitt. Das Gleiche trifft auch für die Unternehmensteuer, die Umsatzsteuer und die Vermögensteuer zu. SPD und Grüne haben vor der Wahl – die Grünen sogar noch nach der Wahl – etwas anderes versprochen. Sie wollten die Vermögensteuer wieder einführen. Doch sie haben genau das Gegenteil getan. Sie haben nämlich die Vermögenden dramatisch entlastet und die kleinen Leute belastet. Ihre Steuerpolitik ist schlichter Wahlbetrug.

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

Ziel der ständigen Steuersenkungen war es angeblich, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen anzukurbeln. Wir alle wissen: Es wurde viel gekurbelt; doch der Motor ist nicht angesprungen. Die Steuersenkungen haben eben keine neuen Arbeitsplätze in unserem Land geschaffen.

Dafür mussten der Bund, die Länder und die Kommunen auf Milliarden von Steuereinnahmen verzichten. Sie sind immer weniger in der Lage, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen und die Infrastruktur zu erhalten.

Nun könnte man eigentlich annehmen, dass die Bundesregierung bereit wäre, aus ihren Fehlern zu lernen. Spätestens nach der dramatisch verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen müsste der SPD und den Grünen doch ein Licht aufgegangen sein, dass ihre Politik gescheitert ist,

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

dass die Menschen diese unsoziale Politik nicht mehr akzeptieren wollen.

Aber in guter alter deutscher Tradition führt die Bundesregierung ihre gescheiterte Politik bis zum bitteren Ende fort. Die Grünen haben zwar zaghaft einige Bedenken geäußert, doch als die Machtfrage gestellt wurde, scharten sich wieder alle brav um den Kanzler; natürlich nur, um das Schlimmste zu verhindern. Doch, meine Damen und Herren, damit lügen Sie sich selbst in die Tasche. Sie verhindern nicht das Schlimmste, sondern Sie bereiten mit Ihrer Politik das Schlimmste vor.

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

Ich nenne Ihnen einmal einige Zahlen aus dem CDU-Steuerkonzept. Die CDU möchte Ledige mit einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 15 000 Euro um 787 Euro im Jahr entlasten. Das hört sich zunächst einmal ganz gut an. Einem Gutverdiener jedoch mit einem Einkommen in Höhe von 500 000 Euro sollen schon 31 000 Euro zurückgezahlt werden. Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus! Die FDP legt sogar noch etwas drauf. Sie will einem besser verdienenden Single rund 36 000 Euro zurückzahlen. Das ist Ausdruck der Selbstbedienungsmentalität der Besserverdienenden!

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

Die rot-grüne Regierung hat mit einer schlimmen Politik einer noch weit schlimmeren Politik den Weg bereitet. Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, wissen doch selbst, dass die Schwarzen häufig – nicht in offiziellen Sitzungen, aber bei zwischendurch stattfindenden Besprechungen – zu Ihnen gesagt haben: Was ihr von Rot-Grün gemacht habt, das hätten wir uns nie getraut; das hätten wir nie durchgekriegt; es war gut, dass ihr es getan habt.

Diese Politik spaltet die Gesellschaft in Arm und Reich. Sie wird dazu beitragen, dass die Lebensqualität aller Menschen sinkt, nicht nur die der ärmeren. Ob nun in São Paulo oder in Moskau: Dort, wo sich die Reichen immer dreister Eigentum aneignen, müssen sie sich und ihre Familien hinter hohen Mauern verstecken. Ein solches Gesellschaftsmodell wollen wir als PDS nicht!

Die PDS-Steuerpolitik ist klar: Wir wollen eine gerechte Unternehmensbesteuerung, die Wiedererhebung der Vermögensteuer und eine Reform der Erbschaftsteuer. Die Umverteilung des Reichtums von unten nach oben auf Kosten der Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen, von Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern muss endlich gestoppt werden.

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

Am 18. September haben alle Wählerinnen und Wähler in diesem Land dazu eine Chance.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Steht das schon fest?)

Sie haben die Chance, eine echte Wahlalternative zu SPD, CDU/CSU und den beiden kleinen Parteien der Besserverdienenden zu wählen. Sie können am 18. September die PDS, eine starke linke Fraktion, in den Bundestag wählen.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Petra Pau (fraktionslos))

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Kollegen Jörg-Otto Spiller, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Jörg-Otto Spiller (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Merkel, für Sie war es wahrscheinlich gut, dass Sie den Anfang dieser Debatte nicht mitbekommen haben;

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Jetzt nicht zu viel gegen Eichel! – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Was haben Sie gegen Eichel? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

denn die Botschaft Ihrer Fraktion lautete: Sie sind für eine Regierungsübernahme nicht reif.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was die Redner Ihrer Fraktion heute geboten haben, war reine Polemik.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das stimmt nicht! – Hans Michelbach (CDU/CSU): Ihre Flasche ist leer!)

Sie haben nicht einen konkreten Vorschlag gemacht. Herr Seiffert, ich kenne Sie aus dem Ausschuss eigentlich als richtig sachlichen Kollegen,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das ist wahr!)

aber Sie durften offensichtlich nichts Konkretes sagen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ich darf alles!)

Sie durften offenbar nichts Konstruktives beitragen.

Frau Merkel, Ihr in Aussicht genommener Koalitionspartner – Herr Thiele hat ihn repräsentiert – hat die reine Polemik noch übertroffen.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Kann man Sie da überhaupt noch übertreffen?)

Wie Sie mit dem zusammen irgendetwas machen wollen, ist sehr fragwürdig.

(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Die Wahrheit tut manchmal weh! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Münte will Schwarz-Gelb!)

Ich weiß, dass Sie eine lebhafte Debatte zwischen den beiden Parteien und innerhalb der Parteien führen. Für die deutsche Öffentlichkeit ist interessant, was Sie mit der Mehrwertsteuer machen wollen.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Was wollen Sie denn, Herr Kollege?)

Um wie viele Punkte wollen Sie die erhöhen? Was machen Sie mit der Entfernungspauschale für die Arbeitnehmer und was haben Sie sich sonst noch einfallen lassen?

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Was macht ihr denn mit den beiden Gesetzentwürfen? Kommen Sie einmal zur Sache!)

Herr Stoiber sagt, dass man die Steuerfreiheit von Schichtzuschlägen abschaffen sollte. Sonst fällt Ihnen nichts dazu ein, wie Sie die Finanzlöcher, die bei Durchführung Ihres Konzepts auftreten würden, schließen können.

Der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung vom 17. März dieses Jahres zwei sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie wir unseren Standort angesichts des steuerlichen Wettbewerbs, in dem Deutschland nun einmal steht, im Vergleich zu anderen Standorten innerhalb und außerhalb Europas wettbewerbsfähiger für Unternehmen machen können. Die SPD-Fraktion bekennt sich aus ganzem Herzen zu diesen Vorschlägen zur Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit.

Erstens. Mit der Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 19 Prozent setzen wir die Verbesserung der Rahmenbedingungen in Deutschland fort, an der wir seit 1998 arbeiten. Wir werden allerdings auch darauf achten, dass diese Senkung des Steuersatzes mit einer Stabilisierung des Steueraufkommens einhergeht; denn der Staat muss handlungsfähig bleiben und die öffentlichen Aufgaben müssen angemessen – und zwar nach dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit – durch Steuern finanziert werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen haben wir von vornherein gesagt: Wir brauchen eine saubere Gegenfinanzierung. Das haben Sie, Frau Merkel, in Ihrem Debattenbeitrag vom 17. Dezember letzten Jahres – rein theoretisch – bestätigt.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ja, klar! Natürlich! Niemand sagt etwas anderes!)

Wir haben gewartet, wie sich der Bundesrat, in dem Sie die Mehrheit haben, dazu verhält.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Und wir haben auf den Finanzminister gewartet!)

Wie hat sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Senkung der Körperschaftsteuer geäußert? Er hat nur Nein gesagt, aber nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, wie die auch von Ihnen – theoretisch – gewünschte Aufkommensneutralität gesichert werden kann.

Zweitens. Beim Thema Erbschaftsteuer waren wir uns einig – der Bundeskanzler hat diese Auffassung vorgetragen und Frau Merkel hat bestätigt, dass auch Sie dies befürworten –, dass der Übergang eines Betriebes auf die nächste Generation nicht durch die Erbschaftsteuer erschwert werden soll. Deswegen haben wir uns einvernehmlich – so schien es zumindest – an einem Vorschlag des Freistaats Bayern orientiert und uns dafür ausgesprochen, für jedes Jahr, das der Betrieb fortgeführt wird, 10 Prozent der Erbschaftsteuer zu erlassen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Machen wir es doch!)

Warum wehren Sie sich nun dagegen?

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Wir wehren uns doch nicht! Machen wir es doch!)

Warum machen Sie keinen konkreten Vorschlag, wie dies in die Tat umgesetzt werden kann?

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Wir haben doch den Gesetzentwurf vorgelegt! Herr Spiller, um Gottes willen! – Steffen Kampeter (CDU/CSU): So ein Quatschkopf! – Hans Michelbach (CDU/CSU): Das stimmt doch gar nicht!)

– Entschuldigung, aber die Mehrheit des Bundesrates hat dazu lediglich gesagt, dass eine Gegenfinanzierung notwendig sei.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Die SPD-geführten Länder haben das abgelehnt!)

Aber welche Gegenfinanzierung haben Sie – von der Erbschaftsteuer einmal abgesehen – vorgeschlagen? Sie wollen eine Anhebung der Einkommensteuer, die eine Gemeinschaftssteuer ist und nicht nur die Länder betrifft.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): So heben Sie das Niveau dieser Debatte aber nicht an! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Herr Kollege Seiffert, ich muss mir nicht viel Mühe geben,

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Das tun Sie ersichtlich auch nicht! – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Nicht schon wieder gegen Eichel!)

um das Niveau dieser Debatte, wie sie von Ihrer Seite bisher geführt wurde, anzuheben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Uwe Küster (SPD): Genau! Außer Tarnen und Täuschen ist da nichts gekommen!)

Leider haben wir erlebt, dass sich das Kuddelmuddel, das sich bei Ihnen in der Vergangenheit gezeigt hat, in den steuerpolitischen Vorschlägen, die heute vonseiten der FDP und der Union vorgetragen worden sind, erneut voll bestätigt. Reif zur Übernahme der Regierung sind Sie nicht.

(Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Doch, sind wir! Und wenn nicht, dann müssen Sie wohl weiter an der Regierung bleiben!)

Die FDP ist voll in der Opposition.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Aber sehr konstruktiv!)

Die CDU/CSU allerdings ist durch ihre Position im Bundesrat für fast alle Steuergesetze, die wir in Deutschland machen, mitverantwortlich.

Denn es ist fast immer die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, wenn eine Gemeinschaftssteuer oder eine Ländersteuer betroffen ist. Aber ein konstruktiver Beitrag von Ihrer Seite ist nicht gekommen. Deswegen sage ich – ohne noch die Hoffnung zu hegen,

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ohne polemisch zu werden!)

dass sich Ihre Grundhaltung ändern wird –: Wir werden am 18. September die Entscheidung haben,

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Woher wissen Sie das eigentlich alles schon? – Hans Michelbach (CDU/CSU): Sie sind doch gar nicht eingeweiht! Sie wissen doch angeblich gar nichts! – Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Also werden Sie doch rechtzeitig informiert! – Hans Michelbach (CDU/CSU): Es kann doch nicht sein, dass der 1. Juli schon heute wäre!)

ob die Mehrheit der Bevölkerung die Fortsetzung der Reformpolitik der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder unterstützt. Wir haben die doppelte Herausforderung von globalisierter Wirtschaft und von massiver Veränderung der altersmäßigen Zusammensetzung unserer Bevölkerung angenommen. Wir haben mit der Agenda 2010, mit dem Umbau unserer sozialen Sicherungssysteme und mit unserer auf Wettbewerbsfähigkeit zielenden Unternehmensbesteuerung einen konstruktiven Weg gewiesen.

(Wolfgang Zöller (CDU/CSU): Ihr habt schließlich die Mehrheit!)

Die Bevölkerung muss sich entscheiden, ob sie einen Weg der unsicheren Polemik, wie Union und FDP sie ihnen bieten, gehen will

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Nein, nein, nein: Eine klare Alternative!)

oder ob sie eine kontinuierliche, auf sozialen Ausgleich und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abzielende Politik,

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Rekordverschuldung und Rekordarbeitslosigkeit!)

die Sicherung der Zukunft unseres sozialen Bundesstaates, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbunden mit sozialem Zusammenhalt, unterstützen will oder nicht.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Das war der Durchbruch, Herr Kollege!)

Aber eines, Frau Merkel, muss aufhören: Sie dürfen den Bundesrat nicht als reines Blockadeorgan nutzen, ohne irgendeine konstruktive Leistung für die notwendige Modernisierung unseres Landes zu erbringen.

(Beifall des Abg. Joachim Poß (SPD))

Deswegen sage ich Ihnen: Wir gehen mit Zuversicht in diese Bundestagsneuwahlen hinein.

(Beifall bei der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Und viele von euch werden nicht mehr herauskommen! – Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Bei euch regiert die Angst, nichts sonst!)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile Kollegen Peter Rzepka, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

Peter Rzepka (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine zentrale Botschaft der Rede des Kollegen Poß war die Aussage: Wir machen weiter.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ja! Welche Drohung! – Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Das war eine Drohung!)

Herr Kollege Poß, ich glaube, Sie begreifen gar nicht, dass das von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, der Bürgerinnen und Bürger, inzwischen als Drohung empfunden wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Und Ihr „Weiter so“ beweist doch, dass Sie angesichts einer katastrophalen Staatsverschuldung und angesichts von über 5 Millionen Arbeitslosen weder den Mut noch die Kraft haben, die notwendigen Reformen im Arbeitsrecht, in den Sozialsystemen und auch im Steuerrecht wirklich anzupacken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Steuergesetze müssen einfach und klar sein und sie müssen Planungssicherheit gewährleisten, sowohl für Konsumenten als auch für Investoren. Beide Grundsätze einer erfolgreichen Steuerpolitik hat diese Bundesregierung sträflich missachtet.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): So ist es!)

Auch die vorliegenden Gesetzentwürfe tragen in vielen Punkten nicht zur Vereinfachung und Planungssicherheit bei. Die Union hält zwar das Ziel, die Körperschaftsteuer zu senken, als ersten Schritt zu einer durchgreifenden Vereinfachung und Entlastung aller Unternehmen unverändert für richtig. Auch die Sicherung der Unternehmensnachfolge ist eine seit langem von der Union erhobene Forderung, über die offenbar inzwischen bei allen Fraktionen im Hause Einigkeit besteht.

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Ich habe da noch Zweifel!)

Dass wir Schritte in die richtige Richtung unterstützen, heißt aber nicht, dass wir bei der Prüfung von unseren Zielen der Steuervereinfachung und der Verlässlichkeit steuerpolitischen Handelns Abstand nehmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es fehlt eine solide Gegenfinanzierung für die Steuersenkungen und vor dem Hintergrund der gegenwärtigen, katastrophalen Lage der öffentlichen Haushalte stellt sich die Frage, inwieweit das verantwortet werden kann. Der Streit innerhalb der Regierungskoalition zeigt, dass unsere Bedenken berechtigt sind und dass die Gesetzentwürfe einer Überarbeitung und Korrektur bedürfen. Lassen Sie mich einige Beispiele nennen, wie diese Bundesregierung zum Chaos im deutschen Steuersystem beigetragen hat: Im Rahmen der Unternehmsteuerreform wurde es Kapitalgesellschaften beim Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren ermöglicht, gezahlte Körperschaftsteuern auf in der Vergangenheit einbehaltene Gewinne durch Ausschüttungen vorzeitig zur Anrechnung zu bringen. Dadurch wurde den Unternehmen unerwartet erhebliche Liquidität zugeführt, mit der Folge, dass das Körperschaftsteueraufkommen, wie Sie alle wissen, dramatisch eingebrochen ist.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Ja!)

Wenige Jahre später wurde mit der Einschränkung des Verlustausgleichs, der so genannten Mindestbesteuerung, den Unternehmen unerwartet Liquidität entzogen und die Krisenanfälligkeit der deutschen Wirtschaft erhöht.

Nun soll die Mindestbesteuerung weiter verschärft werden. Nach eigenen Aussagen des Bundesfinanzministers bringt sie wenig, sie belastet jedoch risikoträchtige Unternehmungen zusätzlich und schreckt weiter von Investitionen in Deutschland ab. Der Sachverständigenrat kommentiert Ihren Plan, den Verlustabzug auf 50 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bei einem Sockelbetrag von 1 Million Euro zu begrenzen, wie folgt:

Verlustverrechnungsbeschränkungen diskriminieren die gerade für eine dynamische Volkswirtschaft und einen schöpferischen Wettbewerb bedeutsamen riskanten Investitionen. Eine dadurch bewirkte Mindestbesteuerung hat nicht nur schädliche allokative Folgen, von ihr können überdies negative konjunkturelle Effekte ausgehen.

