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Ines Gollnick
Experten für das Management der
Abrüstung
Zehn Jahre BICC: Globaler Marktführer in
Konversionsforschung
Da das BICC (Internationales Konversionszentrum Bonn) durch
seine ?effiziente Forschungs-, Beratungs und Vermittlungsarbeit'
mit vergleichsweise geringen Kosten einen ?beachtenswerten Nutzen
für die Zivilisierung, Entwicklung und den Frieden in vielen
Krisenregionen der Welt' bringt, sollte das BICC auch in Zukunft
die bisherige politische, finanzielle und mediale
Unterstützung erhalten", lautet das Fazit des zweiten
Evaluierungsberichtes innerhalb von zehn Jahren. Der
Friedensforscher Wolfgang Vogt (Führungsakademie in
Hamburg/Philipps-Universität Marburg), Vorsitzender der
Evaluierungskommission, bescheinigte dem BICC eine Ausnahmestellung
im Vergleich zu anderen Instituten unter anderem in Skandinavien
oder den USA, weil es in gelungener Weise Forschung, Beratung und
Unterrichtung der Öffentlichkeit miteinander verbindet. "Das
BICC ist ein unverzichtbarer Ideengeber, fundiertes Wissenszentrum,
anerkannter Servicepool und allseits geschätzter
Leistungsträger im Dienste einer präventiven
Gewaltbewältigung, einer konstruktiven Konfliktregelung und
einer nachhaltigen Friedensgestaltung", würdigt der
Evaluierungsbericht die Arbeit der Einrichtung.
Wie können acht Millionen Beschäftigte der
Rüstungsindustrie, die ihre Jobs verloren haben, zivile
Beschäftigung finden? Werden alle Soldaten und Kämpfer
eine Zukunft in der zivilen Gesellschaft haben? Welche Schritte
stehen an, wenn Kommunen plötzlich riesige Liegenschaften, zum
Beispiel ehemalige Kasernen, schließen müssen? Geht es um
diese Fragen, spricht man von Konversion und meint damit die
Umwandlung militärischer Ressourcen in eine zivile
Nutzung.
Um Antworten auf diese Fragen zu finden und den Prozess der
Konversion weltweit mit voranzutreiben, gründete sich vor zehn
Jahren das Bonner International Center for Conversation, kurz BICC
genannt. Es versteht sich als Informationsvermittler auf dem noch
recht jungen Politikfeld Konversion, erarbeitet praxisorientierte
Forschungsberichte und bietet Beratung und praktische Hilfe an.
Wissenschaftler und Praktiker in staatlichen und nicht-staatlichen
Institutionen, greifen auf das Angebot des Zentrums zurück. Es
wurde 1994 mit großer Unterstützung des Landes
Nordrhein-Westfalens gegründet und verfügt heute
über gut 40 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Der
jährliche Etat beläuft sich auf rund 2,3 Millionen
Euro.
Das Zentrum will mit seiner Arbeit nicht allein die
Fachöffentlichkeit erreichen, sondern viele mitnehmen und
ansprechen. Abgeordnete, politisch Interessierte und die Medien
sollen für Themen sensibilisiert werden. Das gelingt
beispielsweise aktuell mit der Ausstellung "Kleinwaffen - eine
weltweite Bedrohung", die in diesem Jahr durch Deutschland tourt.
Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt mit UNICEF, war gerade mehrere
Wochen im Deutschen Bundestag zu sehen und wird Ende April im
Bonner Wissenschaftszentrum erneut präsentiert. Ihr Anliegen
ist es, auf die dramatischen Auswirkungen des ungebremsten Handels
mit Kleinwaffen wie Pistolen, Sturm- und Maschinengewehre
aufmerksam zu machen. Das Thema Kleinwaffen ist eines der wichtigen
Projekte des BICC, denn rund 640 Millionen solcher Waffen bedrohen
weltweit die Sicherheit der Menschen, sei es am Horn von Afrika, in
Albanien und Mazedonien, Afghanistan und Irak. Das BICC arbeitete
bereits an Abrüstungs- und Einsammlungsprogrammen vor Ort mit.
Für das Bundesministerium für Entwicklung und
Zusammenarbeit und in Kooperation mit den Vereinten Nationen wird
das Zentrum in den nächsten Jahren Aus- und
Weiterbildungsprogramme entwickeln.
Grauzone zwischen Krieg und Frieden
Eine weitere Herausforderung sieht das BICC in Projekten zur
Reform der Sicherheit. Wie Sicherheitskräfte qualifiziert und
die Zivilgesellschaft gestärkt werden können, untersucht
das BICC beispielsweise in Afghanistan. Das Land steht
stellvertretend für viele Staaten, die sich in dieser Grauzone
zwischen Krieg und Frieden befinden. Der schleichende und offene
Staatszerfall birgt enorme Probleme, denen entgegengesteuert werden
muss.
