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Union spricht von einer Katastrophe
Mehr als fünf Millionen
Arbeitslose
Wirtschaft und Arbeit. Die CDU/CSU-Fraktion hat
die Zahl von über fünf Millionen Arbeitslosen im Januar
als "Katastrophe für unser Land" bezeichnet. In der Aussprache
des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit über den
Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung (15/4700) sowie
über das Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur
Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (15/4300)
betonte die Fraktion am 16. Februar, der Anstieg sei nicht allein
auf statistische Auswirkungen der Hartz-IV-Reform
zurückzuführen. "Auch ohne Hartz-IV wären die
Arbeitslosenzahlen angestiegen", so die Abgeordneten.
Sie bedauerten darüber hinaus, dass die
Bundesregierung mit Ausnahme der bereits begonnenen Reformen des
Vergaberechts, des Energiewirtschaftsrechts und des Kartellrechts
offenbar keine weitere Reform mehr plane. Für die
größte Oppositionsfraktion folgt daraus, dass die
Regierung keine Perspektiven hat, wie Arbeit entstehen soll. Von
550.000 Existenzgründungen im vergangenen Jahr seien mehr als
360.000 öffentlich subventioniert worden. Die Union empfahl
der Regierung, jede Gesetzgebung da-rauf hin zu
überprüfen, ob sie zu Wachstum und Beschäftigung
führen kann. Die FDP diagnostizierte ein zu schwaches
Potenzialwachstum, um neue Beschäftigung entstehen zu lassen.
Es gebe keine konsistente, geschlossene Politik, die Vertrauen
schafft. Zwar gebe es Exportüberschüsse, doch springe die
Binnenkonjunktur nicht an. 60 Prozent des Sozialprodukts in
Deutschland würden vom privaten Konsum getragen.
Dagegen lobten die Sozialdemokraten den
Reformkurs der Regierung, der zu "Akzeptanz" in der
Bevölkerung geführt habe. Richtig sei, dass im neuen Jahr
erstmals ein Personenkreis statistisch erfasst worden sei, der
bisher zur verdeckten Arbeitslosigkeit beigetragen habe. Es gebe
mehr Erwerbstätige und auch mehr Existenzgründungen. Die
SPD nannte die große Zahl von Jugendlichen, die ohne
Schulabschluss auf den Arbeitsmarkt kommen, einen "Skandal". Es sei
eine große Verantwortung der Länder, dass die schulischen
Voraussetzungen für einen Berufseintritt künftig besser
werden. Bündnis 90/Die Grünen warfen der Opposition vor,
zur negativen Stimmung im Land beizutragen.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement
(SPD) räumte ein, er sei mit der Situation nicht zufrieden. Er
verwies auf die deutsche Exportstärke und die stark
gestiegenen Gewinne international tätiger deutscher
Unternehmen. Eine Ursache für die deutsche Exportstärke
sei auch die moderate Lohnpolitik der vergangenen Jahre. Es sei
falsch, wenn die Opposition behaupte, deutsche Unternehmen
würden immer noch Arbeitsplätze in mittel- und
osteuropäische Länder verlagern. Dieser Prozess sei
abgeschlossen. Große Unternehmen blieben angesichts der
Kostensenkung in Deutschland jetzt hier und sicherten den Standort.
In den osteuropäischen Ländern stiegen die Löhne
derzeit stark. Gleichzeitig stabilisiere sich die Situation hier,
allerdings unter "bitteren Opfern der Beteiligten". Clement gab zu,
dass er sich mit Gesetzesprojekten zur Gentechnologie und zur
Stammzellentechnologie schwer tue. Er rief Bund, Länder und
Kommunen auf, alle Kräfte zu mobilisieren, die zu
Investitionen beitragen können.
"Pakt für Deutschland"
Unterdessen hat die CDU/CSU die
Bundesregierung aufgefordert, in den nächsten Wochen ein
10-Punkte-Sofortprogramm mit dem Titel "Pakt für Deutschland"
umzusetzen. In einem Antrag (15/4831) bieten die Abgeordneten der
Regierung diesen Pakt an, um "gemeinsam unser Land aus der tiefsten
Beschäftigungskrise seit Kriegsende" herauszuführen.
Gleichzeitig bietet die Fraktion "ehrliche Gespräche über
Strukturreformen in der Steuer- und Bildungspolitik" sowie
über die Konzeption eines einheitlichen Arbeitsgesetzbuches
an.
Die Union schlägt vor, den Beitrag zur
Arbeitslosenversicherung noch in diesem Jahr von 6,5 Prozent auf
fünf Prozent zu senken und die rechtliche Grundlage für
betriebliche Bündnisse für Arbeit unter Wahrung der
Tarifautonomie zu schaffen. Auch solle von Tarifverträgen
abgewichen werden können, wenn es der Sicherung und Schaffung
von Arbeitsplätzen dient. Allerdings müssten in diesen
Fällen dann die Belegschaft und der Betriebsrat jeweils mit
Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen. Langzeitarbeitslosen sei eine
Rückkehroption in den Arbeitsmarkt zu eröffnen, indem
klargestellt wird, dass als Einstieg bis zu einem Jahr eine
zehnprozentige untertarifliche Entlohnung möglich sein
soll.
Darüber hinaus solle das
Kündigungsschutzrecht so modernisiert werden, dass im
Mittelstand wieder mehr Einstellungen angeregt werden. Das
Jugendarbeitsschutzgesetz will die Union so fassen, dass die
Betriebe mehr Möglichkeiten haben, jungen Menschen eine Chance
für den Start ins Berufsleben zu geben. Ferner sei die
Einstellung von Teilzeitkräften zu unterstützen, indem
bei allen Schwellenwerten Teilzeitbeschäftigte entsprechend
ihrer Arbeitszeit berücksichtigt werden. Zudem empfiehlt die
Fraktion eine Umgestaltung des Betriebsverfassungsgesetzes, damit
die betriebliche Mitbestimmung kostengünstiger wird. Das
Arbeitszeitgesetz sei zu flexibilisieren, gleichzeitig seien
Optionen für langfristige Arbeitszeitkonten zu schaffen.
Schließlich will die Fraktion den Mittelstand entlasten, indem
die Pflicht, Sicherheitskräfte und Betriebsärzte zu
stellen, ausgesetzt und auf teuere Statistiken in Kleinbetrieben
verzichtet wird. Der Bundestag hat den Antrag am 17. Februar zur
Beratung an Wirtschaftsausschuss überwiesen.
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