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Gerlinde Kaupa
Cannabis: keine Kuscheldroge
Mittlerweile ist die Cannabisabhängigkeit der Grund
für 25 Prozent aller Drogentherapien. Dieser Trend ist
gefährlich: Cannabis ist zur Alltagsdroge geworden. Vor einer
Verharmlosung der so genannten "weichen Drogen" kann ich deshalb
nur warnen. Auch wer behauptet, der Konsum von Cannabis würde
keine gesundheitlichen Schäden nach sich ziehen, sagt nach den
neuesten Studien nicht die Wahrheit. Gerade in der Pubertät
kann Cannabiskonsum zu Langzeitschäden des Gehirns mit
erheblichen neurokognitiven Folgen bis hin zu Psychosen und
Schizophrenie führen.
Im Laufe ihrer Entwicklung kommen Kinder und Jugendliche
früher oder später mit Suchtmitteln in Kontakt, mit
legalen ebenso wie mit illegalen. Sie sehen, wie in der eigenen
Familie, im Freundeskreis, in der Schule und in ihrer Clique ohne
weiteres Zigaretten, Alkohol und Medikamente konsumiert werden.
Überwiegend handelt es sich dabei um den so genannten
Probierkonsum. Doch wo hört der Probierkonsum auf und wo
beginnt der problematische und missbräuchliche Konsum?
Jugendliche Cannabiskonsumenten sehen nicht die Hintergrundfunktion
der Droge als "scheinbaren" Problemlöser.
Cannabis ist heute als Alltagsdroge ebenso leicht und einfach zu
bekommen wie die legalen Drogen Alkohol und Tabak. Die Forderung,
Cannabis zu legalisieren, zu tolerieren und zu liberalisieren
aufgrund der Tatsache, dass auch Alkohol und Tabak legal zu
erwerben sind, ist für mich kein nachvollziehbares Argument.
Mit allen Mitteln versuchen wir, die Jugendlichen über die
gesundheitlichen Risiken der legalen Drogen aufzuklären und
den Konsum dieser Drogen zu reduzieren. Cannabis ist keine Hippie-
oder Kuscheldroge. Diese Toleranz, mit der die Gesellschaft
mittlerweile der Droge Cannabis begegnet, ist absolut falsch am
Platz. Besorgniserregend, ja gerade erschreckend ist die laxe
Haltung und komplette Unwissenheit vieler Erwachsener
gegenüber den Jugendschutzbestimmungen, wenn es um den Konsum
sowohl legaler als auch illegaler Drogen bei Minderjährigen
geht. Die erwachsene Gesellschaft muss wieder stärker Ihrer
Verantwortung nachkommen, und nicht einfach aus verfehlter Toleranz
wegschauen, wenn sich Jugendliche "zudröhnen".
Es ist belegt, dass Cannabis nach dem Rauchen eine weitere
Einstiegsdroge mit Abhängigkeitssyndrom ist. Die meisten
Konsumenten harter Drogen haben den Drogeneinstieg über
Cannabis beziehungsweise Tabak gemacht. Daher liegt der
Schlüssel gegen rauchende und kiffende Jugendliche in der
Bekämpfung des Rauchens. Wenn es uns gelingt, die Zahl der
jugendlichen Raucher zurückzudrängen, dann sinkt auch die
Zahl derer, die Cannabis rauchen.
Der Entkriminalisierung von Cannabis erteile ich eine klare
Absage. 2003 kam es offiziell zu rund 100.000 Drogenkonsumdelikten.
Aber nur zehn Prozent der nach dem Gesetz als Straftäter
deklarierten Personen wurden auch tatsächlich bestraft. De
facto haben wir ja schon eine Entkriminalisierung. Würde man
jedoch überhaupt nicht mehr strafrechtlich vorgehen, nur weil
Cannabis mittlerweile in aller Öffentlichkeit konsumiert wird,
wäre dies ein falsches Signal. Wie sollen Kinder und
Jugendliche denn unterscheiden können, dass etwas ist illegal,
aber nicht strafbar ist? Wo bleibt denn da unser
Rechtsverständnis, wenn ich Cannabis entkriminalisiere und
liberalisiere, aber dann doch nicht als legal einstufe? Es ist die
die enorme Diskrepanz zwischen Drogenaufgriffen und
Strafverfolgung, die zu einer Abstumpfung des Rechtsbewusstseins
gegenüber Cannabis geführt hat. Was wir brauchen ist
endlich eine Vereinheitlichung der Rechtspraxis in den
Bundesländern. Die Tatsache, dass man in Schleswig Holstein 30
Gramm Cannabis straffrei besitzen darf, in Baden-Württemberg
hingegen drei Gramm, führt zur Verunsicherung und
Verharmlosung. Die Jugendlichen müssen sich auf klare
Rechtsgegebenheiten verlassen können. Auch brauchen wir wieder
ein Unrechtsbewusstsein gegenüber Cannabis. Dabei geht es mir
nicht darum, den Eigenkonsum innerhalb der Grenzwerte auf die Stufe
einer kriminellen Handlung zu heben.
Viel wichtiger erscheint es mir, umfangreiche und langfristige
Präventionsmaßnahmen anzubieten und in der Gesellschaft
zu kommunizieren. Wir müssen mit kontinuierlichen und
langfristigen Projekten deutlich über die gesundheitlichen
Risiken aufklären. Es ist alarmierend, wenn 78 Prozent der
Jugendlichen der Meinung sind, der Konsum von Cannabis sei
unproblematisch. Ähnliche Programme wie das europaweite
Nichtraucherprogramm an Schulen "Be smart - don't start" sollte
auch für die Cannabisprävention frühzeitig
eingeführt werden. Bereits im Alter von zwölf Jahren
kommen laut der aktuellen Drogenaffinitätsstudie der
Bundeszentrale für Gesundheit Jugendliche in Kontakt mit
Marihuana oder Cannabis. Auch wenn das erste Angebot nicht gleich
zum Drogenkonsum führt, ist ein Wissen um die
gesundheitsschädigenden Folgen zu diesem frühen Zeitpunkt
von entscheidender Bedeutung. Daher sollte bereits ab der
fünften Klasse mit aufklärenden Maßnahmen
hinsichtlich der Risiken von Cannabis, die von einem
eingeschränkten Lernverhalten bis zu bleibenden psychischen
Schäden reichen, begonnen werden.
Gerlinde Kaupa ist Drogenbeauftragte der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
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