Josef-Thomas Göller
Der lange Weg der transatlantischen
Wiederannäherung
Vor dem Deutschlandbesuch von George W.
Bush
Vier Wochen nach seiner neuerlichen
Amtseinführung bricht der amerikanische Präsident George
W. Bush bereits zur ersten Auslandsreise seiner zweiten Amtszeit
auf. Bezeichnenderweise nach Europa. Führende Politiker der
Alten Welt bewerten dies als ein "positives Zeichen für eine
transatlantische Wiederannäherung". Am 22. Februar wird Bush
in Brüssel mit Vertretern der Nato und der EU sprechen. Tags
darauf besucht er den deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder
in Mainz.
Im Mittelpunkt der Gespräche in
Brüssel und Mainz stehen die aufziehende nukleare Bedrohung
seitens des Irans, die bereits erneut einen tiefen Dissens zwischen
Berlin/Paris und den USA hervorruft, sowie Frieden und Demokratie
im Nahen Osten, worüber ebenfalls unterschiedliche
Vorstellungen herrschen.
"Wir begrüßen die Bereitschaft
Bushs, die Beziehungen mit der EU zu verstärken", sagte die
Sprecherin des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel
Barroso unmittelbar nach der Rede des amerikanischen
Präsidenten zu seiner zweiten Amtseinführung am 21.
Januar. "Wir halten Eure Freundschaft in Ehren, wir vertrauen auf
Euren Rat und wir brauchen Eure Hilfe", hatte Bush zuvor in seiner
ersten Rede mit Blick auf jene europäischen Verbündeten
gesagt, die in seiner ersten Amtszeit vor allem wegen des
Irak-Krieges auf Distanz zu den USA gegangen waren.
Diese Gesten des gegenseitigen
Handausstreckens mögen durchaus ernst gemeint gewesen sein,
doch lauern an vielen Ecken bereits neue Gefahren für die
transatlantischen Beziehungen. NATO-Generalsekretär Jaap de
Hoop Scheffer verdeutlichte bereits vor vier Wochen eine davon: Die
USA und Europa müssten nun vor allem gegenüber dem Iran
eine gemeinsame Politik verfolgen, forderte er. Daran ist - trotz
Beteuerungen auf beiden Seiten - aber gar nicht zu
denken.
Der schiitischen Mullah-Diktatur im Iran wird
seit Jahren vor allem seitens der USA vorgeworfen, sie
verstoße gegen den Atomwaffensperrvertrag, indem sie heimlich
versuche, Atomwaffen herzustellen. Vor drei Jahren zählte
Präsident Bush den Iran deshalb zusammen mit dem Irak - damals
noch von Diktator Saddam Hussein beherrscht - und der
kommunistischen Diktatur in Nordkorea zur "Achse des Bösen".
Noch am Tag der Bestätigung der Wiederwahl Bushs am 4.
November 2004 kursierten in Washington Gerüchte über
einen US-Angriff auf den Iran, der seit 1979 die USA zu seinem
"Erzfeind" erklärt hat.
In diese hochexplosive Gemengelage schalteten
sich die drei führenden europäischen Mächte
Deutschland, Frankreich und England ein. Gerhard Schröder zum
Beispiel betonte anlässlich des Auftaktbesuches der neuen
amerikanischen Außenministerin Condoleezza Rice in Berlin am
4. Februar, dass seiner Auffassung nach "der Iran das Recht hat,
Nukleartechnik zivil zu nutzen. Deutschland wird zusammen mit
Frankreich und Großbritannien alles daran setzen, zu einer
diplomatischen Lösung zu kommen. Die bisherigen Schritte sind
richtig." Die US-Außenministerin erwiderte darauf
diplomatisch: "Ja, Diplomatie kann wirksam sein. Die Briten,
Deutschen und Franzosen geben den Iranern eine Möglichkeit, zu
ihren internationalen Verpflichtungen zu stehen."
Mit anderen Worten: Nur die Drei geben dem
Iran diese Chance, nicht die USA. Frau Rice vermied in Berlin
tunlichst, dem Kanzler zu widersprechen. An anderer Stelle
während ihrer Reise durch Europa brachte sie gegenüber
amerikanischen Journalisten jedoch ihre wahre Meinung zum Ausdruck:
"Die Iraner spielen nur auf Zeit."