Weiter wird darauf hingewiesen, dass die Mindestbesteuerung den Unternehmen liquide Mittel entzieht, wodurch der Aufschwung nicht ermöglicht wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dem ist aus meiner Sicht nichts hinzuzufügen. Diese Steuererhöhung ist deshalb nicht mit uns zu machen.

Bei der Änderung des Einkommensteuergesetzes wollen Sie eine neue Vorschrift – § 15 b Einkommensteuergesetz – zur Einschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen einfügen. Die generelle Zielsetzung, Verlustverrechnungsmöglichkeiten zum Beispiel bei Medienfonds zu begrenzen, findet unsere Zustimmung, der Wortlaut ist aber noch zu unbestimmt. So ist nicht sichergestellt, dass volkswirtschaftlich notwendige Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen, die in der Anfangsphase eines Unternehmens zu erheblichen Verlusten führen können, ausgenommen sind.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Genau so ist es!)

Es gibt noch weitere Fragen: Wann genau liegt ein Steuerstundungsmodell vor? Was ist eine modellhafte Gestaltung?

Der § 15 b Einkommensteuergesetz – wie er jetzt ausgestaltet ist – führt zu einer weiteren Komplizierung der Steuergesetzgebung und zu Planungsunsicherheit. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren muss er deshalb nachgebessert werden. Es wird auch zu prüfen sein, ob die vorgesehene Rückwirkung im vorgesehenen Umfang verfassungsrechtlich zulässig ist. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage müssen wir auf eine seriöse Gegenfinanzierung von Steuersenkungen bestehen. Wenn diese nicht vorgelegt wird, kann es eben nicht zu der Körperschaftsteuersenkung im vorgesehenen Umfang kommen.

Die Seriosität der Gegenfinanzierung wird übrigens auch in der Regierungskoalition bestritten.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): So ist es!)

Deshalb hat die Vorsitzende des Finanzausschusses, die Abgeordnete Scheel vom Bündnis 90/Die Grünen, auch einen Beitrag zum Gelingen des Gesetzes einbringen wollen, indem sie über die Medien einen Vorschlag zum Abbau von angeblichen Steuersubventionen in Höhe von 5 Milliarden Euro für den Export von Arbeitsplätzen lancierte.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Die sind doch lächerlich!)

Auf einen Antrag oder Gesetzesvorschlag im Parlament warten wir bis heute vergebens, Frau Kollegin.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Jetzt erklär ihr das mal!)

Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie in der Öffentlichkeit populistisch reden, im Parlament aber anders handeln. Im Übrigen ist der Vorschlag eines Finanzpolitikers selten auf größere Kritik in der Fachwelt gestoßen.

Lassen Sie mich nur aus einer Stellungsnahme des Bundesfinanzministeriums zitieren:

Die in der jüngeren Vergangenheit häufig vernehmbare Behauptung,

– Ihre Behauptung, Frau Scheel –

die Kosten einer Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland würden steuerlich begünstigt, verfälscht und verkürzt die tatsächliche Rechtslage.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Diese Aussage ist ausnahmsweise einmal richtig, Herr Bundesfinanzminister.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Ehre, wem Ehre gebührt!)

Aber sie zeigt doch in ihrer vornehmen und zurückhaltenden Art, dass dies der diplomatische Versuch des BMF ist, die Vorsitzende des Finanzausschusses nicht völlig bloßzustellen.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Obwohl sie es verdient hätte!)

Ich darf zum Schluss die Wertung des Bundesfinanzministeriums zu den Vorschlägen der Kollegin Scheel zusammenfassen: Eine Verschärfung des Betriebsausgabenabzugsverbotes, wie immer sich die Kritiker das auch vorstellen, hätte zudem nachteilige standortpolitische Wirkungen. Konzernzentralen würden sich dann überlegen, ob sie künftig ihren Sitz in Länder verlegen, die günstigere Regelungen für die Geltendmachung von Beteiligungsaufwendungen haben. – So, meine Damen und Herren von den Grünen, schädigen Sie den Standort Deutschland weiter, insbesondere den Holdingstandort Deutschland. Der Vorschlag von Frau Scheel wäre demnach eine wirkungsvolle Maßnahme, Kapital aus Deutschland zu vertreiben, Arbeitsplätze zu vernichten und Steuermindereinnahmen zu bewirken. Er legt die Axt an die Wurzeln des Erfolgs des deutschen Exports, auf den Sie in den Regierungsfraktionen immer so stolz hinweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dennoch dürfen die Gesetze zur Senkung der Unternehmensteuerbelastung und zur Unternehmensnachfolge nicht scheitern. Die Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht für Mai eindringlich:

Neue Vertrauensprobleme würden freilich aufgeworfen, wenn das Vorhaben jetzt noch scheitern würde

Weiter schreibt die Bundesbank zu positiven Effekten einer Steuerreform:

Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn sie nicht als Einzelmaßnahme, sondern als Schritt zu einer umfassenden Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer verstanden werden kann.

Wir teilen ausdrücklich diese Auffassung. Deutschland braucht eine tief greifende strukturelle Modernisierung des Steuerrechts.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): So ist es!)

Ein solch großer Wurf würde psychologische Wirkung haben und eine Aufbruchstimmung erzeugen, die die Wachstumskräfte stärkt.

(Joachim Poß (SPD): Es kommt ja richtig Stimmung auf, wenn Sie das so leidenschaftlich vortragen!)

Erst dann könnte auch auf einen Selbstfinanzierungseffekt vertraut werden. Solange aber keine Verzahnung der Steuerpolitik mit Reformen am Arbeitsmarkt, bei der Bildung und den Sozialsystemen zu erkennen ist, solange Sie sich in Einzelmaßnahmen verlieren, so lange ist keine wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu erwarten.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

Solange dürfen Sie sich auch nicht wundern, dass Sie Jahr für Jahr neue Milliardenlöcher im Haushalt stopfen müssen. Die „FAZ“ vom 12. Mai 2005 schreibt hierzu:

Die Einnahmeausfälle, die Rot-Grün jetzt wieder beklagt, führt sie mit ihrer Politik vorsätzlich herbei.

Gemeint ist Ihre Politik, die auf mehr Staatstätigkeit und weniger Freiheit für Unternehmen und Bürger setzt. Wir dagegen wollen weniger Staat, weniger Bürokratie, weniger Abgaben, mehr Freiheit für Unternehmen und Bürger und mehr Arbeit in Deutschland.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/5554 und 15/5601 sowie 15/5555 und 15/5603 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b auf:

4. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dietrich Austermann, Dr. Michael Meister, Steffen Kampeter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Verschuldungsspirale stoppen – Nachtragshaushalt und Haushaltssicherungsgesetz umgehend vorlegen

– Drucksache 15/5331 –

Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss (f)Finanzausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Andreas Pinkwart, Jürgen Koppelin, Otto Fricke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Prekärer Haushaltslage entgegentreten – Nachtragshaushalt und Haushaltssicherungsgesetz vorlegen

– Drucksache 15/5477 –

Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss (f)InnenausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft VerteidigungsausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale SicherungAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenAusschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und TechnikfolgenabschätzungAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für Kultur und Medien

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen Michael Meister, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Michael Meister (CDU/CSU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung ist am Ende.

(Beifall bei der CDU/CSU Joachim Poß (SPD): Das hätte ich nicht gedacht! Da bin ich richtig fertig! Solche Feststellungen hier!)

Nachdem ein nicht mehr handlungsfähiger Bundeskanzler als Folge der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen seinen politischen Offenbarungseid geleistet hat, wollte ihm Finanzminister Hans Eichel in dieser Woche nicht nachstehen.

In einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters vom 31. Mai wird erklärt – ich darf zitieren –:

Deutschland wird nach Worten von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) auch im kommenden Jahr gegen den europäischen Stabilitätspakt verstoßen ...

Mit diesem Eingeständnis des Finanzministers ist er endlich in der finanz- und haushaltspolitischen Realität angelangt. Dies bedeutet im Klartext, dass wir nach 2002, 2003, 2004, 2005 im Jahr 2006 ein fünftes Mal gegen europäisches Recht verstoßen werden. Wir werden zum fünften Mal die Defizitgrenze des Maastricht-Vertrages nicht einhalten – eine Folge rot-grüner Politik, eine Folge der Politik des Finanzministers Hans Eichel.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin (FDP))

Damit nicht genug: Wir werden nach 2002, 2003, 2004 und 2005 auch im kommenden Jahr keinen verfassungsgemäßen Haushalt von dieser Bundesregierung bekommen. Die Nettoneuverschuldung wird wieder oberhalb der Summe für Investitionen liegen. Diese Bundesregierung steht mit ihrer Finanzpolitik nicht mehr auf dem Boden des Rechts.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie keine andere Bundesregierung vor Ihnen setzen Sie sich über geltendes Recht hinweg, nur weil Sie nicht den Mut und nicht die Kraft haben, die notwendigen Reformen in Deutschland durchzuführen.

(Joachim Poß (SPD): Was hat Ihnen der Herr Kampeter da aufgeschrieben?)

Herr Poß, die Rahmendaten der Haushaltspolitik von Hans Eichel sind verheerend. Er hat in den vergangenen sechseinhalb Jahren 160 Milliarden Euro neue Schulden in Deutschland gemacht. Dabei sind die 50 Milliarden Euro, die er aus der Veräußerung der UMTS-Lizenzen gewonnen hat, nicht berücksichtigt. Zusammengenommen wären das über 200 Milliarden Euro neue Schulden,

(Joachim Poß (SPD): Es hätten viel weniger sein können, wenn Sie nicht blockiert hätten!)

die Sie von der SPD, Ihr Koalitionspartner und der Bundesfinanzminister zu verantworten haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß (SPD): Sie haben es gerade nötig!)

Herr Poß, jedes neu geborene Kind in Deutschland bekommt von Ihnen 10 500 Euro Bundesschulden aufgebürdet. Dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler (SPD): Wie viel haben Sie denn davon gemacht? – Dr. Uwe Küster (SPD): Wo ist denn Ihr Anteil? – Joachim Poß (SPD): Wer so blockiert wie Sie, sollte vorsichtig sein!)

Wenn Ihre Regierung bleibt und Ihre Finanzpolitik so weitergeht, dann kommen jedes Jahr mindestens 40 Milliarden Euro Schulden dazu. Hinzu kommt, dass bei Ihren Planungen für die Zukunft, in der mittelfristigen Finanzplanung, die Wachstumsannahmen regelmäßig zu hoch angesetzt werden. Das heißt, Sie planen für die Zukunft regelmäßig mit zu hohem Wachstum, mit zu hohen Steuereinnahmen und mit zu geringen Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik. Das bedeutet, dass Sie in der mittelfristigen Finanzplanung die künftigen Defizite massiv unterschätzen und damit das Volk, die Menschen und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nicht über die tatsächlichen Sachverhalte aufklären.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß (SPD): Deswegen haben Sie eine Nettoentlastung in der Steuerpolitik, damit die Schulden weiter wachsen!)

Herr Poß, Sie haben im Jahr 2005 ein strukturelles Defizit

(Joachim Poß (SPD): Wie wollen Sie Ihre Kopfpauschale finanzieren? Wie wollen Sie Ihre Steuersenkungen finanzieren?)

im Bundeshaushalt von rund 60 Milliarden Euro. Das ist Ihr Defizit, 60 Milliarden Euro in einem einzigen Jahr. Sie haben 22 Milliarden Euro Neuverschuldung ausgewiesen. Sie haben eine Finanzierungslücke, die jetzt offen gelegt worden ist, in Höhe von 17 Milliarden Euro. Ich nenne die Stichworte Rente, Bundesbank, Steuerschätzung, Hartz IV und Arbeitsmarktausgaben.

(Walter Schöler (SPD): Das ist exakt Ihre Blockade!)

Sie haben Privatisierungserlöse von rund 22 Milliarden Euro. Wenn Sie das addieren, dann ergibt das ein strukturelles Defizit von 60 Milliarden Euro. Darauf muss von Ihnen eine Antwort kommen und sie muss lauten: Nicht einfach jedes Jahr neue Schulden machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich darf Sie daran erinnern, wie Sie 1998 gestartet sind. Es wird einem Oppositionskollegen ja gestattet sein, in Ihre Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 zu blicken. Ich darf zitieren:

Solide Staatsfinanzen sind eine unverzichtbare Grundlage für neue Arbeitsplätze,
(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Stimmt!)
für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung und für soziale Stabilität. ...
(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Stimmt!)
Wir wollen die Schuldenanhäufung zu Lasten künftiger Generationen verringern.
(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Richtig!)

Was ist aus dieser Ankündigung vom 20. Oktober 1998 bei Ihnen geworden?

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Nichts!)

Das krasse Gegenteil.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin (FDP))

Aber Sie, Herr Poß, und Sie, Herr Eichel, haben nicht nur eine Wahlperiode regiert, es gibt ja noch eine zweite Koalitionsvereinbarung, aus dem Jahr 2002. Auch daraus darf ich zitieren:

Bis 2006 werden wir einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden vorlegen.
(Lachen bei der CDU/CSU)
Solide Finanzen sind ein elementares Gebot der Generationengerechtigkeit und unerlässlich für ein nachhaltiges Wachstum von Wirtschaft und Beschäftigung gerade auch für die private Wirtschaft.

Nun versuchen Sie nicht, einen Haushalt 2006 ohne Schulden vorzulegen, sondern Sie versuchen, keinen Haushalt 2006 vorzulegen. Sie versuchen, sich aus der Verantwortung zu stehlen.

Wir fordern Sie auf: Legen Sie endlich den Haushalt 2006 vor, beschließen Sie den Entwurf im Kabinett

(Joachim Poß (SPD): Sie stehen doch für diese verantwortungslose Politik!)

und beraten Sie ihn so, wie sich das gehört! Es ist das vornehmste Recht des Parlaments, den Haushaltsentwurf in einem geordneten Verfahren zu diskutieren.

An all diese Ziele und an Ihre damaligen Versprechungen werden Sie heute sicherlich nicht gerne erinnert. Das ist verständlich; denn Sie sind von der Realität Ihrer eigenen Finanzpolitik überholt worden. Schulden, Schulden, Schulden – das ist das Ergebnis von Hans Eichel.

(Walter Schöler (SPD): 16 Jahre Unionspolitik! – Elke Ferner (SPD): Gucken Sie sich einmal die Bilanz von Herrn Waigel an!)

Sie sind von einem ausgeglichenen Bundeshaushalt so weit entfernt wie von Ihrem Ziel, die Zahl der Arbeitslosen zu halbieren.

Jetzt stellt der Bundesfinanzminister fest, die Union sei an dem Desaster schuld. Ich will diesen Vorwurf aufgreifen, weil er falsch und irreführend ist. Die Union hat in staatspolitischer Verantwortung den Subventionsabbau im Deutschen Bundestag und im Bundesrat mitgetragen.

(Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Selbstgefällig ist das! Unehrlich!)

Wir haben die steuerlichen Subventionen um 12 Prozent gekürzt. Wir haben die Eigenheimzulage um 30 Prozent zurückgeführt. Außerdem haben wir bei den haushaltswirksamen Subventionstatbeständen Kürzungen in Höhe von jeweils 4 Prozent über drei Jahre vorgenommen. Das ist mit unserer Mitwirkung und Zustimmung geschehen. Ich glaube, es gab in der deutschen Geschichte noch nie einen Subventionsabbau mit einem ähnlichen Volumen, einen Subventionsabbau, der von der Opposition in Verantwortung gegenüber dem Land mitgetragen worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Walter Schöler (SPD): Das reicht alles nicht! Sie sagen doch selber: Das reicht alles nicht!)

Was wir allerdings verhindert haben, waren Ihre Steuererhöhungspläne im so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetz. Damit wollten Sie isoliert die steuerliche Bemessungsgrundlage verbreitern.

(Walter Schöler (SPD): Dafür wollen Sie die Mehrwertsteuer erhöhen!)

Alles, was Sie zurzeit in der Diskussion aufgreifen, war in Ihrem Steuervergünstigungsabbaugesetz vorgesehen, ohne dass beim Einkommensteuertarif eine Entlastung erfolgt wäre. Was Sie hier betreiben, ist doch Heuchelei!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir waren der Auffassung, zu reinen Steuererhöhungen und Mehrbelastungen der Menschen an dieser Stelle Nein zu sagen, weil sich sonst – das haben uns damals alle Fachleute bestätigt – das wirtschaftliche Wachstum und die Beschäftigungssituation noch schlechter entwickelt hätten, als es jetzt der Fall ist. Deshalb sollten Herr Eichel und die Bundesregierung uns nicht kritisieren; sie sollten sich vielmehr dafür bedanken, dass die Opposition dafür gesorgt hat, dass dieses Land nicht noch schlechter dasteht, als es unter dieser Regierung ohnehin der Fall ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir verfolgen eine relativ einfache Linie, um zu entscheiden, was wir mittragen: Das, was für Wachstum und Beschäftigung gut ist, trägt die Union mit und zu dem, was dafür schädlich ist, sagen wir Nein. An dieser Messlatte werden wir unsere Politik hinsichtlich des Haushalts, der Steuern und in anderen Bereichen orientieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie suchen allerdings die Schuld für das Desaster, in das Sie Deutschland hineingeführt haben, nie bei sich selbst. Sie suchen stattdessen die Verantwortung immer bei anderen.

(Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind besonders glaubwürdig!)

Jetzt wird von Ihrer Seite sogar versucht, die europäische Währungsunion als Sündenbock für die anhaltende Wachstumsschwäche in Deutschland verantwortlich zu machen.

(Hans Eichel, Bundesminister: Quatsch!)

Sie versuchen auf billige Art und Weise, von den wahren Problemen in unserem Land abzulenken,

(Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Da werden Legenden gestrickt!)

ohne den Menschen zu sagen, welche Kosten mit dem diskutierten Austritt aus dem Euro verbunden wären. Weitere Wachstumseinbrüche und Arbeitsplatzverluste sowie die Gefährdung von Arbeitsplätzen in Deutschland sind die möglichen Folgen der von Ihnen entfachten Diskussion. Sie schaden unserer Volkswirtschaft. Hören Sie endlich auf, weiteren Schaden zu verursachen! Spielen Sie nicht mit den Menschen, sondern kehren Sie zur Wahrheit und zu einer verlässlichen Politik zurück!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Jürgen Koppelin (FDP))

Die Wahrheit ist: Ihre Politik ist gescheitert. Sie sind gescheitert, Herr Bundesfinanzminister. Sie sind vom „Spar-Hans“ zum „Schulden-Hans“ geworden. Der Bundesfinanzminister ist zu einer Karikatur seiner selbst geworden: ein Finanzminister, der vollmundig angetreten ist, dem aber Gestaltungskraft und ordnungspolitische Fundierung fehlt und der schrittweise sein Versagen eingestehen muss.

(Joachim Poß (SPD): Die Beleidigungen könnten Sie aber frei formulieren! Dass Sie die Beleidigungen noch ablesen, ist eine Frechheit!)

– Sehr geehrter Herr Poß, Sie können das alles mit Sicherheit besser.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Der Poß ist nicht umsonst nichts geworden! Er kann es nicht besser!)

Aber der Finanzminister ist zu einem Getriebenen im Endzeitkabinett Schröder geworden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir fragen uns: Warum handeln Sie eigentlich nicht? Wir fordern Sie auf zu handeln. Wir verlangen von Ihnen erstens eine sofortige Haushaltssperre zur Senkung des allgemeinen Staatsverbrauchs. Es gibt keinen Grund, das Land weiter in die Schulden treiben zu lassen.

Zweitens fordern wir Sie auf, unverzüglich einen Nachtragshaushalt 2005 in den Deutschen Bundestag einzubringen,

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Sehr richtig!)

der die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben für das laufende Jahr und auch die Neuverschuldung wahrheitsgemäß und realistisch abbildet.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Und zwar ehrlich!)

Denn nur auf dieser Grundlage können wir Maßnahmen ergreifen, um dagegen anzugehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Handeln Sie endlich, Herr Bundesfinanzminister! Schauen Sie nicht zu, wie das Land weiter in die Schulden treibt! Werden Sie Ihrer Verantwortung an dieser Stelle gerecht! Sie sind in der Regierung. Wenn Sie der Verantwortung nicht gerecht werden können, dann treten Sie heute zurück! Warten Sie nicht noch einige Wochen oder Monate, sondern beenden Sie Ihre Arbeit heute an dieser Stelle!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Drittens verlangen wir die Vorlage des Bundeshaushalts 2006 und eine ordentliche Beratung im September dieses Jahres hier im Deutschen Bundestag.

Viertens ist ein Haushaltssicherungsgesetz notwendig,

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Eine Schlussbilanz!)

um tatsächlich Einsparungen auf der Ausgabenseite des Bundeshaushaltes vornehmen zu können.

(Elke Ferner (SPD): Was wollen Sie denn jetzt? Wollen Sie weniger oder mehr ausgeben?)

Deutschland kann es besser. Die Arbeitnehmer und Unternehmer in diesem Land können es besser. Es ist diese Bundesregierung, die für die katastrophale Entwicklung verantwortlich ist, die eine eigene Leistung, eine Eigenanstrengung der Menschen hemmt. Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, sind verantwortlich für die hohe Arbeitslosigkeit und die dramatisch steigende Staatsverschuldung. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass nicht längst die notwendigen Strukturreformen in diesem Land angepackt worden sind, die dazu führen würden, das strukturelle Defizit im Haushalt endlich zurückzuführen und zu begrenzen.

Es fehlt Ihnen an Reformen im Arbeitsmarkt. Dazu hatten wir Ihnen im „Pakt für Deutschland“ einen Vorschlag gemacht.

(Elke Ferner (SPD): Klasse! – Walter Schöler (SPD): Sehr gut!)

Wir haben Ihnen Vorschläge zur Reform des Gesundheitswesens, zur Reform des Rentensystems,

(Elke Ferner (SPD): 23 Milliarden Euro!)

zum Thema Bürokratieabbau, zur Vereinfachung des Planungsrechts und zur Vereinfachung des Steuerrechts gemacht. Zu all diesen Themen gibt es in Anträgen und Gesetzentwürfen von unserer Seite Vorschläge.

(Joachim Poß (SPD): Alles ungerecht und unfinanzierbar!)

Aber Sie sind nicht handlungsfähig. Sie sind innerlich zerstritten. Sie wissen nicht, wohin Sie das Land hinführen wollen, und sind deshalb nicht in der Lage, dieses Land ordentlich zu regieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb müssen Sie sich die Arbeitslosen und die Staatsverschuldung anrechnen lassen und können nicht auf die Opposition verweisen. Die Menschen in unserem Land haben eine bessere Regierung verdient, eine Regierung, die die Lösung der Probleme aufzeigt und nicht hilflos, kopflos und ratlos agiert.

Meine Damen und Herren, mit der Ankündigung, Neuwahlen herbeiführen zu wollen, gesteht Bundeskanzler Schröder das endgültige Scheitern seiner Regierung ein. Er gesteht die innere Zerrissenheit der Koalitionsfraktionen ein. Er gesteht ein, dass Rot-Grün auf die drängenden Fragen der Zeit und auf die Herausforderungen keine Antworten hat. Sie haben kein Zukunftsprogramm und verteidigen lediglich das bisher Erreichte. Das reicht nicht bei 6,5 Millionen Arbeitslosen. Es sind nämlich nicht nur die in der öffentlichen Statistik erfassten Menschen ohne Beschäftigung, sondern auch diejenigen, die an Arbeitsmarktmaßnahmen teilnehmen.

Deshalb wäre es gut für Deutschland, wenn das Land eine neue Regierung bekäme. Diese rot-grüne Regierung hat versagt. Sie sind nicht regierungsfähig.

(Joachim Poß (SPD): Was haben Sie denn eigentlich zum Thema zu sagen?)

Wir bieten eine Alternative und deshalb werben wir um das Vertrauen der Menschen in Deutschland.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Präsident Wolfgang Thierse:

Ich erteile das Wort Bundesminister Hans Eichel.

Hans Eichel, Bundesminister der Finanzen:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst eine Bemerkung zu Ihnen, Herr Meister: Normalerweise schätze ich Sie, wie Sie wissen, als einen sachlichen Mann.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das war doch alles sachlich! Das ist die Wahrheit! – Gegenruf der Abg. Elke Ferner (SPD): Haben Sie was mit den Ohren, oder was? – Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das war ein sehr guter Redebeitrag!)

– Was haben Sie für ein Durcheinander?

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wir haben kein Durcheinander! Sie haben eine intellektuelle Blockade!)

Nach dieser Rede muss ich Ihnen allerdings sagen: Es war weit unter Ihrem Niveau,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

das Thema Währungsunion und Euro in der Weise zu behandeln, wie Sie es hier gemacht haben.

(Joachim Poß (SPD): Unverantwortlich!)

Panikmache aufgrund eines Zeitungsberichts, an dem nichts dran ist – Sie konnten genau nachlesen, was die Bundesbank dazu erklärt hat und was ich dazu gesagt habe –, ist unverantwortlich. Das ist tatsächlich die Art, wie die Opposition in diesem Hause vielfach argumentiert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

An dem Bericht ist nichts dran und deswegen weise ich Ihre Vorwürfe mit Nachdruck zurück. Das ist kein Niveau, auf dem man eine Debatte führen kann, Herr Meister.

(Franz Müntefering (SPD): Wohl wahr!)

Nun komme ich zum Haushalt. Ja, ich habe gesagt: Die Haushaltslage ist dramatisch oder äußerst prekär. Die Wortwahl von Herrn Kampeter lautete: Sie ist katastrophal.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Grauenhaft!)

Ich will darüber nicht streiten, sondern ich will zunächst nur auf eines hinweisen: Die Haushaltslage ist dramatisch, nicht nur beim Bund, sondern beim Gesamtstaat. Aber Sie sind der absolut falsche Ankläger in dieser Frage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben es in 16 Jahren im Jahresdurchschnitt auf 36,4 Milliarden neue Bundesschulden gebracht.

(Hans Michelbach (CDU/CSU): Und die Wiedervereinigung?)

Wir haben hingegen in sechs oder meinetwegen in sieben Jahren – wenn Sie das siebte, das noch nicht abgeschlossen ist, hinzuzählen wollen – insgesamt 160 Milliarden neue Schulden gemacht. Das sind im Durchschnitt rund 23 Milliarden pro Jahr, während Sie in 16 Jahren jedes Jahr 36,4 Milliarden neue Schulden gemacht haben. Das wollen wir einmal festhalten. Sie sind nicht diejenigen, die wissen, wie man die Staatsfinanzen in Ordnung bringt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sind aber sehr wohl diejenigen, die wissen, wie man die Staatsfinanzen durch Verweigerungshaltung durcheinander bringt.

Nun will ich ganz genau sagen, wie die Lage in diesem Jahr ist. Das Ergebnis der Steuerschätzung bedeutet im Vergleich zum Haushaltsvoranschlag ein neues Risiko in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Wir haben im Hinblick auf den Arbeitsmarkt – der Wirtschaftsminister ist hier möglicherweise ein bisschen optimistischer als ich – mit einem zusätzlichen Risiko in Höhe von 7 Milliarden bis 8 Milliarden Euro zu rechnen. Wir haben außerdem einen niedrigeren Bundesbankgewinn zu verzeichnen. Wenn ich die positiven Entwicklungen berücksichtige und beispielsweise die höheren Dividendeneinnahmen und die Schuldenrückzahlungen etwa von Polen gegenrechne, dann stelle ich fest, dass wir in diesem Jahr ein zusätzliches Risiko in Höhe von 10 Milliarden bis 12 Milliarden Euro zu verkraften haben.

Noch ein Wort zu Hartz IV. Sie haben hier alles mit beschlossen und sich anschließend in die Büsche geschlagen. Die unionsgeführten Länder lehnen nun eine Revisionsklausel ab, obwohl die Kosten für die Unterkunft – alles spricht dafür, dass das stimmt – wesentlich geringer ausfallen. Dabei geht es um eine Entlastung für den Bundeshaushalt in Höhe von 2,4 Milliarden Euro. Angesichts dessen müssen Sie sich fragen lassen, ob das der richtige Umgang zwischen Bund und Ländern in einem föderalen Staat ist. Ich jedenfalls halte das für nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit die Bedingungen ganz klar sind: Einen Nachtragshaushalt werde ich nicht vorlegen. Das werde ich Ihnen gleich begründen. Ich werde die hier entstehenden Probleme durch Einmalmaßnahmen und notfalls durch die Inanspruchnahme von Restkreditermächtigungen beherrschen können.

(Zuruf des Abg. Jürgen Koppelin (FDP))

– Jawohl, Herr Koppelin, ich werde gleich präzise darüber reden, was Sie alles nicht tun. Was wollen Sie jetzt eigentlich?

Ich weise darauf hin, dass wir auf der Ausgabenseite in einem bisher nicht gekannten Maße konsolidiert haben. Wir haben seit 1999 ein durchschnittliches Ausgabenwachstum in Höhe von 0,4 Prozent pro Jahr. Wenn man die Inflationsrate berücksichtigt, dann bedeutet das sogar, dass es beim Bund einen realen Rückgang der öffentlichen Ausgaben gegeben hat. Dabei sind noch – das ist wahr – die viel höheren Kosten für den Arbeitsmarkt wegen der stagnierenden wirtschaftlichen Entwicklung und die höheren Kosten für die Rentenversicherung – das hat etwas mit der demographischen Entwicklung zu tun – zu berücksichtigen. Überall sind die Ausgaben – einzige Ausnahme ist der Bereich Bildung und Forschung; das haben wir ganz bewusst so gemacht – nicht nur real, sondern auch nominal drastisch zurückgefahren worden, sodass der Sachverständigenrat in seiner Bewertung zu dem Ergebnis kommt, auf keinen Fall könne bestritten werden, dass wir ausgabenseitig konsolidiert hätten. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Finanzhilfen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Hilfe waren Sie mir dabei nie. Ich erinnere mich noch gut: Als wir 1999 das 30-Milliarden-DM-Paket auf den Weg gebracht haben und ich vorgeschlagen habe, unter anderem die Beamtengehälter für eine bestimmte Zeit einzufrieren, sind es die von Ihnen regierten Länder, die die Hauptnutznießer dieser Maßnahme gewesen wären, gewesen, die mir das im Bundesrat kaputt gemacht haben. So sieht einer Ihrer Beiträge zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte aus. Nur Lobbypolitik!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den Leistungsgesetzen. Dazu möchte ich von Ihnen Genaueres erfahren; das wollen wir einmal durchbuchstabieren. Was haben wir denn in der Rentenversicherung gemacht? Wir haben einen Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Aber erst, nachdem ihr unseren Faktor abgeschafft habt!)

Wir haben außerdem für eine Nullrunde bei der Rente gesorgt.

(Zurufe von der CDU/CSU)

– Rechnen Sie das doch nach! Sie wissen ganz genau – das ist leider wahr –, dass unser Nachhaltigkeitsfaktor viel härter ist als Ihr demographischer Faktor. Das ist der schlichte Sachverhalt.

Wir haben des Weiteren die Betriebsrenten dem vollen Krankenversicherungsbeitrag unterworfen und den vollen Pflegeversicherungsbeitrag von den Rentnern verlangt. Das alles sind Dinge, die zwar keinen Spaß gemacht haben, die aber unvermeidbar waren.

Wenn man hinnimmt, dass die demographischen Veränderungen nicht in den ökonomischen Rahmenbedingungen abgebildet werden – sie haben das 16 Jahre lang getan –, dann ist eine solche Situation der sozialen Sicherungssysteme die Folge. Wir mussten so handeln, nicht weil wir unsozial sind, sondern gerade weil wir sozial sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mit jedem weiteren Jahr, das man wartet – das sage ich auch in Richtung ganz anderer –, würden die Probleme nur größer.

Was hat unsere Gesundheitsreform gebracht? Die Wahrheit ist: Für viele Versicherte werden Leistungen des Gesundheitssystems ab dem 1. Juli noch einmal teurer werden. Herr Fricke, es tut mir sehr Leid, dass Kostendämpfung durch mehr Wettbewerb aufseiten der Leistungserbringer – das ist eine zentrale Frage – auf der Strecke geblieben ist. Dafür sind Sie verantwortlich. Das wissen Sie so gut wie ich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Was Hartz IV angeht, sind einige von Ihnen schon wieder dabei, umfangreiche Nachbesserungen zu fordern. Der Wirtschaftsminister hat darauf hingewiesen: Wir werden über die neu entstandenen Missbrauchstatbestände in der Praxis reden müssen. Es gilt, zu klären, warum wir plötzlich so viele Bedarfsgemeinschaften haben. Das kann so nicht sein. Ich möchte einmal wissen, was die von der CDU regierten Kommunen bei der Umsetzung dieses Gesetzes eigentlich machen. Darüber wird zu reden sein und da schlagen Sie sich in die Büsche.

Wenn Sie Eingriffe in Leistungsgesetze – sie würden in diesem Jahr übrigens gar keine Auswirkungen haben; insofern ist das ein völlig untauglicher Beitrag zur Haushaltssituation dieses Jahres – wollen, dann nennen Sie doch bitte Ross und Reiter. Im Moment sind Sie diesbezüglich absolut sprachlos.

