Vorgaben der Geschäftsordnung des Bundestages für die Kontrolle der Verhaltensregeln
Bundestagspräsident Thierse erklärt zu Fragen nach
seinen Möglichkeiten im Rahmen der Verhaltensregeln
folgendes:
Die Verhaltensregeln des Bundestages (Anlage 1 zur
Geschäftsordnung) schreiben den Abgeordneten detailliert vor,
welche Angaben sie machen müssen, einerseits für die
Veröffentlichung im Handbuch, andererseits für die
Meldung von Einkommen an den Präsidenten. Jeder Abgeordnete
muss zu Beginn der Wahlperiode einen entsprechenden Fragebogen
ausfüllen und ggfs. jährlich aktualisieren. Das
entsprechende Schreiben an alle ist Anfang Januar, wie jedes Jahr,
herausgegangen.
Eine allgemeine Überprüfung der Angaben, etwa durch
Rückfragen bei Firmen oder Verbänden, ist nicht
vorgesehen. Der Präsident tritt seinen Kollegen nicht in der
Haltung eines Generalverdachts gegenüber - und auch nicht die
Beamten der Bundestagsverwaltung. Vielmehr gilt, was § 8
dafür vorschreibt: Wenn Anhaltspunkte für eine
Pflichtverletzung bestehen, ist der betreffende Abgeordnete
anzuhören.
In diesem Rahmen können ergänzende Auskünfte zur
Erläuterung verlangt werden, und die Fraktion des betreffenden
Abgeordneten kann um Stellungnahme gebeten werden. Erst wenn eine
Pflichtverletzung zweifelsfrei feststeht, kann die entsprechende
Feststellung als Bundestagsdrucksache veröffentlicht
werden.
Bisher sind die ersten Schritte dieses Verfahrens in einzelnen
Fällen gegangen worden, führten jeweils zur
Aufklärung oder Korrektur des betreffenden Verhaltens und
blieben deshalb unterhalb einer förmlichen Befassung der
Fraktionen oder einer Veröffentlichung. In einem Fall handelte
es sich beispielsweise um Unstimmigkeiten bei der Höhe
angegebener Vortragshonorare, in einem anderen schien das
Verhältnis zwischen einer Funktion in einem Unternehmen und
den daraus fließenden Bezügen nicht plausibel.
Zahlreiche Einzelfälle von unvollständigen oder nicht
schlüssigen Angaben werden von der Verwaltung durch
Rücksprache mit den Abgeordneten geklärt oder
ergänzt. Gemäß § 7 sind die Abgeordneten
verpflichtet, bei Unsicherheiten rückzufragen.
Es kommt also auf das Vorliegen konkreter Anhaltspunkte an, wie es
in der öffentlichen Diskussion derzeit der Fall ist. Falls
Fraktionen schon früher solche Anhaltspunkte gehabt
hätten, hätten sie sich zweifellos an mich gewandt, um
auf intensive Untersuchung und Aufklärung zu drängen.
Soweit Fraktionen schon früher die Regeln nicht für
ausreichend hielten, haben sie sich um eine Verschärfung
bemüht.
Es führt kein Weg daran vorbei: Wer mehr Kontrolle will als
jetzt möglich ist, muss dafür Vorschläge zur
Veränderung oder Präzisierung der Regeln machen.
2.687 Zeichen