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Karl-Otto Sattler
Global Player aus dem "Ländle"
Baden-Württemberg: Landkreise mischen
EnBW-Konzern auf
Mit dem designierten Ministerpräsidenten
Günther Oettinger betreibt in Baden-Württemberg
ausgerechnet ein CDU-Politiker die Ausweitung staatlichen
Engagements in der Energiewirtschaft: Oberschwäbische
Landkreise stocken beim EnBW-Konzern ihre Aktien auf und ziehen so
mit der französischen EdF als Anteilseigner gleich - was auch
Oettingers Einfluss sichert. Im "Ländle" nimmt der Kronprinz
an Noch-Regierungschef Erwin Teufel vorbei die Zügel in die
Hand.
Auf gleicher Augenhöhe" müsse das
Land mit dem Pariser Staatskonzern EdF bleiben. Und überhaupt:
"Wenn Baden-Württemberg draufsteht, muss auch
Baden-Württemberg drin sein" - nämlich bei der EnBW, dem
drittgrößten deutschen Energieunternehmen; das
Kürzel heißt "Energie Baden-Württemberg". Kaum eine
Rede, kaum ein Interview, bei denen der designierte
Ministerpräsident Günther Oettinger diese Forderungen, im
"Ländle" schon fast geflügelte Worte, nicht mit Nachdruck
untermauern würde: Dass es nämlich zwischen den
französischen und südwestdeutschen Anteilseignern bei der
EnBW pari stehen müsse. Die Kampagne des CDU-Politikers
dürfte von Erfolg gekrönt sein: Zwar steigt die Regierung
selbst nicht erneut bei dem Konzern ein, doch auf dem Umweg
über eine Aufstockung der Aktien der Oberschwäbischen
Elektrizitätswerke (OEW) auf einen 45-Prozent-Anteil für
satte 800 Millionen Euro soll bei dem Karlsruher Unternehmen die
öffentliche Hand mit der EdF gleichziehen. Zum Global Player
avancieren als Träger der OEW neun Landkreise im beschaulichen
Südosten Baden-Württembergs, wo barocke Kirchen, saftige
Kuhweiden, katholische liturgische Feste, Obstbaumwiesen und
Hopfenplantagen die idyllische Landschaft prägen.
Oettingers Coup darf als politischer
Paukenschlag gelten: Das Aufmischen der
EnBW-Besitzverhältnisse bedeutet nichts anderes als die
partielle Wiederverstaatlichung der heimischen Energiewirtschaft.
Dieser Kurs läuft der Globalisierung ebenso zuwider wie dem
Trend zur Privatisierung öffentlicher Unternehmen, die
ansonsten von der CDU massiv propagiert wird. Und obwohl noch gar
nicht im Amt, profiliert sich Oettinger schon jetzt als derjenige,
der im Südwesten das Sagen hat. Erwin Teufel, bis zum 20.
April Hausherr in der Villa Reitzenstein, darf daselbst zwar das
Zepter schwingen und Empfänge mit Fastnachtsnarren
zelebrieren: Die politischen Weichen aber stellt bereits sein
Nachfolger - wozu auch gehört, den Parforceritt bei der EnBW
an Teufel vorbei mit der widerstrebenden FDP
auszuhandeln.
Der OEW-Deal mutet ein wenig wie ein
historischer Treppenwitz an. 2000 hatte Teufel die Landesanteile an
der EnBW für 2,4 Milliarden Euro an die EdF abgestoßen.
Seinerzeit widersetzte sich der CDU-Fraktionsvorsitzende Oettinger
diesem Verkauf, trug die Aktion aber widerwillig mit. Und jetzt
macht er diesen Schritt über die OEW sozusagen wieder
rückgängig - ein später Triumph des Kronprinzen
über den König. Die Oberschwaben, betont Oettinger,
hätten eine "Hauptverantwortung" bei der Wahrnehmung der
Landesinteressen in der EnBW, besonders bei der Sicherung von
Arbeitsplätzen.