Ich kann Ihnen sagen, wo Geld zu holen ist – wenn man das überhaupt will. Vieles ist verfügt: im Etat des Verkehrsministeriums bei den Verkehrsinvestitionen, im Etat des Verteidigungsministeriums bei den Beschaffungen, im Etat des Ministeriums für Bildung und Forschung und im Etat des Entwicklungshilfeministeriums. Ich weiß ganz genau, was Sie sagten, wenn ich dort Kürzungen vornähme. Ich würde so aber nicht vorgehen, weil es in dieser Phase konjunkturschädlich wäre. Ein solcher Schritt würde die Probleme vergrößern und nicht verringern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das zu erwartende gesamtwirtschaftliche Wachstum wird in erheblichem Umfang vom Export getragen sein, während das Wachstum der Inlandsnachfrage zunächst noch dahinter zurückbleiben dürfte. Steuererhöhungen oder weitere drastische Ausgabenkürzungen würden in dieser Situation die Inlandsnachfrage zu sehr dämpfen und damit die Wachstumsdynamik beeinträchtigen und eine positive Beschäftigungsentwicklung in Frage stellen.

Mit dieser Begründung haben Sie im Jahre 1997 einen Nachtragshaushalt abgelehnt. Damals erwarteten Sie ein Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent. Wir erwarten im Augenblick ein Wirtschaftswachstum von 1 Prozent. Dennoch verlangen Sie solche Eingriffe. Wie unglaubwürdig ist Ihre Position?!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es stellt sich die Frage: Was bleibt eigentlich übrig? Eine Menge! Ganz unwahr ist, dass wir nichts gemacht hätten. Herr Dr. Meister, ich komme jetzt zum Subventionsabbau. Sie schieben immer die Kleckerbeträge, bei denen Sie mitgemacht haben, vor, verschweigen aber, wie viele große Vorhaben Sie verhindert haben, und zwar systematisch und seit Beginn dieser Wahlperiode.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Zum Beispiel Kohle!)

– Darauf komme ich zu sprechen; da können Sie ganz sicher sein.

Ich habe in der Zeitung gelesen, Herr Röttgen habe gesagt, es werde zum Inhalt des Programms, das Sie am 11. Juli vorlegen wollen, gehören, die gegenwärtige finanzielle und ökonomische Lage des Landes und die Verantwortung dafür uneingeschränkt darzustellen, weil sich die Legitimation für den Neuanfang und die Notwendigkeit der ersten Schritte der neuen Regierung erst daraus ergäben. Hervorragend!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Dabei kommen Sie nicht ganz gut weg!)

Ich erwarte also, dass in Ihrem Programm, das Sie am 11. Juli vorlegen wollen, steht: Ja, wir übernehmen die Verantwortung

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Für den Neuanfang!)

dafür, dass wir seit Ende 2002 systematisch blockiert haben, dass Jahr für Jahr steuerliche Subventionen in Höhe von 17,5 Milliarden Euro – insgesamt war der Abbau von Subventionen in Höhe von 26 Milliarden Euro vorgesehen – abgebaut werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das muss man dann ganz klar machen. Wenn Sie sich dem nicht stellen, dann sind Ihre sämtlichen Behauptungen, dass Sie die Verantwortlichkeiten in Ihrem Programm offen legen wollen, hohles Gerede. In Wirklichkeit stehlen Sie sich davon.

Jetzt wollen wir einmal über Steuern reden. Wenn Sie nicht in der Wirklichkeit ankommen – wir werden dagegen kämpfen, dass der Wähler Ihnen sein Vertrauen schenkt –, dann werden Sie in der Tat keine wirklichkeitstauglichen Antworten geben können; das haben Sie selber gesagt.

Wo sind wir mit der Steuerquote, meine sehr verehrten Damen und Herren? Wir sind mit der Steuerquote gegenwärtig bei 20,1 Prozent. Damit liegen wir um 3 Prozent unter dem jahrzehntelangen Durchschnitt der alten Bundesrepublik.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)

Wir wollen festhalten: Das gilt auch für die Abgabenquote. Ich zitiere wörtlich den Sachverständigenrat. Er nennt die internationale Vergleichsquote für 2003:

Mit 21,5 Prozent wies Deutschland im Jahr 2003 im internationalen Vergleich eine der niedrigsten und in der Europäischen Union sogar die niedrigste gesamtwirtschaftliche Steuerquote auf ... Nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik waren Eingangssteuersatz … und Spitzensteuersatz … der Einkommensteuer so niedrig; auch im europäischen Vergleich sind die Einkommensteuersätze eher moderat. Aus diesen Zahlen kann für sich genommen weder die Notwendigkeit einer generellen Steuersenkung abgeleitet noch auf eine unzureichende steuerliche Attraktivität des Standorts Deutschland geschlossen werden. Dies gilt auch, wenn die gesamtwirtschaftliche Abgabenquote als Summe von Steuerquote und Sozialabgabenquote betrachtet wird. Hier liegt Deutschland mit 36,2 Prozent im europäischen Mittelfeld.

Mit anderen Worten: Wenn Sie sich nicht dem Sachverhalt öffnen, dass es eine weitere Steuerentlastung nicht mehr geben kann und dass wir eine Verbesserung der Einnahmesituation des Staates durch Subventionsabbau brauchen, sind Sie nicht wirklichkeitstauglich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wissen übrigens viele.

Was war denn die Strategie? Das wollen wir einmal richtig auskämpfen. Vom dem Augenblick an, als ich das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen eingebracht habe – beim Haushaltsbegleitgesetz für den Haushalt 2004 war es später ganz genauso –, war Ihre Strategie: Wir lassen den Bund mit unserer Mehrheit im Bundesrat in die Grube fallen. Dann werden wir sehen, dass die anderen kaputt gehen, und wir kommen wieder dran. – Das war Ihre Strategie vom ersten Tag der neuen Wahlperiode an.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben aber eines übersehen: Die CDU-geführten Länder liegen längst in der Grube. Herrn Koch und Herrn Wulff steht das Wasser doch längst Oberkante Unterlippe. Sie sollten den Mund nicht so weit aufreißen, weil sonst das Wasser hineinschwappt. Das ist die Wirklichkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hessen hat einen verfassungswidrigen Haushalt aufgestellt. Herr Wulff tritt mit seiner Regierung an und erklärt, er werde in der ganzen Wahlperiode keinen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen. Das Saarland, Bremen und Berlin haben keinen verfassungsgemäßen Haushalt. Nach der Steuerschätzung sind jetzt insgesamt zehn Länder nach ihren Finanzplänen in der Verfassungswidrigkeit. Es kann allerdings sein, dass es das eine oder andere Land noch irgendwie schafft, die Verfassungswidrigkeit für dieses Jahr durch Bewirtschaftung zu vermeiden.

Also: Sie wollten den Bund in die Grube fallen lassen. Das wird, wenn Sie so weitermachen, auch gelingen. Aber die Länder liegen schon in der Grube – und Ihre eigenen Länder zuallererst, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Was ist das für eine Politik: die eigenen Ministerpräsidenten dazu zu zwingen, ihre Finanzen zu ruinieren, damit man die Sozialdemokraten und die rot-grüne Koalition im Bund los wird? Das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter (CDU/CSU): Das ist dummes Geschwätz!)

Das ist Ihr Beitrag zur Föderalismusdebatte.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Wer hat sie denn scheitern lassen? Herr Müntefering hat die Arbeit aufgegeben!)

Was machen denn die Länder? Sie machen dasselbe wie ich. Ich habe – das ist ja richtig, Herr Meister – in hohem Maße Privatisierungserlöse zur Finanzierung des Haushalts eingesetzt. Das habe ich nie gewollt; das ist nicht die Finanzpolitik, die ich mir vorgestellt habe. Wir wollten – darüber gab es keinen Streit – privatisieren; aber wir wollten die Erlöse einsetzen, um damit alte Schulden abzubauen, nicht zur laufenden Finanzierung des Haushalts.

Was passiert nun in diesem Lande?

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie sind gescheitert! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

In Niedersachsen zum Beispiel gibt es Privatisierungen in großem Umfang.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Reden Sie doch einmal über sich und Ihre Politik!)

– Hören Sie doch auf! Wenn die Länder keine Verantwortung für ihre Politik übernehmen müssen, geben Sie den Föderalismus an der Garderobe ab. So ist es doch.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Entweder haben Sie eine Verantwortung – dann nehmen Sie sie wahr! –, oder Sie haben keine Verantwortung; dann muss man das System ändern.

Hessen – der Ministerpräsident dort wurde auch einmal als Kanzlerkandidat genannt –

(Jörg Tauss (SPD): Oh je!)

plant allein in diesem Jahr mit Einnahmen in Höhe von 850 Millionen Euro aus der Veräußerung von Behördenbauten, die dann zurückgemietet werden. Zum Beispiel wird das Finanzministerium verkauft. Vielleicht fällt Ihnen so etwas auch noch ein.

Verkaufen und zurückmieten – das bedeutet eine Verdoppelung der Kosten in der Zukunft und nur noch von der Substanz leben! Das ist ungefähr so, als wenn jemand – das versteht jeder – sein Häuschen verkauft und den Verkaufserlös für Konsum einsetzt. Im Gegensatz zu vorher, als er das Häuschen noch hatte, muss er jetzt Miete zahlen, aber das Geld ist weg. Da weiß man genau, wann das zu Ende geht. Das kann überhaupt nicht gut gehen.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Das ist die Politik Eichel! – Ilse Aigner (CDU/CSU): Das ist Ihre Politik!)

– Das ist nicht meine Politik! Darauf komme ich noch einmal zu sprechen.

Baden-Württemberg: Die Zinseinnahmen bis 2017 werden auf 2005 und 2006 vorgezogen, damit Baden-Württemberg noch eben einen verfassungsgemäßen Haushalt darstellen kann. Bayern wird uns erzählen, im Jahr 2006 werde es einen Haushalt ohne neue Schulden haben; nach der Verfassung ist das so. Wissen Sie, wie man das da macht? Durch Privatisierungserlöse und durch Entnahmen aus Rücklagen, die aus alten Kreditermächtigungen gebildet worden sind. Das ist in anderen Ländern schon verboten. Das ist Ihre Finanzpolitik, meine Damen und Herren! Das macht Ihr künftiger Superminister für Wirtschaft und Finanzen, wie ich in den Zeitungen lese!

(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Jetzt mal zum Bund! )

Keine Angst! Alle Zahlen für dieses Jahr sind auf dem Tisch. Es kommen auch alle neuen Zahlen auf den Tisch. Der Herr Söder meint, man müsse noch einen Kassensturz machen. So etwas Ähnliches habe ich auch von Frau Merkel gelesen. Die sind wohl nicht à jour. Herr Stratthaus sieht das ganz anders und sagt: Wir brauchen keinen. Wir kennen alle Zahlen.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Legen Sie doch einen Haushaltsentwurf vor, wenn Sie die Zahlen kennen!)

Das ist auch richtig. Ich habe nämlich eingeführt, dass jeden Monat in den Monatsberichten des Bundesfinanzministeriums genau der Status, jeweils im Vergleich zum Vormonat, veröffentlicht wird. Dreimal im Jahr gibt es unsere Prognose, die auch veröffentlicht wird. Das ist der schlichte Sachverhalt.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Aber keinen Haushaltsentwurf 2006!)

Meine Damen und Herren, was Sie durch Ihre Blockademehrheit im Bundesrat angerichtet haben, wird Ihnen selber auf die Füße fallen.

Da bleibt nur noch die Frage: Was ist denn nun eigentlich mit der neuen Ehrlichkeit? Herr Glos wurde schon zitiert. Das war nun wirklich eine der schönsten Veranstaltungen, die wir erlebt haben. Aber ich habe noch etwas anderes gelesen, wieder von Herrn Röttgen, wieder zum Programm: Entscheidend sei überdies, dass sich das Programm nicht erschöpfen dürfe in der Aufzählung einzelner Maßnahmen, sondern die programmatischen Leitplanken der künftigen Regierungspolitik beschreiben müsse.

(Ilse Aigner (CDU/CSU): Da hat er Recht!)

Es gehe nicht um die Aufreihung einzelner Aktionen, um die jeweils davon betroffenen Lobbygruppen zu mobilisieren, sagte Röttgen. Es werde darauf ankommen, Verständnis für Strukturveränderungen zu wecken,

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Genau!)

etwa für die Abkopplung der Sozialkosten vom Lohn, statt Hysterie über einzelne Maßnahmen zu erzeugen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Da bleibt nur noch eine Frage, verehrter Herr Röttgen: Gibt es nun die Mehrwertsteuererhöhung in Ihrem Programm, ja oder nein?

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Wird die Eigenheimzulage gestrichen, ja oder nein? Wird die Pendlerpauschale drastisch eingeschränkt, ja oder nein? Wird die Steuerfreiheit der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge aufgehoben, ja oder nein? Das ist die Frage nach der neuen Ehrlichkeit.

Ich habe eine Fülle von Vorschlägen unterbreitet. Die Koalition hat sie mitgetragen.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Und was Sie jetzt machen, ist das Ergebnis!)

Wir haben eine Menge Prügel dafür eingesteckt, dass wir gesagt haben: In der Verantwortung für dieses Land müssen wir solche unpopulären Maßnahmen treffen. – Sie waren immer dagegen. Jetzt, da Sie glauben, Sie könnten im Herbst die Regierung stellen – ich wäre an Ihrer Stelle vorsichtig –, treten die einen auf, die vertuschen wollen, weil sie sich sagen: „Dann kommen wir besser bis zur Wahl“, und die anderen, die der Meinung sind, es geht gar nicht weiter. Aber diejenigen, die wirklich Verantwortung für ihr Land haben, die Ministerpräsidenten, wollen es genauso geklärt wissen wie die anderen, die Angst um ihre Wahlaussichten haben. Sie werden das klären müssen.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Wir werden das auch klären!)

Unsere Antworten, etwa zum Subventionsabbau, so unpopulär sie auch sind, liegen auf dem Tisch. Es gibt nichts, verehrter Herr Röttgen, was nicht von Lobbygruppen bekämpft werden wird. Das ist die Wahrheit.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Legen Sie mal einen Haushalt vor!)

Sie haben sich immer dahinter gestellt. Mit der 17-Milliarden-Blockade sind Sie für die Probleme, die wir haben, mit verantwortlich. Das ist nicht das Problem allein, aber es ist Ihr Beitrag dazu. Darüber wird zu reden sein.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ilse Aigner (CDU/CSU): Das war die Abschiedsrede!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Jürgen Koppelin, FDP-Fraktion.

Jürgen Koppelin (FDP):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister, ich finde, Sie sind Ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Jörg Tauss (SPD))

Sie sind als Bundesfinanzminister vereidigt worden und haben eine Aufgabe übernommen. Sie hätten heute Stellung zu den Anträgen nehmen und eindeutig sagen müssen, warum Sie keinen Nachtragshaushalt vorlegen.

(Hans Eichel, Bundesminister: Das habe ich doch getan!)

Stattdessen beschimpfen Sie die Opposition.

Ja, es ist wahr, dass man vielleicht über die eine oder andere Frage sachlich diskutieren kann. Wir als FDP haben zum Beispiel eine klare Meinung zur Mehrwertsteuer, in der Union wird darüber diskutiert. Aber, lieber Herr Eichel, diese Probleme sind doch sehr gering zu den Problemen, die Sie in Ihrer eigenen Partei haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

– Ich weiß nicht, wer da gerade gelacht hat, aber es ist doch Tatsache, dass vor kurzem einer Ihrer ehemaligen Bundesvorsitzenden aus der Partei ausgetreten ist und ein anderer ehemaliger Bundesvorsitzender, Herr Scharping, gestern groß mit Ihrer Partei abgerechnet hat. Diese Probleme haben Sie. Also beschimpfen Sie nicht die Opposition, sondern kümmern Sie sich um Ihren eigenen Laden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Das, was Sie hier gesagt haben, enthielt keinerlei Stellungnahme zu der rot-grünen Haushaltspolitik, die wir hier Jahr für Jahr erlebt haben. Es war immer das Gleiche: erst zu optimistische Prognosen und dann zu geringes Wachstum und zu geringe Steuereinnahmen. Keine der Zahlen auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite hat gestimmt. Die Haushalte sind deshalb aus dem Ruder gelaufen, weil sie immer von rot-grünen Träumereien geprägt waren.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Leider wahr!)

Sie jedoch haben diese Träumereien für Wirklichkeit gehalten. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Ach, Herr Koppelin!)

Herr Eichel, Sie sind am Ende. Das ist auch eine Erfahrung, die Sie gemacht haben.

(Jörg Tauss (SPD): Das ist unter Ihrem Niveau!)

Sie mögen guten Willens gewesen sein, Sie sind aber am Ende vom Bundeskanzler zum Buchhalter dieses Bundeskabinetts degradiert worden. Sie konnten selber nichts mehr gestalten. Das ist doch Ihr Problem. Ich billige Ihnen zu, dass Sie wirklich guten Willens gewesen sind. Das wird gerade an Ihren ersten Reden als Bundesfinanzminister deutlich. Sie hatten natürlich auch einen Vorgänger, der Ihnen den Start leicht gemacht hat; das war Oskar Lafontaine.