Zum Äußersten
entschlossen
Damit stehen die Amerikaner und die
führenden europäischen Staaten wieder vor der gleichen
Situation wie im Falle des Irak vor zwei Jahren. Wieder sind es
Frankreich und Deutschland sowie Großbritannien, das es aber
im Zweifelsfall mit den USA halten dürfte, die mittels
Gesprächen und viel Zeit einen gefährlichen Konflikt
entschärfen wollen. Während die Amerikaner ungeduldig
fragen: Womit wollen Berlin und Paris denn die Iraner zum Einlenken
zwingen, ein Regime, das schon oft bewiesen hat, dass es sich nicht
an internationale Verträge hält?
Erneut sind die USA wohl zum
Äußersten entschlossen. Zumindest will Bush diesen
Eindruck bewusst erwecken. Ob Bluff oder Ernst bleibt das Risiko
Teherans. Bush jedenfalls hat mehrfach klar gemacht, dass die USA
auf jeden Fall die Nuklearbewaffnung des radikal-islamischen
Regimes im Iran verhindern werden. Egal, was ihm seine
"europäischen Freunde raten", glauben er sowie die
Meinungsmacher seiner Regierung jedenfalls nicht an eine politische
Lösung.
Um die Europäer, die er für seine
Nahost-Politik dringend als Bündnispartner braucht, nicht
erneut vor den Kopf zu stoßen, wird er sich für eine
Weile auf diplomatisches Geplänkel einlassen und dies dem
Kanzler am 23. Februar zum Ausdruck bringen. Wie aus
Pentagonkreisen zu erfahren war, können sich die USA
vorstellen, auf UN-Ebene der europäischen Taktik eine Weile zu
folgen und zum Beispiel den Sicherheitsrat Sanktionen gegen den
Iran verhängen zu lassen, sollte dieser nicht einlenken. Aus
amerikanischer Sicht aber ist das Ende bereits jetzt bekannt: Das
Regime in Teheran hat seit 26 Jahren gezeigt, dass es vor nichts
zurückschreckt; deshalb wird der Iran nicht nachprüfbar
auf die Herstellung von Atomwaffen verzichten, und die USA werden
auf diese als Bedrohung empfundene Verweigerung mit einem
Militärschlag reagieren.
Es ist nun an Bundeskanzler Schröder,
den amerikanischen Präsidenten am 23. Februar davon zu
überzeugen, warum es in der Iran-Frage keinen solchen
Automatismus geben darf. Die Amerikaner erwarten allerdings von
einer europäischen Führungsmacht wie Deutschland keine
Worte über den Weltfrieden, sondern harte Fakten und eine
klare Strategie für den Fall, dass die Gespräche mit dem
Iran nicht die gewünschten Ergebnisse zeitigen.
Es ist davon auszugehen, dass sich
Deutschland (und Frankreich, aber aus anderen Gründen) an Ende
nicht einer militärischen Drohung gegenüber dem Iran
anschließen werden - worauf die Mullahs in Teheran
natürlich spekulieren. Der amerikanische Präsident wird
erneut als jener "schießwütige Cowboy" dastehen, wie er
häufig in der europäischen Presse dargestellt
wird.
Wenn man ein erneutes Fiasko der
transatlantischen Beziehungen also in Rechnung stellen kann, dann
ist es auch überlegenswert, wie man solche Entwicklungen
verhindern kann. Es dient keiner Seite, wenn sich die westliche
Wertegemeinschaft darüber streitet, ob man nahöstliche
Diktaturen mit Samthandschuhen oder mit eiserner Faust anpackt;
letztlich bedrohen derart außer Kontrolle geratene Regime
Europa wie die Vereinigten Staaten.
Sicherheit um jeden Preis
Die Ursache wie die Lösung des
transatlantischen Dilemmas liegen nicht weit entfernt. Präzise
geht sie auf den 11. September 2001 zurück, jenen Tag, an dem
die USA lernen mussten, dass ihre bisherige Abschreckungspolitik
gegen feindliche Staaten nicht funktionierte, da der Angreifer kein
Staat, sondern ein international funktionierendes Netzwerk war.