Das BICC konzentriert sich außerdem auf Projekte zur
Ökonomie von Kriegen und geht der Frage auf den Grund: Welche
Rolle spielen externe wirtschaftliche Akteure bei der Entstehung,
Weiterverbreitung und Beendigung der überwiegend
ökonomisch motivierten, bewaffneten Konflikte in Afrika.
Studien mit dem Genfer Abrüstungszentrum beschäftigen
sich mit der zivilen Eingliederung von Ex-Kombattanten im Baltikum
und verschiedenen osteuropäischen Staaten. Und durch die
Zusammenarbeit mit europäischen Hochschulen wird die
Entwicklung der europäischen Sicherheitspolitik
analysiert.
"Obwohl erst zehn Jahre alt, ist das BICC - gegründet als
?Endprodukt des Kalten Krieges' - mit seinen Aufgaben gewachsen",
erläuterte Peter Croll, Geschäftsführer des BICC. Er
unterstrich bei der Vorstellung des Evaluierungsberichts: "Das BICC
hat schon im Evaluationszeitraum begonnen, eine strategische
Neuausrichtung einzuleiten. Es ist und bleibt unser Ziel, die
anwendungsorientierten Forschungs- und Beratungsschwerpunkte
systematisch den sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen
und weiterzuentwickeln." BICC ist 2004 Partner der Bundesstadt
Bonn. Diese Initiative ergreift die Stadt jedes Jahr, um sowohl der
Institution mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, als auch das
Netzwerk wichtiger internationaler Einrichtungen in Bonn nach
außen zu tragen. Das BICC wird in der Stadt verschiedene Foren
erhalten, so beim Tag der offenen Tür im Rathaus, beim
internationalen Begegnungsfest und beim traditionellen
UNO-Gespräch, an dem auch Bürger und Bürgerinnen
teilnehmen können.
Während das BICC anfangs Kommunen in Deutschland bei der
Konversion von Liegenschaften beriet und im Auftrag von
Bundesministerien und internationalen Institutionen wie der EU oder
der NATO Abrüstungsschritte erforschte und dokumentierte, sind
mittlerweile neue Herausforderungen hinzugekommen, die eine
"präventive", also eine vorsorgende Konversion nötig
macht. Afghanistan, Irak, Angola, Ruanda, Kolumbien: In den
vergangenen Jahren ist die Zahl der bewaffneten Konflikte und
Kriege gewachsen. Durch gewaltsame Auseinandersetzungen werden
Entwick-lungsanstrengungen zunichte gemacht und die menschliche
Sicherheit bedroht. Dringend erforderlich werden deshalb
vorsorgende Mechanismen zur Konfliktbewältigung. Wie ist die
"Ökonomie" von Konflikten, welche Rolle spielt die Verteilung
natürlicher Ressourcen wie Wasser. Wer sind die Profiteure?
Heute sucht das BICC nach Antworten auf diese Fragen. "Ohne
präventive Konversion keine Sicherheit, ohne Sicherheit keine
Entwicklung. Konversion ist stärker denn je gefordert, um ein
höheres Maß an menschlicher Sicherheit zu erreichen",
zieht Croll das Fazit.
Die Devise des Hauses heißt übrigens "streng
öffentlich" zu arbeiten. Das heißt, die Institution wird
sich nicht nur gemeinsam mit der Stadt Bonn präsentieren,
sondern selber zu einem Tag der offenen Tür einladen. Eine
große internationale Konferenz und ein Festakt mit dem
Bundespräsidenten stehen Anfang April im Haus der Geschichte
an. Daneben eine Fülle weiterer Veranstaltungen, unter anderem
eine Konferenz, die dem Thema "Grenzüberschreitende
Gewässer - Potenziale für Frieden?" nachgeht.
Ein Blick auf die tägliche aktuelle internationale
Nachrichtenlage unterstreicht, dass das Gewinnen von Kriegen kein
Garant für Frieden und Sicherheit ist - im Gegenteil. So
verwundert es nicht, dass die Experten des BICC im Jahrbuch
"Conversation Survey 2003" argumentieren, dass weltweite Sicherheit
nicht durch militärische Schlachten gewonnen werden kann.
Stattdessen müsse die nachhaltige Förderung von
wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung mit der Verbesserung der
Sicherheit für alle Menschen verbunden werden. Deswegen steht
das BICC für das Konzept der "menschlichen Sicherheit" gegen
eine einseitige Strategie militärischer Aufrüstung und
Kriegführung. Im Mai erscheint das nächste Jahrbuch. Und
es bleibt zu befürchten, dass es wieder wie 2003 heißen
wird: "Die Aufwendungen für militärische Zwecke stiegen
deutlich an. Trotzdem nahm weltweit das Gefühl von
Unsicherheit zu."
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