Jedes Jahr sind aufgrund Ihrer Träumereien, Herr Eichel, die Probleme größer geworden, auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite. Wenn Sie jetzt schon keinen Nachtragshaushalt vorlegen wollen, sagen Sie wenigstens etwas zu den gescheiterten Arbeitsmarktreformen und den geringen Bundesbankgewinnen und dazu, dass die Reformen nicht greifen. Das liegt doch daran, dass sie handwerklich teilweise schlecht gemacht sind. Diese Probleme haben Sie doch geschaffen und nicht die Opposition. Dafür tragen auch Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörg Tauss (SPD): Den Schwachsinn muss ich mir nun wirklich nicht anhören!)

– Frau Präsidentin, so eine Bemerkung, dazu noch neben dem Rednerpult, ist unmöglich. Ich wäre dankbar, wenn das gleich korrigiert würde.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Tauss, es ist nicht gut, wenn Sie am Redner vorbeigehen und solch eine Bemerkung machen. Es wäre gut, wenn Sie sich anschließend noch beim Redner entschuldigen würden.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Heinz Seiffert (CDU/CSU): Das ist ein Flegel!)

Jürgen Koppelin (FDP):

Liebe Kolleginnen und Kollegen, statt Ausgaben zu senken, werden Steuern erhöht. Bei dieser Erhöhung werden dann auch noch handwerkliche Fehler gemacht. Ich erinnere nur an die Erhöhung der Tabaksteuer.

Jedes Jahr hat Rot-Grün die gleiche Haushaltspolitik betrieben: Einnahmen geschönt, Ausgaben unterschätzt und keinen Mut zu Einsparungen gezeigt. Herr Eichel, ich sage es Ihnen sehr direkt: Sie haben erst den Haushalt gegen die Wand gefahren, nun wollen Sie in diesen Tagen auch noch Fahrerflucht begehen. Genau das haben Sie vor.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Ergebnis Ihrer Politik ist, dass der Haushalt in eine Schieflage geraten ist. So beanspruchen die Sozialausgaben und Zinsausgaben etwa 86 Prozent der Steuereinnahmen. Allein an Zinsausgaben ist für das Haushaltsjahr 2005 mit einer Größenordnung von circa 40 Milliarden Euro zu rechnen. Das heißt konkret, liebe Kolleginnen und Kollegen: Rund jeden fünften Euro, den die Bürgerinnen und Bürger an Steuern zahlen, muss der Bund für Zinsen bereitstellen. Das ist die Wirklichkeit.

(Lothar Mark (SPD): Wir haben 80 Milliarden DM 1998 übernommen!)

Machen Sie sich einmal klar, lieber Kollege, was das für kommende Generationen bedeutet – das Problem ist greifbar –: Würde der Bund jedes Jahr 10 Milliarden Euro für die Tilgung alter Schulden einsetzen, wäre er erst in circa 85 Jahren schuldenfrei. Das ist unsere augenblickliche Situation.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Was stammt denn aus Ihrer Regierungsverantwortung?)

Da muss man doch nun wirklich die Bremse ziehen, egal, wo man sitzt und wofür man Verantwortung trägt.

Die Probleme liegen doch auf der Hand: Bei Hartz IV – das wurde schon angesprochen – haben wir ein großes Minus; wir müssen mit 7 bis 8 Milliarden Euro rechnen. Die Steuereinnahmen vermindern sich. Die Bundesagentur für Arbeit braucht mehr Geld. Der Bundesbankgewinn fällt nicht entsprechend aus. Die Einnahmen aus der Tabaksteuer fallen nicht so hoch aus wie geplant. Als wir Ihnen vorhersagten, dass das so kommen wird, wurde das abgestritten. Für die Rentenversicherung werden Sie zusätzliches Geld brauchen. Das Sonderopfer Südostasien, das wir alle gewollt haben, ist noch nicht eindeutig finanziert. Die Beschlüsse aus dem Jobgipfel sind noch nicht eindeutig finanziert usw. Die Liste ließe sich fortsetzen. Sie aber sagen, einen Nachtragshaushalt bräuchten Sie nicht. Was ist denn das für eine Haushaltspolitik, die Sie da machen? Es wäre doch ehrlich, zu sagen, in welcher Situation wir uns befinden, und einen Nachtragshaushalt vorzulegen.

Wir sind zwar auch für eine Haushaltssperre – das sage ich an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen von der Union –, aber diese wird in dieser schwierigen Situation längst nicht so viel bringen, wie wir brauchen.

(Otto Fricke (FDP): Leider!)

Gemacht werden muss das, aber allein auf diese Maßnahme sollte man nicht setzen.

Wir als FDP wollen eine Doppelstrategie, um den Haushalt zu konsolidieren. Natürlich muss bei den Ausgaben gespart werden; daran geht kein Weg vorbei. Aber wir brauchen auch Reformen bei Steuern, Sozialversicherung und Arbeitsmarkt. Nur so ist der Bundeshaushalt zu konsolidieren. Das wird nicht von einem Jahr aufs andere funktionieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben Ihnen, Herr Eichel, immer die Zusammenarbeit angeboten. Das war nicht nur so gesagt. Sie haben das Angebot leider ausgeschlagen. Gerade aufgrund der Verantwortung, die wir in den Ländern tragen – jetzt ja auch noch in Nordrhein-Westfalen, was wir natürlich begrüßen –, wollten wir auch beim Bund solide Staatsfinanzen und einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. Wir waren daran interessiert, weil das natürlich auf die Länder durchschlägt. Aber Sie haben unser Angebot einer haushaltspolitischen Zusammenarbeit ausgeschlagen.

Die FDP hat sich nicht vom Weg abbringen lassen. Wir haben gehandelt; deshalb werfe ich das hier noch einmal auf: Wir haben zum Bundeshaushalt 2005 Sparvorschläge gemacht, 437 Anträge mit Einsparungen in einem Umfang von circa 13 Milliarden Euro. Das sind keine Großprojekte, sondern viele einzelne kleine Maßnahmen. Wir haben Streichungen vorgenommen: bei den Subventionen 20 Prozent, bei den Zuwendungen des Bundes 20 Prozent. All das muss gemacht werden. Das betrifft sogar – das sage ich sehr deutlich – unsere Klientel. Aber wenn alle gleichermaßen von 20 Prozent Kürzungen betroffen werden, dann kann keiner jammern; dann sind alle gleich behandelt. Da kann man sich nicht einfach die Eigenheimzulage heraussuchen, sondern es muss überall das Gleiche gemacht werden.

(Beifall bei der FDP)

Das ist unser Ziel, um zu sparen.

Rot-Grün hat alle unsere Anträge abgelehnt. Kommen Sie jetzt nicht damit, dass wir nicht bereit gewesen wären, zu handeln und mit Ihnen im Sinne der Sache zusammenzuarbeiten.

Ich sage das auch mit Blick auf die Grünen, weil die Kollegin Hajduk gleich spricht. Von den Grünen werden gerade zum Thema Haushalt immer Reden gehalten, denen ich in manchem zustimmen könnte, weil das solide und vernünftig klingt. Wenn es aber um Entscheidungen ging, dann haben Sie immer dieser unsoliden Politik zugestimmt. Liebe Kollegin Hajduk, da Sie gleich sprechen, sage ich es Ihnen sehr deutlich: Die Grünen haben mit ihrem Marsch durch die Institutionen, wenn ich mich richtig erinnere, beim Oberbürgermeister Hans Eichel in Kassel, der ersten rot-grünen Koalition in einer großen Stadt, begonnen. Wissen Sie, wo Sie mit Ihrem Marsch durch die Institutionen gelandet sind? Beim Bundesfinanzminister Hans Eichel in seinem Schuldenstaat.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Hoffentlich ist er damit zu Ende, Herr Kollege! Damit ist er zu Ende!)

Insofern haben Sie die Pleite des Bundeshaushaltes mit zu verantworten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir brauchen, ist eine neue Politik; darum kommen wir nicht herum.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Sehr wahr!)

Wir brauchen eine Politik, die sich der Verantwortung für kommende Generationen wieder bewusst ist, eine Politik, die sich wieder darum kümmert, dass Arbeitsplätze geschaffen werden können, und vor allem, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben. Deshalb sage ich für die FDP: Ein weiteres Drehen an der Steuer- und Abgabenschraube wird es mit der FDP nicht geben; denn das bedeutet eine weitere Vernichtung von Arbeitsplätzen. Mit der FDP in einer kommenden Regierung wird es das geben, was Deutschland dringend braucht: eine Kehrtwende, eine Kehrtwende zu einem Staat, der seine Verantwortung für die Menschen in unserem Land kennt, vor allem eine Kehrtwende zu einem Staat der Bescheidenheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat die Kollegin Anja Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Herr Koppelin, Sie haben mich gerade direkt angesprochen; Sie haben gesagt, wo wir Grünen gestartet und wo wir gelandet sind. Ich will zum Anfang meines Redebeitrags zur Haushaltssituation – in einer Situation, in der wir uns einem Wahlkampf und Neuwahlen nähern – allen deutlich sagen: Keine Seite hier im Parlament hat angesichts der Situation, angesichts der Zahlen und Schwierigkeiten, die Sie hier benennen, Grund, selbstgefällig zu sein, ausdrücklich auch Sie nicht. Denn wenn man in Ruhe und mit inhaltlichem Interesse liest, wie begründet wird, warum Deutschland in einer so schwierigen Lage ist, dann stellt man fest, dass die wenigsten meinen, dass dies Rot-Grün zuzuschreiben sei. Vielmehr liest man: In den 90er-Jahren, als es vor dem damaligen wirtschaftlichen Hintergrund wichtig gewesen wäre, Reformthemen in Deutschland mutig anzupacken, haben Sie über einen längeren Zeitraum versagt, als wir bislang überhaupt regiert haben.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Da war die Wiedervereinigung mit ihren Problemen!)

Sie haben keinen Grund zur Selbstgefälligkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zu den Themen Mut und Offenheit werde ich gleich noch ein paar sehr deutliche Worte sagen.

Zuvor will ich einmal kurz beschreiben, was Rot-Grün in der Haushalts- und Finanzpolitik seit 1998 gemacht hat.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Nichts Gutes!)

Wir haben die Steuern erheblich gesenkt. Dazu haben wir auch die Zustimmung im Bundesrat erwirkt.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Jetzt stehen Sie plötzlich zu den Körperschaftsteuerausfällen?)

Ich weiß, dass Sie teilweise mit geballter Faust in der Tasche zur Kenntnis genommen haben, dass wir Einkommensteuertarife erreicht haben, die Sie nicht hinbekommen haben.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Die Sie vorher blockiert haben, insbesondere dieser Mann da vorn! Der hat Petersberg blockiert!)

Wir haben die Finanzhilfen in Höhe von 12 Milliarden Euro bis heute, nach sieben Jahren, um die Hälfte vermindert. Damit macht man sich nicht nur Freunde. Wir haben die Ausgaben des Bundes in den letzten Jahren trotz wirtschaftlich schwieriger Zeit absolut zurückgeführt; von den Preissteigerungen in den letzten Jahren habe ich dabei noch gar nicht geredet. Das wissen Sie auch und das stimmt.

Es gibt zwar – das will ich nicht leugnen – weiterhin eine große strukturelle Lücke im Haushalt, aber man muss sehen, dass wir trotz schwieriger wirtschaftlicher Situation die Ausgaben strikt konsolidiert haben. Verursacht wird die Lücke durch – das sagt jede Analyse – wegbleibende Steuereinnahmen und zusätzliche Ausgaben für den Arbeitsmarkt aufgrund der Arbeitslosigkeit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Durch eine falsche Politik!)

Ich werde auf den Bereich Arbeitsmarkt gleich noch zurückkommen.

Jetzt aber zunächst zu den Stichworten Mut und Ehrlichkeit – schließlich stehen wir jetzt vor einem kurzen, aber vermutlich knackigen Wahlkampf –: Auch wir sind der Meinung, dass diejenigen, die Regierungsverantwortung tragen, Vorschläge machen müssen. Wir haben dies getan und dafür Mut und Konsequenz aufgebracht; das hat Herr Eichel gerade noch einmal in Zahlen ausgedrückt. Wir haben uns bewusst der Kritik ausgesetzt, indem wir das Risiko eingegangen sind, Subventionsstreichungen vorzuschlagen. Sie dagegen haben in diesem Punkt – Herr Meister hat vorhin davon gesprochen, man brauche Mut in der Finanzpolitik – versagt. Sie mussten nicht die Verantwortung übernehmen, die Vorschläge erfunden zu haben, aber Sie hätten in der Verantwortung vor der Situation der öffentlichen Haushalte, die Ihnen bekannt war, wenigstens sagen müssen: Wir blockieren das nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Fakt ist, dass Sie die öffentlichen Haushalte mit Ihrem Verhalten in die Enge getrieben haben; das Ganze macht einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag aus. Die Folge ist nicht allein, dass der Bundeshaushalt ein Problem hat, sondern dass fast allen Ländern die Puste ausgeht. Wenn wir von Verantwortung reden und moralische Kategorien bedienen, dann frage ich Sie: Wiegen eigentlich Schulden in den Länderhaushalten für die nachfolgenden Generationen minder schwer als Schulden im Bundeshaushalt? Was maßen Sie sich eigentlich an, nicht den Zusammenhang zu sehen, was Ihre Blockadepolitik den zukünftigen Generationen zumutet und was der Reformstau in diesem Land an dieser Stelle leider bewirkt?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Deswegen ist es schon absurd, dass sich die CDU-Ministerpräsidenten in den Ländern, die gegenüber der Bundespolitik klagen und unter den Schulden stöhnen, dazu hergegeben haben, diesen Subventionsabbau wegen einer Unionstaktik zu verhindern. Solche Politiker, solche Ministerpräsidenten brauchen wir gewiss nicht hier auf der Regierungsbank. Sie sind verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Nun komme ich zu den Vorschlägen der CDU und der FDP. Zwischen den Vorschlägen beider Parteien bestehen Unterschiede, aber sie eint eines: Sie bringen die Haushalts- und Finanzpolitik in Deutschland auf die totale Abschussbahn. Das ist eine Geisterfahrt. Herr Solms, der eine tragende Rolle in der Finanzpolitik der FDP spielt, hat ausweislich eines Zeitungsberichtes gesagt, weitere Steuernettoentlastungen seien unverzichtbar.

(Beifall bei der FDP)

Wer angesichts der Steuerquote, die wir in Deutschland haben, ein solches Credo anstimmt, der ist, was die öffentlichen Finanzen in Deutschland angeht, nicht realitätstauglich. Offenbar ist das ganze Gerede von Generationengerechtigkeit, die Sie bei der FDP sich gern anstecken wollen, reine Lüge und entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Meister hat vorhin gesagt, die CDU/CSU habe zu Reformen in den Sozialsystemen und auf dem Arbeitsmarkt Vorschläge gemacht. Dazu möchte ich Folgendes sagen: Sie haben Vorschläge gemacht, die vor noch nicht ganz einem Jahr – ich glaube, es ist ein halbes Jahr her – in den Zeitungen mit „Das 100-Milliarden-Risiko Frau Merkel“ betitelt wurden. Sie haben Ihre Steuervorstellungen und Ihren Willen zur Reform der sozialen Sicherungssysteme noch gar nicht in Übereinstimmung gebracht. Ich sehe bei der CDU/CSU keinen Mut, zu sagen, wie sie ihre Steuerreform gestalten will.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Ist doch alles schon vorgelegt!)

Wir befinden uns heute in der Situation, dass wir uns Neuwahlen nähern. Sie werden sich nicht darauf ausruhen können – das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen –, dass Sie uns nur kritisieren. Ich kann Ihre Kritik gut ertragen; aber Sie müssen eigene Vorschläge dazu machen, ob Sie im Gesundheitssystem noch eine Solidarfinanzierung vorsehen wollen.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Wo ist denn Ihr Vorschlag?)

Wenn Sie eine Kopfpauschale einführen wollen, dann müssen Sie die Beiträge für Kinder gegenfinanzieren, Herr Röttgen. Dazu fehlt Ihnen ein Steuervorschlag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Sie meinen, Sie könnten Volksverdummung betreiben: Sie senken die Einkommensteuer weiter und vernachlässigen, zu welcher Steuernettoentlastung das führt. Wenn Sie die Einkommensteuer dann gedanklich nur zur Hälfte senken, soll das dafür reichen, ein anderes virtuelles Loch in der Gesundheitspolitik zu stopfen. Das ist absurd.

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Koppelin?

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Natürlich.

Jürgen Koppelin (FDP):

Sehr geehrte Kollegin Hajduk, da ich befürchte, dass Sie auf dieses Thema nicht mehr zu sprechen kommen, will ich Ihnen dazu gern durch eine Zwischenfrage die Gelegenheit geben: Ich habe vor einiger Zeit im „Handelsblatt“ gelesen, dass Sie für die Erhöhung der Mehrwertsteuer sind. Sind Sie das nach wie vor und wird das von Ihrer Fraktion mitgetragen?

(Elke Ferner (SPD): Wird sie von Ihnen immer noch abgelehnt, Herr Koppelin?)