Diese Erkenntnis und alle daraus abgeleiteten politischen
Schlussfolgerungen sitzen in den Vereinigten Staaten tief - sowohl
bei den Politikern beider Parteien als auch in der Psyche der
Bevölkerungsmehrheit. Hauptsächlich das trennt Amerika
von Europa. Der unterschiedlich wahrgenommene Schock dieses Tages
führt zum eigentlichen Unverständnis auf beiden Seiten
des Atlantiks. Die Tatsache, dass eine Terroristenbande die
Weltmacht militärisch genauso angreifen konnte, wie es Japan
vor 63 Jahren tat, hat dazu beigetragen, dass Präsident Bush
seinen bisherigen Kurs auch in der zweiten Amtszeit beibehalten
wird, und der lautet: Sicherheit für Amerika in einer
plötzlich gefährlicher gewordenen Welt - um jeden Preis.
Der Ton an die Außenwelt für die nächsten vier Jahre
hat sich zwar gemäßigt. Auch der Präsident und seine
"Smart Guys" wollen weltweit geachtet und anerkannt werden und
haben lieber Verbündete als "viel Feind, viel Ehr". Aber an
der Sache selbst wird nicht gerüttelt: Verhinderung eines
weiteren verheerenden Terrorangriffs auf die USA - koste, was es
wolle.
Das ist aus amerikanischer Sicht derzeit nur
zu erreichen, indem sich die USA sämtliche Rechte herausnehmen
und gleichzeitig anderen Staaten - selbst Verbündeten - genau
diese Rechte versagen. Das Schlüsselwort lautet "pre-emptive
strike" - "vorbeugender Erstschlag" also, das Recht auf einen
Angriffskrieg.
Schon jetzt wird dieses "Recht" in den USA
überparteilich in Anspruch genommen. Selbst Bushs
Herausforderer, Senator John Kerry, stellte diese Option für
die Sicherheitspolitik der USA nicht in Frage. Weil sie seit drei
Jahren funktioniere, so die Logik.
Die Souveränität von Staaten -
für Europa noch immer ein nicht zur Disposition stehendes sine
qua non des Völkerrechts - ist für die USA seit "9/11"
kein sakrosanktes Prinzip mehr. Kein Wunder also, dass die Welt vor
der stärksten Macht zu zittern beginnt, und zwar nicht nur die
"Bösen". Der amerikanische Politikwissenschaftler G. John
Ikenberry übertrug diese Situation in ein anschauliches Bild:
"Die USA verhalten sich in der Welt wie ein autoritärer
Polizist in einem Dorf, der allen Einwohnern untersagt, ihre
Haustüren abzuschließen."
Auf solch einer Grundlage ist es
natürlich schwierig, Verbündete zu behalten oder zu
gewinnen. Im Grunde genommen erinnert die amerikanische Einstellung
an das Britische Empire des 19. Jahrhunderts: "England hat keine
dauerhaften Freunde und keine dauerhaften Feinde, es hat dauerhafte
Interessen", definierte damals Premier Lord Palmerston Englands
Politik.
Doch eigentlich tun sich die Amerikaner als
Nation schwer, plötzlich der Paria der Welt zu sein. Die
Bush-Administration kann noch immer nicht verstehen, warum alle
Welt sie dafür rügte, das "Monster Saddam" hinweggefegt
zu haben. Nicht einmal die Irakis waren so dankbar, wie es sich die
Amerikaner vorgestellt hatten, geschweige denn der Rest der Welt.
Da die USA aber an ihrer "vorbeugenden Erstschlagsdoktrin"
festhalten werden, wird es eine Hauptaufgabe der US-Diplomatie der
nächsten vier Jahre sein, diese gegenüber dem Rest der
Welt zu rechtfertigen.
Der Iran - und möglicherweise das
für die USA ebenso gefährliche Nordkorea - wird
dafür ein neues Testbeispiel sein. Die Europäer
können sich jedesmal darüber empören - aber es wird
nichts bringen. Die Herausforderung für die deutsche Politik
und Diplomatie - der von US-Seite großes Gewicht in Europa
beigemessen wird - liegt vielmehr darin, den USA überzeugend
die Angst nehmen zu können, sie könnten ihr Land nicht
anders absichern als durch die Verletzung des Völkerrechts, ob
Präventivschlag oder Missachtung des Rechts im Gefangenenlager
von Guantanamo.
Wie könnte das geschehen? Indem die
Bundesregierung mit ihren französischen und britischen
Partnern das scheinbar Unmögliche möglich macht: dass der
Iran genauso friedlich auf die Herstellung von Atomwaffen
verzichtet, wie dies etwa Brasilien getan hat. Wenn der
Bundeskanzler in Gegenwart von Außenministerin Rice sagt, dass
Verhandlungen der richtige Weg seien, muss das durch Ergebnisse
bewiesen werden.
