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sas
Neue Regeln für die Gentechnik
Gegen den Widerstand der Opposition
Verbraucherschutz. Das geltende Gentechnikgesetz
wird erneut geändert. Der Bundestag hat am 18. März gegen
die Stimmen der Opposition einen Entwurf der Regierungsfraktionen
zur Neuordnung des Gentechnikrechts (15/4834) in veränderter
Fassung (15/5133) verabschiedet. Das Gesetz bedarf der Zustimmung
des Bundesrates, der bereits am gleichen Tag eine ablehnende
Entschließung hierzu fasste. Vo-raussichtlich wird die
Länderkammer am 29. April über die Vorlage beraten. In
der Bundestagsdebatte warfen sich Regierung und Opposition
gegenseitig eine ideologische Haltung vor. Hauptstreitpunkt war die
gesamtschuldnerische Haftungsregelung.
Mit der Neuordnung des Gesetzes sollen
entsprechende EU-Vorgaben zur Freisetzung von gentechnisch
veränderten Organismen (GVO) in nationales Recht umgesetzt
werden. Es handelt sich dabei vor allem um
Verfahrensvorschriften.
Verbraucherschutzministerin Renate
Künast (Bündnis 90/Die Grünen) verteidigte in der
Debatte das Gesetz und kritisierte scharf die ablehnende Haltung
der Opposition. Diese schere sich nicht um 70 Prozent der
Bevölkerung, die genveränderte Nahrungsmittel ablehne.
Die Verbraucher seien für die Opposition Teil eines
großen Experiments, und die geforderte Ordnung der Freiheit
die "reinste Anarchie".
Für den Sozialdemokraten René
Röspel ist das neue Gesetz ein Ergebnis der Abwägung
zwischen der Forschungsfreiheit und möglichen Risiken. Man
dürfe die potenziell durch Auskreuzungen geschädigten
Landwirte nicht im Regen stehen lassen. Daher seien die
Haftungsvorschriften nötig. Diesen Punkt bezeichnete Maria
Flachsbarth (CDU/CSU) als das Hauptproblem. Die vorgesehenen
Vorschriften seien überzogen. Damit werde die
tatsächliche Koexistenz verhindert.
Christel Happach-Kasan von der FDP forderte
eine präzisere Definition des Inverkehrbringens und
kritisierte die Haftungsregelung. Sie bezog sich dabei auch auf
Änderungsanträge ihrer Fraktion zum Gesetz (15/5136,
15/5138). In einem weiteren Änderungsantrag (15/5138) spricht
sich die FDP gegen die Einrichtung von Standortregistern in den
Ländern aus. Dies bedeute zusätzliche Bürokratie.
Ein zentrales Bundesregister sei ausreichend. Ein vierter
Änderungsantrag der Liberalen (15/5139) richtet sich gegen das
Recht, wonach die zuständigen Naturschutzbehörden Anbau
und Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in
besonders geschützten Gebieten untersagen
können.
In den vorangegangenen Ausschussberatungen
konnte sich die Unionsfraktion mit ihrem Antrag (15/4828), "das
Gentechnikgesetz wettbewerbsfähig zu vervollständigen",
am 16. März nicht durchsetzen. Die SPD äußerte dabei
die Hoffnung, dass das Gesetz möglichst rasch in Kraft treten
werde, schließlich habe man die Änderungen "wochenlang"
beraten und sei den Bundesländern in wesentlichen Punkten
entgegengekommen. Dazu zähle etwa die veränderte Regelung
bei den Standortregistern, die Informationen über den Anbau
von GVOs erfassen. Mit einer Trennung in einen öffentlichen
und einen nichtöffentlichen Teil wolle man den Berechtigten
einen leichten Informationszugang zu den Registern erhalten,
andererseits aber auch den Bedenken der Genehmigungsinhaber oder
Anbauenden Rechnung tragen. Allgemein zugänglich soll der Name
der Gemeinde mit Postleitzahl und Gemarkung der Anbaufläche
für GVOs bleiben; einen Anspruch auf die Auskunft über
die Namen der Anbauenden sollten aber nur die Landesbehörden
haben. "Komplizierter und bürokratischer" nannten die
Bündnisgrünen die neue Verfahrensregelung. Sie
bedauerten, dass man sich im Wege einer Einigung mit dem Bundesrat
von einer EU-konformeren Regelung verabschiedet habe. Als
geklärt betrachten sie die Sachlage beim ungenehmigten
Inverkehrbringen von GVOs nach einem Briefwechsel mit der
EU-Kommission. Dabei handele es sich um Material von
"zufälligen Auskreuzungen" bei Pflanzen aus konventionellem
oder ökologischem und GVO-Anbau. Darin schreibe die EU vor,
eine ungenehmigte Freisetzung eines gentechnisch veränderten
Organismus oder ein ungenehmigtes Inverkehrbringen eines Produktes,
das GVOs enthält, zu beenden. Ein Regierungsvertreter sagte
mit Blick auf die Verschärfung in der Novelle, dass der den
Behörden mit dem ersten Gentechnikgesetz zugestandene
Ermessensspielraum so nicht hätte eingeräumt werden
dürfen.
Die FDP teilte nicht die Einschätzung,
dass es sich dabei um eine EU-Frage handelt. Die Liberalen
bezeichneten Auskreuzungen als einen "normalen, natürlichen
Vorgang". Sie kritisierten, dass die von den Koalitionsfraktionen
beantragten Änderungen an dem Vorhaben aus einem schlechten
noch kein gutes Gesetz machten und bemängelten, der Geist der
Richtlinie sei nicht erfasst worden. Nach den Worten der Union
werden mit dem Gesetz zwar einige Schritte in die "richtige
Richtung" unternommen; dies reiche aber nicht aus. Sie vermisse die
vollständige Umsetzung einer von Verbraucherschutzministerin
Künast im Bundesrat vertretenen 6-Punkte-Liste zu dem Thema.
Außerdem sah die Fraktion Klärungsbedarf bei Fragen zum
Erprobungsanbau sowie zur Haftung und forderte einen umfassenden
Erprobungsanbau, damit sich die Bevölkerung ein Bild über
die Grüne Gentechnik machen könne.
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