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Koppelin, ich komme auf die direkten und indirekten Abgaben noch zu sprechen. Ich lege Wert darauf, dass dies in einem bestimmten Zusammenhang geschieht.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ach so!)

Deswegen seien Sie gewiss, dass Sie in meinem Redebeitrag dazu noch etwas hören werden.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die Vorschläge, die aus der Union mit Blick auf den Staatshaushalt kommen, sowohl was den Subventionsabbau als auch was die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme angeht, immer noch davon gekennzeichnet sind, dass sie nicht zu einer Deckung führen. Auch das zeigt sich, wie gesagt, in den Debatten der letzten Woche.

Abschließend möchte ich zum Thema Subventionsabbau sagen: Es ist schon ziemlich verlogen – das muss Ihnen irgendwie peinlich sein –, dass Sie angesichts der schwierigen Haushaltslage in Bund und Ländern nicht den Mut hatten, sich zum Beispiel hinter unseren Vorschlägen zu verstecken, sondern einen Beitrag dazu geleistet haben, die Kompliziertheit des Steuersystems eher aufrechtzuerhalten. Das ist noch einmal deutlich geworden, als Sie hier gesagt haben, es sei richtig gewesen, das Steuervergünstigungsabbaugesetz abzulehnen. Das war billige Polemik. Mit diesem Gesetz hätte man eine Vereinfachung unseres Steuersystems erreichen können.

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Steuererhöhungen waren das!)

– Sie rufen jetzt schon wieder „Steuererhöhungen“. Man merkt: Ihnen fehlt der Mut zu Einfachheit und Transparenz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn Sie haben noch nicht einmal den Mut, gegenüber kleinsten Klientelgruppen für die Durchsetzung Ihrer Vorschläge einzustehen. Das zeichnet Sie nicht für eine Regierungsübernahme aus.

Wir brauchen in Deutschland eine sehr ehrliche Debatte. Vielleicht gelingt es ja trotz des Wahlkampfs, ein bisschen längerfristig und ehrlich zu diskutieren. Wir Roten und Grünen tun das auch vor dem Hintergrund, dass uns manches nicht gelungen ist.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Nichts ist gelungen!)

Ich komme auf das Thema Zukunft zurück; hier suchen wir eine Entscheidung. Wie soll es in Deutschland auf dem Arbeitsmarkt und im Hinblick auf die öffentlichen Finanzen weitergehen? Ich glaube, dass es nicht richtig ist, zu meinen: Wenn die Staatsquote geringer ist, wird alles besser. Wir haben zwar die Staatsquote gesenkt; aber man kann in Deutschland so oder so Reformoptionen öffnen. Ich verstehe es so: Die FDP ist ziemlich klar entschlossen, Risiken sehr weitgehend zu privatisieren. Auch die CDU/CSU möchte vielleicht mehr dem angelsächsischen Modell folgen.

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Nein! Überhaupt nicht!)

Frau Präsidentin, ich komme gleich zum Ende.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Sie sind am Ende!)

Ich plädiere dafür, dass wir uns an Nachbarländern orientieren. Ich blicke im Moment gern nach Norden, und zwar nicht nach Hamburg – obwohl ich von dort komme –, sondern in die skandinavischen Länder. Ich glaube, dass es richtig ist, den Faktor Arbeit in Deutschland deutlich zu entlasten, damit wir konkurrenzfähiger werden und dadurch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhöhen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Ende kommen.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich scheue nicht die Debatte – ich komme zum Ende –, dass wir eine massive Verschiebung zwischen direkten und indirekten Abgaben brauchen. Wir werden Abgaben für ein solidarisch finanziertes Sozialsystem brauchen und werden dieses System nicht so einreißen, wie Sie es wollen.

Wir werden ehrlich sein und auch den Mut haben, 

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, Sie wollten zum Ende kommen.

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– schwierige Entscheidungen zu treffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort hat der Kollege Steffen Kampeter, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Steffen Kampeter (CDU/CSU):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister hat es für nötig befunden, der Opposition vorzuwerfen, sie stehle sich davon.

(Lothar Mark (SPD): Stimmt!)

Das empfinde ich als ziemlich dreist. Da strebt das ganze Bundeskabinett an, kollektiv den Lafontaine zu markieren, aus der Regierungsverantwortung zu flüchten, und dann stellt sich der Bundesfinanzminister hier hin und sagt, die Opposition stehle sich aus der Verantwortung. Völlig wirklichkeitsfremd! Blöder geht es doch schon gar nicht mehr, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das war keine angemessene Formulierung! Das war sehr unparlamentarisch, Herr Kollege!)

Herr Bundesfinanzminister, Sie haben hier dem Parlament erklärt, Sie wollen für das Jahr 2005 keinen Nachtragshaushalt mehr vorlegen, weil Sie andere, kreative Finanzierungsmöglichkeiten sehen. Dazu kann ich nur sagen: Im laufenden Haushaltsjahr 2005 beläuft sich die strukturelle Unterdeckung dieses Etats auf ungefähr 60 Milliarden Euro. Diesen Betrag geben wir mehr aus, als wir auf regulärem Wege einnehmen. Jetzt tut Umsteuern Not und nicht Aussitzen. Wenn Sie wirklich noch handlungsfähig und gestaltungsstark sind, müssten Sie jetzt eigentlich der Bevölkerung klar und deutlich über das Ausmaß der Haushaltskrise im Jahr 2005 Auskunft geben. Sie jedoch verweigern diese Auskunft.

(Hans Eichel, Bundesminister: Nein!)

Sie machen den Lafontaine auch beim Nachtragshaushalt 2005.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sehr geehrter Herr Kollege Beck, wenn Sie sich anständigerweise vielleicht einmal hinsetzen würden, wie es die Regeln im Parlament vorsehen, würde Ihnen das gut anstehen.

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das müssen Sie nun gerade sagen! Dass gerade Sie über die Regeln im Parlament sprechen!)

– Außer der Störung des Redners dokumentiert es nur das schlechte Verhalten des Geschäftsführers von Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

– Ja, das ist so.

Gleichzeitig haben Sie hier, sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, einen Satz gesagt, den ich infrage stelle.

(Joachim Poß (SPD): Sie stellen nur einen Satz infrage?)

Ich kenne die Zahlen. Jeden Tag entdecken wir ein neues Haushaltsloch. Gestern haben Sie beispielsweise erklärt, dass Sie die 2 Milliarden Euro aus dem ERP-Sondervermögen aufgrund der zeitlichen Abläufe nun doch nicht bekommen. Wenn es stimmt, dass Sie die Zahlen kennen, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie auch Manns genug sind, einen Etat für 2006 vorzulegen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Genauso ist es! Entweder – oder!)

Sie müssen dann auch in der Lage sein, der Bevölkerung die Wahrheit mitzuteilen. Deswegen lautet unsere Forderung heute, hier nicht nur den Nachtragsetat für 2005, sondern auch den Etat für 2006 vorzulegen. Wir wollen ihn gern im September hier debattieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Sonst täuscht er mit Vorsatz!)

Die Redner der Regierungskoalition haben an dieser Stelle mehrfach darauf hingewiesen, die Opposition habe sich nicht am Subventionsabbau beteiligt.

(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Diese Mitteilung ist falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben sich sehr hasenfüßig beteiligt!)

Ich glaube, in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es noch nie eine Opposition gegeben, die sich so konstruktiv auch an unangenehmen steuerpolitischen Maßnahmen beteiligt hat wie die gegenwärtige.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Eichel, Sie sollten wissen, dass wir nur in zwei Punkten, nämlich der vollständigen Abschaffung der Entfernungspauschale

(Hans Eichel, Bundesminister: Die habe ich nie beantragt!)

und der vollständigen Abschaffung der Eigenheimzulage, nicht mitgemacht haben. Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein.

(Zuruf von der SPD: Da hört man aber etwas anderes!)

Es mag manche in Deutschland geben, die der Auffassung sind: Ein Eigenheim zu haben ist etwas Gutes. Ich persönlich teile diese Auffassung. Ich gönne den Leuten ihr Eigenheim.

(Elke Ferner (SPD): Unterste Kiste! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn die Sozialdemokraten das anders sehen, können wir gern darüber streiten. Ich will aber eines sagen: Was wir nicht mitmachen werden, ist, steuerliche Ausnahmetatbestände oder – einfacher ausgedrückt – Steuererhöhungen zum Stopfen von Haushaltslöchern zu beschließen, weil Sie nicht in der Lage sind, die notwendigen Reformen in Deutschland voranzutreiben. Das ist der zentrale Unterschied zwischen Ihnen und der zukünftigen Regierung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Mit Interesse habe ich vernommen, dass die Noch-Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen gesagt hat, sie hätten den Haushalt konsolidiert, also weniger ausgegeben. Ich war etwas überrascht und habe mir die Zahlen noch einmal angeschaut, weil ich dachte, ich hätte mich geirrt. Frau Hajduk, ich will Ihnen die Zahlen noch einmal nennen: Im Jahre 1998 haben wir 233 Milliarden Euro ausgegeben. Wahrscheinlich werden wir im Jahr 2005 265 Milliarden Euro ausgeben. Ich will mit Ihnen nicht über Details streiten, aber ich glaube schon, dass die deutsche Öffentlichkeit wissen wird, dass 265 Milliarden Euro mehr als 233 Milliarden Euro sind. Einen Rückgang der Ausgaben kann ich nicht erkennen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Eine solche Täuschung der Öffentlichkeit sollten Sie unterlassen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Nun ist es also an uns; denn die Regierung hat sich entschlossen, am 18. September dieses Jahres Neuwahlen durchzuführen. Sie können zwar nicht regieren, aber mit Ihrem Rückzug klappt es auch noch nicht so richtig. Das ist von keiner höheren Qualität als Ihre Regierungsarbeit.

Jetzt müssen wir die Politik, die Sie in den sieben Jahren Ihrer Regierungsverantwortung gemacht haben, im Hinblick auf den Haushalt bewerten. Lassen Sie mich die nackten Fakten darstellen: Viermal in Folge gab es keinen verfassungsgemäßen Haushalt, sondern eine verfassungswidrige Kreditaufnahme; dass dies zum fünften Mal geschehen wird, ist bereits angekündigt. Viermal hintereinander haben Sie die Maastricht-Kriterien gerissen. Das strukturelle Defizit beträgt heute 60 Milliarden Euro; auch hier ist keine Besserung in Sicht. Mehr als ein Fünftel unserer Ausgaben – jeder fünfte Euro, den wir ausgeben – ist nicht durch reguläre Einnahmen finanziert.

Schaut man sich den Bundeshaushalt an, stellt man fest, dass wir zu einem wesentlichen Teil auf Pump leben. Allein in den letzten drei Jahren hat der Bund Schulden in Höhe von 110 Milliarden Euro gemacht. Das ist die größte Schuldenexplosion, die wir bisher in der Geschichte der Finanzpolitik der Bundesrepublik Deutschland erlebt haben. Herr Eichel, wenn Sie sich hier hinstellen, uns Ihre käsigen Bilder bzw. Ihre Kuchenbilder – dabei könnte es sich auch um einen Käsekuchen handeln – zeigen und behaupten, das alles sei nicht so schlimm, sage ich Ihnen: Die Menschen wissen, dass in diesem Bundeshaushalt leider kein Stein mehr auf dem anderen steht. Deutschland driftet unter Ihrer Verantwortung in den Staatsbankrott.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Allein die Ausgaben für den Arbeitsmarkt sind seit der Übernahme der Verantwortung durch die Regierung Schröder/Eichel von 21,5 Milliarden Euro auf in diesem Jahr wahrscheinlich über 45 Milliarden Euro gestiegen. Die Ausgaben für den Arbeitsmarkt haben sich somit um über 100 Prozent erhöht.

(Elke Ferner (SPD): Vergleich Äpfel mit Birnen!)

Wäre Hartz IV von der Bundesregierung ordentlich und nicht so schlampig, wie wir es in diesen Tagen erfahren, vorbereitet worden, könnte man davon ausgehen, dass diese Zahl nicht weiter steigt. Aber es ist zu befürchten, dass sich Hartz IV langsam und schrittweise durch den Bundeshaushalt frisst und dadurch ein weiteres milliardenschweres Haushaltsrisiko entsteht.

(Ilse Aigner (CDU/CSU): Leider wahr!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, hätten Sie sich in den sieben Jahren Ihrer Regierungsverantwortung wenigstens auch um die Zukunftsinvestitionen gekümmert und hätten wir den Eindruck, es handele sich nur um eine vorübergehende Haushaltskrise, könnte die Bewertung etwas sanfter ausfallen. Tatsache ist aber, dass die Investitionsquote in Deutschland seit der Übernahme der Verantwortung durch die Regierung Schröder/Eichel von Haushalt zu Haushalt gesunken ist und mit derzeit 8,9 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht hat.

(Carl-Ludwig Thiele (FDP): Ja!)

Das bedeutet, dass wir notwendige Zukunftsinvestitionen zugunsten des Gegenwartskonsums unterlassen. Auch das ist Ausdruck Ihres Scheiterns in der Finanz- und Haushaltspolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Die Ursachen dieser Haushaltskrise liegen nicht nur im Bereich der Finanzen im engeren Sinne, sondern vor allem auch im zu schwachen Wachstum. Dort sitzt die Fraktion, die die Grenzen des Wachstums entdeckt hat und den Menschen erklärt, Wachstum sei für Deutschland gar nicht so wichtig. Ich kann Ihnen sagen, dass mit dem Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen vor allem eines gewachsen ist: die Freude auf eine bessere Zukunft. Das wollen wir auch für Berlin erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Aber diese Freude auf eine bessere Zukunft muss erst wachsen und von mehr Wirtschaftswachstum begleitet werden. Grob gerechnet lässt sich die Lage wie folgt beschreiben: Die Wirtschaft unserer Nachbarstaaten wächst in etwa doppelt oder sogar dreimal so schnell wie unsere.

(Lothar Mark (SPD): Die haben auch keine Blockierer!)

Im Rest der Welt wächst die Wirtschaft doppelt so schnell wie in Europa insgesamt. In einem Land wie China beispielsweise wächst die Wirtschaft zehnmal so schnell wie in unserem Land.

(Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Das ist Ihre volkswirtschaftliche Kompetenz, Herr Kampeter!)

Viele von uns – die Unruhe bei den Sozialdemokraten zeigt, dass sie dazugehören – haben noch gar nicht begriffen, dass uns diese Entwicklung der Wachstumsdifferenz zukünftig sehr stark berühren wird; denn gesamtwirtschaftlich bedeutet das, dass wir im Vergleich zu vielen anderen Ländern immer ärmer werden.

   Nun könnten die Deutschen ja sagen, das sei nicht so schlimm, weil es uns insgesamt immer noch gut geht. Aber seit der Übernahme durch die Regierung Kohl – –

(Lachen bei der SPD)

Seit dem Übergang von der Regierung Kohl zur Regierung Schröder/Eichel sind die Realeinkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor allen Dingen aufgrund dieser Wachstumsdifferenzen nicht gestiegen. Rot-Grün macht arm und arbeitslos, wie es Karl-Josef Laumann von hier aus gesagt hat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß (SPD): Schwarz-Gelb macht bettelarm!)

   Meine sehr verehrten Damen und Herren, was haben die Menschen zu erwarten, wenn die Politik wechselt? Ich glaube, im Hinblick auf die Finanz- und Haushaltspolitik können sie vor allen Dingen eines erwarten: die Rückkehr zu Ehrlichkeit in der Finanzpolitik.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Eichel, Sie haben Täuschung zum zentralen Element Ihrer Politik gemacht. Ich will daran erinnern, dass wir zu Beginn dieser Legislaturperiode sogar einen „Lügenausschuss“ eingerichtet haben, der die falschen Angaben, die Sie gegenüber dem deutschen Parlament gemacht haben,

(Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Da ist nichts herausgekommen!)

überprüft hat. Er hat deutlich gemacht, dass Sie im Hinblick auf einen Wahltermin vor nichts zurückschrecken und alles verschleiern, um die Öffentlichkeit vorsätzlich zu täuschen.

(Joachim Poß (SPD): Wer ist denn Spezialist in Sachen Täuschung?)

   Ich will dazu einige Zitate aus Ihrer Rede zur Einbringung des Etats für 2003 bringen; das ist ja noch gar nicht so lange her. Sie haben im Deutschen Bundestag erklärt, alles, was Ihre Finanzpolitik auszeichne, sei für die Union ein Fremdwort: Solidität, Nachhaltigkeit, Ausgabenkontrolle und Rückführung der Neuverschuldung.

(Elke Ferner (SPD): Genau!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist entweder dreist oder komplette Wirklichkeitsverweigerung. Auf jeden Fall ist ein solcher Bundesfinanzminister nicht mehr tragbar für Deutschland; er stellt ein großes Haushaltsrisiko dar.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

   Ehrlichkeit dagegen schafft Vertrauen. Wir haben deswegen – das hat der Kollege Meister hier vorgetragen – unseren Dreiklang vorgeschlagen: Kassensturz und damit Offenlegung der Wahrheit über die finanzielle Situation Deutschlands. Die Regierung verweigert diesen Kassensturz, sonst würde sie einen Nachtragshaushalt für 2005 und einen Etat für 2006 mit anstrengenden Konsolidierungsschritten vorlegen. Die Alternativen sind klar:

(Elke Ferner (SPD): Ja, die sind klar!)

