Parlamentarischer Beirat für Nachhaltige Entwicklung legt Stellungnahme zum Fortschrittsbericht 2004 der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie vor
Der Parlamentarische Beirat für Nachhaltige Entwicklung
hat eine Stellungnahme zum Fortschrittsbericht 2004 der Nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung vorgelegt. Dazu
erklären die Vorsitzende des Parlamentarischen Beirates,
Astrid Klug, MdB (SPD), der stellvertretende Vorsitzende Dr. Ralf
Brauksiepe, MdB (CDU/CSU) sowie die Obleute Prof. Ernst Ulrich von
Weizsäcker, MdB (SPD), Helge Braun, MdB (CDU/CSU), Winfried
Hermann, MdB (Bündnis 90/Die Grünen) und Michael Kauch,
MdB (FDP):
Daueraufgabe Nachhaltigkeit
Die Stellungnahme ist die erste gemeinsame öffentliche
Äußerung des Parlamentarischen Beirates für
Nachhaltige Entwicklung. Sie bewertet den Fortschrittsbericht 2004
der Bundesregierung aus Sicht des Beirates und stellt Forderungen
an die künftige Schwerpunktsetzung der Nationalen
Nachhaltigkeitsstrategie. Die fraktionsübergreifende
Wortmeldung macht deutlich, dass die Nachhaltigkeitsstrategie nicht
als zeitlich befristete Aufgabe verstanden wird. Nachhaltigkeit ist
und bleibt, unabhängig von Wahlentscheidungen, eine
langfristige Daueraufgabe für alle, um ökonomische,
soziale und ökologische Herausforderungen zu vernetzen und
unser Land zukunftsfähig zu machen.
Zwischenbilanz mit Licht und Schatten
Mit dem Fortschrittsbericht 2004 löst die Bundesregierung ihre
Selbstverpflichtung ein, die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie
regelmäßig zu evaluieren und alle zwei Jahre Erfolge und
Misserfolge zu bilanzieren. Der Fortschrittsbericht unterstreicht
den Prozesscharakter der Nachhaltigkeitsstrategie und dokumentiert,
dass die Bundesregierung den gestarteten Prozess ernst nimmt.
Strategie und Fortschrittsbericht formulieren ehrgeizige und
anspruchsvolle Ziele. Die erste Zwischenbilanz zeigt wie erwartet
Licht und Schatten. Der Beirat erkennt an, dass in einigen
Bereichen trotz des kurzen Bilanzierungszeitraums Fortschritte
erzielt werden konnten. Ingesamt müssen die Umsetzungsschritte
aber entschiedener und mutiger werden, um die gesetzten Ziele zu
erreichen. Der Beirat fordert die Bundesregierung auf,
Zielkonflikte, Wechselwirkungen und auch Zielverfehlungen in
Zukunft ehrlicher und transparenter zu thematisieren.
Neue Schwerpunkte
Der Beirat begrüßt das Vorgehen, sich in jedem
Handlungsfeld auf konkrete Projekte und Maßnahmen zu
konzentrieren. Im weiteren Prozess erwarten wir aber, dass diese um
eine Problemanalyse umfassender Zusammenhänge und
Lösungsoptionen ergänzt werden. Die Auswahl der vier
neuen Schwerpunkte (Potenziale älterer Menschen in Wirtschaft
und Gesellschaft, Neue Energieversorgungsstruktur unter
Einbeziehung der erneuerbaren Energien, Alternative Kraftstoffe und
innovative Antriebe sowie Verminderung der
Flächeninanspruchnahme) halten wir im Prinzip für richtig
und legen Wert darauf, dass sie nicht nur ökologisch, sondern
auch wirtschaftlich und sozial interpretiert werden.
Der Beirat kritisiert, dass es entgegen früherer
Ankündigungen der Bundesregierung keine Zusage gibt, die
Themen "Biologische Vielfalt" und "Nachhaltige Finanzpolitik" mit
der Fortschreibung der Strategie ab 2006 zu weiteren Schwerpunkten
zu erklären. Der Beirat schlägt außerdem
zusätzliche Handlungsfelder und Querschnittsaufgaben vor, die
künftig eine stärkere Berücksichtigung finden
sollen. Dazu gehören die Themen Bildung, Forschung und
Innovation, Prävention sowie Demografie und Infrastruktur.
Außerdem fordert der Beirat die Bundesregierung auf, den
Stellenwert von Konsummustern- unter Berücksichtigung der
Situation von Verbraucherinnen und Verbrauchern - für eine
nachhaltige Entwicklung stärker hervorzuheben. Die nationalen
Ziele sind intensiver mit den Zielen der Europäischen
Nachhaltigkeitsstrategie und internationalen Verpflichtungen zu
vernetzen.
Management-Ansatz richtig
Der Parlamentarische Beirat begrüßt den in der
Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie gewählten
Management-Ansatz, mit dem das Leitbild der nachhaltigen
Entwicklung anhand von Zielen, Indikatoren und Maßnahmen in
praktische Politik umgesetzt wird. Ziele und Indikatoren machen den
Handlungsbedarf sichtbar und sind wichtig bei der Erfolgskontrolle.
Für die Weiterentwicklung und Konkretisierung der Indikatoren
macht der Beirat Vorschläge. Beispielsweise empfiehlt der
Beirat für den Bereich Bildung eine konkrete Zielsetzung, die
sich stärker an der Qualität von Bildung orientiert, die
Studienabschlussquote halten wir für einen besseren
Maßstab als die der Studienanfänger. Die
Flächeninanspruchnahme sollte nicht nur quantitativ, sondern
auch qualitativ bewertet werden. Im Klimaschutz spricht sich der
Beirat für langfristige Ziele mit konkreten Umsetzungs- und
Kontrollschritten aus. In der Entwicklungszusammenarbeit
erklärt der Beirat das international vereinbarte
Entwicklungshilfe-Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens
und das Zwischenziel, die Entwicklungsgelder bis 2006 auf 0,33
Prozent zu erhöhen, für unverzichtbar und nicht erst seit
der Flutkatastrophe in Südostasien für besonders
dringlich.
Nachhaltigkeitscheck im Parlament
Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele sieht der Beirat das
Parlament in einer besonderen Verantwortung. Damit in
Gesetzgebungsprozessen stärker als bisher die Konsequenzen
heutiger Entscheidungen für künftige Generationen
transparent werden, beteiligt sich der Beirat an der Entwicklung
der dafür notwendigen Instrumente von
Gesetzesfolgenabschätzung und Generationenbilanzierung. Ziel
ist ein umfassender und ehrlicher Nachhaltigkeitscheck.
Der vollständige Text der Stellungnahme ist auf
www.bundestag.de dokumentiert:
www.bundestag.de/parlament/parl_beirat/Stellungnahme.pdf
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