Eigentlich bietet der Iran schon
Gesprächsstoff genug für den Bundeskanzler und den
amerikanischen Präsidenten, aber Bush wird von seinem
deutschen NATO-Partner auch wissen wollen, was aus Berlin an
Unterstützung für den Aufbau des Irak zu erwarten ist.
Die Amerikaner haben sich von der Forderung nach einem
Bundeswehreinsatz an Euphrat und Tigris verabschiedet. Sie nehmen
mit einem gewissen, lächelnden Achselzucken zur Kenntnis, dass
Deutschland seine Bereitschaft zur Ausbildung irakischer
Sicherheitskräfte in den benachbarten Vereinigten Arabischen
Emiraten hervorhebt.
Wichtiger ist da schon, wie es Deutschland
mit der Bush'schen "Broader Middle East Initiative"- auf gut
deutsch, der Demokratisierung der arabischen Welt hält.
Vergangenes Jahr im Juni auf dem G-8-Gipfel beschlossen, sind die
USA nach wie vor entschlossen, die autokratischen Regime der
arabischen Welt peu á peu aufzubrechen. Präsident Bush
ist seit drei Jahren fest davon überzeugt, dass nur eine
Demokratisierung dieser zurückgebliebenen Länder die
beste Sicherheitsgarantie für den Westen bietet. Er findet
sich mit dieser Ansicht nicht allein. Eine breite,
parteiübergreifende US-Bildungselite wirft den Europäern
in Bausch und Bogen vor, durch ihre verkorkste Kolonial-Politik
noch bis zu Beginn der 60er-Jahre hinein wesentlich dazu
beigetragen zu haben, dass die arabische Welt derart von der
Moderne abgekoppelt ist. Dieser Vorwurf trifft in erster Linie
Frankreich, derzeit Hauptgegenspieler der USA auf der
Weltbühne.
Aus amerikanischer Sicht haben sich die
Europäer stets mit dem Status quo von "arabischen Tyranneien"
arrangiert. Es seien die USA gewesen, die sich mit dem libyschen
Terrorismus, den Palästinensern und Syrern aueinandersetzten,
nicht die europäischen Staaten. Seit 9/11 haben sich die
Amerikaner selbst mit ihrem besten arabischen
Nahost-Verbündeten, den Saudis, überworfen, seit die
Bush-Regierung wahrnahm, woher die Attentäter stammten.
Während Europa weiterhin bereit war, den Status quo mit der
islamischen Welt zu wahren, war Bush dazu nicht mehr bereit. Mit
seinen Militärschlägen in Afghanistan und Irak hat er die
Statik der jahrzehntelang erstarrten Welt des Orients
verändert.
Letztlich "dank" Osama bin Laden sind die
Vereinigten Staaten selbst zu einer unmittelbaren Macht in Nahost
geworden. Sie sind plötzlich nicht nur mit Unterhändlern
präsent, sondern mit ihrer Streitmacht im Irak sind sie
"Nachbarn" von Syrien, Iran und Jordanien. Womit der Respekt vor
der Militärmacht in der Region gewachsen sein dürfte.
Bushs Rechnung mit den ersten freien Wahlen in Afghanistan und Irak
scheint allmählich aufzugehen. Beeindruckende Schlangen von
Wählern in beiden Ländern, die unter Lebensgefahr zu den
Wahlurnen strömten, haben selbst den Sender Al Dschasira seine
Polemik vorübergehend zähmen lassen. Und vielleicht am
wichtigsten: die Palästinenser haben ebenfalls kürzlich
friedlich einen Nachfolger Jassir Arafats gewählt. Muslime in
drei Ländern haben der eigenen wie der Außenwelt
überzeugend vor Augen geführt, dass sich Islam und
Demokratie nicht per se ausschließen, wie es häufig in
Europa zu hören ist.
Dass die Palästinenser und die Israelis
an den Verhandlungstisch zurückgekehrt sind, dass in Berlin
wie Washington plötzlich von einem "greifbar nahen Frieden"
zwischen beiden Völkern die Rede ist, wird wahrscheinlich zu
einem großen Teil der amerikanischen Machtdemonstration im
Irak zu verdanken sein. Die große Diskrepanz zwischen den USA
und dem "alten Europa" besteht unter anderem darin, dass die Neue
Welt bereit ist, ihre außenpolitischen Ziele auch
militärisch durchzusetzen. Es bleibt den Europäern
überlassen, nachweisbare Erfolge am Verhandlungstisch zu
erzielen. Ihre größte Erfolgsstory - die europäische
Integration, 60 Jahre Frieden - könnte Europa auch auf die
Weltpolitik übertragen und anwenden, auf die arabische Welt
zum Beispiel.
