Rolle des Bundestages in der Außenpolitik nimmt zu
Die Bedeutung des Deutschen Bundestages in der
Außenpolitik hat sich in den vergangenen Jahren entscheidend
verändert. Zwar kommt dem Bundestag traditionell und im
Grundgesetz verankert seit jeher eine wichtige Rolle bei der
Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge zu, aber das
Erfordernis zunehmender Parlamentarisierung in der
Außenpolitik hat unabhängig von der
verfassungsrechtlichen Verankerung erheblich zugenommen. Dies sind
Kernaussagen des Berichts über internationale Aktivitäten
und Verpflichtungen des Deutschen Bundestages (Drucksache
15/5056), der heute den Bundestagsabgeordneten
zugeleitet worden ist. Prozesse der Regionalisierung,
Europäisierung und Globalisierung sowie die von diesen
Prozessen ausgehende Gefahr der Entdemokratisierung haben zu einem
wachsenden gesellschaftlichen Bedürfnis nach internationaler
und parlamentarischer Zusammenarbeit geführt, wird in dem
Bericht betont. Dies spiegelt sich auch in der steigenden Anzahl
internationaler und supranationaler Organisationen wider.
Um ihrer international gewachsenen Verantwortung gerecht zu werden,
arbeiten die Abgeordneten des Deutschen Bundestags intensiv mit
ausländischen Parlamentariern, Politikern und Institutionen
zusammen. Auf diesem Wege erhalten sie die für ihre
Entscheidungen notwendigen Informationen und können
Erfahrungen vor Ort sammeln, die eine angemessne Reaktion auf
auftretende Konfliktsituationen erlauben.
Zahlreiche Reisen dienten Gesprächen mit Mitgliedern des
Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission und
Vertretern europäischer Organisationen in Brüssel.
Insgesamt stellen die Reisen in die Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union auch in der 15. Wahlperiode wieder einen
Schwerpunkt dar. Insbesondere vor dem Hintergrund des 40.
Jahrestages der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags
verstärkte sich die Reisetätigkeit zwischen Deutschland
und Frankreich. Vor dem Hintergrund der EU Erweiterung zum 1. Mai
2004 führten Reisen aber auch vermehrt in die Staaten Estland,
Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien
und Malta sowie den griechischen Teil Zyperns. Im Mittelpunkt
standen vor allem die mit der Osterweiterung verbundenen Fragen der
künftigen Zusammenarbeit.
Auch die transatlantischen Beziehungen sind neben der
europäischen Integration wichtiger Bestandteil der deutschen
Außenpolitik. Bei den Reisen in die Vereinigten Staaten wurde
deutlich, dass das transatlantische Verhältnis vor neuen
Herausforderungen steht, die es gemeinsam zu lösen gilt. Mit
den Ländern Mittel- und Südamerikas besteht ebenso
historisch und kulturell eine ausgeprägte und enge
Verbundenheit. Der Deutsche Bundestag unterstützt in dieser
Region insbesondere die zunehmende Orientierung an Demokratie,
Menschenrechten und friedlicher Konfliktbewältigung.
Die Reisen auf den afrikanischen Kontinent sind geprägt von
dem Anliegen des Deutschen Bundestages, den Fortgang der
Demokratisierungsprozesse und eine Stärkung der Fähigkeit
dieser Staaten bei der Konfliktverhütung, Friedenserhaltung
und Friedensschaffung zu unterstützen. Auch der Kampf gegen
die Immunschwächekrankheit Aids, die für die
Bevölkerung Afrikas zu einem Kernproblem geworden ist, war
Thema der Gespräche anlässlich der durchgeführten
Reisen.
Die Kontakte in den Nahen Osten dienten in erster Linie der
Information über die politische, wirtschaftliche und soziale
Situation in der Region sowie der allgemeinen Sicherheitslage.
Kernthemen bildeten dabei die Unterstützung der
Nahost-Friedensbemühungen und den Dialog mit dem Islam.
Bei den Delegationsreisen nach Asien standen vor allem die
Förderung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, die
Gewährleistung von Menschenrechten sowie aktuelle
sicherheitspolitische Themen im Vordergrund. Vor allem im letzten
Jahr hat sich ein intensiver Dialog zwischen Deutschland und China
entwickelt, bei dem vor allem Fragen der Rechtsentwicklung in China
eine bedeutende Rolle spielen.
Die veränderte Bedeutung der parlamentarischen
Außenpolitik spiegelt sich auch in der Neustrukturierung des
aktuell veröffentlichten Berichts über die
internationalen Aktivitäten und Verpflichtungen des
Bundestages wider. Insgesamt ist der Bericht genauer, detailreicher
und damit auch länger geworden. Er fasst die internationalen
Aktivitäten und Verpflichtungen des Deutschen Bundestages in
der 15. Wahlperiode vom 1. Oktober 2002 bis zum 31. September 2004
zusammen. Der Bericht ist auch auf den Internet-Seiten des
Deutschen Bundestages abrufbar.
Trotz der insgesamt enorm angestiegenen Verpflichtungen und
Anforderungen bezüglich der außenpolitischen
Aktivitäten des Deutschen Bundestages ist es in der 15.
Wahlperiode bisher gelungen, den dafür erforderlichen
Haushaltsaufwand nicht ansteigen zu lassen. Im Gegenteil, aufgrund
erzielter Sonderkonditionen und intensiver Nutzung vorhandener
Einsparpotenziale konnten die Reisekosten gegenüber dem
letzten Berichtsraum verringert werden.
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