Entweder marschieren wir in den Staatsbankrott

(Lothar Mark (SPD): Wie in der Kohl-Zeit!)

mit Rot-Grün oder wir fangen endlich an, die Zukunft Deutschlands durch eine ehrliche Konsolidierung unter Schwarz-Gelb zu gestalten. Das sind die Alternativen, um die wir in diesen Wochen werden ringen müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Wir werden – ich will das klar sagen – für ein Mandat für eine ehrliche und anständige Konsolidierung kämpfen. Wir müssen den Menschen deutlich machen: Es ist nicht der Zeitpunkt für die Verteilung von Geschenken.

(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin (FDP))

Es ist vielmehr der Zeitpunkt, ehrlich Bilanz zu ziehen und den Leuten klar zu sagen: Es wird zukünftig im Haushalt nicht mehr so weitergehen wie bisher.

(Zuruf von der SPD: Wo sparen Sie denn?)

Wir sagen dies – anders als Sie, Herr Eichel – vor dem Wahltermin und wir nehmen die Menschen in die Pflicht, wir nehmen sie mit. Wir sagen: Wir müssen uns gemeinsam anstrengen, wir müssen gemeinsam sparen – oben wie unten. Aber wir dürfen die Leute nicht länger belügen und ihnen die Wahrheit über die finanzielle Situation des Landes verschweigen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

   Herr Bundesminister, in diesem Zusammenhang haben Sie in diesen Tagen dafür gesorgt, dass der Außenwert des Euros in einer fundamentalen Art und Weise heruntergekracht ist.

(Lachen bei der SPD)

Sie haben es für nötig befunden, in einem internen Zirkel über das Ende der europäischen Währungsunion zu philosophieren.

(Heinz Seiffert (CDU/CSU): Unglaublich!)

Ich finde, Sie können über vieles diskutieren, aber eines ist ausgesprochen bedrohlich: dass die Finanzmärkte trotz Ihres Dementis offenbar so erschüttert waren, dass es zu diesem Kurssturz des Außenwertes des Euros gekommen ist.

(Lothar Mark (SPD): Das kannst du doch selbst nicht glauben, was du da erzählst! –Elke Ferner (SPD): Das ist die Reaktion auf die Kanzlerkandidatin!)

Das zeigt doch, dass Ihnen selbst die Auflösung der Währungsunion von den internationalen Finanzmärkten und von vielen Entscheidern zugetraut wird. Sie schrecken vor nichts, aber auch wirklich gar nichts zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren in dieser Bundesregierung!

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): So viel Unsinn in so kurzer Zeit!)

   Ich schließe: Staatsbankrott mit Rot-Grün, oder ehrliche, anständige Konsolidierung

(Lachen bei der SPD)

unter einer anderen Regierung, das ist die Entscheidungsalternative, die wir heute noch einmal deutlich machen können. Wir fordern Ehrlichkeit in der Finanzpolitik

(Walter Schöler (SPD): Guck mal in den Spiegel!)

statt Lug und Trug, wie wir es von dieser Bundesregierung bisher erlebt haben. Wir machen deutlich, dass dieser Weg nicht ohne Anstrengung ist. Ich glaube allerdings, diese Anstrengung lohnt sich. Wir wollen Weichen stellen: für mehr Beschäftigung, für einen konsolidierten Haushalt und für eine gute Zukunft für unser Vaterland.

   Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Kampeter, es ist Ihr gutes Recht, den Kollegen Beck zu kritisieren. Ich muss Ihnen aber sagen, dass die Äußerung, es gehe nicht blöder, die Sie zur Aussage des Bundesfinanzministers gemacht haben, sehr unparlamentarisch ist.

(Lothar Mark (SPD): Und von Lug und Trug hat er noch gesprochen!)

Das Wort zu Kurzinterventionen erhalten die Kollegin Anja Hajduk und anschließend der Kollege Hans Eichel.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Offensichtlich hat die Rede gesessen! Zwei melden sich schon!)

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Kollege Kampeter, wegen der Ausgabenentwicklung des Bundes haben Sie mich direkt angesprochen. Ich möchte eine Bemerkung vorweg machen: Das Ende Ihrer Rede war weder von Anstand noch von Verantwortungsbewusstsein gekennzeichnet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Von dieser Art Politiker hat dieses Land die Nase voll. Sie können der Lust, anzugreifen, nicht widerstehen. Dabei verdrängen Sie den Kern der Politik nach hinten. Das ist ziemlich schade. Ich muss Ihnen sagen: Das hätten Sie eigentlich gar nicht nötig.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Das war doch ein guter Beitrag von ihm!)

Jetzt komme ich zum Thema Ausgabenentwicklung, weil Sie zu Recht darauf hingewiesen haben. Wenn man sich die Ausgabenentwicklung des Bundes von 1998 bis 2004 ansieht, dann kann man feststellen, dass es zu einer Steigerung von ungefähr 230 Milliarden Euro auf über 250 Milliarden Euro gekommen ist. Ich wollte Sie oder die Öffentlichkeit in keiner Weise irritieren, als ich hier gesagt habe, dass wir die Ausgaben absolut gesenkt haben. Wenn man die Preissteigerungen herausrechnet, haben wir sie sogar erheblich gesenkt. Ich bin von den bereinigten Ausgaben ausgegangen. Das muss ich noch einmal sagen.

Ich finde es auch richtig, dies zu tun, weil die bereinigten Ausgaben bezogen auf den Bundeshaushalt verdeutlichen, dass wir einen großen Teil der Rentenfinanzen umfinanziert haben. Dies geschah teilweise auch mit Ihrer Unterstützung: Kindererziehungszeiten werden angerechnet und wir haben den Beitragssatz durch die Ökosteuer stabilisiert. Dadurch haben wir den Rentenzuschuss erhöht. Ich meine, zu wissen, dass Sie uns mit Vorschlägen für einen ausgabenmindernden Eingriff bei der Rente nicht überholt haben. Ich glaube, man kann der Ehrlichkeit halber sagen – ich denke, das können Sie zugeben, auch wenn Sie mit unserer Finanzpolitik insgesamt vielleicht nicht zufrieden sind –, dass die somit bereinigten Bundesausgaben

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Was sind denn bereinigte Bundesausgaben?)

um diese erheblichen Änderungen bei den Rentenfinanzen zurückgegangen sind.

Wenn Sie das angreifen wollen, dann müssen Sie entweder den Beitragszahlern sagen, dass Sie lieber die Beiträge zur Rentenversicherung von 19,5 Prozent nach oben erhöhen wollen, oder Sie müssen hier deutlich sagen – das traue ich Ihnen ehrlich nicht zu –, dass Sie den Rentnern Einsparungen im zweistelligen Milliardenbereich zumuten wollen.

Ich glaube, wenn Sie diese kleine Erläuterung zu meinen Zahlen zur Kenntnis nehmen, dann werden wir uns in der Sache sehr schnell einig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Das sind aber sehr subjektive Zahlen!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Das Wort zu einer weiteren Kurzintervention hat der Kollege Hans Eichel.

(Zuruf von der CDU/CSU: Er hat doch schon genug geredet! Mein Gott!)

Hans Eichel (SPD):

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wiederhole das, was ich schon vorhin gesagt habe, jetzt für den Herrn Abgeordneten Kampeter: Ich finde es ungeheuerlich, dass Sie bei einer zentralen Frage hier noch einmal einen haltlosen Vorwurf erhoben haben. Es hat zu keinem Zeitpunkt eine Diskussion über eine Auflösung der Währungsunion oder Ähnliches gegeben, an der ich mich beteiligt habe. Es ist unverantwortlich, dass Sie das hier wiederholt haben.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Sie zündeln! Das ist alles!)

Dass durch solche falschen Nachrichten auch Märkte beunruhigt werden, ist richtig. Ich würde Ihnen dringend raten, sich anzusehen, wann die Abwärtsbewegung des Euro in den letzten Tagen angefangen hat. Dies geschah nämlich nach dem französischen Referendum. Es lohnt, darüber nachzudenken, warum sich die Bevölkerung in zwei Ländern mit einer konservativen Regierung gegen die europäische Verfassung gewandt hat. Vielleicht denken Sie darüber einmal ein bisschen nach.

Im Übrigen rate ich Ihnen: Wenn Sie noch einen Rest von Verantwortungsbewusstsein und Anstand haben, dann sollten Sie das, was Sie hier eben gesagt haben, nicht nur nicht wiederholen, sondern zurücknehmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Bitte schön, Herr Kollege Kampeter.

Steffen Kampeter (CDU/CSU):

Die Frau Abgeordnete Hajduk hat hier wortreich erklärt, dass die Behauptung, es sei falsch, dass in Deutschland mehr ausgegeben werde, worauf ich hingewiesen habe, richtig ist. Ich will deswegen noch einmal die Zahlen nennen. Frau Hajduk, wir können zwar bereinigte, halbbereinigte, viertelbereinigte oder sonstige Fälschungen der Statistik vornehmen. Ich aber verlasse mich auf den Haushaltsplan und die Zahlen, die darin stehen und die so auch der deutschen Öffentlichkeit bekannt sind.

   Laut dem Haushaltsplan des Bundes sind 1998 233,6 Milliarden Euro ausgegeben worden. Im Haushaltsplan für 2005 stehen etwa 255 Milliarden Euro.

(Walter Schöler (SPD): Das ist blamabel für einen Haushälter!)

Die Regierung hat allein für die Hartz-IV-Gesetze von Mehrausgaben in Höhe von 10 Milliarden Euro gesprochen. Das macht insgesamt 265 Milliarden Euro. 265 Milliarden sind mehr als 233 Milliarden. Ich bedanke mich, dass Sie das noch einmal ausdrücklich bestätigt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

   Herr Bundesfinanzminister oder auch Herr Abgeordneter Eichel, ich habe darauf hingewiesen, dass Beamte Ihres Hauses – für dieses Haus tragen Sie persönlich nun einmal die politische Verantwortung, so lange Sie im Amt sind – in einem Diskussionspapier halböffentlich darüber spekuliert haben, dass eine Option auf die Auflösung der Währungsunion im Finanzministerium in Deutschland erörtert worden ist. Wer wie Sie als verantwortlicher Fachminister in seinem Haus eine solche Diskussion offenbar zulässt, wer ein windelweiches Dementi vornimmt, als diese Diskussion in der Öffentlichkeit bekannt wird, der trägt für die Währungsturbulenzen, die dadurch mit ausgelöst wurden, ein gerüttelt Maß an Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)

   Dies steht in einer gewissen Kontinuität. Herr Eichel, unter Ihrer politischen Führung sollte der europäische Stabilitätspakt weggewischt werden. Das war ihr politisches Ziel.

(Abg. Hans Eichel (SPD) meldet sich zu einer weiteren Kurzintervention)

Sie wollen keine Stabilität in Europa. Schulden und Inflation sind Ihr politisches Programm.

(Lothar Mark (SPD): Das ist eine Unverschämtheit!)

Dass dann natürlich bei Ihnen über europäische Stabilitätskultur innerhalb eines gemeinsamen europäischen Währungssystems streitig diskutiert wird, ist der zweite Schritt. Er ist konsequent und zeigt, welcher währungspolitischen und wirtschaftspolitischen Verantwortungslosigkeit Sie anheim gefallen sind.

(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD): Sie sind ein Brandstifter!)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Herr Kollege Eichel, es ist nicht üblich, eine Kurzintervention auf eine Kurzintervention zu machen. Die Kurzintervention bezieht sich auf eine Rede.

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Machen Sie eine Pressekonferenz und erklären Sie das!)

   Das Wort hat die Kollegin Elke Ferner, SPD-Fraktion.

Elke Ferner (SPD):

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Das, was Sie eben geboten haben, Herr Kampeter, kann man wirklich nur noch unter dem Stichwort abhandeln: Kampeter toppt Austermann. Mehr kann man dazu nicht sagen. Ihre Lügen werden auch dadurch nicht besser, dass Sie sie ständig wiederholen. Herr Eichel hat den Sachverhalt eben klargestellt. Sie sollten Manns genug sein, das zu akzeptieren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen kann man Ihre Debattenbeiträge und das, was Sie sich bisher im Bundestag und im Bundesrat geleistet haben, nur noch unter das Motto stellen: Denn sie wissen nicht, was sie tun!

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Andere Meinung des deutschen Volkes!)

   Die Finanzminister der Länder klagen ständig über Einnahmeprobleme, die so genannten Haushaltsexperten hier im Hause über Ausgabeprobleme. Die Finanzminister der Länder mit ihren Einnahmeproblemen blockieren seit Jahr und Tag den Abbau von Steuersubventionen in Höhe von mittlerweile jährlich 17 Milliarden Euro. Die Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte ist so, wie sie ist, weil Sie sich weigern, dem Staat das zu geben, was er braucht, um die notwendigen Ausgaben auch tätigen zu können.

   Sie haben mit den Anträgen, die Sie heute vorlegen, wieder das gemacht, was Sie schon in den letzten Jahren immer gemacht haben. Aber offenbar sind die Anträge in Ihrer Fraktion in Abwesenheit der Fraktionsvorsitzenden und der Fachpolitiker beschlossen worden. Wie können Sie es sonst erklären, dass Ihre Fraktionsvorsitzende umfangreiche Steuersenkungen in Aussicht stellt? Ihr Konzept 21 würde Einnahmeausfälle von rund 10 Milliarden Euro bedeuten. In den ersten beiden Jahren wären das sogar 15 bis 16 Milliarden Euro. Wie sonst ist es zu erklären, dass der verkehrspolitische Sprecher Ihrer Fraktion mal eben 3 Milliarden Euro mehr für Verkehrsinvestitionen fordert? Wie ist es zu erklären, dass die Kopfpauschale, an der Sie offenbar immer noch festhalten, die öffentlichen Haushalte mit bis zu 23 Milliarden Euro zusätzlich belasten würde?

(Dr. Norbert Röttgen (CDU/CSU): Das alles stimmt nur leider nicht!)

Wenn man die Kosten dieser drei Vorschläge einmal zusammenrechnet, und zwar ohne den ganzen Kram, den Sie sonst immer fordern, dann sind das 41 Milliarden Euro. Vor diesem Hintergrund reden Sie von Haushaltskonsolidierung. Das kann ja wohl nicht wahr sein.

(Beifall bei der SPD)

   Sie befinden sich in einem haushaltspolitischen Amoklauf und merken es noch nicht einmal. Sie fordern uns auf, Ausgaben zu kürzen, und Sie selbst wollen noch mehr Geld, das nicht vorhanden ist, verteilen. Wie soll das denn eigentlich funktionieren?

   Ich glaube, wir sollten uns über Ihre Kürzungsvorschläge beim Haushalt unterhalten; denn andere Ideen haben Sie bisher nicht aufgezeigt. Sie, FDP und Union zusammen, haben gefordert, die Steinkohlenbeihilfen für das Jahr 2005 um 1,645 Milliarden Euro zu kürzen. Es gibt aber einen rechtskräftigen Zuwendungsbescheid. Der interessiert Sie nicht. Diese Ausgaben wären überhaupt nicht einzusparen.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Wer hat denn den Zuwendungsbescheid gemacht? Das war der Bund!)

Wenn man das gemacht hätte, wären Massenentlassungen im Bergbau, im Kraftwerksbereich und in der Zulieferindustrie die Folge gewesen. Ist das die Arbeitsmarktpolitik, die Sie wollen? Verstehen Sie das unter „Vorfahrt für Arbeit“, liebe Kollegen und Kolleginnen von der Union und der FDP?

(Beifall bei der SPD)

   Dann haben Sie gefordert, die Arbeitslosenhilfe um 1 Milliarde Euro und den Bundeszuschuss an die Bundesagentur für Arbeit auch um 1 Milliarden Euro zu kürzen. Der Vorschlag ist eine Luftnummer; denn die Arbeitslosenhilfe war eine gesetzliche Verpflichtung. Oder wollten Sie zum Gesetzesbruch aufrufen? Das andere würde schlicht und ergreifend bedeuten: Entweder man hat überhaupt keine Mittel mehr für die aktive Arbeitsmarktpolitik oder man muss das Arbeitslosengeld I kürzen.

(Joachim Poß (SPD), zur CDU/CSU gewandt: Was wollen Sie?)

Aber dazu bedarf es auch einer Gesetzesänderung. Für wie seriös halten Sie selbst denn Ihre Vorschläge eigentlich?

   Herr Stoiber hat sich gestern auch wieder zu Wort gemeldet: Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um 1,5 Prozentpunkte. – Was bedeutet das denn? Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen werden gestrichen. Das hat er ja auch gesagt. Es werden sich insbesondere die Menschen im Osten freuen, dass da überhaupt nichts mehr läuft.