Die Fronten verlaufen etwas
unübersichtlich. Oettingers Kurs, eine sich abzeichnende
EdF-Mehrheit beim Karlsruher Unternehmen zu verhindern, wird von
der SPD-Opposition mit ihrem Vorsitzenden Wolfgang Drexler
unterstützt. Wirtschaftsminister Ernst Pfister hingegen
kritisierte die Ausweitung des öffentlichen Einflusses bei der
EnBW als "sinnlose und politisch abstruse Aufholjagd", der
"Wettlauf" mit der EdF sei nicht zu gewinnen - wobei der
FDP-Politiker vor allem gegen die Investition von Landesgeldern
Front machte. Auch die Grünen demonstrieren gegenüber
Oettingers industriepolitischem Ehrgeiz Distanz.
Der künftige Regent indes beschwört
die von einer EdF-Dominanz ausgehenden Gefahren: Es drohe eine
Verringerung der heimischen Stromproduktion samt Abbau von
Arbeitsplätzen und Einbrüchen bei der Gewerbesteuer, man
müsse stattdessen mit dem Import französischer
Atomenergie rechnen, Entscheidungen würden dann in Paris und
nicht mehr im Badischen getroffen. Der widerborstigen FDP rang er
das Ja zum OEW-Deal mit einer Forcierung der Privatisierungen ab:
Immobilien im Wert von 300 Millionen Euro werden versilbert, zudem
steht nun unter anderem auch das Wochenblatt "Staatsanzeiger" zum
Verkauf.
Die OEW mit Sitz in Ulm soll ihre Anteile an
der EnBW für rund 800 Millionen Euro auf knapp 45 Prozent
erhöhen. Allerdings muss sich für dieses Vorgehen in der
OEW-Verbandsversammlung und zuvor in den neun Kreistagen bis Ende
Februar erst noch eine Mehrheit finden. Angesichts so mancher
Bauchschmerzen wird durchaus kontrovers diskutiert. Oettinger habe
als "Strippenzieher" Druck ausgeübt, kritisiert der
Ravensburger Kreisrat Manfred Lucha als Sprecher der Grünen,
die Gebietskörperschaften müssten "viel Geld in die Hand
nehmen". Der Biberacher Landrat Peter Schneider fühlt sich wie
viele andere "überrumpelt". Gleichwohl will er mitmachen, und
trotz aller Widerstände dürfte in der OEW letztlich wohl
eine Mehrheit für die Aufstockung der EnBW-Anteile votieren.
Eine Rolle spielt das Versprechen von Verbandschef Wolfgang
Schürle, Landrat im Alb-Donau-Kreis: Auch in Zukunft werde das
EnBW-Engagement Ausschüttungen von 50 Millionen jährlich
abwerfen - die Mittel fließen in die Etats der neun Kreise,
die OEW selbst profiliert sich mit diesem Geld als
Kunstmäzen.
Gegenwärtig sind 39 Prozent der
EnBW-Anteile im EdF-Besitz, die OEW halten 34,5 Prozent. Mit
Rücklagen, Krediten und Dividendeneinnahmen sollen die
Oberschwaben für mehr als 300 Millionen Euro den Kauf von
weiteren 4,5 Prozent aus alten EnBW-Aktienbeständen
finanzieren. Von einer Bank, so die Planungen, erwerben die OEW
zudem knapp sechs Prozent für etwa 475 Millionen Euro, die
erst im November 2006 zu bezahlen sind: Dieser Betrag soll
über ein Darlehen aufgebracht werden, das wiederum über
Dividenden gedeckt wird - wobei die landeseigene L-Bank eine Summe
von 20 Millionen Euro absichert, ein für die Regierung
begrenztes Risiko, was der FDP das Ja zu dem Geschäft
erleichtert. Auch die EdF ersteht Bankanteile von annähernd
sechs Prozent.
Bis Ende nächsten Jahres verfügen
die zwei Großaktionäre dann jeweils über rund 45
Prozent der EnBW-Anteile - auf "gleicher Augenhöhe", was
oberschwäbische Lokalpolitiker, aber auch Oettinger zum
ebenbürtigen Mitspieler des französischen Staatskonzerns
macht.
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