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101/2002
Stand: 18.04.2002
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Experten kritisieren Verschärfung des Strafrechts für Sexualtäter

Rechtsausschuss (Anhörung)/

Berlin: (hib/JUM) Die Experten lehnen den Gesetzesentwurf zu Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung ( 14/8586) überwiegend ab. Der Entwurf des Bundesrates sieht eine Verschärfung des Strafrechts für Sexualtäter vor. Klaus Weber, Präsident des Landgerichts Traunstein, bezeichnete die Gesetzesinitiative als eine Verschlechterung des geltenden Rechts. Das sagte er anlässlich einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses zur Sicherungsverwahrung am Mittwochnachmittag. Weber monierte, der Entwurf erfasse nicht die Gewalttäter, bei denen sich erst während ihrer Haft zeige, dass es hochgefährliche Täter seien. Weiter kritisierte er, dass der Entwurf erst in 10 Jahren greife.

Heinz-Bernd Wabnitz, leitender Oberstaatsanwalt in Hof, stimmte dem zu. Er halte eine Sicherheitsverwahrung nur für sinnvoll, wenn sie auch nachträglich angeordnet werden könne, da das Gefahrenpotential eines Gewalttäters häufig erst während seiner Haftzeit zu erkennen sei. Nach geltendem Recht müssten selbst dann hochgefährliche Täter entlassen werden, so Wabnitz. Über eine nachträgliche Sicherungsverwahrung kann dem Gesetzentwurf zufolge nur entschieden werden, wenn das erkennende Gericht einen entsprechenden Vorbehalt anordnet. Diese Vorbehaltslösung führe aber zu einer stärkeren Belastung der Staatsanwaltschaften und der Vollstreckungskammern, kritisierte Wabnitz. Daher befürwortete er die Gesetzesinitiative der CDU/CSU, wonach die nachträgliche Sicherheitsverwahrung während des Vollzugs der Haft auch ohne Vorbehalt angeordnet werden kann.

Hellmuth Pollähne vom Bremer Institut für Kriminalpolitik lehnte den Gesetzesentwurf aus verfassungsrechtlichen und rechtspolitischen Gründen ab. Die verfassungsrechtlich begründete Unschuldsvermutung in "dubio pro reo" werde .unterlaufen, wenn künftig "im Zweifel" der Vorbehalt einer Sicherungsverwahrung angeordnet werde. Das komme einer nachträglichen Anordnung gleich, da über ihre Vollstreckung erst sechs Monate vor dem Beschluss über die Haftentlassung entschieden werde, so Pollähne weiter. Seiner Ansicht nach hat die Sicherungsverwahrung zudem erhebliche Nebenwirkungen auf den Strafvollzug, da die Betroffenen von Freigang, Außenbeschäftigung und Ausgang ausgeschlossen werden. "Gravierende verfassungsrechtliche Bedenken" gegen die nachträgliche Anordnung einer Sicherheitsverwahrung äußerte auch Jörg Kinzig vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg. So könne das Gesetzesvorhaben gegen das Rückwirkungsverbot sowie das Verbot der Doppelbestrafung verstoßen. Als äußerst fragwürdig stufte ebenfalls Professor Rudolf Egg von der Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden eine Gefährlichkeitsprognose ein, die zu einer deutlich ungünstigeren Bewertung des Straftäters kommt und damit für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung ausreichend wäre.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2002/2002_101/02
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