(Hans-Joachim Fuchtel (CDU/CSU): Es läuft anschließend mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt!)

Das bedeutet natürlich, dass über kurz oder lang die Kosten für das Arbeitslosengeld II auch steigen würden, weil nicht mehr so viele Menschen in den ersten Arbeitsmarkt reintegriert werden können. Zum anderen würde die Entlastung bei dem oder der Einzelnen bei einem Gehalt von 2 000 Euro brutto im Monat schlappe 15 Euro betragen. Die Handwerkerstunde – das muss man sich jetzt wirklich auf der Zunge zergehen lassen – würde um sage und schreibe 10 Eurocent inklusive Mehrwertsteuer billiger. Wenn das Ihre Vorstellungen von einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, von Wirtschaftsförderung und Wirtschaftswachstum sind, dann kann man Sie wirklich nur zu Ihren Vorstellungen beglückwünschen. Das ist wirklich das Papier nicht wert, auf dem es steht. Vor allen Dingen verschleiert es die wirklichen Probleme, die wir haben.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

   Sie haben noch andere Vorschläge gemacht. Die FDP beispielsweise wollte die pauschale Abgeltung versicherungsfremder Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung streichen. Dann sollten Zinsausgaben um mehrere Milliarden Euro gekürzt werden und es sollten andere Pseudokürzungen, die nicht umsetzbar sind, erfolgen. Ihre ganzen Vorschläge zur Ausgabenkürzung waren Luftnummern.

(Jürgen Koppelin (FDP): Auch die Subventionen bei der Steinkohle?)

Hier gaukeln Sie der Öffentlichkeit, ohne selber Vorschläge zu machen, vor, man müsse nur die Ausgaben reduzieren und dann komme das alles schon in Ordnung. Beim Steuersubventionsabbau verweigern Sie sich. Sie entziehen den öffentlichen Haushalten jedes Jahr 17 Milliarden Euro. Das ist Ihre Verantwortung, die Verantwortung dieser Seite des Hauses. Dieser Verantwortung müssen Sie sich dann im September stellen.

(Beifall bei der SPD - Jürgen Koppelin (FDP): Bei der Subvention der Steinkohle haben wir Vorschläge gemacht!)

– Herr Koppelin, wenn Sie einmal in Ihrem Leben zuhören würden. Ich habe Ihnen eben erklärt, dass das schlicht und ergreifend nicht gegangen wäre.

   Man muss vielleicht noch einmal deutlich machen, wie sich Ihre Haushalts- und Finanzpolitik auswirkt. Das wären massive Kürzungen bei Rentnern und Rentnerinnen, bei den Arbeitslosen und bei den Kurzarbeitern, das wären Massenentlassungen im Bergbau, bei den Zulieferern, im Kraftwerksbereich und im öffentlichen Dienst. Sie wollten so eben mal die Verwaltungsausgaben um 1,9 Milliarden Euro senken.

(Jürgen Koppelin (FDP): Wie sieht Ihre Bilanz aus?)

– Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, Herr Koppelin, und schreien Sie nicht dazwischen. Sie wollen mittlerweile eine Mehrwertsteuererhöhung, die alle Konsumentinnen und Konsumenten betrifft.

(Abg. Jürgen Koppelin (FDP) meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Frau Kollegin, gestatten Sie die Zwischenfrage des Herrn Kollegen Koppelin?

Elke Ferner (SPD):

Sehr gerne.

Jürgen Koppelin (FDP):

Bevor Sie sich die Sorgen machen, die sich eine zukünftige Koalition der CDU/CSU und der FDP machen müsste, können Sie mir vielleicht sagen, wie es zurzeit bei Ihnen aussieht. Ich nenne nur das Stichwort Arbeitslosigkeit. Ich könnte zwar noch andere Bereiche ansprechen, aber es würde mir schon reichen zu erfahren, was im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit in den sieben Jahren geschehen ist, und zwar ausgehend von der Bemerkung Gerhard Schröders, dass er die Arbeitslosenzahl senken wolle,

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Halbieren!)

sonst solle man ihn nicht wiederwählen.

Elke Ferner (SPD):

Ein Blick auf die öffentlichen Haushalte über alle Ebenen zeigt, dass die Investitionstätigkeit des Bundes relativ konstant geblieben ist, während bei den Ländern und Gemeinden die Investitionen dramatisch zurückgegangen sind. Das hatte auch etwas mit Ihrer Steuerpolitik zu tun.

(Ilse Aigner (CDU/CSU): Was ist jetzt mit den Arbeitslosen?)

   Wir haben dann gegen Ihren Widerstand die Gewerbesteuerreform auf den Weg gebracht. Seit letztem Jahr fließt die Gewerbesteuer wieder. Sie aber wollen – zumindest Ihren Parteitagsbeschlüssen zufolge – die Gewerbesteuer wieder abschaffen, das heißt den Kommunen die Finanzgrundlage und damit den Boden für eigene Investitionen entziehen.

   Wie verhält es sich denn beispielsweise mit dem Abfluss der Mittel aus dem 4-Milliarden-Euro-Ganztagsschulprogramm in den unionsregierten Ländern, das kleinteilige lokale Investitionen fördern und das lokale Handwerk mit Aufträgen versorgen würde? Nichts davon ist zu erkennen.

(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Das mag das Volk an der Politik, dass sie Fragen beantwortet, die sich gar nicht stellen!)

– Sie können auch gerne eine Zwischenfrage stellen.

(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Sie beantworten sie ja nicht!)

– Sie müssen es schon mir überlassen, wie ich dem Kollegen Koppelin antworte.

(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Sie müssen es mir überlassen, wie ich das kommentiere!)

– Das können Sie gerne kommentieren, wie Sie möchten. Ich weiß auch, wie die Bevölkerung Ihre Vorschläge kommentiert, die Sie alle miteinander vorlegen. Sie haben ein stärkeres Wirtschaftswachstum blockiert, indem Sie Steuereinnahmen blockiert und verhindert und damit auch sinnvolle Investitionen verhindert haben. Insofern können wir gerne darüber reden, was man alles hätte besser machen können. Aber ständige Ausgabenkürzungen und Steuergeschenke an die oberen Zehntausend schaffen sicherlich keine Arbeitsplätze, sehr geehrter Herr Koppelin.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Koppelin (FDP): Schröder ist doch der Freund der Bosse!)

   Ich war dabei, zu erläutern, welche Vorstellungen Sie von Politik haben, was Sie aktuell diskutieren und welche Vorschläge Sie haben. Zurzeit wird die Mehrwertsteuererhöhung ins Spiel gebracht. Die FDP ist von einem klaren Nein über ein Vielleicht jetzt schon bei einem Jein angelangt. Herr Koppelin hat sich eben in seiner Rede schon gar nicht mehr getraut, etwas dazu zu sagen.

(Jürgen Koppelin (FDP): Sie haben nicht zugehört!)

– Wenn Sie etwas dazu gesagt haben, dann bitte ich um Entschuldigung. Ich habe das wohl überhört. Aber wir werden hören, mit welchen Wahlaussagen Sie in den Wahlkampf hineingehen werden.

(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Stegner heißt der Mann!)

– Herr Stegner ist im Gegensatz zu Ihrer Fraktionsvorsitzenden kein Kanzlerkandidat der SPD.

(Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU): Das weiß man ja bei euch nie! Das ist ja unsicher!)

Ihre Fraktionsvorsitzende hat Steuersenkungen angekündigt, die sie offenbar durch eine Mehrwertsteuererhöhung finanzieren will. Das bedeutet, dass die Konsumenten und Konsumentinnen die Entlastung der oberen Zehntausend finanzieren sollen, dass die unteren Einkommen durch die Besteuerung der bisher steuerfreien Sonn-, Feiertags- und Nachtschichtzuschläge zusätzlich belastet werden und dass sie bei der Pendlerpauschale zusätzlich herangezogen werden, sodass im Ergebnis die Krankenschwester die Steuerentlastung für den Chefarzt finanziert. Das ist Ihr Verständnis von Politik und sozialer Marktwirtschaft.

(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter (CDU/CSU): Klassenkampf statt Wirtschaftswachstum!)

   Das alles – einer Ihrer Kollegen hat es eben bereits angedeutet – reicht Ihnen aber noch nicht aus. Sie wollen auch noch de facto den Kündigungsschutz abschaffen, den Jugendarbeitsschutz schleifen und in das Tarifrecht und die betriebliche Mitbestimmung eingreifen.

(Steffen Kampeter (CDU/CSU): Rot-Grün macht arm und arbeitslos!)

Das verstehen Sie unter sozialer Marktwirtschaft. Wenn Ihr Altbundeskanzler Erhard das wüsste, dann würde er sich im Grab umdrehen.

(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter (CDU/CSU): Der sozialdemokratische Kapitalismus mit über 5 Millionen Arbeitslosen!)

   Zum Abschluss, sehr geehrter Herr Kampeter: Zurzeit ist überall von „neuer Ehrlichkeit“ zu lesen.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Neue Ehrlichkeit statt alter Unehrlichkeit! Lügenbold!)

Was darunter zu verstehen ist, hat Ihr stellvertretender Fraktionsvorsitzender Glos mit seiner Bemerkung deutlich gemacht, es werde sicher im Wahlprogramm eine Formulierung gefunden, die die Union einerseits ehrlich erscheinen lasse, die andererseits aber den notwendigen Spielraum für die Sanierung der Staatsfinanzen biete.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Entlarvend!)

   Das ist keine neue Ehrlichkeit, meine Damen und Herren von der Opposition; es ist vielmehr die alte Scheinheiligkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie hätten Ihre peinlichen Anträge am besten gar nicht gestellt oder sie wenigstens zurückziehen sollen. Das beste Haushaltssicherungskonzept, das ich mir vorstellen kann, besteht darin, dass Sie in der Opposition bleiben und wir in der Regierung.

   Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/5331 und 15/5477 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 30 a bis 30 i sowie die Zusatzpunkte 2 a bis 2 j auf:

30. a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes

– Drucksache 15/5557 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gemeindefinanzreformgesetzes und anderer Gesetze

– Drucksache 15/5565 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)InnenausschusHaushaltsausschuss

c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes

– Drucksache 15/5558 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Rechtsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Haushaltsausschuss gem. § 96 GO

d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Juli 2002 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Obersten Rat der Europäischen Schulen über die Europäische Schule in Frankfurt am Main

– Drucksache 15/5517 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien (f)Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

e) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Volker Wissing, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes

– Drucksache 15/5494 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)Rechtsausschuss Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für Gesundheit und Soziale SicherungHaushaltsausschuss

f) Beratung des Antrags der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Überregulierung des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs verhindern – Wettbewerbschancen privater Güterbahnen erhalten

– Drucksache 15/5359 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Birgit Homburger, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Biologische Kohlenstoffsenken für den Klimaschutz nutzen

– Drucksache 15/4665 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Leistungsfähigkeit der Chemiewirtschaft in Deutschland und Europa erhalten

– Drucksache 15/5274 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Forschung und Entwicklung für innovative Energieübertragungstechnologien voranbringen

– Drucksache 15/5140 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

ZP 2 a) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des NS-Verfolgtenentschädigungsgesetzes (Zweites Entschädigungsrechtsergänzungsgesetz – 2. EntschRErgG)

– Drucksache 15/5576 –

Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss (f)RechtsausschussHaushaltsausschuss gemäß § 96 GO

b) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS-Gesetz – BDBOSG)

– Drucksache 15/5575 –

Überweisungsvorschlag:Innenausschuss (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

c) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Reorganisation der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und zur Änderung anderer Gesetze

– Drucksache 15/5573 –

Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss (f)InnenausschussFinanzausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

d) Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch

– Drucksache 15/5574 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und Arbeit Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO

e) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Abfallverbringungsgesetzes sowie zur Auflösung und Abwicklung der Anstalt Solidarfonds Abfallrückführung

– Drucksache 15/5523 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

f) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Straffung der Umweltstatistik

– Drucksache 15/5538 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit

g) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zweckvermögen des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank und zur Änderung des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank

– Drucksache 15/5566 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (f)Finanzausschuss

j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael Kauch, Rainer Funke, Sibylle Laurischk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Selbstbestimmungsrecht und Autonomie von nichteinwilligungsfähigen Patienten stärken

– Drucksache 15/3505 –

Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss (f)Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung

h) Beratung des Antrags der Abgeordneten Sören Bartol, Ludwig Stiegler, Uwe Beckmeyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Car-Sharing als innovative Verkehrsdienstleistung im Umweltverbund fördern

– Drucksache 15/5586 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Ernst Burgbacher, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Finanzierung der Künstlersozialversicherung sichern

– Drucksache 15/5476 –

Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung (f)Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit Ausschuss für Bildung, Forschung und TechnikfolgenabschätzungAusschuss für Kultur und Medien Haushaltsausschuss

Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachten Verfahren ohne Debatte.

Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Der Gesetzentwurf auf Drucksache 15/5517, Tagesordnungspunkt 30 d, soll abweichend von der Tagesordnung federführend an den Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen werden. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 a bis 31 h auf. Es handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.

Tagesordnungspunkt 31 a:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 382/2001 des Rates vom 26. Februar 2001 hinsichtlich des Zeitpunkts ihres Außer-Kraft-Tretens und bestimmter Regelungen betreffend die Ausführung des Haushaltsplans

KOM (2004) 840 endg.; Ratsdok. 5992/05

– Drucksachen 15/4969 Nr. 1.27, 15/5371 –

Berichterstattung:Abgeordnete Bartholomäus Kalb Dr. Heinz Köhler

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 b:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (15. Ausschuss) zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung

Bericht der Bundesregierung über die Perspektiven für Deutschland – Nationale Strategie für eine nachhaltige Entwicklung

Fortschrittsbericht 2004

– Drucksachen 15/4100, 15/5399 –

Berichterstattung: Abgeordnete Astrid Klug Helge Braun Winfried Hermann Michael Kauch

Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrichtung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist ebenfalls mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 c:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (14. Ausschuss)

– zu dem Antrag der Abgeordneten Heinz Paula, Karin Rehbock-Zureich, Sören Bartol, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Eisenbahnmagistrale für Europa zwischen Paris und Budapest

– zu dem Antrag der Abgeordneten Eduard Oswald, Dirk Fischer (Hamburg), Georg Brunnhuber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU

Europäische Eisenbahnmagistrale Paris – Budapest im deutschen Abschnitt voranbringen

– zu dem Antrag der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Ausbau der Schienenmagistrale

Paris – Karlsruhe – Stuttgart – München – Budapest

– Drucksachen 15/4864, 15/3715, 15/5041, 15/5572 –

Berichterstattung: Abgeordnete Heinz Paula Eduard Lintner

Der Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Beschlussempfehlung, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Unter Nr. 2 bis 4 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Ausschuss, die Anträge der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen, der Fraktion der CDU/CSU und der Fraktion der FDP auf Drucksache 15/4864, 15/3715 und 15/5041 zur Eisenbahnmagistrale Paris–Budapest für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Diese Beschlussempfehlung ist ebenfalls mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Petitionsausschusses.

Tagesordnungspunkt 31 d:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 206 zu Petitionen

– Drucksache 15/5470 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 206 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 e:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 207 zu Petitionen

– Drucksache 15/5471 –

Wer stimmt dafür? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Sammelübersicht 207 ist ebenfalls mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 f:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 208 zu Petitionen

– Drucksache 15/5472 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 208 ist ebenfalls mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 g:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 209 zu Petitionen

– Drucksache 15/5473 –

Wer stimmt dafür? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Sammelübersicht 209 ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.

Tagesordnungspunkt 31 h:

Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)

Sammelübersicht 210 zu Petitionen

– Drucksache 15/5474 –

Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Sammelübersicht 210 ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss) zu dem Antrag der Bundesregierung

Fortsetzung der deutschen Beteiligung an der Internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo zur Gewährleistung eines sicheren Umfeldes für die Flüchtlingsrückkehr und zur militärischen Absicherung der Friedensregelung für das Kosovo auf der Grundlage der Resolution 1244 (1999) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 und des Militärisch-Technischen Abkommens zwischen der Internationalen Sicherheitspräsenz (KFOR) und den Regierungen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Republik Serbien (jetzt: Serbien und Montenegro) vom 9. Juni 1999

– Drucksache 15/5428 –

(Erste Beratung 175. Sitzung)

a) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 15/5588 –Berichterstattung: Abgeordnete Uta Zapf Karl-Theodor Freiherr von und zu GuttenbergMarianne Tritz Dr. Rainer Stinner

b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss)gemäß § 96 der Geschäftsordnung

– Drucksache 15/5608 –Berichterstattung: Abgeordnete Alexander BondeLothar Mark Herbert Frankenhauser Jürgen Koppelin

Über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses werden wir später namentlich abstimmen.

[Der folgende Berichtsteil – und damit der gesamte Stenografische Bericht der 178. Sitzung – wird morgen,
Freitag, den 3. Juni 2005,
an dieser Stelle veröffentlicht.]
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/plenarprotokolle/15178
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