Die deutsche Nachkriegspolitik hat den
Begriff der Realpolitik geprägt, weil sie eine solche
erfolgreich betrieben hat. Es wäre deshalb eine kluge Haltung
Schröders, der Weltmacht USA zu verstehen zu geben, dass und
wo sie auf die Deutschen zählen kann: "Friedenssicherung in
Afghanistan sowie ziviler Aufbau im Irak kommt für uns in
Frage", sagt der Bundeskanzler. Nur wer etwas gibt, kann auch
Verständnis für Verweigerung finden. Die
völkerrechtswidrigen Eskapaden der USA braucht die
Bundesregierung wahrlich nicht zu unterstützen. Das scheint
Washington inzwischen verstanden zu haben.
Auch was den Nahostfriedensprozess und die
Demokratisierung der arabischen Welt angeht, hat Deutschland
Potential, allein mehr zu erreichen als auf EU-Ebene. Nicht immer
sind multinationale Initiativen gut. Die Israelis lehnen die EU zum
Beispiel als Vermittler ab, weil sie bei den Franzosen Parteinahme
für die Palästinenser wittern. Deutschland hingegen
genießt bei beiden Konfilktparteien hohes Ansehen.
In diesem Jahr gedenken Israel und
Deutschland zudem der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 40
Jahren.
Der Zeitpunkt ist günstig, die
Amerikaner im Nahost-Friedensprozess mit einer Fischer-Initiative
zu "entlasten". Ob Schröder Präsident Bush eine solche
Initiative anbietet? Da Bush die Schaffung eines
Palästinenserstaates anstrebt, kann der deutsche Beitrag am
besten darin bestehen, ein ergänzendes Entwick-lungsprogramm
für die Region anzubieten. Auch Palästina könnte wie
Israel Orangen und Avocados an Europa verkaufen. Dafür
allerdings bedarf es Wassers.
Die zunehmende Wasserknappheit ist dauerhaft
nur zu lösen, wenn im großen Stil Meerwasserentsalzung
entlang den Küsten der Region betrieben wird - eine Aufgabe
für Siemens und Daimler Benz. Von diesen Anlagen könnten
auch Jordanien und Syrien profitieren. Auch das Eisenbahnnetz
bedarf dringend einer Modernisierung. Kurzum: Es gibt viele
Möglichkeiten, die Palästinenser aus ihrer Armutsfalle
herauszuholen und damit die gesamte Welt sicherer zu machen. Der
Nahost-Konflikt ist nicht unlösbar, und Deutschland
könnte zu seiner Lösung einen entscheidenden Beitrag
leisten. Es ist zu hoffen, dass Schröder und Bush
diesbezüglich in Mainz Klartext reden.
Zweifellos werden beide Staatschefs auch
über die neu am Horizont drohende Nordkorea-Krise sprechen.
Obwohl diese in erster Linie die USA sowie die Nachbarn in Ostasien
betrifft, muss doch gesehen werden, dass alles, was die USA
beschäftigt, Auswirkungen auf die übrige Welt hat.
Gesetzt den Fall, die USA erwägen auch gegen Nordkorea eine
militärische Drohgebärde, werden die Amerikaner ihre
Truppen in Deutschland weiter reduzieren und auf dem Balkan
wahrscheinlich ganz abziehen müssen. Dies zöge konkrete
Konsequenzen für die deutsche Außen- und
Verteidigungspolitik nach sich.
Die Herausforderungen an die deutsche
Regierung als "leading nation" innerhalb Europas sind durch die
Sicherheitspsychose der USA derart gewachsen, dass sich
Bundeskanzler Schröder unter einem ähnlichen Erfolgsdruck
befindet wie einst Bismarck, als er seine komplizierten
Bündnisse flocht. Dem Bundeskanzler sei deshalb an dieser
Stelle für sein Treffen mit dem amerikanischen
Präsidenten der Ausspruch Bismarcks, als Rat mit auf den Weg
gegeben: "Sympathien und Antipathien im Betreff auswärtiger
Mächte und Personen vermag ich (...) nicht zu
rechtfertigen."
Zurück zur Übersicht
|