bob
6.154 Beschwerden - ein neuer Spitzenwert
Jahresbericht des Wehrbeauftragten
Verteidigung. Aus der Hand des Wehrbeauftragten
des Bundestages, Willfried Penner (SPD), hat
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) am 15. März
den Jahresbericht 2004 (15/5000) entgegengenommen. Thierse sagte
dem im Mai dieses Jahres ausscheidenden Penner ein "herzliches
Dankeschön" für seine "engagierte Arbeit". Penner stellt
in dem Bericht fest, mit insgesamt 6.154 Vorgängen sei das
Aufkommen an Eingaben gegenüber 6.082 im Vorjahr wieder leicht
angestiegen. Das entspreche einer Steigerung von etwa 1,2
Prozent.
Gemessen an der durchschnittlichen
Jahrestruppenstärke sei es das höchste Eingabeaufkommen
seit Bestehen des Amtes des Wehrbeauftragten gewesen.
Weiter wird festgehalten, die politische und
militärische Führung habe im Berichtsjahr "mehr oder
minder" uneingeschränkt betont, die Bundeswehr sei auch zu
weiteren Auslandseinsätzen in der Lage, ohne dass die
bisherigen Engagements reduziert werden müssten. "Das
hörte sich in der Truppe gelegentlich anders an", stellt
Penner fest.
Immer wieder und verstärkt hätten
Soldaten darauf hingewiesen, dass die Möglichkeiten der
Spezialisten, namentlich der Fernmelder, des
Sanitätspersonals, der Pioniere und auch von Logistikern
erschöpft seien. Ferner leide die sachgerechte Ausbildung im
Inland Not, weil gutes Material im Einsatz benötigt werde.
Schließlich hätten viele Ausbilder wegen einer
Einsatzverwendung ersetzt werden müssen.
Penner stellt fest, im Interesse der Soldaten
sei zu hoffen, dass die unterschiedlichen Wahrnehmungen derselben
Sache nicht "Weichspülerprozessen" zuzuschreiben seien, die
umso mehr wirkten, je weiter entfernt die Realität des
Truppenalltags sei. Es wäre unverantwortlich, so der
Wehrbeauftragte, sich für Einsätze zu entscheiden, wenn
die Fähigkeiten dafür nur mit "sprachlichen Kunstgriffen"
festgestellt werden könnten.
Vorwürfe über Misshandlungen von
Soldaten in einer Ausbildungskompanie in Coesfeld und weiteren
Standorten wie Kempten, Ahlen und Stuttgart hätten eine breite
Diskussion hervorgerufen, so Penner weiter. Im Zusammenhang mit den
Vorgängen in Coesfeld seien bis Jahresende 43 Eingaben beim
Wehrbeauftragten eingegangen.
Viele Petenten hätten darin über
Erlebnisse aus ihrer eigenen Wehrdienstzeit berichtet. Andere
hätten die aktuellen Ereignisse aus ihrer Sicht kommentiert.
Alle Eingaben seien dem Bundesverteidigungsministerium zugeleitet
worden.
Mehrere Petenten hätten zu Recht darauf
hingewiesen, dass auch "beschuldigte" Soldaten im Rahmen einer
Überprüfung Anspruch auf ein faires Verfahren
hätten. Der Wehrbeauftragte stellt auch fest, keiner der
beteiligten Soldaten habe sich vor der Meldung an ihn gewandt. Der
Frage, warum das so war, werde nachgegangen, so Penner.
Weiter stellt der Wehrbeauftragte fest, im
März 2004 sei es im Kosovo zu gewalttätigen Unruhen
gekommen, in deren Verlauf 28 Tote und mehr als 600 Verletzte unter
der Zivilbevölkerung zu beklagen gewesen seien. Darüber
hinaus seien zahlreiche orthodoxe Kirchen und Klöster sowie
Häuser von Serben zerstört worden. Die Unruhen
hätten nicht nur die politische Instabilität der Region
bestätigt, sondern auch Defizite bei der Bundeswehr
aufgezeigt. Auf Einsätze zur Eindämmung
gewalttätiger Demonstration seien die Soldaten nicht
hinreichend vorbereitet gewesen.
Zu Frauen in den Streitkräften stellt
Penner fest, ihr Anteil an der Gesamtstärke der Bundeswehr von
4,71 Prozent im Jahr 2003 sei auf 5,49 Prozent im Jahr 2004
angestiegen. Das entspreche einer Steigerung von über 16
Prozent.
Soldatinnen werden schnell
integriert
Die beruflichen
Entwicklungsmöglichkeiten der Frauen in den Streitkräften
würden weiter beobachtet, heißt es in dem Bericht. Der
Integrationsprozess weiblicher Soldaten in die Bundeswehr verlaufe
insgesamt positiv. In der Regel sähen Soldatinnen und Soldaten
im Umgang miteinander "keine Probleme".
Im Berichtsjahr seien 134 "besondere
Vorkommnisse" mit Verdacht auf rechtsextremistischen oder
fremdenfeindlichen Hintergrund gemeldet worden. In den Jahren 2001
bis 2003 habe es 186, 111 und 139 einschlägige Meldungen
gegeben. In rund 21 Prozent der Fälle habe entweder der
Anfangsverdacht nicht bestätigt oder der Täter nicht
ermittelt werden können.
Im Jahr 2004 seien 1.202 Fälle mit
Verdacht auf Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesetz
über den Verkehr mit Betäubungsmitteln gemeldet worden.
Im Vorjahr seien es 1.399 Vorgänge gewesen. In über 90
Prozent der Fälle seien Mannschaftsdienstgrade betroffen
gewesen. Überwiegend sei Cannabis konsumiert worden. Es sei
davon auszugehen, so Penner, dass die meisten überführten
Grundwehrdienstleistenden bereits vor Beginn des Wehrdienstes
einschlägige Erfahrungen mit Betäubungsmitteln gemacht
haben.
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