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Götz Hausding
Wirtschaftlicher Rückstand Europas auf USA
und Japan vergrößert
Halbzeit-Bilanz der Lissabon-Strategie ist
negativ
Die negative Halbzeitbilanz der sogenannten Lissabon-Strategie
und die Reaktion der Bundesregierung darauf waren auch Thema der
Bundesratssitzung am Freitag. Eigentlich wollte die
Europäische Union bis 2010 der wettbewerbsfähigste und
dynamischste wissensbasierte Raum der Welt sein. So jedenfalls sah
es die auf zehn Jahre angelegte, während des EU-Gipfels in
Lissabon im Jahre 2000 verabschiedete Strategie vor. Doch weder bei
der Zunahme der Produktivität, noch beim Anstieg der
Beschäftigung und beim Wirtschaftswachstum hat die
Europäische Union ihre Ziele bislang erreicht. Die EU ist
nicht nur hinter den eigenen Vorgaben zurückgeblieben, sondern
hat den Abstand zu den USA sogar noch vergrößert. Die
rot-grüne Bundesregierung will nun eine Neuausrichtung durch
eine Konzentration auf die Kernziele Wachstum und
Beschäftigung schaffen.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück
(SPD) stellte unumwunden fest: "Das Ziel wurde nicht erreicht!" Es
helfe nun kein Lamentieren, sondern nur Handeln. Die EU habe
Vorschläge für die Weiterentwicklung der Lissabon-Vorlage
entwickelt - auf dieser Grundlage müssten die
europäischen Staaten besser zusammenarbeiten. Europa habe das
Potenzial die USA einzuholen, so Steinbrück. Auf diesem Wege
helfen aber weder Schuldzuweisungen noch parteipolitische
Aktivitäten. Besserwisserisches Auftreten nach dem Motto der
Union, "die einen sind immer die Schlauen und die anderen immer die
Deppen", sei nicht zielführend. Es gehe um eine
Weiterentwicklung und Konzentration, nicht um eine Neuausrichtung
der Strategie. Um das Ziel eines dreiprozentigen Wachstums und der
Schaffung von sechs Millionen neuen Arbeitsplätzen zu
erreichen, müssten alle ihre Hausaufgaben machen, auch die
deutsche Wirtschaft. Eine Gemeinsamkeit von Bund und Ländern,
aber auch aller Sozialpartner sei wichtig. Es gelte das
Stimmungstief zu überwinden und einen realistischen Optimismus
zu schaffen. "Wir dürfen den Wirtschaftsstandort Deutschland
nicht schlecht reden", forderte Steinbrück, der ein mentales
Problem in Deutschland erkannt haben will. Bedauerlicherweise, so
der Ministerpräsident, seien die Deutschen ins Scheitern
verliebt, nicht ins Gelingen. "Die Weltwirtschaft boomt, aber
Deutschland nimmt nicht teil", sagte Niedersachsens
Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). Die Bundesregierung
dürfe den Stillstand nicht zementieren, sondern müsse ihn
beenden. Lamentieren sei nicht gut, so Wulff, viele Klagen seien
allerdings berechtigt. Steigende Bürokratie statt
Bürokratieabbau, ein "Gentechnikverhinderungsgesetz" statt
einer Zukunftstechnologie und unangemessen hohe Energiekosten seien
nur einige Beispiele für die schlechten wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen in Deutschland. Wenn nun auch noch die
Bundesregierung auf eine Aufweichung des Stabilitätspaktes
dränge, sei dies ein weiteres Zeichen für ihre
unberechenbare Politik, so Wulff. Mangelnder Reformwille der
Mitgliedsstaaten ist aus Sicht von Bayerns Staatminister Erwin
Huber (CSU) Schuld daran, dass das Lissabon-Ziel verfehlt wurde.
Europa sei zurückgefallen, aber Deutschland ganz besonders.
Standortnachteile wie hohe Energiekosten und Bürokratie seien
unter anderem Gründe dafür. "In Deutschland wächst
wenig, außer der Bürokratie", so Huber, der als Beispiel
das neue Antidiskriminierungsgesetz der Bundesregierung nannte.
Dies trage zur weiteren Verunsicherung des Mittelstandes bei,
kritisierte er.
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